(19)
(11) EP 1 028 203 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.08.2000  Patentblatt  2000/33

(21) Anmeldenummer: 00101468.7

(22) Anmeldetag:  26.01.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7E04C 5/16, E04B 5/06, E04B 5/38, E04B 2/86
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 11.02.1999 DE 29902384 U

(71) Anmelder: Rojek, Richard, Prof. Dr.-Ing.
86316 Friedberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Rojek, Richard, Prof. Dr.-Ing.
    86316 Friedberg (DE)

(74) Vertreter: Munk, Ludwig, Dipl.-Ing. 
Patentanwalt Prinzregentenstrasse 1
86150 Augsburg
86150 Augsburg (DE)

   


(54) Bewehrungsvorrichtung


(57) Bei einer Verbundbewehrung zwischen mindestens zwei aneinanderstoßenden plattenförmigen Stahlbetonfertigteilen und Ortbeton, bei welcher vom Ortbeton umhüllte Bewehrungsstäbe an den Plattenrändern teilweise einander übergreifen und in den Ortbeton verlaufend gebogen sind, wobei die über den Plattenrand abstehenden Abschnitte der Bewehrungsstäbe unter einem flachen Winkel aus der Bewehrungsebene gebogen sind und den an den Plattenrand sich anschließenden, im wesentlichen flachen Oberflächenbereich des benachbarten Fertigteils übergreifen, lassen sich dadurch ohne nennenswerte nachträgliche Bewehrungsergänzung, Biegezugkräfte über Bauteilfugen übertragen bzw. im Fugenbereich eine zuverlässige Übertragung von Zwangszugspannungen gewährleisten, daß die überstehenden Abschnitte der Bewehrungsstäbe als Schlaufen ausgebildet sind und die Schlaufen in einer gemeinsamen Ebene liegen, die unter einem flachen Winkel zur Bewehrungsebene verläuft.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine neuartige Form von Bewehrungsführung in Stahl- und Spannbetonkonstruktionen, mit der Zugkräfte über Fugen geleitet werden können.

[0002] Die herkömmliche Methode, Zugkräfte in Stahlbetonkonstruktionen weiterzuleiten, sind sogenannte Übergreifungsstöße. Bei diesen Bewehrungsstößen werden die kraftübertragenden Stäbe so eng nebeneinander angeordnet, daß die Kräfte auf kürzestem Weg direkt von einem Stab in den nächsten geleitet werden. Diese Form von Kraftübertragung kann innerhalb der Betonbauteile in aller Regel problemlos verwirklicht werden. Sie ist jedoch meist dann nicht mehr möglich, wenn die Kräfte über Fugen geleitet werden müssen.

[0003] Derartige Fugen treten beispielsweise häufig bei der Verwendung von Fertigteilen auf. Insbesondere bei plattenartigen Bauteilen kann es sehr nachteilig sein, wenn die Biegezugkräfte nicht über die Fertigteilfugen geleitet werden können. In dem häufig ausgeführten Fall der Teilfertigdecken mit Gitterträgern weicht man in der Praxis diesem Problem folgendermaßen aus: Bei geringen Biegebeanspruchungen werden Übergreifungsstöße ausbildet, indem die Bewehrungen in den Fertigteilplatten durch Stäbe ergänzt werden, die im Fugenbereich auf die Fertigteilplatten gelegt werden; bei größeren Biegebeanspruchungen wird dagegen die gesamte Biegebewehrung auf die Fertigteilplatten gelegt. Diese Bewehrung muß aber relativ mühsam durch die Gitterträger eingefädelt werden. Außerdem erhält sie dadurch eine vergleichsweise geringe statische Nutzhöhe.

[0004] Bei Plattenbalken mit Ortbetonergänzung, die im Brückenbau und im Hochbau - hier unter Bezeichnungen wie π- und Trogplatten - vielfache Anwendung finden, stellt sich das gleiche Problem. Bei diesen Anwendungen wird bislang die Bewehrung vollständig auf den Fertigteilen verlegt. Die in den Fertigteilen für den Bauzustand erforderliche Querbewehrung wird im Endzustand nicht mehr in Anspruch genommen. Es wird daher mehr Stahl eingelegt, als unbedingt erforderlich wäre; diese Praxis ist unwirtschaftlich.

