[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Gußwerkstücken, insbesondere
filigraner Präzisionsgußteile im medizinischen Bereich, bei dem eine aus einer keramischen
Einbettmasse bestehende Gießform vor dem Einfüllen eines Gießwerkstoffes zur Kompensation
einer beim Abkühlen aus dem schmelzflüssigen Zustand auftretenden Volumenkontraktion
des Gießwerkstoffes gezielt expandiert wird, wobei die Einbettmasse aus einer quarzfreien
Oxidkeramikmischung, einem Bindemittel und einem als Anmischflüssigkeit dienenden
Kieselsol unter Zufügung einer organischen Carbonsäure gebildet wird. Die Erfindung
bezieht sich ferner auf eine Einbettmasse für die Herstellung von Gußwerkstücken durch
ein solches Verfahren.
[0002] Im medizinischen Bereich, insbesondere in der Dentaltechnik, werden individuell anzufertigende
Prothesen üblicherweise aus Metallegierungen, etwa auf Basis von Titan (Ti), Palladium
(Pd), Nickel-Chrom (NiCr), Cobalt-Chrom (CoCr), oder aus glaskeramischen Werkstoffen
gegossen. Die hierzu verwendeten Gießformen bestehen aus einer keramischen Einbettmasse,
die mit Hilfe eines dem zu rekonstruierenden Körperteil entsprechenden Wachsmodells
gewonnen wird. Dies geschieht dadurch, daß ein aus einer Keramikmischung und einem
Bindemittel bestehender Brei mit einer Anmischflüssigkeit angerührt und auf das Wachsmodell
aufgetragen wird. Nachdem bei Raumtemperatur der Brei nach kurzer Zeit abgebunden
ist, wird die auf diese Weise gebildete feste Gießform auf eine Temperatur erwärmt,
bei der das Wachs des Wachsmodells rückstandslos herausfließt. Um die erforderlichen
Gießparameter, beispielsweise die Kantenstabilität der Gießform, zu erreichen, wird
die Gießform vor dem Einbringen des Gießwerkstoffes auf Temperaturen von bis zu 1000°C
vorgewärmt.
[0003] Während des Abkühlens ist der Gießvorgang durch eine Volumenkontraktion des Gießwerkstoffes
gekennzeichnet. Bereits im flüssigen Zustand tritt eine Schrumpfung ein, die beim
Erstarren in eine Schwindung übergeht. Um eine möglichst geringe Abweichung des Gußteils
von dem dem zu rekonstruierenden Körperteil entsprechenden Wachsmodell sicherzustellen,
ist es bekannt, die Volumenkontraktion des Gießwerkstoffes durch eine Expansion der
die Gießform bildenden Einbettmasse zu kompensieren. Die Gesamtexpansion der Einbettmasse
setzt sich dabei aus einer Abbindeexpansion während des Abbindens des Breis und einer
thermischen Expansion beim Erwärmen der Gießform zusammen. Eine hohe thermische Expansion
läßt sich dann erreichen, wenn quarzhaltige Einbettmassen verwendet werden. Dies ist
auf das thermische Umwandlungsverhalten von Siliciumdioxid-Modifikationen zurückzuführen.
So findet durch eine α/β-Umwandlung eine sprunghafte Ausdehnung von Cristobalit bei
etwa 270°C und von Quarz bei etwa 570°C statt.
[0004] Quarzhaltige Einbettmassen zeichnen sich zwar durch hohe Expansionswerte von bis
zu 2% aus, die eine Abbindeexpansion oftmals entbehrlich machen, weisen aber neben
einer gesundheitsschädlichen Bildung von Feinstäuben mit einer Korngröße von < 10
pm den Nachteil eines gleichfalls ungleichmäßigen Abkühlungsverhaltens auf. Dies hat
zur Folge, daß in dem beim Abkühlen mit der Einbettmasse in Kontakt stehenden Gußteil
Spannungen auftreten, die zu einer unzulässigen plastischen Verformung oder Rissbildung
führen können. Nachteilig bei quarzhaltigen Einbettmassen ist ferner eine verhältnismäßig
niedrige Erweichungstemperatur, die bei hohen Gießtemperaturen, wie sie beim Vergießen
von beispielsweise Titanlegierungen erforderlich sind, Verschlackungsreaktionen hervorrufen,
die Passungenauigkeiten mit sich bringen. Bei Gießwerkstoffen auf Basis von Titan
(Ti) oder Zirkonium (Zr), die oberhalb einer Temperatur von etwa 900°C eine hohe Affinität
zu Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff aufweisen, ergibt sich darüber
hinaus eine durch Oxidation gebildete Versprödung der Außenhaut des Gußwerkstückes.
