[0001] Die Erfindung betrifft eine höhenverstellbare Sitzvorrichtung und ein Gelenk (oder:
Sitzteillagerung) für ein allseitig elastisch neigbarer Sitzteil einer Sitzvorrichtung.
[0002] Die Gestaltung herkömmlicher Sitzvorrichtungen, insbesondere Bürostühle, erfolgt
heutzutage zumeist unter dem Gesichtspunkt der Ergonomie, d.h. der körpergerechten
Gestaltung der Arbeitsplätze. In der Praxis werden Bürostühle daher oftmals derart
konzipiert, daß der Körper in einer anatomisch günstigen Lage unterstützt wird und
somit Belastungen weitgehend vermieden werden. Die bei den herkömmlichen Sitzmöbeln
der Körperform, insbesondere dem Rücken, angepaßten Sitzflächen und Lehnen werden
zwar im Gebrauch zumeist als bequem empfunden, sie haben jedoch den Nachteil, daß
die Rückenmuskulatur, insbesondere die Muskeln, die Haltefunktionen an der Wirbelsäule
haben, kaum beansprucht werden, da der Körper lediglich "passiv sitzt". Dies kann
zu einer Degeneration der Rückenmuskulatur und zu Schäden an der Wirbelsäule wie Abnutzung
der Bandscheiben, Haltungsschäden etc. führen.
[0003] Bei Sitzmöbeln ist es ergonomisch sinnvoll, ein Sitzteil vorzusehen, das mit einer
elastischen Rückstellkraft nach allen Seiten neigbar gelagert ist, so daß aktiv-dynamisches
Sitzen gewährleistet ist. Ein solches Sitzteil ermöglicht es dem Sitzenden, bei einer
Verkippung aus der aufrechten Sitzposition mit relativ wenig Körperarbeit wieder in
die Ausgangsposition zurückzugelangen.
[0004] Es wurden daher im Stand der Technik Sitzvorrichtungen entwickelt, die ein aktiveres
Sitzen ermöglichen. Diesen Sitzvorrichtungen ist gemeinsam, daß der Sitz sich in einer
labilen Lage befindet, der Körper also gezwungen wird, aktiv - durch Betätigung der
Rückenmuskulatur - das Gleichgewicht zu halten. Besonders hervorzuheben ist hier der
sogenannte "Pezzi-Ball", ein mit Luft gefüllter Gymnastikball aus Kunststoff, bei
dem die Luftfüllung eine Federung in vertikaler Richtung bewirkt. Trotz seiner insgesamt
relativ guten, physiologischen Eigenschaften ist der Pezzi-Ball jedoch in erster Linie
ein krankengymnastisches Gerät und keine Sitzvorrichtung. Bei Verwendung als Sitzvorrichtung
ist er insbesondere nicht gegen Umkippen gesichert, da der Sitzende eine im Prinzip
labile Gleichgewichtslage einnimmt. Im übrigen ist er auch zerstörungsanfällig, da
seine Kunststoffhaut, insbesondere unter Belastung und beim Abrollen über spitze Gegenstände
relativ leicht beschädigt werden kann und zum Platzen des Balls führt. Sein relativ
ausladendes Volumen wirkt sich ebenfalls einschränkend hinsichtlich seiner Anwendung
als Sitzvorrichtung aus. Die im Stand der Technik entwickelten aktiv-dynamischen,
echten Sitzvorrichtungen weisen hingegen meist nicht-optimale physiologische Eigenschaften
auf. Der sogenannte "Tendel" der Firma Thomas Möbel weist ein auf halber Höhe zwischen
einem Sitzteil und einem Fußteil angebrachtes Gelenk zum Verkippen des Sitzteils aus
der Gleichgewichtslage auf. Diese Sitzvorrichtung hat jedoch den Nachteil, daß sich
beim Verkippen die Sitzhöhe ändert und die Sitzfläche nicht mehr in einer horizontalen
Ebene liegt, was im Gebrauch zu Verkrümmungen der Wirbelsäule führen kann. Im übrigen
befindet sich der Sitzende bei dieser Sitzvorrichtung in einem labilen Gleichgewicht
und kommt nach seitlicher Auslenkung nur durch aktive Beinarbeit wieder in die Normallage
zurück.