[0005] Ähnliche Probleme ergeben sich bei Wandplatten, die durch zwei vorgefertigte, mit Gitterträgern verbundene Elementplatten als zweischalige Teilfertigwände hergestellt und nach dem Versetzen durch einen Ortbetonkern ergänzt werden. Infolge des meist recht kleinen Zwischenraums zwischen den Elementplatten gestaltet sich der Einbau der fugenüberbrückenden Zusatzbewehrung besonders aufwendig. Die Bedingungen für die Herstellung von Übergreifungsstößen nach den anerkannten Regeln der Technik werden in diesem Zusammenhang oft unvollständig beachtet. Entsprechend gering ist oft die Wirkung dieser mühsam eingebauten Bewehrung.

[0006] Hiervon ausgehend ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, für Fertigteile und andere Stahlbetonkonstruktionen eine Bewehrungsform zu entwickeln, die vollständig in ein Bauteil eingebaut werden kann und ohne nennenswerte nachträgliche Bewehrungsergänzung in der Lage ist, Biegezugkräfte über Bauteilfugen zu übertragen bzw. im Fugenbereich eine zuverlässige Übertragung von Zwangszug- spannungen zu gewährleisten.

[0007] Mit den Lösungsmerkmalen wird erreicht, daß im Bereich der Fugenränder eine Bewehrung eingebaut wird, die im Fugenbereich hinreichend weit aus dem Bauteil in den Bereich des benachbarten Bauteils ragt und soweit aus der Bewehrungsebene herausgebogen wird, daß der Einbau des benachbarten Bauteils nicht behindert wird. Infolge der Ausbildung können zwischen den Bewehrungen die Kräfte mit Hilfe von Stabwerksystemen übertragen werden, wobei zur Kraftübertragung zwischen den gekrümmten Bewehrungsabschnitten Druckstreben des Betons zu Hilfe genommen werden und die Bewehrungen für die Zugstreben vorzugsweise als Schlaufen ausgebildet werden.

[0008] Nachstehend werden Bewehrungsausbildungen für verschiedene Anwendungsbeispiele anhand der Zeichnungen näher erläutert. Hierbei zeigen:
Figur 1
einen Querschnitt durch zwei benachbarte Fertigteile für Deckenplatten mit einem Bewehrungsstoß,
Figur 2
eine zur Figur 1 gehörende Draufsicht,
Figur 3
eine vergrößerte Darstellung des Fugenbereichs der Figur 1,
Figur 4
einen Querschnitt durch zwei benachbarte Fertigteile für Deckenplatten mit einer Variante der Ausbildung eines Bewehrungsstoßes,
Figur 5
eine zur Figur 4 gehörende Draufsicht,
Figur 6
einen Querschnitt durch Plattenbalken-Fertigteile mit entsprechend angepaßter Ausbildung eines Bewehrungsstoßes
Figur 7
eine vergrößerte Darstellung des Fugenbereichs der Figur 6
Figur 8
einen Querschnitt durch zwei benachbarte Fertigteile für Wandplatten mit der Ausbildung eines Bewehrungsstoßes,
Figur 9
einen Querschnitt durch benachbarte Fertigteile für Wandplatten im Bereich einer quer anschließenden Wand mit der Ausbildung eines Bewehrungsstoßes,
Figur 10
einen Querschnitt durch benachbarte Fertigteile für Wandplatten im Bereich eines Kreuzungspunktes zweier Wände mit der Ausbildung eines Bewehrungsstoßes und
Figur 11
einen Querschnitt durch benachbarte Fertigteile für Wandplatten im Bereich einer Wandecke mit der Ausbildung eines Bewehrungsstoßes.


[0009] Die Figur 1 zeigt beispielhaft zwei Fertigteile 1 und 2, zwischen deren unteren Platten 3 a und 3 b sich die Fuge 4 befindet. Der Fugenbereich ist in der Figur 3 in vergrößertem Maßstab wiedergegeben. Die Fertigteile 1 und 2 werden nach dem Einbau durch Ortbeton 5 ergänzt. Im Fertigteil 1 sind in Querrichtung die Bewehrungen 6 und 9 eingebaut, im Fertigteil 2 sind dies die entsprechenden Bewehrungen 7 und 9. Die Bewehrungen 7 und 8 sind so ausgebildet, daß - unabhängig davon, welches der beiden Fertigteile 1 und 2 zuerst verlegt wurde - das benachbarte Fertigteil seitlich eingefahren werden kann, ohne daß diese Bewehrungen miteinander oder mit den Fertigteilen kollidieren. Im Beispiel der Figur 1 wird dies im Detail dadurch erreicht, daß die schlaufenförmigen Bewehrungen 7 und 8 unterschiedlich hoch aus den Fertigteilen herausragen und somit ineinandergeschoben werden können.

