[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Mehrschichtlackierung mit Softfeel-Effekt
sowie deren Verwendung.
[0002] Unter der Bezeichnung Softfeelinglacke werden solche Lacke verstanden, die sich durch
eine besondere Haptik (Griffigkeit) auszeichnen. Der Softfeel-Effekt beruht dabei
wesentlich auf einer Kombination von Brems- und Gleitwirkung. Hierdurch erhält man
beim Anfassen eines mit einem Softfeellack beschichteten Gegenstands den Eindruck,
einen leder- oder auch samtähnlichen Gegenstand zu berühren, unabhängig von dem eigentlichen
Griffgefühl des Substrats.
[0003] Sofifeelinglacke werden insbesondere für die Lackierung von Kunststoffen und für
die Automobilinnenlackierung verwendet.
[0004] Die EP-0 669 352 B1 beschreibt Softfeelinglacke auf Polyester/Polyurethan-Basis.
Sämtliche Beispiele offenbaren einen Softfeelinglack, der gleichzeitig das Pigment
enthält. Eine Anwendung dieses Softfeelinglacks auf einer pigmentierten Beschichtung
ist nicht genannt.
[0005] Ein besonderes Problem der bisher bekannten Softfeelinglacke ist ihr Haftvermögen
auf verschiedenen Substraten. Bedingt durch die gummielastischen Eigenschaften eines
Softfeelinglacks zeigen solche Beschichtungen auf kritischen Substraten (z.B. auf
Kunststoffoberflächen) eine schlechtere Haftung, als vergleichbare Lacke ohne Softfeelingeffekt.
Im Bereich der Kunststofflackierung müssen deshalb sehr häufig Haftvermittler eingesetzt
werden, um auf diese Weise eine akzeptable Haftung zu erreichen.
[0006] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist die Bereitstellung einer pigmentierten Lackierung
mit Softfeel-Effekt sowie deren Verwendung, wobei insbesondere die Haftung und der
Softfeel-Effekt gegenüber den bekannten Softfeelinglacken des Standes der Technik
verbessert sind.
[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch eine Mehrschichtlackierung gelöst, bestehend
aus einer auf dem Substrat befindlichen, farbgebenden ersten Schicht und einer weiteren,
über der ersten Schicht befindlichen, unpigmentierten zweiten Schicht, wobei die zweite
Schicht ganz oder teilweise aus einem unpigmentierten Softfeelinglack erhältlich ist.
[0008] Bei der ersten, farbgebenden Schicht kann es sich prinzipiell um jede Schicht handeln,
die durch einen Vernetzungs- oder Aushärtungsvorgang einer pigmentierten Beschichtungszusammensetzung
auf Basis von organischen Lösemitteln, Wasser oder Pulver erhältlich ist.
[0009] Besonders bevorzugt für die Herstellung der ersten, farbgebenden Schicht werden solche
Lacke, die als sogenannte

Basislacke" für die Mehrschichtlackierung von Automobilrohkarosserien verwendet werden.
Diese Mehrschichtlackierung von Automobilen besteht im allgemeinen aus insgesamt vier
voneinander unterschiedlichen Schichten (Electrocoatschicht, Füllerschicht, Basislackschicht
und Klarlackschicht).
Dabei ist es die Aufgabe der Basislackschicht, der Karosserie die gewünschte Farbe
zu verleihen und eine genau definierte Haftung auf der Füllerschicht bereitzustellen.
Letztere Eigenschaft ist besonders wichtig für die Steinschlagfestigkeit eines Autolacks.
[0010] Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist die Verwendung eines pigmentierten
Lacks auf Wasserbasis zur Ausbildung der ersten, farbgebenden Schicht. Insbesondere
vor dem Hintergrund, daß zur Lackierung von Kunststoffen in der Automobilindustrie
größtenteils nur Basislacke auf Lösemittelbasis eingesetzt werden, ist mit dieser
Ausführungsform eine deutliche Verringerung der Lösemittelemissionen, insbesondere
bei Lackierungen auf Kunststoffsubstraten, möglich.
Vorteilhaft ist bei der Verwendung eines farbgebenden Lacks auf Wasserbais eine kurze
Zwischentrocknung (z.B. 5 Minuten lang bei 60 °C) vor Auftragung des unpigmentierten
Softfeeling-Lacks.
[0011] Die Trockenschichtdicke hat auf die Eigenschaften der erfindungsgemäßen Mehrschichtlackierung
keinen entscheidenden Einfluß, sie liegt üblicherweise in einem Bereich zwischen 12
bis 40 µm.