Diese unter der Bezeichnung Alpha-case-Form bekannte Randzonenoxidation geht zwar
mit einer erhöhten Materialhärte einher, die für gewisse Anwendungszwecke erwünscht
ist, für Präzisionsgußteile aber aufgrund der damit verbundenen Passungenauigkeiten
infolge von beispielsweise Lunker oder Gaseinschlüssen zu vermeiden ist.
[0005] Im Vergleich hierzu weisen die weniger gesundheitsgefährdenden und weniger zu einer
Alpha-case-Form-Bildung neigenden quarzfreien keramischen Einbettmassen ein nahezu
konstantes thermisches Ausdehnungsverhalten auf. Aufgrund eines bis zu etwa 900°C,
daß heißt bis zur Vorwärmtemperatur der Gießform, kleinen Ausdehnungskoeffizienten,
läßt sich mit quarzfreien Einbettmassen allerdings nur eine geringe thermische Expansion
von maximal 0.5% erreichen. Zur Kompensation der beim Abkühlen auftretenden Volumenkontraktion
des Gießwerkstoffes sind daher hohe Werte für die Abbindeexpansion erforderlich.
[0006] Mit der Europäischen Patentanmeldung 97 119 939.3 ist bereits vorgeschlagen worden,
eine organische Carbonsäure, beispielsweise Citronensäure, einer quarzfreien, aus
einer Magnesiumoxid (MgO) enthaltenden Oxidkeramikmischung, einem auf Magnesiumoxid
(MgO) und Monoammoniumphosphat (NH
4H
2PO
4) basierenden Bindemittel und als Anmischflüssigkeit dienenden Kieselsol bestehenden
Einbettmasse zuzuführen, um eine hohe Abbindeexpansion zu erhalten. Durch den Gehalt
an Magnesiumoxid (MgO) in der Oxidkeramikmischung und der Art und dem Anteil der Carbonsäure
läßt sich dabei die für den zu verarbeitenden Gießwerkstoff erforderliche Abbindeexpansion
einstellen.
[0007] Dies ist jedoch mit dem Nachteil verbunden, daß sich eine hohe Anzahl bereitzustellender
Einbettmassen entsprechend den unterschiedlichen Gießwerkstoffen ergibt. Neben dieser
in wirtschaftlicher Hinsicht unbefriedigenden Vorratshaltung ist bei dem aus der oben
bezeichneten Europäischen Patentanmeldung bekannten Verfahren auch die aufwendige
Handhabung zum Einstellen der erforderlichen Abbindeexpansionswerte nachteilig.
[0008] Der Erfindung liegt die
Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von Gußwerkstücken zu schaffen, mit dem sich
eine vergleichsweise einfache Steuerung der beim Abbinden auftretenden Expansion einer
quarzfreien Einbettmasse erzielen läßt. Mit der vorliegenden Erfindung soll ferner
eine Einbettmasse, die sich in einem solchen Verfahren anwenden läßt, angegeben werden.
[0009] Diese Aufgabe ist bei einem Verfahren zur Herstellung von Gußwerkstücken mit den
eingangs genannten Merkmalen erfindungsgemäß dadurch gelöst daß die beim Abbinden
auftretende Expansion der Einbettmasse durch Variieren des Gehalts an kolloidalem,
amorphem Siliciumdioxid (SiO
2) in dem Kieselsol gesteuert wird.
