[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Neigesteuerung für ein Schienenfahrzeug gemäß
dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
[0002] Die Tendenz zu immer höheren Geschwindigkeiten in Verbindung mit vorhandenen, im
allgemeinen bogenreichen Strecken führt zum Einsatz von Schienenfahrzeugen mit Neigetechnik
und damit zum Fahren mit hohen, unausgeglichenen Querbeschleunigungen in Gleisbögen.
[0003] Für die Neigetechnik ist die Kenntnis der aktuellen Parameter des Gleisbogens, wie
Bogenradius, Überhöhung, Beginn und Ende bzw. Länge des Gleisbogens und Daten der
jeweiligen Übergangsbögen für das Befahren mit der maximal möglichen Geschwindigkeit
bei gleichzeitiger Einhaltung einer maximal möglichen Querbeschleunigung eine unverzichtbare
Voraussetzung. Allein mit Sensoren und anderen Erfassungssystemen auf dem Schienenfahrzeug
können diese Parameter nur annähernd ermittelt werden.
[0004] Eine weitere wichtige Voraussetzung für den optimalen Einsatz der Neigetechnik ist
die Unterscheidung einer Weichendurchfahrt (hier darf eine Neigungssteuerung nicht
erfolgen) von einem Gleisbogen, was bei der Erfassung der Bogendaten im allgemeinen
zu einer nachteiligen zeitlichen Verzögerung des Beginns der Neigesteuerung im Gleisbogen
führt.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Neigesteuerung für ein Schienenfahrzeug
anzugeben, die einen optimierten, insbesondere unverzögerten Einsatz der Neigetechnik
ermöglicht.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß in Verbindung mit den Merkmalen des Oberbegriffs
durch im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegebenen Maßnahmen gelöst.
[0007] Die mit der Erfindung erzielbaren Vorteile bestehen insbesondere darin, daß die Neigetechnik
des Schienenfahrzeuges derart optimal, insbesondere exakt eingesetzt werden kann,
daß stets die maximale Geschwindigkeit des Fahrzeuges unter Ausnutzung und Einhaltung
der maximalen Querbeschleunigung erzielt wird. Die Stellglieder zur Neigesteuerung
werden stets unverzögert mit den optimalen Neigesignalen angesteuert. Der Beginn der
Neigesteuerung erfolgt bereits bei Einfahrt der einzelnen Fahrzeuge eines Zuges in
einen Gleisbogen. Am Ende des Gleisbogens erfolgt die selbsttätige Zurücknahme der
Neigesteuerung ebenfalls ohne Verzögerungen, da die Länge des Gleisbogens bekannt
ist. Eine Neigungssteuerung bei Weichendurchfahrten wird ausgeschlossen.
[0008] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet.
[0009] Weitere Vorteile der vorgeschlagenen Neigesteuerung ergeben sich aus der nachstehenden
Beschreibung.
[0010] Die Erfindung wird nachstehend anhand der in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiele
näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1
- eine Grundausführung der Neigesteuerung für ein Schienenfahrzeug,
- Fig. 2
- eine erste Variante der Neigesteuerung,
- Fig. 3
- eine zweite Variante der Neigesteuerung.
[0011] In Fig. 1 ist eine Grundausführung der Neigesteuerung für ein Schienenfahrzeug dargestellt.
Es ist ein strichpunktiert umrandetes Schienenfahrzeug 1 mit einer Steuer/Regeleinrichtung
2 zur Neigesteuerung zu erkennen. Die gestrichelt umrandete Steuer/Regeleinrichtung
2 zur Neigesteuerung weist insbesondere einen Speicher 3 und eine Recheneinheit 8
auf. Der Speicher 3 empfängt eingangsseitig Signale G eines zum Empfang von GPS-Signalen
eingerichteten Sensors 4 (GPS = Global Positioning System, satellitengestütztes Navigationssystem)
und/oder Wegsignale W eines zur Wegbestimmung über Grund dienenden Sensors 5.