[0005] Die für eine Verkippung des Sitzteils im Stand der Technik vorgesehenen Konstruktionen
sind jedoch aus verschiedenen Gründen nicht befriedigend. Die verschiedenen im Stand
der Technik bekannten Feder- und Kippgelenke, durch die Sitzteile neigbar ausgeführt
sind, haben sich entweder als zu aufwendig oder als ergonomisch nicht optimal herausgestellt.
[0006] Aus der DE-OS 2314717 ist eine Sitzvorrichtung mit zwei Feder-Kippgelenken bekannt,
bei der sich der Sitzende jedoch ebenfalls in einem labilen Gleichgewicht befindet
und nach seitlicher Auslenkung nur durch aktive Beinarbeit wieder in die Normallage
zurückkommt. Ferner ist aus der DE 2944674 ein Arbeitsstuhl bekannt, dessen starre
Sitzfläche bei jeder Auslenkung eine physiologisch unerwünschte Verkrümmung der Wirbelsäule
erzwingt.
[0007] Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Sitzvorrichtung anzugeben,
die ein aktives Sitzen ermöglicht und gegenüber den im Stand der Technik bekannten
Sitzvorrichtungen verbesserte physiologische Eigenschaften aufweist, keine Zwangskräfte
auf die Wirbelsäule ausübt und gleichzeitig möglichst vielseitig verwendbar ist, und
ein Gelenk für ein Sitzteil anzugeben, das zum einen preisgünstig herstellbar ist,
und zum anderen dem Sitzenden die nötige Dynamik bei gleichzeitiger Kippsicherheit
und die Anpassung an individuelle Faktoren wie Körpergewicht oder Bequemlichkeit bietet.
[0008] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der Ansprüche 1 bzw. 11 gelöst. vorteilhafte
Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen angegeben.
[0009] Die Erfindung hat insbesondere den Vorteil, daß durch sie eine im Vergleich zu dem
Gymnastik-Ball "Pezzi" echte Sitzvorrichtung, die mindestens ebenso gute, wenn nicht
sogar bessere sitzphysiologische Eigenschaften wie der "Pezzi-Ball" aufweist. Die
Sitzvorrichtung gemäß der vorliegenden Erfindung weist wie ein Gymnastik-Ball eine
gekrümmte Auflagefläche auf. Diese ist mindestens in einem Teilbereich um einen auf
der Auflagefläche gelegenen Auflagepunkt sphärisch geformt. Die Sitzvorrichtung ist
mit einem Sitzteil versehen, das in einem Unterstützungspunkt gelagert ist. Der Unterstützungspunkt
liegt entweder unterhalb des Krümmungsmittelpunkts der Grundfläche oder ist innerhalb
eines Höhenbereichs einstellbar, dessen untere Grenze unterhalb des Krümmungsmittelpunkts
liegt und dessen obere Grenze unterhalb des Krümmungsmittelpunkts liegt oder im wesentlichen
mit diesem zusammenfällt. Der Sitzende befindet sich somit auch bei größeren Kippwinkeln
stets in einer stabilen Gleichgewichtslage. Beim Sitzen auf einem Ball herrscht grundsätzlich
eine labile Gleichgewichtslage vor. Lediglich durch die Formveränderung (Abplattung)
des luftgefüllten Balles an der Sitzfläche und der Auflagefläche wird im Gebrauch
und bei kleinen Kippwinkeln ein quasi-indifferentes Gleichgewicht erzeugt.
[0010] Das Sitzteil ist neigbar in dem Unterstützungspunkt gelagert, um dem Sitzenden bei
jedem Kippwinkel eine aufrechte Sitzposition zu ermöglichen. Dies kann z.B. durch
ein an dem Sitzteil angebrachtes Verbindungselement, z.B. eine Gummiplatte, ermöglicht
werden, die durch ein geeignetes Auflager unterstützt wird, wodurch das Sitzteil nach
allen Seiten neigbar ist.
