[0001] Die Erfindung betrifft pulvermetallurgisch hergestellte Verbundwerkstoffe, umfassend
eine Matrix, in die ein körniger Zusatz eingebettet ist, der aus mindestens zwei Refraktärkomponenten,
die als Mischkristalle oder intermetallische Phasen vorliegen, besteht. Ferner betrifft
die Erfindung ein Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung als Kontaktwerkstoffe,
bevorzugt in elektrischen Vakuumschaltkammern.
[0002] Vakuumkontaktauflagen bilden das Herzstück in Schaltkammern bei elektrischen Vakuumschaltern
und bestehen nach dem Stand der Technik im allgemeinen aus einer lichtbogenbeständigen,
körnigen Komponente (Refraktärmetalle, wie beispielsweise W, Mo oder Cr), eingebettet
in einer niedrig schmelzenden Metallmatrix mit hoher Leitfähigkeit (z. B. Ag, Cu oder
deren Legierungen). An die Eigenschaften der Kontaktwerkstoffe werden hohe und zum
Teil gegensätzliche Anforderungen gestellt, wie
- geringer Materialabbrand,
- ausreichendes Schaltvermögen,
- geringe Schweißneigung,
- niedriger elektrischer Widerstand,
- gute Durchschlagfestigkeit (Spannungsfestigkeit),
- niedriger Abreißstrom.
[0003] Für Vakuumleistungsschalter in der Mittelspannung im Bereich > 12 kV bis ca. 30 kV
und höher haben sich CuCr-Verbundwerkstoffe als besonders brauchbar erwiesen. CuCr-Werkstoffe
besitzen sehr gute Stromunterbrechungseigenschaften und eine gute Spannungsfestigkeit
(dielektrische Wiederverfestigung). Bei der in diesem Leistungsbereich geforderten
geringen Anzahl von 10.000 Schaltspielen ist die Abbrandfestigkeit von CuCr-Werkstoffen
ausreichend.
[0004] Im Niederspannungsbereich < 1.000 V gewinnt die Verwendung von Vakuumschützen zunehmend
an Bedeutung. Die in diesem Bereich eingesetzten Schütze müssen 1.000.000 und mehr
Schaltspielen Stand halten, und der Abreißstrom soll auf möglichst niedrigem Niveau
liegen. An die hier eingesetzten Vakuumwerkstoffe werden infolgedessen zusätzliche
Hauptanforderungen gestellt.
[0005] Leistungsfähige Werkstoffe für diesen Bereich sind W/Cu, WC/Ag, WC/Cu in reiner Form
oder mit weiteren Zusätzen. Hierbei bewirkt besonders die Matrixkomponente Ag ein
gutes Stromabreißverhalten, während die hochschmelzende Komponente W bzw. WC den Abbrand
unter Lichtbogeneinwirkung minimiert.
[0006] Für die verbleibende Lücke zwischen 1.000 und 12.000 V ist es wegen der gegensätzlichen
Eigenschaften der reinen Refraktärkomponenten W und Cr schwierig, Kontaktwerkstoffe
zu konzipieren, die den stetig steigenden Anforderungen an Schaltkammern für Vakuumschütze
gerecht werden:
- Bei zunehmender Spannung findet die Verwendung einer reinen Wolframkomponente ihre
Begrenzung durch erhöhte Neigung zur Elektronenemission. Diese ist der Refraktärnatur
des Wolframs (Smp 3.410 ° C) zuzuschreiben. Die Spannungsfestigkeit im Vakuum wird
hierdurch geschwächt.
- Bei niedrigen Spannungen findet umgekehrt die Verwendung einer reinen Cr-Refraktär-Komponente
ihre Begrenzung durch die mangelhafte Abbrandfestigkeit, die sich durch die aufsummierte
Abbrandrate bei hohen Schaltspielen ergibt.
[0007] Es wäre nun denkbar, durch eine Mischung der beiden unterschiedlich schmelzenden
Metallanteile Cr und W eine Refraktärkomponente quasi synthetisch einzustellen, die
je nach gewünschtem Spannungsbereich ein optimales Profil für Schmelzpunkt (d.h. für
die Schalteigenschaft die Abbrandfestigkeit ) und Elektronenemission (d.h. Spannungsfestigkeit)
ergäbe. Im schaltenden elektrischen Kontakt sollten sich so die negativen Eigenschaften
der bisher Verwendung findenen Kontaktwerkstoffe (bei Cr auf Grund des niedrigen Schmelzpunktes
die hohe Abbrandrate, bei W auf Grund des hohen Schmelzpunktes die hohe Elektronenemission
bzw. die geringe Spannungsfestigkeit) neutralisieren lassen.