[0012] Im Speicher 3 sind alle wesentlichen Streckendaten der vom Schienenfahrzeug befahrenen
Gleisanlage, wie insbesondere Geraden, Gleisbögen mit genauem Bogenradius, Übergangsbögen,
Weichen und Überhöhungen wegabhängig (beispielsweise über eine

Kilometrierung" der Strecke) und/oder geodätisch (beispielsweise über eine präzise
Land/Feldmessung) fest abgespeichert, beispielsweise in Form einer CD (Compact Disc).
Aus den eingangsseitig erhaltenen, zur Standortbestimmung dienenden Signalen G und/oder
Wegsignalen W ermittelt der Speicher 3 laufend die zugehörigen, abgespeicherten Streckendaten
S, beispielsweise die Länge der momentan befahrenen Geraden und den Bogenradius des
nächstfolgenden Gleisbogens und führt diese Streckendaten S der Recheneinheit 8 zu.
[0013] Die Erfassung der Wegsignale W ist insbesondere dann von Wichtigkeit, wenn die Gleisanlage
auch Tunnelstrecken umfaßt, in denen ein Empfang der Signale G nicht möglich ist.
Im Falle einer Verwendung sowohl von Signalen G als auch Wegsignalen W erfolgt vorzugsweise
eine Synchronisation beider Signale nach vorgebbaren Zeitabschnitten.
[0014] Die Recheneinheit 8 gibt in Abhängigkeit der eingangsseitig empfangenen Streckendaten
S ausgangsseitig Neigesignale N an Stellglieder 9 zur Neigesteuerung ab, d. h. die
erforderlichen Wege für die Neigesteuerung für den jeweiligen Gleisbogen werden bzw.
sind exakt berechnet. Beginn der Neigesteuerung bei Erreichen des Bogens und Zurücksteuerung
der Neigesteuerung in die
[0015] Ausgangsstellung bei Ende des Gleisbogens sind durch die Streckendaten S präzise
vorgegeben. Dabei können Speicher 3 und Recheneinheit 8 selbstverständlich auch zu
einer einzigen Einheit zusammengefaßt werden, welche eingangsseitig Signale G und/oder
Wegsignale W empfängt und ausgangsseitig entsprechende Neigesignale N abgibt.
[0016] In Fig. 2 ist eine erste Variante der Neigesteuerung dargestellt. Die Variante entspricht
der Grundausführung, jedoch empfängt die Recheneinheit 8 zusätzlich eingangsseitig
aktuelle Zugdaten Z, wie insbesondere die momentane Geschwindigkeit des Schienenfahrzeuges,
die Gesamtlänge des Zuges und die Länge eines Wagens des Zuges. Ausgangsseitig gibt
die Recheneinheit 8 an die Zugdaten Z optimal angepaßte Neigesignale N an Stellglieder
9 zur Neigesteuerung ab. Da die Einzellängen der einzelnen Fahrzeuge eines Zugverbandes
bekannt sind, erfolgt die Neigesteuerung jedes einzelnen Fahrzeuges vorteilhaft in
Abhängigkeit seiner tatsächlichen momentanen Lage vor dem Gleisbogen, im Gleisbogen
und nach dem Gleisbogen.
[0017] In Fig. 3 ist eine zweite Variante der Neigesteuerung dargestellt. Die Variante entspricht
der Grundausführung, jedoch empfängt die Recheneinheit 8 eingangsseitig sowohl die
Zugdaten Z als auch zusätzlich Positionssignale P eines zur Positionsbestimmung eingerichteten,
auf dem Schienenfahrzeug montierten Sensors 6 (welcher Signale von längs der Gleisanlage
montierten Positionsmeldern empfängt) und/oder Richtungssignale R eines auf dem Schienenfahrzeug
montierten Richtungssensors 7.