[0011] Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform kann aus physiologischen Gründen
das Sitzteil zusätzlich in vertikaler Richtung abgefedert sein.
[0012] Die Erfindung wird nachstehend anhand der in den Figuren dargestellten, besonders
bevorzugten Ausführungsformen näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1
- eine bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Sitzvorrichtung;
- Fig. 2
- eine bevorzugte Ausführungsform des oberen Teils einer Sitzvorrichtung nach Fig. 1;
- Fig. 3
- eine mögliche weitere Ausführungsform des oberen Teils einer Sitzvorrichtung nach
Fig. 1; und
- Fig. 4
- eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Sitzteilgelenks (nicht maßstabsgetreu).
[0013] Die in Figur 1 schematisch dargestellte Sitzvorrichtung 10 enthält ein Fußteil 1,
das eine gekrümmte Auflagefläche 1A aufweist, so daß die Sitzvorrichtung 10 im Gleichgewicht
in einem Auflagepunkt 1B der Auflagefläche 1A auf einer ebenen Unterlage aufliegt
und verkippt werden kann. Die Sitzvorrichtung 10 weist ferner ein Sitzteil 2 auf,
welches durch ein Säulenteil 3 in einem Punkt 3A gestützt wird. Das Sitzteil 2 kann
in vertikaler Richtung federn. In dem Unterstützungs- oder Auflagepunkt 3A befindet
sich ein Gelenk, z.B. ein Kugelgelenk, welches bewirkt, daß das Sitzteil 2 gegenüber
dem Säulenteil 3 nach allen Seiten neigbar ist. Anstelle eines Gelenkes kann aber
auch ein Auflager auf einer Kalotte, einer Spitze oder Nadel vorgesehen sein, wie
noch ausgeführt werden wird. Bei einem als Sitzvorrichtung verwendeten "Pezzi-Ball"
sind diese Elemente alle einstückig miteinander verbunden, wobei die Sitzfläche von
der Auflagefläche um den Durchmesser des Balls beabstandet ist. Dies hat den Nachteil,
daß die Gleichgewichtslage grundsätzlich labil ist. Dies ist zwar dadurch praktisch
abgemildert, daß die Kunststoffhaut des luftgefüllten Balles unter Belastung elastisch
federt und somit Ober- und Unterseite des Balls beim Sitzen horizontal abgeplattet
werden, woraus sich eine quasi-indifferente Gleichgewichtslage bei kleinen Verkippungswinkeln
ergibt. Bei größer werdenden Verkippungswinkeln wird die Gleichgewichtslage jedoch
zunehmend labil und der Sitzende ist gegen Umkippen nicht mehr ausreichend gesichert.
Bei der erfindungsgemäßen Sitzvorrichtung ist dieses Problem von vornherein dadurch
entschärft, daß die Auflagefläche 1A zumindest in einem Teilbereich um den Gleichgewichts-Auflagepunkt
1B des Fußteils 1 als Teil einer Kugeloberfläche ausgebildet ist, wobei sich der Krümmungs-Mittelpunkt
1C der Kugeloberfläche oberhalb des Unterstützungs- oder Auflagepunkts 3A des Sitzteils
2 befindet oder im wesentlichen mit diesem zusammenfällt. Dies bewirkt, daß sich der
Sitzende beim Verkippen der Sitzvorrichtung stets in einem stabilen Gleichgewichtszustand
befindet. Dabei kann die Sitzvorrichtung derart ausgeführt sein, daß sich der Unterstützungspunkt
bei einer konstanten Höhe H unterhalb des Krümmungsmittelpunkts der Auflagefläche
befindet. Es kann aber auch, wie in Fig. 1 vorgesehen ist, z.B. in dem Säulenteil
3 eine Höhenverstellung 3B, z.B. in Form einer Gasdruckfeder, angeordnet sein, durch
die der Unterstützungspunkt 3A und damit das Sitzteil 2 in einem Höhenbereich verstellbar