[0008] Ein Versuch in dieser Richtung ist in EP-A-0 083 245 beschrieben, das u.a. eine CuCrW-Legierung
offenbart, die in an sich bekannter Weise auf pulvermetallurgischem Wege durch Pressen
der Metallpulvermischung sowie Sintern in fester oder flüssiger Cu-Phase hergestellt
wird. Ziel dieser Druckschrift ist die Herstellung eines möglichst feinkörnigen Verbundes.
Dies soll durch die Entstehung einer vollständigen festen Lösung der Refraktärmetalle
ineinander auf Grund der in einem kubischen System kristallisierenden Metalle W und
Cr bewirkt werden.
[0009] Um die Brauchbarkeit dieser Lehre zu prüfen, wurden nach den Angaben der Druckschrift
Verbunde aus CuCrW hergestellt. Nach dem Sintern in flüssiger Cu-Phase finden sich
die W-Körner in ursprünglicher Form und Größe ummantelt von Cr. Die W-Cr-Partikel
sind eingebettet in der Cu-Matrix (Figur 1). Ein Mischkristall aus W und Cr der in
der Druckschrift postulierten Art konnte in keinem Fall nachgewiesen werden. Dies
ist aus metallkundlicher Sicht nicht überraschend, da bei der für dieses Verfahren
anzunehmenden Schmelztemperatur von 1.100 bis 1.200°C (oberhalb Cu-Liquidus) keine
Umsetzung von Wolfram mit Chrom zu erwarten ist.
[0010] Röntgenfluoreszenzanalysen des nach Maßgabe der Druckschrift hergestellten Werkstoffes
Cu 71 % / Cr 24 % / W 5 % ergaben bis zur Nachweisgrenze Unlösbarkeit des Wolframs
in der umgebenden Matrix aus Cr und Cu. Die Summenanalyse über eine Cr-Fläche von
10 x 14 µm
2 zeigt reines Cr, d.h. W liegt unter der Nachweisgrenze von <0,1 % (Figur 2). Umgekehrt
konnte ebensowenig eine Diffusion von Cr in die W-Partikel nachgewiesen werden: eine
Punktanalyse zeigt reines W, d.h. Cr liegt unter der Nachweisgrenze von < 0,1 % (Figur
3). Somit erscheint auf diesem Wege eine gegenseitige Durchdringung der Refraktärmetalle
Cr und W, d.h. Mischkristallbildung nicht realisierbar. Eine Lehre, durch eine möglichst
innige Mischung der Refraktärkomponenten Cr und W und unter Ausnutzung der unterschiedlichen
Eigenschaften der beiden reinen Bestandteile zu verbesserten Schalteigenschaften zu
gelangen, wird in dieser Druckschrift nicht gegeben.
[0011] EP-A-0 668 599 offenbart in ähnlicher Weise einen Kontaktwerkstoff aus CuCr mit einem
zusätzlichen Hilfsbestandteil aus der Gruppe Wolfram, Molybdän, Tantal und Niob, der
durch Diffusion der Refraktärbestandteile in flüssiger Kupferphase und anschließendes
Abschrecken als feinkörnige Verteilung der lichtbogenbeständigen Komponenten in der
Cu-Matrix erzeugt wird.
Für einen Werkstoff CuCrW wird eine wechselseitige Diffusion von Cr und W, sowie ein
lichtbogenbeständiges Korn aus Cr und W beschrieben. Die Erfindung zielt im wesentlichen
auf eine feinkörnige Verteilung der einzelnen Refraktärkomponenten in der Metallmatrix
ab. Die Entstehung von Mischkristallen oder intermetallischen Phasen der Refraktäranteile
untereinander wird nicht beschrieben.
[0012] Die speziellen Anforderungen an Werkstoffe für Vakuumschütze zur Verwendung im Spannungsbereich
zwischen 1.000 und 12.000 V werden somit durch die beschriebenen Gemische aus Cr und
W in Cu-Matrix nicht gelöst.
[0013] Eine Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, einen Verbundwerkstoff umfassend eine
niedrigschmelzende, stromführende Matrix aus beispielsweise Cu oder Ag und einen körnigen
Zusatz aus Refraktärkomponenten bereitzustellen, der den genannten Anforderungen an
Vakuumleistungsschalter und Vakuumschütze genügt, also sowohl hohe Spannungsfestigkeit
und damit geringe Elektronenemission, als auch ausgezeichnete Abbrandfestigkeit aufweist
und sich damit zur Verwendung insbesondere im Spannungsbereich von 1.000 bis 12.000
V eignet.