[0018] Der Vorteil dieser Ausgestaltung der Erfindung liegt darin, daß der präzise Zeitpunkt
des Beginns und/oder der Zurücknahme der Neigesteuerung zusätzlich über die Positionssignale
P und/oder Richtungssignale R beeinflußt werden kann. Die Recheneinheit 8 setzt die
ihr zugeführten Streckendaten S in Abhängigkeit der aktuellen Zugdaten Z in Neigesignale
N für die Stellglieder 9 um, sobald der Sensor 6 und/oder der Richtungssensor 7 den
Beginn des Gleisbogens anzeigt (siehe Positionssignale P und/ oder Richtungssignale
R).
[0019] Gemäß weiteren, nicht dargestellten Varianten ist es möglich, die Positionssignale
P und/oder Richtungssignale R ebenfalls oder ausschließlich dem Speicher 3 zuzuführen,
um einen ständigen Signalabgleich bzw. eine Signaladaption zu bewirken, welche die
Genauigkeit der Neigesteuerung weiter erhöht. Eine weitere Variante ist möglich, bei
der an Stelle der Wegsignale W die Positionssignale P verwendet werden.
Bezugszeichenliste
[0020]
- 1
- Schienenfahrzeug
- 2
- Steuer/Regeleinrichtung zur Neigesteuerung
- 3
- Speicher
- 4
- Sensor zum Empfang von GPS-Signalen
- 5
- Sensor zur Wegbestimmung über Grund
- 6
- Sensor zur Positionsbestimmung
- 7
- Richtungssensor
- 8
- Recheneinheit
- 9
- Stellglieder zur Neigesteuerung
- G
- Signale
- N
- Neigesignale
- P
- Positionssignale
- R
- Richtungssignale
- S
- Streckendaten
- W
- Wegsignale
- Z
- aktuelle Zugdaten
1. Neigesteuerung für ein Schienenfahrzeug im Gleisbogen, dadurch gekennzeichnet, daß
ein Speicher (3) vorgesehen ist, in dem die Streckendaten (S) der Gleisanlage, wie
insbesondere Geraden, Gleisbögen mit konstantem Bogenradius, Weichen und Überhöhungen
wegabhängig und/oder geodätisch abgespeichert sind und daß aus diesen Streckendaten
(S) in Abhängigkeit des laufend erfaßten aktuellen Standortes des Schienenfahrzeuges
(1) Neigesignale (N) für zur Neigesteuerung dienende Stellglieder (9) ableitbar sind.
2. Neigesteuerung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zur Standortbestimmung
Signale (G) eines zum Empfang von GPS-Signalen eingerichteten Sensors (4) dienen.
3. Neigesteuerung nach Anspruch 1 und/oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß zur Standortbestimmung
Wegsignale (W) eines zur Wegbestimmung über Grund dienenden Sensors (5) dienen.
4. Neigesteuerung nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
zur Standortbestimmung Positionssignale (P) eines zur Positionsbestimmung eingerichteten
Sensors (6) dienen.
5. Neigesteuerung nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
zur Standortbestimmung Richtungssignale (R) eines Richtungssensors (7) dienen.
6. Neigesteuerung nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
die Vorgabe der Neigesignale (N) in Verbindung mit aktuellen Zugdaten (Z), wie insbesondere
momentane Geschwindigkeit des Schienenfahrzeuges, Gesamtlänge des Zuges, Länge und
Position des Fahrzeuges innerhalb des Zuges erfolgt.
7. Neigesteuerung nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
sie in Übergangsbögen zwischen Geraden und Bögen mit konstanten Parametern, der Zeitgradient
und der Zeitverlauf der Neigesteuerung in den Übergangsbögen in Abhängigkeit von Geschwindigkeit,
der Länge des Übergangsbogens und den Parametern bzw. Funktion des Übergangsbogens
derart berücksichtigt wird, daß am Beginn des konstanten Bogens (bzw. der Geraden
bei Bogenausfahrt) die jeweils optimale Neigung eingesteuert ist.