(19)
(11) EP 1 004 700 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
31.05.2000  Patentblatt  2000/22

(21) Anmeldenummer: 99123456.8

(22) Anmeldetag:  25.11.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7D07B 1/16, D07B 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 25.11.1998 EP 98811165

(71) Anmelder: INVENTIO AG
CH-6052 Hergiswil NW (CH)

(72) Erfinder:
  • De Angelis, Claudio, Dipl.-Ing.
    6004 Luzern (CH)

   


(54) Mantelloses Kunstfaserseil


(57) Bei diesem Kunstfaserseil mit mehrlagig verseilten tragenden Aramidfaserlitzen (9, 10, 11), wird vorgeschlagen, dass anstelle einer bisher extrudierten, schützenden Kunststoffummantelung nur eine zusätzliche Beschichtung (10) der Kunstfaserlitzen (4,5) der äussersten Litzenlage (6) mit Imprägniermittel und Zusätzen von UV-Stabilisatoren, Kurzfasern, Oxidations- und Reduktionsblockern aufgebracht wird und dadurch ein zuverlässiger Schutz gegen das Seil schädigende Umwelteinflüsse sowie eine ausreichende Abriebfestigkeit des Kunstfaserseils (1) unverändert sichergestellt sind.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Kunstfaserseil , vorzugsweise aus aromatischem Polyamid, mit einer Umhüllung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] Seile sind insbesondere in der Fördertechnik, wie z.B. bei Aufzügen, im Kranbau und im Bergbau, ein wichtiges stark beanspruchtes Maschinenelement. Besonders vielschichtig ist die Beanspruchung von getriebenen Seilen, über Seiltrollen umglenkten Seilen oder auf Trommeln aufgewickelten Seilen, wie sie beispielsweise im Aufzugsbau und bei sSeilbahnen verwendet werden. Dort sind grosse Seillängen notwendig und es besteht aus energetischen Gründen die Forderung nach möglichst kleinen Massen. Hochfeste Kunstfaserseile, beispielsweise aus aromatischen Polyamiden oder Aramiden mit hochgradig orientierten Molekülketten erfüllen diese Anforderungen besser als herkömmliche Stahlseile. Allerdings sind Werkstoffe, wie z.B. Aramide, besonders empfindlich gegenüber ultraviolettem (UV) Licht, oxidierenden und reduzierenden Umwelteinflüssen, durch die die Bruchkraft und das Arbeitsvermögen herabgesetzt werden. Aramidseile werden daher üblicherweise mit lichtbeständigem Material ummantelt oder umflochten.

[0003] Es ist beispielsweise aus der EP 0 672 781 A1 der Anmelderin bekannt geworden, solche ummantelte Kunstfaserseile bei Aufzugsanlagen als Tragorgane zu verwenden, um den Kabinenrahmen einer in einem Aufzugsschacht geführten Kabine mit einem Gegengewicht zu verbinden. Das Seil läuft über eine Treibscheibe, die zum Heben und senken der Kabine und des Gegengewichts von einem Antriebsmotor angetrieben wird. Das Antriebsmoment wird unter Reibschluss dem jeweils über den Umschlingungswinkel anliegenden Seilabschnitt aufgeprägt.

[0004] Anstatt einer die gesamte Decklitzenlage umgebenden Ummantelung, ist dort jede einzelne Litze dieser Lage mit einem ringsum geschlossenen extrudierten Mantel aus Kunststoff, vorzugsweise Polyurethan oder Polyamid, versehen, die gesamthaft als Abriebschutz für das Seil dienen und den gewünschten Reibwert zur Treibscheibe gewährleisten.

