[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft mit einem
Rektifiziersystem, das mindestens eine Drucksäule und eine Niederdrucksäule aufweist,
wobei Einsatzluft in einem ersten Verdichter auf einen ersten Druck verdichtet, in
einer Reinigungsstufe gereinigt, abgekühlt und mindestens teilweise in die Drucksäule
eingeleitet wird, mindestens eine Flüssigfraktion aus der Drucksäule in die Niederdrucksäule
eingespeist wird und eine stickstoffreiche Fraktion aus der Niederdrucksäule angewärmt
und mit Einsatzluft stromabwärts der Reinigungsstufe der Einsatzluft vermischt wird.
[0002] Ein Prozeß dieser Art sowie eine entsprechende Vorrichtung sind aus EP 810412 A ,
bekannt. Dort wird die stickstoffreiche Fraktion vor ihrer Vermischung mittels eines
Verdichters rückverdichtet.
[0003] Ein ähnliches Verfahren ist aus der DE-3814187-C2 bekannt. Hier wird unreiner Stickstoff
von einer Zwischenstelle der Niederdrucksäule vor die erste Stufe des Luftverdichters
zurückgeführt. Einen weiteren ähnlichen Prozeß zeigt US 4848996, wo der unreine Stickstoff
am Kopf der Niederdrucksäule abgenommen und der Einsatzluft an einer Zwischenstufe
des Luftverdichters zugemischt wird.
[0004] Die Rückführung der stickstoffreichen Fraktion in die Einsatzluft ist an sich vorteilhaft
und erhöht die Produktausbeute. Das Verfahren ist dennoch einer weiteren Verbesserung
zugänglich.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art
sowie eine entsprechende Vorrichtung anzugeben, die wirtschaftlich besonders günstig
sind und insbesondere relativ niedrige Investitionskosten benötigen.
[0006] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß das Gemisch aus Einsatzluft und stickstoffreicher
Fraktion in einem zweiten Verdichter auf einen zweiten Druck p
2 weiterverdichtet wird, der größer als der erste Druck p
1 ist.
[0007] Auf diese Weise wird der Aufwand beim Verdichten der Einsatzluft und beim Rückverdichten
der stickstoffreichen Fraktion vergleichsweise gering gehalten. Der erste und der
zweite Verdichter können ein- oder mehrstufig ausgeführt sein. Sie können unabhängig
voneinander angetrieben oder über eine gemeinsame Welle oder ein Getriebe miteinander
gekoppelt sein. Vorzugsweise liegt der erste Druck p
1 in der Nähe des Betriebsdrucks der Niederdrucksäule, das heißt die Differenz zwischen
den beiden genannten Drücken beträgt nicht mehr als etwa 0,5 bar.
[0008] Bevorzugte Wertebereiche für die Auslaßdrücke der beiden Verdichter sind:
- erster Verdichter (p1):
- 2 bis 12 bar, vorzugsweise 3 bis 4 bar
- zweiter Verdichter (p2):
- 6 bis 40 bar, vorzugsweise 9 bis 13 bar
[0009] Die konkreten Werte richten sich im Einzelfall nach dem gewünschten Abgabedruck des
oder eines der Produkte (zum Beispiel Stickstoff), die in einer der Säulen gasförmig
erzeugt werden, beziehungsweise nach dem Druck eines oder mehrerer Produktströme (Sauerstoff
und/oder Stickstoff), die flüssig aus einer der Säulen entnommen und nach Druckerhöhung
in flüssigem Zustand unter Abgabedruck verdampft werden.
[0010] Die "stickstoffreiche Fraktion" kann durch reinen Stickstoff oder durch ein Gemisch
aus Luftgasen gebildet werden, dessen Stickstoffgehalt beispielsweise größer als etwa
50 mol% ist. Sie kann vom Kopf oder von einer Zwischenstelle der Niederdrucksäule
abgezogen werden.
[0011] Es ist günstig, wenn die Anwärmung der stickstoffreichen Fraktion mindestens teilweise
durch indirekten Wärmeaustausch mit der Einsatzluft, beispielsweise stromabwärts des
zweiten Verdichters, durchgeführt wird.