[0010] Die Erfindung macht sich die überraschende Erkenntnis zu eigen, daß es zur Einstellung
einer hinreichend großen Abbindeexpansion bei quarzfreien Einbettmassen ausreichend
ist, den Gehalt an Siliciumdioxid (SiO
2) in dem als Anmischflüssigkeit dienenden Kieselsol entsprechend den jeweiligen Gießwerkstoffen
zu variieren. Ursächlich für die erzielbaren Abbindeexpansionswerte ist in erster
Linie das Zusammenwirken der organischen Carbonsäure mit dem Kieselsol. Kieselsol
weist als wässrige anionische Lösung von kolloidalem, amorphem Siliciumdioxid (SiO
2) bei einem pH-Wert von über 10 negativ aufgeladene und sich infolgedessen gegenseitig
abstoßende SiO
2-Partikel auf, die das Kieselsol hinreichend stabilisieren und ihm eine verhältnismäßig
geringe Viskosität verleihen. Durch die Carbonsäure wird der pH-Wert des Kieselsols
abgesenkt, und es tritt eine Säure-Base-Reaktion auf, die Kieselgel gemäß der folgenden
Gleichung ausfällen läßt:

mit
- ≡Si-O-:
- Silicatanion auf der Oberfläche eines SiO2-Partikels und
- ≡Si-O-H:
- undissoziierte Kieselsäure auf der Oberfläche eines SiO2-Partikels.
[0011] Da Carbonsäure beispielsweise im Vergleich zu Mineralsäuren und deren Derivate verhältnismäßig
schwach ist, wird der pH-Wert nicht so weit reduziert, daß eine Ladungsumkehr, etwa
durch Absorption von H
+-lonen, stattfände, die das nunmehr instabile Kieselsol stabilisierte. Während des
Abbindens der Einbettmasse entstehen aus dem ausgefällten Kieselgel wasserhaltige,
kristalline oder teilkristalline Silicate, die zu einer Volumenvergrößerung und damit
zu einer Erhöhung der Abbindexpansion führen. Durch Variation des Gehaltes an Siliciumdioxid
(SiO
2) in dem Kieselsol läßt sich folglich der Volumenanteil expandierender, auskristallisierender
Silicate verändern und damit die Abbindeexpansion stufenlos steuern, und zwar nahezu
unabhängig von der Zusammensetzung der Oxidkeramikmischung.
[0012] Von besonderem Vorteil ist es, wenn zum Einstellen einer bestimmten Expansion der
Einbettmasse der Gehalt an Siliciumdioxid (SiO
2) in dem Kieselsol zwischen 30 Gew.-% und 40 Gew.-% variiert wird. Versuche ergaben,
daß handelsübliches 30%-iges Kieselsol zu einer Abbindeexpansion von 0.8% führt, wohingegen
sich bei einem Anteil an Siliciumdioxid (SiO
2) in dem Kieselsol von 40 Gew.-% eine Abbindeexpansion von 6% erreichen läßt. Die
Variation des Siliciumdioxid-Gehalts im obigen Intervall ermöglicht demnach für die
meisten Gießwerkstoffe ausreichend große Abbindeexpansionswerte.
[0013] Es hat sich ferner als vorteilhaft herausgestellt, daß wenn 100 g Oxidkeramikmischung,
Bindemittel und Carbonsäure mit 15 ml bis 40 ml Kieselsol angemischt werden, sich
eine genügend hohe Absenkung des pH-Wertes erreichen läßt. Zweckmäßigerweise wird
ein Kieselsol eingesetzt, bei dem die Siliciumdioxid-Partikel eine BET-Oberfläche
von 50 m
2/g bis 350 m
2/g aufweisen.
[0014] Zur
Lösung der oben angeführten Aufgabe wird ferner eine Einbettmasse für die Herstellung von
Gußwerkstoffen vorgeschlagen, die aus einer quarzfreien Oxidkeramikmischung, einem
Bindemittel und einem als Anmischflüssigkeit dienenden Kieselsol besteht, denen eine
organische Carbonsäure zugegeben ist, und die sich dadurch auszeichnet, daß zum gezielten
Einstellen der beim Abbinden auftretenden Expansion der Gehalt an kolloidalem, amorphem
Siliciumdioxid (SiO
2) in dem Kieselsol in Abhängigkeit von dem zu verwendenden Gießwerkstoff variiert
ist.
