(19)
(11) EP 1 031 623 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.08.2000  Patentblatt  2000/35

(21) Anmeldenummer: 00101992.6

(22) Anmeldetag:  02.02.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C10J 3/54
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 24.02.1999 DE 19907901

(71) Anmelder: Metallgesellschaft Aktiengesellschaft
60325 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Albrecht, Johannes Dr.
    61206 Wöllstadt (DE)
  • Gretl, Claus
    60594 Frankfurt am Main (DE)
  • Bareuther, Ernst
    35510 Butzbach (DE)
  • Sturm, Peter
    61184 Karben (DE)

   


(54) Verfahren zur katalytischen Spaltung von flüchtigen höheren Kohlenwasserstoffen


(57) Bei einem Verfahren zur Vergasung von kohlenstoffhaltigen Massen in einer Wirbelschicht fällt ein Rohgas mit einem Gehalt an flüchtigen, höheren Kohlenwasserstoffen der C6- bis C22-Bindungssysteme an. Zur Entfernung dieser Kohlenwasserstoffe wird ein Wirbelbett verwendet, dessen katalytisch wirkende Partikel aus wenigstens einem der Stoffe, ausgewählt aus Oxiden, Hydroxiden und Carbonaten des Calciums, Aluminiums, Siliciums, Nickels, Magnesiums, Titans, Eisens, Cobalts und Molybdäns bestehen.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur katalytischen Spaltung von bei der Vergasung von kohlenstoffhaltigen Massen, insbesondere Biomassen und Klärschlamm, in einer Wirbelschicht bei Temperaturen von 700 bis 1200°C, vorzugsweise 850 bis 950°C, und einem stöchiometrischen Luftfaktor λ, bezogen auf den C- und H-Gehalt der kohlenstoffhaltigen Massen, von 0,28 bis 0,60 anfallenden, im Rohgas enthaltenen flüchtigen höheren, vorzugsweise aromatischen Kohlenwasserstoffen der C6- bis C22-Bindungssysteme.

[0002] Das bei der Vergasung kohlenstoffhaltiger Massen, wie Bioabfällen, Müll, Klärschlamm, Kohlen und dergleichen in einer Wirbelschicht unter Sauerstoffmangel bei Temperaturen von 700 bis 1200°C entstehende Rohgas enthält bis zu 20 g/Nm3 höhere, vorzugsweise aromatische Kohlenwasserstoffe der C6-bis C22-Bindungssysteme.

[0003] Das Rohgas muß in der Regel vor der der Vergasung nachgeschalteten Weiterverwertung, beispielsweise in Drehrohröfen, Kesselanlagen für Energieerzeugung, Strommaschinen, Kolbenmaschinen oder dergleichen einer Gasreinigung unterworfen werden. Die dabei häufig auskondensierenden höheren aromatischen Kohlenwasserstoffe behindern die Gasreinigung erheblich.

[0004] Üblicherweise wird der Teergehalt des Rohgases durch Waschen erniedrigt. Die dabei eintretende Bildung von Aerosolen erschwert die Teerentfernung. Diesem Nachteil versucht mittels einem aus der EP-B 0 310 584 bekannten Verfahren zur Reinigung von aus einem kohlenstoffhaltigen Material durch Vergasung hergestellten Rohgas abzuhelfen. Bei diesem Verfahren wird das in einer ersten Stufe erzeugten Rohgas in einer zweiten, aus einer zirkulierenden Wirbelschicht gebildeten Stufe in Gegenwart von Magnesium-Calciumcarbonat enthaltendem Material einer katalytischen Behandlung unterworfen. Dabei wird der Teergehalt im Rohgas auf weniger als 500 mm/Nm3 gesenkt. Ein solch niedriger Teergehalt erlaubt in aller Regel die Reinigung des Rohgases mittels Schlauchfiltern, da die niedrigen Teergehalte an den noch vorhandenen kohlenstoffreichen Flugstaubpartikeln absorbiert sind, so daß die Partikel rieselfähig bleiben und die Schlauchfilter nicht verkleben.

[0005] Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein verbessertes Verfahren zur weitgehenden Entfernung der in den durch die Vergasung von kohlenstoffhaltigen Massen in einer Wirbelschicht erzeugten Rohgas enthaltenen höheren, vorzugsweise aromatischen Kohlenwaserstoffen der C6- bis C22-Bindungssysteme bereitzustellen.