[0012] Die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens kommen besonders zum Tragen, wenn eine
Stickstofffraktion aus dem oberen Bereich der Drucksäule entnommen, angewärmt und
als Druckstickstoffprodukt abgezogen wird. Die günstige Form der Rückführung einer
stickstoffreichen Fraktion aus der Niederdrucksäule in die Einsatzluft bewirkt eine
besonders hohe Ausbeute an Druckstickstoffprodukt bei relativ geringem apparativen
Aufwand.
[0013] Kälte kann in dem Verfahren durch arbeitsleistende Entspannung einer weiteren stickstoffreichen
Fraktion aus der Niederdrucksäule erzeugt werden. Diese kann beispielsweise aus dem
oberen Bereich, vorzugsweise vom Kopf der Niederdrucksäule abgezogen werden. Es ist
günstig, wenn die rückzuführende und die arbeitsleistend zu entspannende stickstoffreiche
Fraktion gemeinsam aus der Niederdrucksäule abgezogen und gegebenenfalls angewärmt
werden. Die weitere stickstoffreiche Fraktion kann beispielsweise bei einer Zwischentemperatur
des Hauptwärmetauschers zur Abkühlung von Einsatzluft von dem rückzuführenden Strom
abgetrennt werden.
[0014] Alternativ oder zusätzlich kann eine sauerstoffhaltige Fraktion aus dem unteren Bereich
der Niederdrucksäule arbeitsleistend entspannt werden, insbesondere in derselben Entspannungsmaschine.
Dazu wird eine sauerstoffhaltige Fraktion zum Beispiel vom Sumpf der Niederdrucksäule
oder aus dem Verdampfungsraum des Sumpfverdampfers der Niederdrucksäule (Hauptkondensators)
abgezogen, im Hauptwärmetauscher auf eine Zwischentemperatur angewärmt und einer Entspannungsmaschine
zugeführt. Wird zusätzlich eine weitere stickstoffreiche Fraktion arbeitsleistend
entspannt, wird diese vorzugsweise unmittelbar stromaufwärts der arbeitsleistenden
Entspannung mit der sauerstoffhaltigen Fraktion vermischt und die beiden zu entspannenden
Fraktionen werden gemeinsam in dieselbe Entspannungsmaschine (vorzugsweise Expansionsturbine)
eingeleitet.
[0015] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung zur Tieftemperaturzerlegung von
Luft gemäß Patentanspruch 6.
[0016] Das erfindungsgemäße Verfahren ist besonders für Verfahren geeignet, bei denen der
Betriebsdruck am Kopf der Drucksäule bei 5,7 bis 29,7 bar, vorzugsweise bei 8,7 bis
12,7 bar, der Betriebsdruck am Kopf der Niederdrucksäule bei 1,8 bis 11,8 bar, vorzugsweise
bei 2,8 bis 3,8 bar liegt.
[0017] Verfahrenskälte kann bei dem Verfahren durch arbeitsleistende Entspannung eines Prozeßstroms
erzeugt werden. Günstig ist hierbei die Entspannung eines Restgasstroms aus der Niederdrucksäule,
der beispielsweise gemeinsam mit der stickstoffreichen Fraktion aus der Niederdrucksäule
entnommen, auf eine Zwischentemperatur angewärmt und einer Entspannungsmaschine zugeleitet
wird.
[0018] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im folgenden anhand
eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert.
[0019] Atmosphärische Luft 1 wird über ein Filter 2 von einem ersten Verdichter 3 angesaugt
und auf einen Druck p
1 von 3 bar verdichtet. Nach Entfernung der Verdichtungswärme in einem Nachkühler 4
wird die Luft 5 zu einer Reinigungsstufe 6 geführt, die in dem Beispiel durch ein
Paar von umschaltbaren Molekularsiebadsorbern gebildet wird. In der Reinigungsstufe
6 werden insbesondere Kohlendioxid und Wasser aus der Einsatzluft entfernt. Die gereinigte
Einsatzluft strömt über die Leitungen 7 und 8 einem zweiten Verdichter 9 zu, der sie
auf einen Druck p
2 von 9 bar bringt. Erneut wird die Verdichtungswärme in einem Nachkühler 10 entfernt.