[0012] Zur Herstellung der zweiten, unpigmentierten Schicht kann jeder Lack verwendet werden,
der mindestens ein Bindemittel enthält, das aufgrund seiner speziellen chemischen
und physikalischen Eigenschaften dieser Schicht die für den Softfeeling-Effekt notwendigen
gummielastischen Eigenschaften verleiht. Solche Bindemittel sind an sich bekannt und
werden bereits zur Herstellung pigmentierter Softfeelinglacke verwendet. Die Menge
dieses Bindemittels liegt üblicherweise in einem Bereich zwischen 25 und 65 Gew.-%,
bezogen auf den Festkörperanteil.
Unter dem Begriff "unpigruentiert" werden solche Lacke oder Beschichtungen verstanden,
die keine farbgebenden Pigmente enthalten. Unter den Begriff

farbgebenden Pigmente" werden aber nicht Mattierungsmittel verstanden, die üblicherweise
Schichtsilikate oder Wachse enthalten.
[0013] Besonders geeignete Bindemittel, die der zweiten Schicht die Sofifeeling-Eigenschaften
verleihen, sind solche Bindemittel auf Polyester/Polyurethan-Basis. Diese Bindemittel
sind detailliert in dem europäischen Patent 0 669 352 beschrieben und werden von der
Firma Bayer AG unter der Handelbezeichnung Bayhydrol® vertrieben.
[0014] Die erfindungsgemäße Softfeel-Mehrschichtlackierung zeigt eine deutlich verbesserte
Haptik gegenüber den pigmentierten Softfeelinglacken des Standes der Technik.
[0015] Entscheidend für die verbesserten Softfeeling-Eigenschaften der erfindungsgemäßen
Mehrschichtlackierung ist die Trennung von Bindemitteln, die für den eigentlichen
Softfeeling-Effekt verantwortlich sind, und dem oder den farbgebenden Pigmenten.
[0016] Die Trockenschichtdicke der zweiten Schicht liegt üblicherweise in einem Bereich
zwischen 15 bis 60 µm.
Im allgemeinen gilt, daß der Softfeeling-Effekt umso deutlicher wird, je dicker die
Trockenschichtdicke ist.
[0017] Eine weitere, erfindungsgemäße Ausführungsform ist die Verwendung eines Mattierungsmittels
in der zweiten, unpigmentierten Schicht. Dies bewirkt eine Steigerung in der Bremswirkung
der fertigen Lackschicht. Auf diese Weise ist es möglich, die genaue Brems- und Gleitwirkung
der erfindungsgemäßen Mehrschichtlackierung einzustellen.
[0018] Besonders bevorzugt eignet sich die erfindungsgemäße Mehrschichtlackierung für die
Lackierung von Kunststoffoberflächen, insbesondere von Teilen der Automobilinnenverkleidung.
Insbesondere für letzteren Bereich ist von besonderem Vorteil, daß Teile der Innenraumverkleidungen
mit dem gleichen Lack und den gleichen Vorrichtungen beschichtet werden können, wie
Kunststoffanbauteile (beispielsweise Stoßfänger). Die folgenden Beispiele dienen der
Erläuterung der Erfindung:
Beispiele:
Herstellung eines Basislacks:
[0019] In einen Kunststoffbecher mit Rührvorrichtung werden 80,0 g einer handelsüblichen
Polyurethandispersion (Bayhydrol® 2952 E) vorgelegt und anschließend 20,0 g vollentsalztes
Wasser, 20,0 g Butylglykol, 12,0 g Disperbyk® 190, 5,2 g Titandioxid Kronos 2310,
4,4 g Irgazin® DPP rot BO und 2,5 g Sicotangelb L 1910 unter Rühren zugegeben. Dann
werden 20 g vollentsalztes Wasser zur Einstellung der Mahlgutviskosität hinzugegeben.
Der pH-Wert wird durch Zugabe von Amietol® M21 auf einen pH-Wert von 8 eingestellt.
Die so erhaltene Mischung wird in einer Perlmühle bis zu einer Körnigkeit von 5 µm
gemahlen.
Dann werden zu der Mischung 100 g eines handelsüblichen Verdickers (Viscalex® HV 30
Paste 3 %) und 60,0 g vollentsalztes Wasser hinzugegeben. Anschließend werden 40 g
einer handelsüblichen Polyurethandispersion (Bayhydrol® 2952 E) unter Rühren hinzugegeben.
Der so hergestellte Basislack wird mit Amietol® M21 auf einen pH-Wert von 8 und die
Viskosität durch Zugabe von vollentsalztem Wasser auf 35 Sekunden bei 20 °C, gemessen
mit einem DIN-B4-Becher, eingestellt.