[0010] Eine weitere Voraussetzung, die für diese Montagemöglichkeit erfüllt sein soll, besteht darin, daß die Schlaufen 7, 8 nicht gleich breit sind. Die in der Figur 2 enthaltene Draufsicht zeigt, wie dies dergestalt realisiert werden kann, daß die in den Fertigteilen verlegten Bewehrungen 6 und 9 im gleichen Raster angeordnet werden können und dennoch mit den Bewehrungen 7 und 8 jeweils Übergreifungsstöße bilden. Die schlaufenförmigen Bewehrungen 7 durchgreifen hierbei die schlaufenförmigen Bewehrungen 8, bei denen die Schlaufenbreite größer ist als diejenige der Bewehrungen 7. Das Fertigteil 2 ist in der Draufsicht in voller Breite dargestellt. Am rechten Rand ist die konventionelle Bewehrungsform dargestellt für den Fall, daß die Platte an dieser Stelle gelagert sind. Zur besseren Übersichtlichkeit wurde in den Draufsichten auf die Darstellung der Längsbewehrungen 10 (s. Schnitte) verzichtet.

[0011] Um die Anschlußbewehrungen 7 und 8 mit einer sinnvollen Form ausbilden zu können, kann es erforderlich sein, die Fertigteilseitenflächen im oberen Bereich mit Abkantungen 11 zu versehen. Ähnliche Abkantungen sind auch bei konventionellen Fertigteilelementen erforderlich, um für auf den Platten 3 a und 3 b verlegte Bewehrungen im Fugenbereich eine ausreichende Betondeckung zu erreichen.

[0012] Die Ausbildung der Bewehrungen 7 und 8 gewährleistet, daß nach der Ortbetonergänzung Zugkräfte, die innerhalb der Platten 3 a und 3 b in diesen Bewehrungen entstehen, im Fugenbereich durch entsprechende Druckstreben in die jeweils andere Bewehrung weitergeleitet wird. Ohne aufwendige Bewehrungsergänzung können somit durch die Ausbildung der Bewehrung Biegezugkräfte uneingeschränkt über die Fertigteilfuge geleitet werden.

[0013] In den Figuren 4 und 5 ist eine Variante der Ausbildung der fugenüberbrückenden Bewehrung dargestellt. Bei dieser Variante weisen die schlaufenförmigen Bewehrungen 12 und 13 zueinander identische Form auf, was mehrere logistische Vorteile im Fertigteilwerk und auf der Baustelle zur Folge hat. Sie werden gemäß der Draufsicht in der Figur 5 zueinander versetzt angeordnet. Dies bedeutet, daß jeweils eine schlaufenförmige Bewehrung 12 zwischen zwei zueinander benachbarten schlaufenförmigen Bewehrungen 13 verläuft. Dadurch können die Fertigteile beim Einbau besonders einfach und problemlos zusammengeschoben werden - auch wenn die Bewehrungen in ihrer Höhenlage oder durch ungewollte Deformationen von der planmäßigen Form abweichen sollten.

[0014] Bei dieser Variante bildet sich im Endzustand zwischen den Bewehrungen 12 und 13 ein räumliches Stabwerksystem. Die Wirkungsweise kann man sich wie bei einem Reißverschluß (der jedoch nicht geöffnet werden kann) vorstellen. Die ineinandergreifenden Reißverschlußzähne bildet der Beton, der für diese Beanspruchung durch die Bewehrungen 12 und 13 verstärkt wird. Auch bei dieser besonders vorteilhaften Variante können die in den Bewehrungen 12 und 13 entstehenden Biegezugkräfte uneingeschränkt über die Fuge 4 geleitet werden.