[0014] Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung
solcher Verbundwerkstoffe, das in wirtschaftlicher Weise durchgeführt werden kann.
[0015] Schließlich ist Aufgabe der Erfindung, einen Verbundwerkstoff für die Verwendung
als Kontaktwerkstoff, bevorzugt als Schaltkontakt für Vakuumschaltkammern im Spannungsbereich
von 1.000 - 12.000V, bereitzustellen.
[0016] Diese Aufgaben wurden durch den überraschenden Befund gelöst, daß ein Werkstoff mit
vorteilhaften Eigenschaften erhalten wird, wenn der Refraktäranteil nicht mehr aus
Partikeln einer oder mehrerer Refraktärkomponenten besteht, sondern wenn Mischkristalle
oder intermetallische Phasen aus mindestens zwei Refraktärkomponenten vorliegen, wobei
diese in einer bevorzugten Ausführungsform deutlich unterschiedliche Schmelzpunkte
aufweisen. Dabei ist aus metallkundlicher Sicht bei bestimmten Gewichtsverhältnissen
die Bildung einer α-Phase, bestehend aus der reinen oder hochkonzentrierten Refraktärkomponente,
nicht immer zu vermeiden. Entscheidend ist jedoch, daß es jedenfalls auch zur Bildung
von Mischkristallen bzw. intermetallischen Phasen der eingesetzten Refraktärkomponenten
kommt, was zu deutlich verbesserten Eigenschaften (z.B. geringe Elektronenemission)
des Verbundwerkstoffes führt. Vorzugsweise sollten Zusammensetzungen gewählt werden,
die die Bildung von α-Phasen ausschließen.
[0017] Erfindungsgemäß werden die gewünschten Werkstoffeigenschaften nicht, wie im Stand
der Technik üblich, durch gemeinsames Sintern, Einlegieren von zusätzlichen Komponenten
in der niedrig schmelzenden Matrix oder durch Abmischung verschiedener hochschmelzender
Pulverkomponenten eingestellt, sondern werden durch vorlegierte Refraktärkomponenten
(vorliegend in Form von Mischkristallen oder intermetallischen Phasen) modifiziert.
[0018] Gegenstand der Erfindung ist somit ein pulvermetallurgisch hergestellter Verbundwerkstoff,
umfassend eine Matrix aus einem Metall mit einem Schmelzpunkt von höchstens 1.200°
C und einem in dieser Matrix eingebetteten kömigen Zusatz aus mindestens zwei Refraktärkomponenten,
der dadurch gekennzeichnet ist, daß die Refraktärkomponenten in Form von Mischkristallen
oder intermetallischen Phasen vorliegen.
[0019] Bevorzugte Ausführungformen des Verbundwerkstoffes der Erfindung sind Gegenstand
der Ansprüche 2 - 8. Besonders bevorzugt ist darunter ein Verbundwerkstoff, in dem
ein bzw. eine erste Gruppe an Refraktärkomponenten einen Schmelzpunkt von 1.500 bis
2.400°C und ein zweites bzw. eine zweite Gruppe an Refraktärkomponenten einen Schmelzpunkt
von über 2.400°C aufweist.
[0020] Weiterhin wird ein Verfahren zur Herstellung des genannten Verbundwerkstoffes zur
Verfügung gestellt, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man ein pulverförmiges Gemisch
von mindestens zwei Refraktärkomponenten durch Erhitzen in einen Mischkristall oder
eine intermetallische Phase umwandelt und das daraus durch Abkühlen und Zerkleinern
gewonnene Pulver auf pulvermetallurgischem Weg mit einem Matrixmetall mit einem Schmelzpunkt
von höchstens 1.200° C verbindet.
[0021] Bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens sind Gegenstand der Ansprüche 10 und
11.
[0022] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung des genannten Verbundwerkstoffes
als elektrischer Kontaktwerkstoff, bevorzugt als Schaltkontakt für Vakuumschaltkammern,
insbesondere im Spannungsbereich von 1.000 bis 12.000 V.