[0015] Eine solchermaßen ausgebildete Einbettmasse läßt sich in dem zuvor beschriebenen
Verfahren verwenden und ermöglicht insofern eine einfache Steuerung der beim Abbinden
auftretenden Expansion. Um ausreichend große Expansionswerte zu erzielen, beträgt
der Gehalt an kolloidalem, amorphem Siliciumdioxid (SiO
2) in dem Kieselsol vorteilhafterweise zwischen 30 Gew.-% und 40 Gew.-%.
[0016] In Weiterbildung der Erfindung wird vorgeschlagen, daß die Carbonsäure eine Di- oder
Tricarbonsäure ist. Di- und Tricarbonsäuren gemäß der chemischen Formel R(COOH)
x mit x= 2,3 können als feste Stoffe der Einbettmasse zugemischt werden, sind sehr
gut wasserlöslich und können beim Erhitzen rückstandsfrei abgebaut werden. Besonders
geeignet sind die folgenden Di- und Tricarbonsäuren:
- Oxalsäure ((COOH)2)
- Weinsäure (HOOC-(CHOH)2-COOH)
- Citronensäure (HOOC-CH2-C(OH)-(COOH)-CH2-COOH)
- Apfelsäure (HOOC-CH2-CH(OH)-COOH)
- Malonsäure (HOOC-CH2-COOH)
- Maleinsäure (HOOC-CH2=CH2-COOH)
[0017] Gemäß einem weiteren Merkmal der Erfindung ist die quarzfreie Oxidkeramikmischung
aus Oxiden hoher thermischer und chemischer Stabilität, vorzugsweise Aluminiumsilicate,
Zirkoniumsilicat und stabile Silicate der Erdalkalimetalle, sowie Magnesiumoxid (MgO)
und Korund (α-Al
2O
3) zusammengesetzt. Derartige Oxidkeramikmischungen sind in der Regel hochschmelzend
und weisen einen geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten auf. Im Vergleich zu
quarzhaltigen Einbettmassen sind sie wesentlich beständiger und insbesondere besser
geeignet für den Feinguß von auf Titan (Ti) oder Zirkonium (Zr) basierenden Metallegierungen.
Überdies ist die Gefahr einer Verschlackung vergleichsweise gering. Die erfindungsgemäße
Einbettmasse weist vorteilhafterweise einen Anteil an Oxiden hoher thermischer und
chemischer Stabilität von 96 Gew.-% bis 30 Gew.-%, einen Anteil an Korund (α-Al
2O
3) von Spur bis 40 Gew.-% und einen Anteil an Magnesiumoxid (MgO) von 4 Gew.-% bis
30 Gew.-% auf.
[0018] In Weiterbildung der Erfindung wird ferner vorgeschlagen, daß das Bindemittel ein
Phosphatbinder auf Basis von Magnesiumoxid (MgO) und Monoammoniumphosphat (NH
4H
2PO
4) ist. Der Anteil an Monoammoniumphosphat (NH
4H
2PO
4) in dem Bindemittel beträgt dabei zweckmäßigerweise zwischen 5 Gew.-% und 15 Gew.-%
bezogen auf die Masse der Oxidkeramikmischung. Enthält die Oxidkeramikmischung Magnesiumoxid
(MgO) wird beim Abbinden der Einbettmasse das Monoammoniumphosphat (NH
4H
2PO
4) des Bindemittels in Mg
2P
2O
7 = MgO·P
2O
5 umgewandelt. Die Komponente P
2O
5 ist zwar gegenüber flüssigen Metallen instabil, geht aber bei einer Temperatur von
ca. 1400°C in die in thermochemischer Hinsicht stabile Verbindung Mg
2P
2O
7 über. Durch den verhältnismäßig geringen Anteil an Monoammoniumphosphat (NH
4H
2PO
4) in der Einbettmasse ist sichergestellt, daß der P
2O
5-Anteil hiernach weniger als 3% ausmacht. Dies kommt vor allem dann zum Tragen, wenn
ein auf Titan (Ti) basierender Gießwerkstoff verwendet wird, da Titan (Ti) beziehungsweise
Titanlegierungen stark reduzierend sind.