ist. Dieser Höhenbereich weist eine untere Grenze auf, die auf jeden Fall unterhalb
des Krümmungsmittelpunkts liegt. Die obere Grenze kann wahlweise entweder unterhalb
des Krümmungsmittelpunkts liegen oder im wesentlichen mit diesem zusammenfallen. Bei
der zuletzt genannten Höheneinstellung bewegt sich dann der Sitzende bei Verkippung
auf konstanter Höhe im indifferenten Gleichgewicht (wie die Nabe eines rollenden Rades),
während er sich bei allen anderen Höheneinstellungen stets in einem stabilen Gleichgewicht
befindet. Wichtig ist dabei, daß der Sitz jede Bewegung des Sitzenden widerstandsfrei
mitmacht, daß also auf die Wirbelsäule keine unerwünschten Zwangskräfte ausgeübt werden
und daß für die Rückbewegung in die Normallage nach einer Verkippung keine Beinarbeit
aufgewendet werden muß. Dies ist bei der erfindungsgemäßen Sitzvorrichtung der Fall,
da bei einer Verkippung ein rückstellendes Moment erzeugt wird, wenn sich der Unterstützungspunkt
unterhalb des Krümmungsmittelpunkts befindet. Wenn der Unterstützungspunkt auf eine
Höhe H eingestellt wird, die dem Krümmungsradius der Auflagefläche entspricht, so
liegt ein indifferentes Gleichgewicht vor. Eine solche Einstellung hat den Vorteil
der bei Verkippung gleichbleibenden Sitzhöhe. Gerade bei Anwendungen für Kinder ist
aber eher an die stabile Ausführungsform zu denken, bei der mit dem Wachsen des Kindes
kontinuierlich die Höhe des unterhalb des Krümmungsmittelpunkts liegenden Unterstützungspunkts
nachgestellt wird. Diese Einstellbarkeit der Höhe des Unterstützungspunkts kann beispielsweise
durch eine Gasdruckfeder oder ein Schraubgewinde realisiert werden oder durch eine
diskontinuierliche Arretierung, bei der Röhren ineinander verschiebbar sind und bei
bestimmten Relativpositionen durch Stifte und Löcher arretiert werden können (wie
beispielsweise bei Krückstöcken).
[0014] Vorteilhafterweise ist die Sitzfläche allseits neigbar angeordnet, damit sie nicht
bei seitlichen Auslenkungen schief wird und dadurch Zwangskräfte auf Wirbelsäule und
Halteapparat ausgeübt werden und insbesondere keine unter gesundheitlichen Aspekten
unerwünschte seitliche Wirbelsäulenverkrümmung mit entsprechender Fehlbelastung hervorgerufen
wird. Die Neigbarkeit der Sitzfläche erlaubt außerdem das sitzphysiologisch erwünschte
Abkippen des Beckens nach vorne (wie beim "Kniestuhl") auch in der Nullage. Schließlich
verhindert die allseits neigbare und daher horizontal bleibende Sitzfläche, daß man
sich bei seitlicher Auslenkung des Stuhls ständig durch Beinarbeit gegen ein Abrutschen
von einer schief werdenden Sitzfläche wehren muß.
[0015] Eine zusätzliche Federung des Sitzteils 2 in vertikaler Richtung führt aus medizinischer
Sicht zu einer Art "Pumpwirkung" auf die Bandscheiben. Die Federung kann in ihrer
Elastizität verstellbar ausgeführt werden, um sie individuellen Anforderungen - etwa
dem Körpergewicht - anzupassen. Anstelle einer elastischen Feder kann aber auch ein
starres Verbindungselement, z.B. eine starre Stange, vorgesehen sein. Die vertikale
Federung kann dann z.B. durch ein elastisches Fußteil bereitgestellt werden.
[0016] In Fig. 2 ist eine praktische Ausführungsform der Sitzvorrichtung nach Fig. 1 und
eine mögliche Art der Auflage auf dem Unterstützungspunkt 3A schematisch dargestellt.