Herstellung eines unpigmentierten Softfeelinglacks:
[0020] In einen Kunststoffbecher mit Rührvorrichtung werden 44,8 g einer handelsüblichen
Polyurethandispersion (Bayhydrol® PT 241) vorgelegt und 1,2 g Surfinol® 104 E unter
Rühren zugegeben. Dann werden dieser Mischung 2,4 g Butyldiglykolacetat, 13,2 g n-Merhylpyrrolidon
und 20,8 g vollentsalztes Wasser sowie 144 g einer handelsüblichen Polyurethanharzdispersion
(Bayhydrol® PR 340) und 40,0 g eines handelsüblichen Verdickers (Viscalex® HV 30 Paste
3 %) hinzugegeben. Diese Mischung wird nach Zugabe von 21,4 g Pergopak® M4 und 6,8
g eines handelsüblichen Mattierungsmittels (OK 500 von der Firma Degussa) 20 Minuten
lang dispergiert. Danach werden dieser Mischung 14,0 g Butylglykol und 14,0 g vollentsalztes
Wasser hinzugegeben. Nach weiterer Zugabe von 62,8 g einer handelsüblichen Polyester/Polyurethan-Dispersion
(Bayhydrol® PR 240) unter Rühren wird die Viskosität mit vollentsalztem Wasser auf
45 Sekunden bei 20 °C, gemessen mit einem DIN-B4-Becher, eingestellt. Als Härter wird
eine 75 %ige Lösung eines handelsüblichen Polyisocyanats (Bayhydur® 3100) in Solventnaphtha
leicht verwendet.
Beispiel 1
Herstellung der Mehrschichtlackierung:
[0021] Der zuvor beschriebene Basislack wird mittels einer Spritzpistole auf eine Kunststoffplatte
aus Bayblend® T 85 (Polycarbonat/ABS) mit den Abmessungen 210 * 150 * 3 mm appliziert,
so daß eine Trockenschichtstärke von 15 µm erhalten wird. Dann wird diese Schicht
2 Minuten lang bei Raumtemperatur abgelüfret und anschließend 4 Minuten lang bei 80
°C getrocknet. Danach wird der zuvor beschriebene Softfeeling-Klarlack mittels einer
Spritzpistole aufgetragen, so daß eine Trockenschichtstärke von 55 µm erhalten wird.
Nach einer Ablüftzeit von 5 Minuten bei Raumtemperatur wird die beschichtete Platte
30 Minuten lang bei 80 °C getrocknet.
Herstellung eines pigmentierten Softfeelinglacks (für Vergleichsbeisplel):
[0022] In einen Kunststoffbecher mit Rührvorrichtung werden 45,2 g eines handelsüblichen
Polyurethanharzes (Bayhydrol® PT 241) vorgelegt und 4,0 g Disperbyk® 180 und 1,2 g
Surfinol® 104 E unter Rühren zugegeben. Diesem Gemisch werden anschließend 2,4 g Butyldiglykolacetat,
6,4 g vollentsalztes Wasser, 2,0 g Aerosil R 972, 5,6 g Titandioxid Kronos 2310, 10,0
g Sicotangelb L 1910, 4,4 g Irgazin® DPP rot BO, 6,0 g Talkum IT Extra und 13,6 g
Silitine® Z 86 unter Rühren zugegeben. Diese Mischung wird anschließend mit 1,2 g
n-Methylpyrrolidon und 2,4 g vollentsalztem Wasser auf die erforderliche Mahlgutviskosität
eingestellt und auf eine Körnigkeit von 10 µm mittels einer Perlmühle gemahlen. Dann
werden 104 g einer handelsüblichen Polyester/Polyurethan-Dispersion (Bayhydrol® PR
340) unter Rühren hinzugegeben und das so erhaltene Gemisch nach Zusatz von 21,4 g
Pergopak® M4 und 6,8 g eines handelsüblichen Mattierungsmittels (OK 500 von der Fa.
Degussa) 20 Minuten lang dispergiert. Dieser Mischung werden anschließend 14,0 g Butylglykol
und 14,0 g vollentsalztes Wasser unter Rühren hinzugegeben. Diese Lackzusammensetzung
wird anschließend mit 5,2 g vollentsalztem Wasser auf eine Viskosität von 45 Sekunden
bei 20 °C gemessen mit einem DIN-B4-Becher, eingestellt.