[0006] Die Lösung dieser Aufgabe geschieht in der Weise, daß die das Wirbelbett bildenden Partikel aus wenigstens einem der Stoffe, ausgewählt aus Oxiden, Hydroxiden und Carbonaten des Calciums, Aluminiums, Siliciums, Nickels, Magnesiums, Titans, Eisens, Cobalts und Molybdäns bestehen und, bezogen auf den Gehalt an Kohlenwasserstoffen im Rohgas, in stöchiometrischem Überschuß eingesetzt sind. Durch diese Maßnahme wird eine beachtliche Senkung des Gehalts an höheren aromatischen Kohlenstoffen, insbesondere der C6- bis C22-Bindungssysteme auf Gehalte < 500 mg/Nm3 erreicht. Durch die das Wirbelbett bildenden Stoffe wird während der Vergasung der kohlenstoffhaltigen Massen eine "in-situ"-Spaltung, d. h. eine Spaltung der höheren aromatischen Kohlenwasserstoffe bereits während der Vergasung der kohlenstoffhaltigen Massen erreicht.

[0007] Die Merkmale der Ansprüche 2 bis 7 stellen Ausgestaltungen der Merkmale des Anspruchs 1 dar.

[0008] Eine besondere Ausbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist darin zu sehen, daß das die Wirbelschicht verlassende Rohgas nach einer Vorentstaubung, d. h. nach dem Abscheiden der aus dem Wirbelbett stammenden Flugstaubpartikel, einer katalytischen Nachbehandlung unterworfen wird, bei der die Restgehalte an höheren Kohlenwasserstoffen nahezu vollständig gespalten werden.

[0009] Zweckmäßigerweise wird das die Wirbelschicht verlassende und vorentstaubte Rohgas über Wabenkatalysatoren oder Schüttgutkatalysatoren geleitet. Dabei werden die noch vorhandenen höheren Kohlenwasserstoffe bei den dort vorherrschenden Vergasungstemperaturen katalytisch in bei Umgebungstemperaturen nicht kondensierbare Gaskomponenten gespalten. Auf derartige Katalysatoren kann jedoch verzichtet werden, wenn bis zu 15 % der die Wirbelschicht bildenden Partikel aus einem üblichen Cobalt/Molybdän- und/oder Nickel-Katalysator bestehen.

[0010] Eventuell vorhandener oder sich am Katalysator bildender Ruß wird durch gezielte Sauerstoff- und/oder Dampfzugabe vor dem Katalysator vermieden. Darüber hinaus besitzt das Rohgas am Eintritt in den Katalysator eine so hohe Flugstaubkonzentration, daß dadurch ein Reinigungseffekt eintritt.

[0011] Die Erfindung ist nachstehend anhand eines in der Zeichnung (Fig. 1) dargestellten Fließbilds und eines Ausführungsbeispiels näher erläutert. In Fig. 2 ist der Einfluß unterschiedlicher Stoffe der das Wirbelbett bildenden Partikel auf die Teerreduktion im Rohgas als Säulendiagramm wiedergegeben.

[0012] Die Anlage zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht aus einer zirkulierenden Wirbelschichteinrichtung mit vertikalem Reaktor (1), dem über Leitung (3) ein Gemisch aus 100 kg Aluminiumoxid und 600 kg Rohbauxit mit einer mittleren Korngröße d50 von 1,5 mm zur Ausbildung des Wirbelbetts zugeführt wird. Über Leitung (4) wird dem Reaktor (1) 300 kg Holz aufgegeben, das bei einer Temperatur von 910°C und einem stöchiometrischen Luftfaktor von λ = 0,39 und einer Gasgeschwindigkeit von 3,0 m/sec vergast wird. Die Luft wird über Leitung (5) in den Reaktor (1) eingeleitet. Die Rückstände aus der Vergasung werden aus dem Reaktor (1) über Leitung (7) entfernt. Das durch die Vergasung gebildete, aus dem Reaktor in einer Menge von 800 m3/Stunde austretende Rohgas enthält noch 0,329 g/Nm3 Kohlenwasserstoffe, die zu 0,012 g/Nm3 aus Naphthalin und zu 0,285 g/Nm3 aus BTX-Aromaten bestehen.

[0013] Das Naphthalin ist in den flüchtigen höheren aromatischen Kohlenwasserstoffen dominierend vorhanden und kann als Leitgröße für die Spaltung der Kohlenwasserstoffe angesehen werden, d. h., wenn es gelingt, den Naphthalingehalt auf < 50 mg/Nm3 zu senken, ist davon auszugehen, daß das Rohgas hinsichtlich des Gehalts an Kohlenwasserstoffen so rein ist, daß es für die Weiterverwertung in Kesselanlagen, Gasturbinen, Gasmotoren oder dergleichen problemlos geeignet ist.