[0019] Einzelheiten und weitere Vorteile des Gegenstandes der vorliegenden Erfindung ergeben
sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele. In den zugehörigen
Zeichnungen zeigen im einzelnen:
- Fig. 1
- Die Zusammensetzung der Oxidkeramikmischung einer Einbettmasse in einem Dreiecksdiagramm
und
- Fig. 2
- ein Diagramm, daß die Abbindeexpansion εA einer quarzfreien Einbettmasse in Abhängigkeit des Gehalts w an Siliciumdioxid (SiO2) in einer aus Kieselsol bestehende Anmischflüssigkeit darstellt.
[0020] Das Dreiecksdiagramm gemäß Fig. 1 läßt die Zusammensetzung der Oxidkeramikmischung
einer Einbettmasse erkennen. Die Ecken des gleichseitigen Dreiecks entsprechen dabei
den reinen Komponenten Korund (α-Al
2O
3), Magnesiumoxid (MgO) und Oxiden hoher thermischer und chemischer Stabilität, wie
etwa Aluminiumsilicate, eines ternären Systems. Auf den nach Massenanteilen geteilten
Dreieckseiten finden sich die binären Randsysteme, während Punkte innerhalb des Dreiecks
das ternäre Gemisch darstellen. Linien konstanter Massengehalte w einer Komponente
verlaufen parallel zu den Dreiecksseiten, die der jeweiligen Ecke der reinen Komponente
gegenüberliegen, und schneiden auf den Randmaßstäben die jeweiligen Massenanteile
ab. Für eine bevorzugte Einbettmasse, die einen Anteil an Oxiden hoher thermischer
und chemischer Stabilität von 96 Gew.-% bis 30 Gew.-%, einen Anteil an Korund (α-Al
2O
3) von Spur bis 40 Gew.-% und einen Anteil an Magnesiumoxid (MgO) von 4 Gew.-% bis
30 Gew.-% aufweist, ergibt sich demzufolge der mit A gekennzeichnete Bereich.
[0021] Das Diagramm in Fig. 2 zeigt den Zusammenhang zwischen der Größe der beim Abbinden
einer quarzfreien Einbettmasse auftretenden Expansion ε
A und dem Gehalt w an Siliciumdioxid (SiO
2) in einem als Anmischflüssigkeit dienenden Kieselsol. Zu erkennen ist, daß bei einem
Gehalt w an Siliciumdioxid (SiO
2) von 30 Gew.-% eine Abbindeexpansion von etwa 0,8% auftritt, während sich mit einem
Gehalt w an Siliciumdioxid (SiO
2) von 40 Gew.-% eine Abbindeexpansion von nahezu 6% erreichen läßt. Durch Verdünnung
eines etwa 40%-igen Kieselsols auf einen Wert zwischen 30 Gew.-% und 40 Gew.-% läßt
sich somit gezielt eine Abbindeexpansion zwischen 0,8% und 6,0% einstellen, ohne daß
es einer Änderung der Zusammensetzung der übrigen Bestandteile der Einbettmasse, wie
es bisher üblich war, bedarf. Unter der Abbindeexpansion ε
A wird dabei die Längenänderung ΔL eines Teilchens der Einbettmasse nach dem Abbinden
bezogen auf die Ausgangslänge L
0 des Teilchens in einer Koordinatenrichtung verstanden.