Als Härter für diese Mischung wird eine 75 %ige Lösung eines handelsüblichen Polyisocyanats
(Bayhydur® 3100) in Solventnahptha leicht verwendet.
Vergleichsbeispiel
Applikation des pigmentierten Softfeelinglackes:
[0023] Der zuvor beschriebene pigmentierte Softfeelinglack wird mittels einer Spritzpistole
auf eine Kunststoffplatte aus Bayblen® T 85 (Polycarbonat/ABS) mit den Abmessungen
210 * 150 * 3 mm appliziert, so daß eine Trockenschichtdicke von 60 µm erhalten wird.
Nach einer Ablüftzeit von 5 Minuten bei Raumtemperatur wird die Beschichtung 30 Minuten
lang bei 80 °C getrocknet.
Prüfung der Softfeeling-Eigenschaften
[0024] Die fertigen Beschichtungen werden entsprechend den in der Tabelle 1 angegebenen
Versuchen auf Haftung, Klimabeständigkeit, Abriebsbeständigkeit und Pflegemittelbeständigkeit
untersucht.
Die Abriebsbeständigkeit wird mit einem Crockmeter mit einem Leinentuch ohne Belastung
sowohl trocken als auch mit Ethanol untersucht.
Die Pflegemittelbeständigkeit wird nach der Mercedes Benz-Spezifikation DBL 7384 untersucht,
demnach verschiedene Prüflösungen (Plastikreiniger, Teerentferner Scheibenreiniger,
Fleckenentferner) auf einen quadratischen Filz (von der Firma Empa, St. Gallen, Schweiz)
mit einer Fläche von 2,25 cm
2 aufgebracht. Der so gut durchtränkte Filz wird unter einer Masse von 332 g auf der
Prüffläche mittels einer Vorrichtung hin-und herbewegt (Prüfstrecke: 30 bis 50 mm).
Dabei sollen in 2 Minuten 170 Doppelhübe absolviert werden. Danach werden die Prüflösungen
mit vollentsalztem Wasser abgespült. Die verbleibende Oberfläche wird beurteilt.
Tabelle 1
|
Beispiel |
Vergleichsbeispiel |
Haptik/Softfeeleffekt* |
1 |
3 |
Filmoptik |
i.O. |
i.O. |
Haftung auf Bayblend T 85 Gitterschnitt nach DIN 53151 mit Klebebandabriß |
GT 0 |
GT 1 |
Klimatest nach DIN 50017 (10 d, 40 °C, 95 % rel.F. Abmusterung nach 1 h Regenerationszeit) |
Optik: i.O Haftung GT 0 |
Optik: i.O. Haftung GT 1-2 |
Crockmeter (Leinentuch trocken/Ethanol ohne Belastung) |
100/10 |
100/8 |
Pflegemittelbeständigkeit DBL 7384 (MB-Spezifikation) |
Kein Abrieb auf der Tafel sichtbar. Keine Verfärbung auf dem Filz. |
Kein Abrieb auf der Tafel sichtbar. Verfärbung bei Plastikreiniger und Teerentferner
auf dem Fliz. |
*:
Wen 0 = sehr guter Softfeel-Effekt
Wen 2 = guter Softfeel-Effekt
Wen 5 = kein Softfeel-Effekt |
[0025] Die Tabelle 1 zeigt deutlich, daß die erfindungsgemäße Mehrschichtlackierung mit
Softfeel-Effekt deutlich verbesserte Eigenschaften gegenüber den Softfeellacken des
Standes der Technik aufweist.
1. Mehrschichtlackierung, bestehend aus einer auf einem Substrat befindlichen farbgebenden
ersten Schicht und einer weiteren, über der ersten Schicht befindlichen, unpigmentierten
zweiten Schicht, dadurch gekennzeichnet, daß die zweite Schicht ganz oder teilweise
aus einem unpigmentierten Softfeelinglack erhältlich ist.
2. Mehrschichtlackierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die erste Schicht
aus einem pigmentierten Lack auf Wasserbasis erhältlich ist.
3. Mehrschichtlackierung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die erste
Schicht aus einem 2-Komponenten Lack erhältlich ist.
4. Mehrschichtlackierung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß die zweite Schicht ein Bindemittel auf Polyester/Polyurethan-Basis enthält.
5. Mehrschichtlackierung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß die zweite Schicht zusätzlich ein Mattierungsmittel enthält.
6. Mehrschichtlackierung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß das Substrat eine Kunststoffoberfläche ist.
7. Verwendung einer Mehrschichtlackierung nach einem der vorhergehenden Ansprüche für
die Innenraumausstattung von Automobilkarosserien.