Die hochverdichtete Einsatzluft 11 wird in einem Hauptwärmetauscher 12 auf etwa Taupunkt
abgekühlt und teilweise verflüssigt und schließlich über Leitung 13 vollständig der
Drucksäule 14 eines Zweisäulen-Rektifiziersystems zugeführt, das außerdem eine Niederdrucksäule
15 aufweist. Drucksäule 14 und Niederdrucksäule 15 stehen über einen gemeinsamen Kondensator-Verdampfer
(Hauptkondensator) 16 in wärmetauschender Verbindung. Die Betriebsdrücke (jeweils
am Kopf) betragen in dem Beispiel 8,7 bar in der Drucksäule 14 und 2,8 bar in der
Niederdrucksäule 15.
[0020] Ein erster Teil 18 des Kopfstickstoffs 17 der Drucksäule 14 wird über Leitung 18
dem Hauptkondensator 16 zugeführt und dort gegen verdampfende Sumpfflüssigkeit der
Niederdrucksäule 15 mindestens teilweise, vorzugsweise im wesentlichen vollständig
kondensiert. Das dabei erzeugte Kondensat 19 wird mindestens zum Teil über Leitung
20 als Rücklauf auf die Drucksäule 14 aufgegeben. (Eine Teilmenge kann einer Innenverdichtung
zugeführt werden, indem sie in flüssigem Zustand auf einen erhöhten Druck gebracht
und anschließend gegen Einsatzluft verdampft wird; diese Variante ist in der Zeichnung
nicht dargestellt.) Bei Bedarf kann ein Teil des Kondensats 18 als Flüssigstickstoffprodukt
21 gewonnen werden. Über Leitung 22 wird ein weiterer Teil des gasförmigen Drucksäulenstickstoffs
17 zum Hauptwärmetauscher 12 geführt, dort auf etwa Umgebungstemperatur angewärmt
und schließlich als Druckstickstoffprodukt 23 abgezogen.
[0021] Aus dem unteren Bereich der Drucksäule 14, vorzugsweise vom Sumpf, wird flüssiger
Rohsauerstoff 24 abgezogen, in einem Gegenströmer 25 unterkühlt, entspannt (26) und
in die Niederdrucksäule 15 eingeführt (27), die in dem Beispiel als reine Abtriebssäule
ausgebildet ist. Als Hauptprodukt wird der Niederdrucksäule 15 flüssiger Sauerstoff
28 am Sumpf entnommen, mittels einer Pumpe 29 auf einen erhöhten Druck von beispielsweise
30 bar gebracht und gegen Einsatzluft 11 verdampft und angewärmt. Die Sauerstoffverdampfung
findet in dem Beispiel im Hauptwärmetauscher 12 statt. Der Sauerstoff wird schließlich
über Leitung 31 als Druckprodukt abgeführt.
[0022] Am Kopf der Niederdrucksäule 15 wird unreiner Stickstoff 32 als stickstoffreiche
Fraktion entnommen und im Gegenströmer 25 und im Hauptwärmetauscher 12 angewärmt.
Die auf etwa Umgebungstemperatur angewärmte stickstoffreiche Fraktion 33 wird der
gereinigten Einsatzluft 7 zugemischt, gemeinsam mit dieser über Leitung 8 dem zweiten
Verdichter 9 und weiter über die Leitungen 11 und 13 der Drucksäule 14 zugeführt.
[0023] Ein Teil 34 des über Leitung 32 aus der Niederdrucksäule 15 abgezogenen unreinen
Stickstoffs kann bei einer Zwischentemperatur aus dem Hauptwärmetauscher 12 herausgeführt,
arbeitsleistend entspannt (35) und über Leitung 36 wieder dem Hauptwärmetauscher 12
zugeleitet werden. Das praktische drucklose Restgas tritt über Leitung 37 aus dem
warmen Ende des Hauptwärmetauschers 12 aus. Ein erster Teil 38 des angewärmten drucklosen
Restgases 37 kann in der Reinigungsstufe 6 als Regeneriergas eingesetzt werden, während
der Rest 39 in dem Beispiel in die Atmosphäre abgeblasen wird.