[0022] Die dem Diagramm gemäß Fig. 2 zugrundeliegende Einbettmasse setzt sich aus den folgenden,
jeweils auf das Gesamtgewicht der Einbettmasse bezogenen Bestandteilen zusammen:
- Oxidkeramikmischung (M1):
19 Gew.-% Korund (α- Al2O3) mit einem mittleren Korndurchmesser von 250 µm
5,4 Gew.-% Magnesiumoxid (MgO) mit verschiedenen Kornfraktionen von 10 µm bis 70 µm
63 Gew.-% Schmelzmullit mit einem mittleren Korndurchmesser von 70 µm
5,8 Gew.-% Zirkoniumsilicat (ZrSiO4) mit einem mittleren Korndurchmesser von 30 µm
- Bindemittel: 6,2 Gew.-% Monoammoniumphosphat (NH4H2PO4) in wasserfreier Qualität
- Organische Säure: 0,6 Gew.-% Citronensäure
- Anmischflüssigkeit: 30% bis 40%-iges Kieselsol; 16 ml für 100 g Einbettmasse
[0023] Eine solche Einbettmasse läßt sich im breiigen Zustand zu einer Gießform verarbeiten,
wobei nach ca. 10 min die Abbindereaktion bei Raumtemperatur eintritt. Nach ca. 1
h, wenn die Gießform völlig abgebunden und fest ist, stellt sich die in Fig. 2 für
unterschiedliche Gehalte w an Siliciumdioxid (SiO
2) in dem als Anmischflüssigkeit dienenden Kieselsol dargestellte Abbindeexpansion
ε
A ein. Im zur Herstellung filigraner Präzisionsgußteile interessierenden Temperaturbereich
bis 900°C weist eine derartige Einbettmasse eine geringe, nahezu lineare thermische
Expansion ε
th von 0,35% auf. Damit eignet sich die Einbettmasse in besonderem Maße für Anwendungen
im medizinischen Bereich, insbesondere in der Dentaltechnik, etwa zur Herstellung
von Implantaten.
[0024] So sind für Dentallegierungen auf Basis von Cobalt, Chrom und Molybdän in der Modellgußtechnik
regelmäßig eine Abbindeexpansion in der Größenordnung von 1,7% bis 2,3% erforderlich.
Bei der oben beschriebenen Einbettmasse läßt sich dies mit einem Kieselsol, das einen
Gehalt w an Siliciumdioxid (SiO
2) von 34 Gew.-% bis 36 Gew.-% aufweist, realisieren. Für Nicht-Edel-Metall-Legierungen
(NEM), beispielsweise Dentallegierungen auf Basis von Cobalt, Chrom und Molybdän,
Cobalt, Chrom und Wolfram oder Nickel, Chrom und Molybdän, welche teuere Edelmetallegierungen
ersetzen, sind in der Regel Abbindeexpansionswerte von 2,8% bis 3,5% erforderlich,
die sich bei der obigen Einbettmasse mit einem 36% bis 38%-igem Kieselsol erreichen
lassen. In der Kronen- und Brückentechnik, in der vor allem Dentallegierungen auf
Basis von Cobalt, Chrom und Molybdän oder Titan Anwendung finden, müssen für die Abbindeexpansionswerte
zwischen 2,3% und 3,8% erreicht werden. Hierzu eignet sich ein Kieselsol, dessen Gehalt
w an Siliciumdioxid (SiO
2) zwischen 34 Gew.-% und 36 Gew.-% beträgt. Für Legierungen mit einem hohen Schrumpfungswert
läßt sich - wie zuvor erörtert - auch eine Abbindeexpansion von bis zu 6% erzielen.
Dies eröffnet die Möglichkeit, neue Legierungstypen oder Glaskeramiken zur Herstellung
biokompatibler Implantate zu verwenden, die selbst mit einer quarzhaltigen Einbettmasse
nicht herstellbar sind.
[0025] Die oben beschriebene Einbettmasse zeichnet sich dadurch aus, daß die Hauptbestandteile
der Oxidkeramikmischung feuerfeste Oxide, nämlich Mullit und Zirkoniumsilicat (ZrSiO
4) sind. Alternativ können auch andere Aluminiumsilicate, Spinell oder Magnesiumaluminate,
Calciumaluminate oder sonstige Silicate der Erdalkalimetalle sowie stabilisiertes
und unstabilisiertes Zirkoniumdioxid (Zirkonium(IV)-oxid) Anwendung finden. Zur Verbesserung
der Ausbettung des Gußteils ist das gleichfalls feuerfeste Korund (α-Al
2O
3) vorhanden, das bei einer Kornfraktion von mehr als 100 pm vergleichsweise grobkörnig
ist und daher Sollbruchstellen in der Matrix der Einbettmasse bildet. Demgegenüber
weist das Zirkoniumsilicat eine feine Kornfraktion von weniger als 40 µm auf und dient
demzufolge zur Verbesserung der Oberflächengüte des Gußteils.