[0023] In der beiliegenden Zeichnung zeigt:
- Figur 1:
- ein Schliffbild eines Cu Cr W-Verbundes gemäß EP-A-0 083 245;
- Figur 2:
- eine Röntgenfluoreszenz-Summenanalyse von Cr aus dem Cu Cr W-Verbund gemäß EP-A-0
083 245;
- Figur 3:
- eine Röntgenfluoreszenz-Punktanalyse von W aus dem Cu Cr W-Verbund gemäß EP-A-0 083
245;
- Figur 4:
- ein Schliffbild von Cr W 70/30-Mischkristallen aus Beispiel 1;
- Figur 5:
- ein Schliffbild von Cr W 70/30-Mischkristallen mit dendritischer Unterstruktur aus
Beispiel 1;
- Figur 6:
- eine Röntgenfluoreszenz-Summenanalyse von Cr und W aus CrW 70/30-Mischkristallen aus
Beispiel 1;
- Figur 7:
- eine Verteilungsanalyse für W aus Cr W 70/30-Mischkristallen aus Beispiel 1; die weißen
Punkte bezeichnen W, die großen schwarzen Flecken sind Poren im Schmelzkuchen;
- Figur 8:
- eine Röntgenfluoreszenz-Summenanalyse von Cr und W aus CrW 70/30-Mischkristallen mit
chromreicher Unterstruktur aus Beispiel 1;
- Figur 9:
- ein Schliffbild von Cr W-Mischkristallen in Cu-Matrix aus Beispiel 2;
- Figur 10:
- eine Röntgenfluoreszenz-Summenanalyse einer intermetallischen Cr2Ta-Phase aus Beispiel 3;
- Figur 11:
- eine REM-Aufnahme von Cr2Ta-Körnern in Cr-Matrix aus Beispiel 3;
- Figur 12:
- ein Schliffbild von Cr W C 70/28.2/1.8-Mischkarbid mit dendritischer Unterstruktur
aus Beispiel 4;
- Figur 13:
- ein Schliffbild von Cr W C 61/28/11 Mischkarbid aus Beispiel 4
[0024] Nachstehend wird nun die Erfindung im einzelnen erläutert.
[0025] Der pulvermetalurgisch hergestellte Verbundwerkstoff der vorliegenden Erfindung umfaßt
eine Matrix aus einem Metall mit einem Schmelzpunkt von höchstens 1.200 °C, in der
ein körniger Zusatz aus mindestens zwei Refraktärkomponenten eingebettet ist, wobei
die Refraktärkomponenten Mischkristalle oder intermetallische Phasen voneinander umfassen.
[0026] Als Matrix des Verbundwerkstoffs eignen sich verhältnismäßig niedrigschmelzende Metalle
mit guter elektrischer Leitfähigkeit, wie sie üblicherweise für Vakuumkontaktauflagen
verwendet werden. Bevorzugt als Matrixmaterial sind Cu, Ag oder Al. Es können auch
Legierungen dieser Metalle eingesetzt werden, ohne daß die Mengenverhältnisse kritisch
sind.
[0027] Beispiele für Refraktärkomponenten, die sich zur Verwendung in dem Verbundwerkstoff
der Erfindung eignen, sind die Metalle der Gruppen V b nämlich V, Nb und Ta, sowie
Vl b des Periodensystems, nämlich Cr, Mo und W. Neben den Metallen in elementarer
Form können auch Nitride, Carbide, Silicide oder Boride dieser Metalle (nachstehend
als "Hartstoffe" bezeichnet) sowie Gemische davon oder Gemische der Hartstoffe mit
den Metallen eingesetzt werden. Die Verwendung der genannten Hartstoffe kann die Eigenschaften
des Verbundwerkstoffes, beispielsweise dessen Gewicht, positiv beeinflussen. Bevorzugt
als Refraktärkomponenten sind die Metalle Cr und W.
[0028] Das Mengenverhältnis der verwendenten Refraktärmetalle oder Hartstoffe ist nicht
kritisch, solange gewährleistet ist, daß durch Erhitzen dieser Komponenten ein Mischkristall
oder eine intermetallische Phase erhalten wird. Innerhalb der dadurch bestimmten Grenzen
können die Mengenverhältnisse der Metalle oder Hartstoffe in weiten Bereichen schwanken.
Es liegt auch innerhalb des Bereiches der Erfindung, wenn das Mengenverhältnis derart
ist, daß nur zum Teil Mischkristalle oder intermetallische Phasen entstehen, während
eine überschüssige Metallkomponente teilweise als Reinstoff verbleibt.