[0005] Dort werden die Bindekräfte zwischen den Kunststoffmänteln und der äussersten Kunstfaserlitzenlage erreicht, indem die Kunststoffummantelung unter Druck aufgespritzt wird, so dass alle Zwischenräume zwischen den Litzen ausgefüllt und ein Formschluss mit einer grossen Haltefläche gebildet wird. Die bei Belastung des Seils auftretenden Schubkräfte können unter bestimmten Bedingungen dennoch ein Verschieben oder Aufstauchen der Kunststoffmäntel verursachen. Solche Veränderung des Seils sind unerwünscht, weil sie zum Ausfall des Seils führen könnten. Die nötigen Bindekräfte zwischen Litze und Mantel durch Aufbringen der Litzenmäntel im Druckspritzverfahren darzustellen, gestaltet sich jedoch aufwendig.

[0006] Demzufolge liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, den Herstellungsaufwand für ein Kunstfaserseil zu verringern, während eine unverändert hohe Funktionalität sichergestellt ist.

[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss mit einem Kunstfaserseil der eingangs genannten Art mit den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruch 1 gelöst.

[0008] Umfangreiche Versuche der Anmelderin haben ergeben, dass anstelle einer bisher extrudierten, schützenden Ummantelung nur durch eine Beschichtung der Kunstfaserlitzen in der äussersten Litzenlage mit Flüssigkeit, welche UV-Stabilisatoren und andere Zusätze zum Schutz gegen Abrieb und das Seil schädigenden Umwelteinflüssen enthält, ein zuverlässiger UV-Schutz sowie eine ausreichende Abriebfestigkeit des Seiles dauerhaft sichergestellt werden kann.

[0009] Die durch die Erfindung erzielten Vorteile bestehen in einer dauerhaften Bindung der Umhüllung an die Kunstfaserlitzen der äusseren Litzenlage, weil das Material der Umhüllung und der die Kunstfasern der Litzen fixierenden Matrix gleich sind. Durch blosses Zumischen entsprechender Zusätze kann die Funktionalität über f die gesamte Lebensdauer von Faserseilen auf einfache Weise verlängert werden. Die erfindungsgemässe Umhüllung bildet weder Aufstauchungen noch ist sie verschiebbar auf den Kunstfaserlitzen. Die Herstellung der Umhüllung erfolgt weitgehend ohne zusätzlichen vorrichtungsmässigen Aufwand und ist einfach und kostengünstig. Ausgehend von grosserienmässig hergestellten herkömmlichen Kunstfaserlitzen sind die Kunstfaserlitzen für die äusserste Faserlitzenlage lediglich durch ein ohnehin vorhandenes Imprägnierungsbad zu ziehen, um die erfindungsgemässe Beschichtung auszubilden. Die Schichtdicke ist über die Verweildauer der Kunstfaserlitze im Imprägnierbad einstellbar. Der Beschichtungsvorgang kann ferner beliebig oft wiederholt werden.

[0010] Eine besonders abriebfeste Ausführungsform der Beschichtung wird durch Zugabe von Kurzfasern, beispielsweise aus Aramid, zum Imprägnierbad erreicht.

[0011] Weitere vorteilhafte Ausführungen der Erfindung sind in den übrigen abhängigen Ansprüchen aufgeführt.

[0012] Anschliessend ist ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung mit Imprägniermittel als Flüssigkeit unter Bezugnahme auf eine in der Zeichnung dargestellte Querschnittsansicht eines aus sechszehn Litzen bestehenden Seils 1 näher beschrieben. Um eine Kernlitze 2 sind fünf gleiche Litzen 3 schraubenlinienförmig gelegt, mit denen fünf dickere Litzen 4 abwechselnd mit fünf dünneren Litzen 5, im Parallelschlag zu einer Decklage 6 verseilt sind. Die für das dargestellte Seil 1 verwendeten tragenden Litzen 2,4,5 sind aus einzelnen Aramidfaserbündeln 7 gedreht oder geschlagen.