[0026] Eine weitere bevorzugte Einbettmasse setzt sich aus den folgenden Bestandteilen zusammen,
wobei sich die Gehalts-Angaben erneut auf die Gesamtmasse der Einbettmasse beziehen:
- Oxidkeramikmischung (M2):
10 Gew.-% Korund (α-Al2O3) mit einem mittleren Korndurchmesser von 250 µm
5,3 Gew.-% Magnesiumoxid (MgO) mit verschiedenen Kornfraktionen von 10 µm bis 70 µm
78 Gew.-% Zirkoniumsilicat (ZrSiO4) mit einem mittleren Korndurchmesser von 30 µm
- Bindemittel: 6,1 Gew.-% Monoammoniumphophat (NH4H2PO4) von wasserfreier Qualität
- Organsiche Säure: 0,6 Gew.-% Citronensäure
- Anmischfllüssigkeit: 37%-iges Kieselsol; 17 ml für 100 g Einbettmasse
[0027] Bei einer solchermaßen zusammengesetzten Einbettmasse tritt die Abbindereaktion gleichfalls
nach ca. 10 min bei Raumtemperatur ein. Nach ca. 1 h ist die gefertigte Gießform völlig
abgebunden und es stellt sich eine Abbindeexpansion ε
A von ca. 2,5% ein. Die Einbettmasse besitzt bis 900°C eine annähernd lineare thermische
Ausdehnung von ε
th = 0,3% und ist daher universell in der Modellgußtechnik, insbesondere aber auch für
Glaskeramiken, einsetzbar. Hinsichtlich letzterem kommt vorteilhafterweise zum Tragen,
daß Zirkoniumsilicat (ZrSiO
4) mit zähflüssiger Glaskeramik fast keine klebende Verbindung eingeht. Glaskeramiken,
die zur Herstellung biokompatibler Implantate, etwa als Ersatz für Zahnteile, Knorpelteile
oder kleine Knochenteile im Kiefer oder Ohrenbereich, beruhen in der Regel auf dem
teilkristallinen Grundsystem SiO
2-Al
2O
3-MgO-CaO-K
2O/Na
2O/NaF/P
2O
5. Die Glaskeramik wird dabei üblicherweise bei Temperaturen von ca. 900°C in die Gießform
gepreßt. Passgenaue Präzisionsteile lassen sich deshalb herstellen, weil die beim
Abkühlen der Glaskeramik einsetzende Volumenkontraktion durch die Abbindeexpansion
der die Gießform bildenden Einbettmasse kompensiert wird. Im Unterschied zu einer
quarzhaltigen Einbettmasse, die aufgrund der Quarz-Umwandlung bei 570°C und der Cristobalit-Umwandlung
bei 270°C ein unstetiges Ausdehnungsverhalten beim Abkühlen aufweisen mit der Folge,
daß in der einen nahezu konstanten Ausdehnungskoeffizienten aufweisenden Glaskeramik
Spannungen auftreten, die zu einer unzulässigen Verformung oder gar zur Rissbildung
führen, zeichnet sich die voranstehend beschriebene quarzfreie Einbettmasse durch
einen annähernd konstanten thermischen Ausdehnungskoeffizienten aus, der damit einer
hohen Passgenauigkeit Rechnung trägt.
[0028] Die zuvor beschriebenen Einbettmassen eignen sich in besonderem Maße für einen Titan-Feinguß,
bei dem die Einsatztemperatur der Gießform allerdings in etwa 500°C betragen soll,
um die Bildung einer Alpha-case-Form zu verhindern. Die obigen Einbettmassen zeichnen
sich darüber hinaus durch die Verwendung in einem Verfahren zur Herstellung von Gußwerkstücken
aus, bei dem die beim Abbinden auftretende Expansion auf einfache Art und Weise gesteuert
wird. Eine einfache Handhabung ist hierbei nicht zuletzt dadurch sichergestellt, daß
die zur Erzielung hoher Abbindeexpansionswerte erforderliche organische Säure entweder
bereits vor dem Anmischvorgang mit dem Kieselsol in der Einbettmasse enthalten ist,
oder erst während des Anmischvorganges zusammen mit dem Kieselsol in fester oder bereits
aufgelöster Form zugegeben wird.