[0029] Vorzugsweise besteht der Refraktäranteil zu mindestens 1, bevorzugt mindestens 5,
stärker bevorzugt mindestens 10 und insbesondere zu mindestens 50 Gew.-% aus Mischkristallen
und intermetallischen Phasen. Besonders bevorzugt liegt der Refraktäranteil zu mehr
als 90% und insbesondere vollständig als Mischkristall bzw. intermetallische Phase
vor.
[0030] Unter dem Begriff "Mischkristalle" sind homogene feste Lösungen der Refraktärmetalle
bzw. Hartstoffe zu verstehen, deren Plätze im Kristallgitter durch die Atome der verschiedenen
Metalle besetzt sind. Die Hartstoffe bildenden Atome mit kleinem Radius, können dabei
auf Zwischengitterplätzen des metallischen Wirtgitters eingelagert sein; vgl. Römpp
Lexikon Chemie, 10. Auflage 1998, S. 2705.
[0031] "Intermetallische Phasen" sind chemische Verbindungen aus zwei oder mehr metallischen
Elementen, deren Struktur sich von jener der Metalle deutlich unterscheidet. Neben
Phasen mit stöchiometrischer Zusammensetzung entsprechend den vorhandenen Valenzen
gibt es auch solche, bei denen diese exakte Zusammensetzung nur einen Sonderfall in
einem breiten Homogenitätsbereich darstellt. Spezielle Beispiele der intermetallischen
Phasen sind die Laves-Phasen, Hume-Rothery-Phasen und Zintl-Phasen; vgl. Römpp Lexikon
Chemie, 10. Auflage 1998, S. 1943.
[0032] Der Anteil der Refraktärkomponenten an der Gesamtmasse des Verbundwerkstoffes ist
nicht besonders kritisch, beträgt jedoch in der Regel 15 bis 80, vorzugsweise 25 bis
50 Gew.-%. Entsprechend beträgt der Anteil der Matrixmetalle in der Regel 20 bis 85,
vorzugsweise 50 bis 75 Gew.-%.
[0033] In einer bevorzugten Ausführungsform enthält der Verbundwerkstoff der Erfindung mindestens
eine Refraktärkomponente mit einem Schmelzpunkt in dem verhältnismäßig niedrigen Bereich
von 1.500 bis 2.400 °C und mindestens eine zweite Refraktärkomponente mit einem verhältnismäßig
hohen Schmelzpunkt in dem Bereich von über 2.400°C. Beispiele für Refraktärkomponenten
mit einem Schmelzpunkt im erstgenannten Bereich sind Cr und Nb, während Beispiele
für die verwendbaren Refraktäkomponenten mit einem Schmelzpunkt über 2.400°C die Metalle
Ta, Mo und W sind. Bevorzugtes Metall mit niedrigerem Schmelzpunkt ist Cr, bevorzugtes
Metall mit einem höheren Schmelzpunkt is W. Auch in dieser Ausführungsform ist das
Mengenverhältnis der Refraktärkomponenten vorzugsweise derart, daß beim Erhitzen zumindest
zu einem erheblichen Teil ein Mischkristall oder eine intermetallische Phase entsteht.
[0034] Unter praktischen Gesichtspunkten, ist es wünschenswert, die jeweiligen Mengen der
Refraktärkomponenten so auszuwählen, daß sie mit vertretbarem aparativem Aufwand zusammengeschmolzen
werden können. Demgemäß sind Gemische aus 10 bis 90, vorzugsweise 30 bis 70 Gew-%
der niedriger schmelzenden Refraktärkomponente, z.B. Chrom und 10 bis 90, vorzugsweise
30-70 Gew.-% der höher schmelzenden Refraktärkomponente, z.B. Wolfram. Insbesondere
eignet sich ein Gemisch aus etwa 70 Gew.-% Cr und 30 Gew.-% W. Insbesondere werden
die Mengen der Refraktärkomponenten derart ausgewählt, daß sich die höher schmelzende
Refraktärkomponente in Verbindung mit der niedriger schmelzenden Refraktärkomponente
vollständig unter Bildung von Mischkristallen oder intermetallischen Phasen auflöst.