[0013] Die Litzen 2,3,4 und 5 bestehen im wesentlichen aus Aramidgarnen 8, die schraubenlinienförmig in einer Matrix aus Polyurethan fixiert sind. Zum Verseilen oder Drehen werden die Aramidgarne 8 mit einem schützenden Imprägnierungsmittel, beispielsweise mit Polyurethanlösung, behandelt. Der Anteil des Polyurethans an jeder Litze 2,4,5 ist mit ausschlaggebend für die Biegewechselfestigkeit des Seils 1. Je höher der Anteil des Polyurethans, desto höher wird die Biegewechselleistung. Mit steigendem Poyurethananteil sinkt der Füllfaktor des gesamten Seiles 1 und damit die Tragfähigkeit und das Dehnungsverhalten des Seils 1. Der Polyurethananteil zur Imprägnierung der Litzen 2,4,5 kann je nach gewünschten Seileigenschaften beispielsweise zwischen zehn und sechzig Prozent liegen.

[0014] Bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel sind exemplarisch sieben Aramidgarne 8 mittels Imprägnierung zu einem Filament 7 verbunden und fixiert. Die Imprägnierung bildet dabei um jedes einzelne Filament 7 eine schützende dünne Schicht 9. Sieben der Filamente 7 sind miteinander schraubenlinienförmig zu einer Litze 2,3,4,5 geschlagen. In der tatsächlichen Ausbildung besitzen die Filamente 7 nicht die in der Zeichnung dargestellte kreisrunde Form, sondern sind an die Oberfläche benachbarter Filamente und der Litzen angepasst. Insoweit ist der Aufbau aller bei dem Ausführungsbeispiel verwendeter Litzen 2,3,4,5 grundsätzlich gleich, jedoch kann die Anzahl der Verdrehungen pro Meter zwischen den verschiedenen Litzenlagen und den Litzen mit verschiedenen Litzendurchmessern unterschiedlich sein.

[0015] Jede der in der Decklage 6 verseilten dicken Litzen 4 und dünnen Litzen 5 ist erfindungsgemäss von einer zusätzlichen Schutzschicht 10 aus Imprägniermittel umhüllt. Diese Schutzschicht wird vorteilhafterweise durch zusätzliches Tränken in einen Imprägniermittelbad im Durchlaufverfahren auf der Oberfläche der dicken Litzen 4 und dünnen Litzen 5 gebildet. Das Imprägniermittel enthält neben Polyurethan auch Zusätze von UV-Stabilisatoren, vorzugsweise Siliziumkristalle, Oxidations- und Reduktionsblocker. Durch die Zugabe von Kurzfasern, vorzugsweise aus Aramid, erhält die Schutzschicht 10 eine verbesserte Abriebfestigkeit.

[0016] Die Dicke 11 der Schutzschicht 10 um die einzelnen Litzen 4,5 beträgt hier 0,2 mm; erfindungsgemäss kann sie jedoch im Bereich zwischen 0,1 und 1 mm je nach gewünschter Schutzwirkung gewählt werden. Die Schutzschicht 10 wirkt als Abriebschutz zwischen den dicken Litzen 4 und den dünnen Litzen 5 der Decklage 6 und bildet im Verband aller Litzen 4,5 der Decklage 6 nach aussen eine ebenso wirkungsvolle wie kostengünstig herzustellende Umhüllung des Seils 1. Auf einen zusätzlichen Seilmantel aus Kunststoff kann deshalb verzichtet werden. Gemäss der Erfindung mit einer Schutzschicht 10 beschichtete Litzen 4, 5 können als Halberzeugnis vorgefertigt werden und dann je nach Bedarf mittels herkömmlichen Verseilmaschinen weiterverarbeitet werden, was die Herstellungskosten des Aramidfaserseil 1 bedeutend reduziert. Statt einem Imprägniermittel kann auch eine andere Flüssigkeit mit Hafteigenschaft auf das Seil aufgebracht werden.