Es wurden dabei Bezugszeichen in entsprechender Weise gewählt. Bei diesem Ausführungsbeispiel
ist das Säulenteil 3 mit einer Kalotte 5 versehen, in deren höchstem Punkt 3A das
sitzteil unterstützt wird. Das Sitzteil 2 besitzt eine an seinem unteren Bereich befestigte
Hartgummiplatte 4, die in dem Unterstützungspunkt 3A der Kalotte 5 nach allen Seiten
neigbar gelagert ist. Die Hartgummiplatte 4 übernimmt damit also die Funktion einer
vertikalen Federung des Sitzteils. Alternativ zu der Lagerung auf einer Kalotte kann
auch eine Spitzen- oder Nadellagerung vorgesehen sein.
[0017] Gemäß Fig. 3 kann auch noch zusätzlich eine zweite Hartgummischeibe 6 vorgesehen
sein, die unterhalb der Hartgummiplatte 4 ringförmig um das Säulenteil 3 herum angeordnet
ist, um der im Gebrauch der Sitzvorrichtung von oben belasteten Hartgummiplatte 4
einen federnden Widerstand von unten entgegenzusetzen. Diese zweite Federung kann
je nach den individuellen Anforderungen - z.B. Körpergewicht - eingestellt werden,
z.B. dadurch daß sie an dem Säulenteil 3 höhenverstellbar ist, wie in der Fig. 2 durch
die Schraubgewinde schematisch angedeutet ist. Bei einem Kippvorgang wird das Säulenteil
3 um den Kippwinkel schräggestellt und um denselben Winkel neigt sich in umgekehrter
Richtung die Hartgummiplatte 4 mit dem Sitzteil 2 um den Unterstützungspunkt 3A der
Kalotte 5. Im Ergebnis behält also das Sitzteil 2 durch seine gegenläufige Verkippung
seine relative Lage in bezug auf den Unterstützungspunkt 3A. Die Elastizität der Hartgummiplatte
4 sorgt hier also für die vertikale Federung der Sitzvorrichtung. Die Einstellung
der Sitzhöhe kann relativ einfach durch Variation der Dicke der Hartgummiplatte 4
erfolgen.
[0018] Das in der Fig. 1 gezeigte Ausführungsbeispiel zeigt eine Auflagefläche 1A, die in
ihrer Gesamtheit als Kugeloberfläche ausgebildet ist. Stattdessen kann aber auch eine
Auflagefläche vorgesehen sein, die nur in einem zentralen Teilbereich um den Gleichgewichtsauflagepunkt
1B sphärisch ausgebildet ist, außerhalb dieses Bereichs jedoch eine von der Kugeloberfläche
abweichende Form aufweist. Dies kann in vorteilhafter Weise dazu eingesetzt werden,
um die erfindungsgemäße Sitzvorrichtung gegen Umkippen zu sichern.
[0019] Ein radial weiter außen liegender Bereich ist zu diesem Zweck derartig geformt, daß
bei großen Verkippungswinkeln ein rückstellendes Moment erzeugt wird, indem beispielsweise
in diesem Bereich der Krümmungsradius stetig nach außen zunimmt, z.B. wie bei einer
Parabel oder Hyperbel. Eine entsprechend gestaltete kippsichere Ausführungsform der
vorliegenden Erfindung ist besonders für Kinder oder Behinderte vorteilhaft.
[0020] In weiterhin vorteilhafter Weise kann, wie auch in dem in den Figuren dargestellten,
bevorzugten Ausführungsbeispielen ausgeführt, die Sitzfläche 2B eine konvexe Form
aufweisen, um unbehinderte Bewegungsfreiheit, insbesondere für die Oberschenkel, zu
gewährleisten und damit auch die gesamte Beinmuskulatur beim Sitzen zu aktivieren.
In weiterhin vorteilhafter Weise kann der Unterstützungspunkt 3A exzentrisch so weit
hinten angeordnet sein, daß beim Sitzen ein Abkippen des Beckens nach vorne erzwungen
wird.