[0035] Als erster Schrift zur Herstellung des erfindungsgemäßen Verbundwerkstoffes werden
vollständig oder nahezu vollständig homogene Mischkristalle oder intermetallische
Phasen dadurch erzeugt, daß mindestens zwei Refraktärkomponenten als Pulver innig
gemischt und mit einem geeigneten Verfahren, das eine hohe Energiedichte im Schmelzvolumen
erzeugen kann, schnell aufgeschmolzen, homogenisiert und ohne nennenswerte Entmischungen
rasch wieder abgekühlt werden. Die Abkühlungsgeschwindigkeit sollte größer als 100K/min
sein, da das polygonale Gefüge ansonsten zur Entmischung neigt. Der erkaltete Schmelzkuchen
wird dann auf geeignete Weise zerkleinert und ein Mischkristallpulver gemäß der benötigten
Korngröße abgesiebt. Das erhaltene Mischkristallpulver wird auf pulvermetallurgischem
Wege nach einer der folgenden Möglichkeiten zusammen mit einem niedrigschmelzenden,
gut elektrisch leitfähigem Matrixmetall zu dem gewünschten Verbundwerkstoff weiterverarbeitet:
- Sintern in fester Phase:
Ein Metallpulver der niedrig schmelzenden Matrix und das erhaltene Mischkristallpulver
werden gemischt, gepreßt und unterhalb des Schmelzpunktes des Matrixmetalls, bevorzugt
unter Hochvakuum gesintert.
- Sintern in flüssiger Phase:
Das erhaltene Mischkristallpulver wird gepreßt und bevorzugt unter Hochvakuum mit
dem geschmolzenen Matrixmetall getränkt.
[0036] Die aus dem Sinterverfahren erhaltenen Formkörper sind, bedingt durch die bevorzugte
Hochvakuumbehandlung im Vergleich zu konventionell unter Schutzgas gesinterten Teilen
gasarm, d.h. sie enthalten verringerte Restgasanteile an O
2, N
2 oder H
2. Diese Rohlinge werden durch spangebende Endbearbeitung in Form von Scheiben, Ringen
oder dergleichen zu geeigneten Kontaktstücken, die Verwendung in Vakuumschaltkammern
finden, weiterverarbeitet.
[0037] Der Verbundwerkstoff der Vorliegenden Erfindung findet als Kontaktwerkstoff beispielsweise
in Vakuumschaltkammern Verwendung. Besonders eignen sich die Verbundwerkstoffe der
Erfindung zur Verwendung im Spannungsbereich von 1.000 bis 12.000 V und hier sind
es wiederum die Verbundwerkstoffe aus mindestens jeweils einer Refraktärkomponente
mit einem Schmelzpunkt im Bereich von 1.500 bis 2.400 °C und mindestens einer Refraktärkomponente
mit einem Schmelzpunkt von über 2.400 °C, die Mischkristalle oder intermetallische
Phasen dieser Refraktärkomponenten mit Schmelzpunkten in jeweils einem der genannten
Bereiche aufweisen.
[0038] Die folgenden, nicht einschränkenden Beispiele erläutern einige bevorzugte Ausführungsformen
der Erfindung:
Beispiel 1:
[0039] 70 Gew.-% Cr-Metallpulver (Cr: ≥ 99,8 Gew.-%)
sowie 30 Gew.-% W-Metallpulver (W: ≥ 99,95 Gew.-%)
werden gemischt, gepreßt und unter Vakuum oder Schutzgas erschmolzen. Die Schmelze
wird abgeschreckt und so rasch wie möglich zum Erstarren gebracht (Abkühlungsgeschwindigkeit
> 100 K/min). Die erhaltenen Mischkristalle aus W und Cr sind nahezu homogen in der
Zusammensetzung und zeigen nur schwache Inhomogenitäten bezüglich der gegenseitigen
Verteilung der Einzelkomponenten. Die erstarrte Schmelze zeigt eine einheitlich ausgebildete
polygonale Kornstruktur (Figur 4). Die ursprünglich eingesetzten Metallkörnungen W
bzw. Cr haben sich in der Schmelze vollständig aufgelöst und sind im Schmelzkuchen
nicht mehr nachzuweisen.
[0040] Bei langsamer Abkühlung (Abkühlungsgeschwindigkeit < 100 K/min.) neigt das einheitliche
polygonale Gefüge zu Entmischungen, es bildet sich eine dendritische Unterstruktur
(Figur 5).
[0041] Durch Rasterelektronenmikroskopie lassen sich diese Ergebnisse wie folgt bestätigen:
[0042] Die Summenanalyse über eine größere Fläche von 0,5 x 0,7 mm
2 definiert das Gewichtsverhältnis Cr/W wie 70/30 entsprechend der Einwaage (Figur
6). Eine Verteilungsanalyse W in Cr zeigt eine im wesentlichen gleichmäßige Verteilung
von W in Cr (Figur 7). Diese Fläche entspricht der eines einheitlichen polygonalen
Gefüges wie in Figur 4.