[0014] Das Rohgas wird unmittelbar in dem dem Wirbelschichtreaktor (1) nachgeschalteten Rückführzyklon (2) von den das Wirbelbett bildenden Partikeln vorentstaubt und die abgeschiedenen Partikel dem Wirbelschichtreaktor (1) über Leitung (11) wieder zugeführt. Für den Fall, daß nahezu vollkommene Freiheit von flüchtigen höheren aromatischen Kohlenwasserstoffen im Rohgas verlangt wird, wird das Rohgas über einen im Tauchrohr (9) des Rückführzyklons (2) angeordneten Wabenkatalysator (10) geleitet. Das den Wabenkatalysator (10) über Leitung (8) verlassende Rohgas ist nahezu mit < 0,05 g/Nm3 frei von höheren aromatischen Kohlenwasserstoffen und kann somit der weiteren Gasreinigung ohne Einsatz besonderer Abscheiderstufen zugeführt werden. Das entstaubte Rohgas wird einer Kesselanlage (12) mit Wärmeaustauscher aufgegeben und verläßt diese über Leitung (16). Das Rohgas wird in einem nachgeschalteten Schlauchfilter (13) gereinigt und dann über Leitung (15) einer thermischen Verwertung zugeführt. Aus dem aus dem Rückführzyklon (2) austretenden Rohgas werden die noch darin enthaltenen Flugasche- und Abriebteilchen der das Wirbelbett bildenden Partikel entfernt, über Leitung (17) ausgetragen, agglomeriert und in den Wirbelschichtreaktor zurückgeleitet.

[0015] Das in Fig. 2 dargestellte Säulendiagramm zeigt die Wirkung unterschiedlicher das Wirbelbett bildenden Stoffe mit einer Körnung von 0,03 bis 3 mm auf im Rohgas enthaltene höhere Kohlenwasserstoffe. Der Wert von 100 % entspricht dabei einem Gehalt an Kohlenwasserstoffen von 3 bis 20 g/Nm3.


Ansprüche

1. Verfahren zur katalytischen Spaltung von bei der Vergasung von kohlenstoffhaltigen Massen, insbesondere Biomassen und Klärschlamm, in einer Wirbelschicht bei Temperaturen von 700 bis 1200°C, vorzugsweise 850 bis 950°C und einem stöchiometrischen Luftfaktor λ, bezogen auf den C- und H-Gehalt der kohlenstoffhaltigen Massen, von 0,28 bis 0,60 anfallenden im Rohgas enthaltenen flüchtigen, höheren, vorzugsweise aromatischen Kohlenwasserstoffen der C6- bis C22-Bindungssysteme, dadurch gekennzeichnet, daß die das Wirbelbett bildenden Partikel aus wenigstens einem der Stoffe, ausgewählt aus Oxiden, Hydroxiden und Carbonaten des Calciums, Aluminiums, Siliciums, Nickels, Magnesiums, Titans, Eisens, Cobalts und Molybdäns bestehen und, bezogen auf den Gehalt an Kohlenwasserstoffen im Rohgas, im stöchiometrischen Überschuß eingesetzt sind.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die das Wirbelbett bildenden Partikel aus wenigstens einem der Stoffe, ausgewählt aus Sand, Dolomit, Zeolith, Tonerde, Laterit und nickelhaltigen Materialien bestehen.
 
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die mittlere Korngröße d50 der das Wirbelbett bildenden Partikel 0,03 bis 3,0 mm beträgt.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Gasgeschwindigkeit 1,0 bis 7,0 m/sec beträgt.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Gasverweilzeit 2,0 bis 15,0 sec beträgt.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß aus dem vorentstaubten Rohgas die darin enthaltenen Flugasche- und Abriebteilchen der das Wirbelbett bildenden Partikel abgetrennt und in die Wirbelschicht zurückgeführt werden.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Flugasche- und Abriebteilchen nach der Abtrennung agglomeriert werden.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das die Wirbelschicht verlassende anschließend vorentstaubte Rohgas einer katalytischen Nachbehandlung unterzogen wird.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß das Rohgas über einen Wabenkatalysator strömt.
 
10. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß das Rohgas über einen Schüttgutkatalysator strömt.
 
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß bis zu 15 % der die Wirbelschicht bildenden Partikel aus einem herkömmlichen Cobalt/Molybdän-Katalysator und/oder einem Nickel-Katalysator mit einer mittleren Korngröße d50 von 0,5 bis 3,0 mm bestehen.
 




Zeichnung