[0021] Die Neigbarkeit des Sitzteils 2 durch das Auflager in dem Unterstützungspunkt 3A
kann auch als elastische Gelenkfederung mit einer Rückstellkraft ausgeführt sein.
In diesem Fall wird aus dem ohne Rückstellkraft indifferenten Gleichgewicht ein insgesamt
stabiles Gleichgewicht.
[0022] Säulen- und Fußteil können auch als eine einzige, gestalterische Einheit ausgeführt
werden, etwa als Kegel oder Zylinder mit (zumindest teilweise) sphärischer Grundfläche.
Im übrigen läßt die Konstruktion Ausführungen in allen Materialien, also in Kunststoff,
Metall oder Holz oder deren Kombinationen zu. Dies hat den weiteren Vorteil der erheblich
höheren Zerstörungsfestigkeit gegenüber den bekannten luftgefüllten Gymnastik-Bällen
aus Kunststoff wie dem "Pezzi-Ball". Ebenso wie bei dem Pezzi-Ball kann aber auch
bei der erfindungsgemäßen Sitzvorrichtung das Fußteil elastisch ausgeführt sein, zum
Beispiel in Form eines aufpumpbaren, luftgefüllten Hohlkörpers, der eine elastische
Membran aufweist.
[0023] Bei einer solchen Ausführungsform würde dann eine vertikale Federung durch das Fußteil
erzeugt.
[0024] Die erfindungsgemäße Sitzvorrichtung ist durch ihre guten physiologischen Eigenschaften
auch als Arbeits- oder Bürostuhl verwendbar. Sie ist insbesondere durch ihre Höhenverstellbarkeit
universal für alle Körpergrößen verwendbar. Durch ihre Kippsicherheit bietet sich
die Anwendung durch Kinder oder Behinderte an.
[0025] Gemäß Fig. 4 enthält eine Sitzvorrichtung ein Auflagerteil 11, das an seinem oberen
Ende eine gekrümmte Auflagefläche 11A aufweist, also beispielsweise als Kalotte mit
einer zentral abgeplatteten Kugeloberfläche ausgebildet ist. Ein Sitzteil ist in seinem
unteren Bereich mit einer Platte 12A aus Gummi oder einem anderen elastischen Material
fest verbunden, die in einem zentralen Bereich ein Durchgangsloch enthält. Das Durchgangsloch
wird durch das Innere einer ringförmigen Metall- oder Kunststoffarmierung 12B gebildet,
die im Querschnitt U-förmig ist. Anstelle einer U-Form könnte auch eine L-Form oder
eine einfache Buchse gewählt werden. Die Armierung ist mit der elastischen Platte
fest verbunden. Das Durchgangsloch dient der definierten Befestigung der elastischen
Platte an das Auflagerteil durch eine Schraube 12C. Die Schraube 12C kann durch ein
Durchgangsloch in der Deckfläche des Auflagerteils gesteckt und auf der Innenseite
der Deckfläche mit einer Schraubenmutter befestigt werden. Die Befestigung kann natürlich
auch auf eine andere geeignete Weise erfolgen.
[0026] Um das Auflagerteil ist mit geringem Abstand davon ein ringförmiger, gummibewehrter
Begrenzer 13 angebracht. Dieser besteht aus einem ringförmigen Träger 13A und einer
darin gebildeten Aussparung zur Aufnahme eines Rings 13B aus Gummi oder einem anderen
elastischen Material.
[0027] Unterhalb des Begrenzers ist um das Auflagerteil ein Stellring 14 angebracht, der
in der bevorzugten Ausführungsform mit dem Auflagerteil in Schraubverbindung steht
und dementsprechend ein Gewinde an seiner Innenseite aufweist, das in ein entsprechendes
Gewinde an der Außenseite des Auflagerteils eingreift. Der von dem Stellring gestützte
Begrenzer ist somit durch Verdrehen des Stellrings höhenverstellbar.