[0043] Eine festgestellte maximale Abweichung von dieser idealen Zusammensetzung zeigt die
Summenanalyse über einen kleinen Bereich 20 x 28 µm
2 an einer als Dendrit ausgebildeten Unterstruktur mit Cr = 54 und W = 46 Gew.-% (Figur
8). Diese Fläche entspricht einem Ausschnitt Mischkristall mit Unterstruktur wie in
Figur 5.
[0044] Anschließend wird der Schmelzkuchen vorgebrochen und vermahlen. Das erhaltene Mischkristallpulver
wird auf ≤ 160 µm gesiebt und in fester Phase gesintert. Dazu werden 75 Gew.-% Cu-Metallpulver
und 25 Gew.-% des erhaltenen CrW-Mischkristallpulvers gemischt, gepreßt und unterhalb
des Schmelzpunktes von Kupfer unter Hochvakuum gesintert.
Beispiel 2:
[0045] Es wird wie in Beispiel 1 beschrieben ein CrW-Mischkristallpulver hergestellt, auf
≤ 160 µm gesiebt und in flüssiger Phase gesintert. Dazu wird das erhaltene CrW-Mischkristallpulver
in der Weise gepreßt und unter Hochvakuum mit flüssigem Kupfer getränkt, daß ein Formstück
in der Zusammensetzung Cu 60 Gew.-% Cr/W 40 Gew.-% erhalten wird (Figur 9).
Beispiel 3:
[0046] 65 Gew.-% Cr-Metallpulver (Cr ≥ 99,8 Gew.-%) sowie 35 Gew.-% Tantalmetallpulver (Ta
≥ 99,9 Gew.-%) werden gepreßt und unter Vakuum oder Schutzgas erschmolzen.
[0047] Die Analyse des erhaltenen Schmelzkuchens zeigt polygonale, primär ausgeschiedene
Körner der intermetallischen Phase Cr
2Ta in der Zusammensetzung CrTa 37/63 Gew-% (entsprechend 67 At.-% Cr und 33 At.-%
Ta) (vgl. Figur 10). Diese sind von einer Matrix aus Cr-Metall umgeben (Figur 11).
Dieses Versuchsergebnis folgt aus der vorgewählten Zusammensetzung des Grünlings aus
den Metallkomponenten Cr und Ta nahe der eutektischen Zusammensetzung mit ≈ 34 Gew.-%
Tantal. (vgl. Massalski
et al., Binary Alloy Phase Diagrams, Second Edition Vol. 2, S. 1339).
[0048] Eine Ta-reichere Ausgangszusammensetzung bis hin zu einer Zusammensetzung mit 63
- 66 Gew.-% Ta erhöht den Anteil der Cr
2Ta-Phase zu Lasten der Cr-Phase bis hin zu reinem Cr
2-Ta.
[0049] Der Schmelzkuchen wird, wie in Beispiel 1 oder 2 ausgeführt, zerkleinert und mit
Cu oder Ag auf pulvermetallurgischem Wege zu einem Metallverbund weiterverarbeitet.
Beispiel 4:
[0050] 70 Gew.-% Cr-Metallpulver sowie 30 Gew.-% WC-Pulver werden gemischt, gepreßt und
unter Vakuum oder Schutzgas erschmolzen. Das hochschmelzende WC geht hierbei vollständig
in der sich zuerst bildenden Cr-Schmelze in Lösung. Der Schmelzkuchen erstarrt zu
einem CrW-Mischkarbid mit der nominellen Zusammensetzung Cr 70/W 28,2/C 1,8 Gew.-%.
Die metallographische Analyse zeigt je nach Führung des Erstarrungs- und Abkühlvorganges
lokale Inhomogenitäten in Form von kleineren oder größeren Dendriten (Figur 12). Die
höherschmelzende Refraktärkomponente WC hat sich vollständig in dem neuen Mischkarbid
aufgelöst.
[0051] Der Kohlenstoffanteil im Mischkarbid kann erhöht werden, wenn das reine Cr-Metall
durch das verhältnismäßig niedrigschmelzende Cr
3C
2 (Smp. 1.850°C) ersetzt wird. Das entspricht der Bedingung aus Anspruch 3. Der Schmelzkuchen
erstarrt dann mit einer nominellen Zusammensetzung von 61 Gew.-% Cr, 28 Gew.-% W und
11 Gew.-% C (Figur 13). Auch hier haben sich wiederum die ursprünglichen Karbide vollständig
zu Gunsten eines neuen Mischkarbids aufgelöst.