Bezugszeichenliste
[0029]
- εA
- Abbindeexpansion
- εth
- thermische Expansion
- w
- Massengehalt
- A
- Bereich bevorzugter Gemische
- M1
- Oxidkeramikmischung
- M2
- Oxidkeramikmischung
- ΔL
- Längenänderung
- L0
- Ausgangslänge
1. Verfahren zur Herstellung von Gußwerkstücken, insbesondere filigraner Präzisionsgußteile
im medizinischen Bereich, bei dem eine aus einer keramischen Einbettmasse bestehende
Gießform vor dem Einfüllen eines Gießwerkstoffes zur Kompensation einer beim Abkühlen
aus dem schmelzflüssigen Zustand auftretenden Volumenkontraktion des Gießwerkstoffes
gezielt expandiert wird, wobei die Einbettmasse aus einer quarzfreien Oxidkeramikmischung
(M1, M2), einem Bindemittel und einem als Anmischflüssigkeit dienenden Kieselsol unter Zufügung
einer organischen Carbonsäure gebildet wird,
dadurch gekennzeichnet ,
daß die beim Abbinden auftretende Expansion (εA) der Einbettmasse durch Variieren des Gehalts (w) an kolloidalem, amorphem Siliciumdioxid
(SiO2) in dem Kieselsol gesteuert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zum Einstellen einer bestimmten
Expansion (εA) der Einbettmasse der Gehalt an Siliciumdioxid (SiO2) in dem Kieselsol zwischen 30 Gew.-% und 40 Gew.-% variiert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß 100 g Oxidkeramikmischung,
Bindemittel und Carbonsäure mit 15 ml bis 40 ml Kieselsol angemischt werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein Kieselsol
mit BET-Oberflächen der Siliciumdioxid-Partikel von 50 m2/g bis 350 m2/g eingesetzt wird.
5. Einbettmasse für die Herstellung von Gußwerkstücken durch ein Verfahren nach einem
der Ansprüche 1 bis 4, bestehend aus einer quarzfreien Oxidkeramikmischung, einem
Bindemittel und einem als Anmischflüssigkeit dienenden Kieselsol, denen eine organische
Carbonsäure zugegeben ist,
dadurch gekennzeichnet ,
daß zum gezielten Einstellen der beim Abbinden auftretenden Expansion (εA) der Gehalt an kolloidalem, amorphem Siliciumdioxid (SiO2) in dem Kieselsol in Abhängigkeit von dem zu verwendenden Gießwerkstoff variiert
ist.
6. Einbettmasse nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Gehalt an Siliciumdioxid
(SiO2) in dem Kieselsol zwischen 30 Gew.-% und 40 Gew.-% beträgt.
7. Einbettmasse nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Carbonsäure eine
Di- oder Tricarbonsäure, vorzugsweise Oxal-, Malon-, Malein-, Wein-, Citronen- oder
Apfelsäure, ist.
8. Einbettmasse nach einem der Ansprüche 5 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die quarzfreie
Oxidkeramikmischung aus Oxiden hoher thermischer und chemischer Stabilität, vorzugsweise
Aluminiumsilicate, Zirkoniumsilicat und stabile Silicate der Erdalkalimetalle, sowie
Magnesiumoxid (MgO) und Korund (α-Al2O3) zusammengesetzt ist.
9. Einbettmasse nach Anspruch 8, gekennzeichnet durch einen Anteil an Oxiden hoher thermischer
und chemischer Stabilität von 96 Gew.-% bis 30 Gew.-%, einen Anteil an Korund (α-Al2O3) von Spur bis 40 Gew.-% und einen Anteil an Magnesiumoxid (MgO) von 4 Gew.-% bis
30 Gew.-%.
10. Einbettmasse nach einem der Ansprüche 5 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß das Bindemittel
ein Phosphatbinder auf Basis von Magnesiumoxid (MgO) und Monoammoniumphosphat (NH4H2PO4) ist.
11. Einbettmasse nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil an Monoammoniumphosphat
(NH4H2PO4) in dem Bindemittel 5 Gew.-% bis 15 Gew.-% bezogen auf die Masse der Oxidkeramikmischung
beträgt.