[0028] Wenn der Begrenzer zylindersymmetrisch zur Achse des Auflagerteils geformt ist, so
kann er in kostengünstiger Weise auch mit dem Stellring einstückig ausgeführt sein.
In dem in der Figur gezeigten bevorzugten Ausführungsbeispiel sind jedoch der Begrenzer
und der Stellring separate Bauteile, so daß sich bei einer Höhenverstellung der Begrenzer
nicht mitdreht und somit auch nicht-zylindersymmetrisch zur Achse geformt sein kann.
Dies kann in vorteilhafter Weise dazu ausgenutzt werden, in verschiedenen Richtungen
der Sitzvor-. richtung eine unterschiedliche Elastizität und Ausschlags-begrenzung
bei Verkippung vorzusehen. So kann der elastische Ring in Form und Dicke entlang seinem
Umfang unterschiedlich ausgeführt sein, er kann z.B. hinten höher als vorne sein,
um hinten eine größere elastische Begrenzung als vorne zu erzielen. Er kann auch entlang
eines bestimmten Umfangsabschnitts keilförmig sein. Er kann auch längsoval sein und
exzentrisch zum Mittelpunkt des Säulenteils positioniert sein. In gleicher Weise kann
auch der Träger 3A nicht-zylindersymmetrisch geformt sein.
[0029] Die Höhenverstellung kann anstelle durch ein Schraubgewinde auch durch eine diskontinuierliche
Verstellung unter Verwendung von Bolzen und am Auflagerteil angebrachten Löchern ermöglicht
werden.
[0030] Die erfindungsgemäße Sitzteillagerung ermöglicht eine Verkippung mit einer elastischen
Rückstellkraft und bietet durch den Begrenzer ausreichende Kippsicherheit und außerdem
eine Anpassung an unterschiedliches Körpergewicht und individuelle Bequemlichkeit.
Sie ist somit kostengünstig herstellbar und universell bei jeder Art von Sitzvorrichtung
einsetzbar.
[0031] Das erfindungsgemäße Gelenk (oder: die Sitzteillagerung) ist insbesondere dadurch
gekennzeichnet, daß der Stellring 14 ein Gewinde an seiner Innenseie aufweist, der
in ein entsprechendes Gewinde an der Außenseite des Auflagerteils eingreift und durch
dessen Drehung der Begrenzer höhenverstellbar ist, und/oder daß der Begrenzer und
der Stellring separate Bauteile oder zusammenhängend geformt sind.
[0032] Das erfindungsgemäße Gelenk ist ferner insbesondere dadurch gekennzeichnet, daß der
Ring 13B und/oder der Träger 13A nicht zylindersymmetrisch sind, insbesondere oval
ausgebildet sind oder in einem Teil ihres Umfangs eine vergrößerte Dicke oder Breite
aufweist. Außerdem kann das elastische Material der Platte 12 und/oder des Rings 13B
aus Gummi sein.
1. Gelenk für ein Sitzteil, gekennzeichnet durch ein Auflagerteil (11) mit einer nach unten gekrümmten oberen Auflagefläche (11A)
und einer nach allen Seiten neigbar auf der Auflagefläche befestigten und mit dem
Sitzteil verbundenen Platte (12A) aus einem elastischen Material und einen um das
Auflagerteil ringförmig angeordneten Begrenzer (13) für die Platte (12A).
2. Gelenk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Begrenzer einen Ring (13B) aus einem elastischen Material enthält, der an
einem ringförmigen Träger (13A) befestigt ist.
3. Gelenk nach Anspruch 11 oder 12, gekennzeichnet durch einen unterhalb der Begrenzers um das Auflagerteil angeordneten höhenverstellbaren
Stellring (14).
4. Gelenk nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die elastische Platte zu ihrer Befestigung an dem Auflagerteil mittels einer
Schraube (12C) ein zentrales Durchgangsloch enthält, das durch eine ringförmige Metall-
oder Kunststoffarmierung (12B9 begrenzt wird.
5. Sitzvorrichtung mit einem Gelenk nach einem der Ansprüche 1 bis 4.