[0052] Der Schmelzkuchen wird, wie in Beispiel 1 oder 2 ausgeführt, zerkleinert und mit
Cu oder Ag auf pulvermetallurgischem Wege zu einem Metallverbund weiterverarbeitet.
[0053] In ähnlicher, aber nicht einschränkender Weise können an Stelle der hier verwendeten
Refraktärkomponenten Carbide wie VC, NbC, TaC, TiC, Nitride wie TiN und TaN, Silicide
wie Ta
2Si und V
3Si und Boride wie TiB
2 eingesetzt werden.
Beispiel 5:
[0054] Wie in Beispiel 4 ausgeführt werden weitere Schmelzkuchen in den Zusammensetzungen
CrNb 50/50 Gew.-% sowie CrMo 70/30 Gew.-% gemischt, gepreßt, erschmolzen, anschließend
zerkleinert, abgesiebt und zu den jeweiligen Verbunden mit Cu bzw. Ag weiterverarbeitet.
1. Pulvermetallurgisch hergestellter Verbundwerkstoff, umfassend eine Matrix aus einem
Metall mit einem Schmelzpunkt von höchstens 1.200° C und einem in dieser Matrix eingebetteten
körnigen Zusatz aus mindestens zwei Refraktärkomponenten, dadurch gekennzeichnet,
daß die Refraktärkomponenten Mischkristalle oder intermetallische Phasen voneinander
umfassen.
2. Verbundwerkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil der Refraktärkomponenten
15 - 80, vorzugsweise 25 - 50 Gew.-%, und der Anteil der Matrix 20 - 85, vorzugsweise
50 - 75 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmasse des Verbundwerkstoffes, beträgt.
3. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, daß eine
bzw. eine erste Gruppe der Refraktärkomponenten einen Schmelzpunkt im Bereich von
1.500 bis 2.400° C und eine zweite bzw. eine zweite Gruppe der Refraktärkomponenten
einen Schmelzpunkt über 2.400° C aufweisen.
4. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die
höher schmelzende Refraktärkomponente sich in Verbindung mit der niedriger schmelzenden
Refraktärkomponente vollständig in Form von der Bildung von Mischkristallen oder intermetallischen
Phasen auflöst.
5. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die
Matrix aus mindestens einem der Metalle Cu, Ag und Al besteht.
6. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die
Refraktärkomponenten aus Metallen der Gruppen V b, (V, Nb, Ta) und Vl b (Cr, Mo, W)
des Periodensystems sowie deren Nitriden, Carbiden, Siliciden, Boriden und Gemischen
davon ausgewählt sind.
7. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die
niedriger schmelzende Refraktärkomponente in einer Menge von 10 - 90, vorzugsweise
30 - 70 Gew.-% bezogen auf die Gesamtheit der Refraktärkomponenten vorliegt.
8. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß eine
niedriger schmelzende Refraktärkomponente Cr und eine höher schmelzende Refraktärkomponente
W ist.
9. Verfahren zur Herstellung eines Verbundwerkstoffes nach einem der Ansprüche 1 bis
8, dadurch gekennzeichnet, daß man ein pulverförmiges Gemisch von mindestens zwei
Refraktärkomponenten durch Erhitzen in einen Mischkristall oder eine intermetallische
Phase umwandelt und das daraus durch Abkühlen und Zerkleinern gewonnene Pulver auf
pulvermetallurgischem Weg mit einem Matrixmetall mit einem Schmelzpunkt von höchstens
1.200° C verbindet.
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß man ein Gemisch eines bzw.
einer ersten Gruppe an Refraktärkomponenten mit einem Schmelzpunkt von 1.500 bis 2.400°C
und eines zweiten bzw. einer zweiten Gruppe an Refraktärkomponenten mit einem Schmelzpunkt
von über 2.400° C einsetzt.
11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Herstellung unter
Schutzgas oder Hochvakuum erfolgt.
12. Verwendung eines Verbundwerkstoffes nach einem der Ansprüche 1 bis 8 als elektrischer
Kontaktwerkstoff.
13. Verwendung eines Verbundwerkstoffes nach einem der Ansprüche 1 bis 8 als Schaltkontakt
für Vakuumschaltkammern.
14. Verwendung eines Verbundwerkstoffes nach Anspruch 13 im Spannungsbereich von 1.000
bis 12.000 V.