[0017] Neben Anwendungen als reines Tragseil, lässt sich das Seil bei verschiedensten Anlagen der Fördertechnik anwenden, z.B. für Aufzüge, Schachtförderanlagen im Bergbau, Lastkränen wie Bau-, Hallen- oder Schiffskräne, Seilbahnen und Skilifte sowie als Zugmittel bei Fahrtreppen. Der Antrieb kann sowohl durch Reibschluss über Treibscheiben oder Koeppe-Scheiben als auch durch drehende Seiltrommeln, auf die das Seil aufgewickelt wird, erfolgen. Unter Förderseil ist ein laufendes, angetriebenes Seil zu verstehen, das gelegentlich auch als Zug- oder Tragseil bezeichnet wird.

Bezugszeichenliste



[0018] 
1-
Seil
2-
Kernlitze
3-
Litze
4-
dicke Litze
5-
dünne Litze
6-
Decklage
7-
Filament
8-
Aramidfaser
9-
dünne Schicht
10-
Schutzschicht
11-
Schutzschichtdicke



Ansprüche

1. Umhüllung für ein Seil mit tragenden Litzen (2,3,5) aus fixierten Kunstfasern (8), vorzugsweise Polyamidfasern, welche tragenden Kunstfaserlitzen (2,3,5) in einer äussersten Litzenlage (6) vorzugsweise auf einem durch lagenweise miteinander verseilte tragende Kunstfaserlitzen (2,3) gebildeten Seilinneren verseilt sind, wobei die Umhüllung (10) mindestens die tragenden Kunstfaserlitzen (4,5) der äussersten Litzenlage (6) umgibt, dadurch gekennzeichnet, dass die Umhüllung (10) aus einer Flüssigkeit mit Zusätzen von UV-Stabilisatoren und anderen Zusätzen zum Schutz gegen Abrieb und das Seil schädigende Umwelteinflüsse gebildet ist.
 
2. Umhüllung für ein Kunstfaserseil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Flüssigkeit aus einem Imprägniermittel zum Fixieren der Kunstfasern (8) besteht.
 
3. Umhüllung für ein Kunstfaserseil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Imprägniermittel Kurzfasern zum Schutz gegen Abrieb enthält.
 
4. Umhüllung für ein Kunstfaserseil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Imprägniermittel Oxidations- und Reduktionsblocker enthält.
 
5. Umhüllung für ein Kunstfaserseil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Imprägniermittel aus Polyurethanlösung besteht.
 
6. Umhüllung für ein Kunstfaserseil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Umhüllung (10) eine Schichtdicke (11) von 0,1 bis 1 mm aufweist.
 
7. Verfahren zum Herstellen einer Umhüllung (10) für ein Kunstfaserseil (1) aus gebündelten und mittels einem Imprägniermittel zu tragenden Kunstfaserlitzen (2,3,4,5) fixierten Kunstfasern (8), vorzugsweise Polyamidfasern, welche tragenden Kunstfaserlitzen (4,5) in einer äussersten Litzenlage (6) auf einem durch lagenweise miteinander verseilte tragenden Kunstfaserlitzen (2,3) gebildeten Seilinneren verseilt sind, wobei die Umhüllung (10) mindestens die tragenden Kunstfaserlitzen (4,5) der äussersten Litzenlage (6) umgibt, dadurch gekennzeichnet, dass die Kunstfaserlitzen (4,5) der äussersten Litzenlage (6) durch Tränken mit Imprägniermittel beschichtet werden, welches Zusätze zum Schutz gegen Abrieb und das Seil schädigende Umwelteinflüsse enthält.
 
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass anschliessen an ein erstes Tränken Kurzfasern auf die Kunstfaserlitzen (4,5) der äussersten Litzenlage (6) aufgebracht werden und dann die Kunstfaserlitzen (4,5) wieder durch Tränken mit Imprägniermittel beschichtet werden.
 
9. Aufzugsanlage mit einem Kunstfaserseil mit Umhüllung nach einem der Ansprüche 1 bis 6.
 




Zeichnung