[0015] Die Figuren 6 und 7 belegen, daß die Ausbildung der Bewehrung mit ihren großen Vorzügen auch angewendet werden kann, wenn - wie bei den im Brückenbau verwendeten Fertigteilträgern 14 üblich - die Fertigteilplatten wesentlich dicker sein müssen als in den Beispielen nach den Figuren 1 bis 5. Dieser Unterschied kann problemlos durch eine entsprechend angepaßte Fugenausbildung 15 ausgeglichen werden. Randseitig weisen die Träger 14 jeweils eine Stufe auf, wobei die Stufen benachbarter Träger sich zu einem offenen Kanal ergänzen, der in Längsrichtung verläuft. Diese Form der Fugenausbildung bzw. der dadurch gebildete Kanal kann zusätzlich vorteilhaft für die Anordnung einer Fugenabdeckung 16 genutzt werden.

[0016] Auf den Baustellen muß infolge der Ausbildung der Bewehrung keinerlei untere Querbewehrung zusätzlich verlegt werden. Dies ergibt nicht nur ganz direkt erhebliche wirtschaftliche und terminliche Vorteile, sondern erlaubt auch, die Fertigteile kopfseitig zu verstärken, wodurch zusätzlich erhebliche wirtschaftliche und infolge geringerer Bauhöhen auch gestalterische Vorteile erreicht werden können. Die kopfseitige Verstärkung ist mit 17 bezeichnet.

[0017] In den Figuren 8 bis 11 sind in verschiedenen Grundrißschnitten Teilfertigwände dargestellt, die durch paarweise über Gitterträger 18 verbundene Elementplatten 19 gebildet werden. Die Fugen 20 zwischen den Fertigteilelementen werden jeweils durch die Ausbildung der Elementbewehrung 12 und 13 kraftschlüssig überbrückt. Für diese Wände ist auf der Baustelle keinerlei Bewehrung mehr zu verlegen. Die Ausbildung der Elementbewehrung führt auch bei diesen Anwendungsbeispielen durch Bewehrungs- und Zeitersparnis zu erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen. Gleichzeitig wird die Wirkung der Bewehrung im Fugenbereich durch ihre oberflächennahe Lage gegenüber der bisherigen Praxis entschieden verbessert. Die verschiedenen Figuren zeigen, daß die Ausbildung der Elementbewehrung nicht nur bei Fugen innerhalb eines Wandabschnitts, sondern auch im Bereich einseitig quer anschließender und sich kreuzender Wände sowie auch bei Wandecken gleichermaßen angewendet werden kann.


Ansprüche

1. Verbundbewehrung zwischen mindestens zwei aneinanderstoßenden plattenförmigen Stahlbetonfertigteilen und Ortbeton, bei welcher vom Ortbeton umhüllte Bewehrungsstäbe an den Plattenrändern teilweise einander übergreifen und in den Ortbeton verlaufend gebogen sind, wobei die über den Plattenrand abstehenden Abschnitte der Bewehrungsstäbe unter einem flachen Winkel aus der Bewehrungsebene gebogen sind und den an den Plattenrand sich anschließenden, im wesentlichen flachen Oberflächenbereich des benachbarten Fertigteils übergreifen, dadurch gekennzeichnet, daß die überstehenden Abschnitte der Bewehrungsstäbe als Schlaufen ausgebildet sind und die Schlaufen in einer gemeinsamen Ebene liegen, die unter einem flachen Winkel zur Bewehrungsebene verläuft.
 
2. Verbundbewehrung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen dem im wesentlichen flachen Oberflächenbereich und dem Plattenrand das Fertigteil abgekantet ist und über die Abkantung die Bewehrungsstäbe des benachbarten Fertigteils verlaufen.
 
3. Verbundbewehrung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Abkantung gestuft ausgebildet ist.
 
4. Verbundbewehrung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß durch die Schlaufen des einen Fertigteils die Schlaufen des benachbarten Fertigteils verlaufen.
 
5. Verbundbewehrung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Schlaufenhöhe des einen Fertigteils geringer ist als die Schlaufenhöhe der Schlaufen des benachbarten Fertigteils, jeweils bezogen auf die im wesentlichen flachen Oberbereiche.
 
6. Verbundbewehrung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Schlaufen des einen Fertigteils jeweils zwischen zwei einander benachbarten Schlaufen des benachbarten Fertigteils verlaufen.
 
7. Verbundbewehrung nach einem der Ansprüche 2 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß auf den Abkantungen benachbarter Fertigteile eine die Fuge zwischen diesen Fertigteilen überbrückende Fugenabdeckung angeordnet ist.
 




Zeichnung