[0024] Das Ausführungsbeispiel kann leicht abgewandelt werden, beispielsweise zur Erzeugung
eines stärker angereicherten Stickstoffprodukts in der Niederdrucksäule 15. Dazu muß
oberhalb der Zuspeisung 27 des Rohsauerstoffs mindestens ein weiterer Rektifizierabschnitt
vorgesehen sein, an dessen Kopf die stickstoffreiche Fraktion 32 abgezogen wird. Mit
Hilfe eines weiteren Abschnitts oberhalb dieses Unreinstickstoffabzugs kann am Kopf
der Niederdrucksäule 15 auch reiner Stickstoff gewonnen werden. In beiden Fällen muß
ein Teil des flüssigen Stickstoffs 19 von Hauptkondensator 16 der Niederdrucksäule
15 als Rücklaufflüssigkeit zugeführt werden.
[0025] Alternativ oder zusätzlich zu der dargestellten Drucksauerstoffgewinnung mittels
Innenverdichtung kann gasförmiger Sauerstoff direkt über dem Sumpf der Niederdrucksäule
15 oder einige Böden oberhalb als Produkt entnommen werden; auch die Gewinnung von
Sauerstoff aus dem Sumpf der Niederdrucksäule 15 als Flüssigprodukt ist möglich, beispielsweise
durch eine Entnahme aus der Leitung 28 stromaufwärts der Pumpe 29.
1. Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft mit einem Rektifiziersystem, das mindestens
eine Drucksäule (14) und eine Niederdrucksäule (15) aufweist, wobei Einsatzluft (1)
in einem ersten Verdichter (3) auf einen ersten Druck p1 verdichtet (3), in einer Reinigungsstufe (6) gereinigt, abgekühlt (12) und mindestens
teilweise in die Drucksäule (14) eingeleitet (13) wird, mindestens eine Flüssigfraktion
(24) aus der Drucksäule (14) in die Niederdrucksäule (15) eingespeist (26, 27) wird
und eine stickstoffreiche Fraktion (32) aus der Niederdrucksäule (15) angewärmt (25,
12) und mit Einsatzluft (7) stromabwärts der Reinigungsstufe (6) der Einsatzluft vermischt
wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Gemisch (8) aus Einsatzluft und stickstoffreicher Fraktion in einem zweiten
Verdichter (9) auf einen zweiten Druck p2 weiterverdichtet wird, der größer als der erste Druck p1 ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Anwärmung der stickstoffreichen Fraktion (32) mindestens teilweise durch
indirekten Wärmeaustausch (12) mit Einsatzluft (11) durchgeführt wird.
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß eine Stickstofffraktion (17, 22) aus dem oberen Bereich der Drucksäule (14) entnommen,
angewärmt (12) und als Druckstickstoffprodukt (23) abgezogen wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß eine weitere stickstoffreiche Fraktion (32, 34) aus der Niederdrucksäule (15)
arbeitsleistend entspannt (35) wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß sauerstoffhaltige Fraktion aus dem unteren Bereich der Niederdrucksäule arbeitsleistend
entspannt wird.
6. Vorrichtung zur Tieftemperaturzerlegung von Luft mit einem Rektifiziersystem, das
mindestens eine Drucksäule (14) und eine Niederdrucksäule (15) aufweist, und mit einer
Einsatzluftleitung (1, 5, 7, 8, 11, 13), die über einen ersten Verdichter (3), eine
Reinigungsstufe (6) und einen Hauptwärmetauscher (12) in die Drucksäule (14) führt,
mit einer Flüssigkeitsleitung (24, 27) zur Einführung einer Flüssigfraktion aus der
Drucksäule (14) in die Niederdrucksäule (15) und mit einer Rückführleitung (32, 33)
für eine stickstoffreiche Fraktion aus der Niederdrucksäule (15), die durch den Hauptwärmetauscher
(12) führt und stromabwärts der Reinigungsstufe (6) in die Einsatzluftleitung (7)
mündet, dadurch gekennzeichnet, daß ein zweiter Verdichter in der Einsatzluftleitung (8, 11) stromabwärts der Einmündung
der Rückführleitung (33) angeordnet ist.