[0001] Seit langern sind Wolfram-Silber- und Molybdän-Silber-Verbundmetalle als Kontaktwerkstoffe,
die hohen elektrischen Belastungen ausgesetzt sind, bekannt. Diese Sinterwerkstoffe
verbinden die Abbrandfestigkeit der hochschmelzenden Refraktärkomponenten W und Mo
mit der guten elektrischen und thermischen Leitfähigkeit des als Matrixkomponente
verwendeten Silbers.
[0002] Solche Kontaktwerkstoffe werden in der Niederspannungs-Energietechnik serienmäßig
als Abbrennkontakte in Leistungsschaltern sowie als Hauptkontakte in Schutzschaltern
eingesetzt.
[0003] Wichtige Eigenschaften dieser Werkstoffe sind hohe Verschleißfestigkeit, Abbrandfestigkeit
und geringe Schweißneigung. Dadurch eignen sich diese Silberwerkstoffe für Anwendungen
in elektromechanischen Schaltgeräten, die extrem hohe Schaltleistungen erfordern.
[0004] Die Herstellung dieser Werkstoffe kann auf Grund ihres Verbundcharakters (Nichtlegierbarkeit
der Komponenten W, Mo mit dem Matrixmetall Ag) und des hohen Schmelzpunktes des Refraktäranteiles
grundsätzlich nur auf pulvermetallurgischem Wege erfolgen. Da Abbrandfestigkeit, Härte
und Leitfähigkeit direkt vom Porenanteil des betreffenden Werkstoffes abhängen und
zusätzlich die Abbrandfestigkeit und Stärke durch zunehmende Feinkörnigkeit des Refraktäranteiles
des Verbundes verbessert werden können, ist es ein generelles Bestreben, einen möglichst
porenfreien und feinkörnigen Werkstoff zu erzeugen.
[0005] Zur Herstellung solcher Werkstoffe stehen nach dem Stand der Technik zwei Sintertechniken
zur Verfügung:
- Beim Sintern in flüssiger oder fester Phase wird eine Pulvermischung, die in ihrer
Zusammensetzung der gewünschten Endzusammensetzung entspricht, zu Formteilen verpreßt
(Einzelpreßverfahren) und bei Temperaturen oberhalb bzw. unterhalb des Liquidus Ag
gesintert.
- Beim Tränkverfahren wird ein poröser, ebenfalls einzeln gepreßter Formkörper aus Wolfram
oder Molybdän mit flüssigem Matrixmetall getränkt in der Absicht, durch die wirkenden
Kapillarkräfte einen möglichst porenfreien, d.h. dichten Verbundkörper zu gewinnen.
[0006] Nachteilig beim ersten Verfahren ist eine verbleibende relativ hohe Restporosität,
die u.U. eine weitere Verdichtung durch Nachpressen erforderlich macht. Der Umformgrad
durch Nachverdichten ist jedoch relativ gering. Die Folge ist eine verbleibende endliche
Restporosität.
[0007] Beim zweiten Verfahren ist die Restporosität zwar geringer, der Überschuß des Tränkmetalls
muß jedoch durch einen zusätzlichen zeitintensiven Arbeitsschritt mittels spanender
Abtragung entfernt werden. Vgl. A. Keil et al., Elektrische Kontakte und ihre Werkstoffe,
Berlin 1984, S. 192 ff..
[0008] Die Herstellung von metallischen Verbunden durch Sintertechnik wird zusätzlich erschwert
durch das Bestreben, mit feinkörnigen Refraktäranteilen die Qualität des Kontaktwerkstoffes
zu verbessern. Feinkörnige Refraktärmetallpulver haben einen deutlich höheren Sauerstoffanteil
als grobkörnige Pulver. Hierdurch wird die Benetzung mit Matrixmetall erschwert, was
erhöhte Porenbildung nach sich zieht. Tendenziell haben deshalb feinkörnige Werkstoffe
eher einen höheren Porenanteil als grobkörnige Werkstoffe. Eine weitere Schwierigkeit
liegt in der Handhabung von feinen Refraktärmetallpulvern mit einer durchschnittlichen
Korngröße im Bereich < 1 µm. Diese Pulver werden pyrophor und neigen bei der Verarbeitung
an Luft zu spontanem Verglimmen, Verbrennen oder Verpuffen.
[0009] Auf Grund dieser Eigenschaften wird es zunehmend schwierig, ausschließlich durch
konventionelle Sintertechnik Verbesserungen bei Wolfram- oder Molybdänverbunden bezüglich
Feinkörnigkeit und gleichzeitig Dichtigkeit des Werkstoffes zu erzielen.
[0010] Auch nach einer Nachbehandlung durch Umformschritte, wie Nachverdichten durch Pressen
oder dergleichen, liegt die Restporosität der gefertigten Kontaktstücke noch im Prozentbereich.
Dabei zeigen feinkörnige Werkstoffe in dieser Hinsicht die am wenigsten befriedigenden
Ergebnisse.
[0011] Der Zwang zu zunehmender Miniaturisierung der Schaltgeräte, verbunden mit steigenden
Anforderungen an Leistung und Lebenszeit, führen aber dazu, daß auch die derzeit zu
erzielende Qualität der Kontaktstücke nicht mehr als ausreichend angesehen wird.
[0012] Bei der Fertigung metallischer Verbunde können nach dem Sintern zusätzlich an sich
bekannte Umformverfahren eingesetzt werden, die durch hohe Umformgrade in der Lage
sind, die Restporosität der erhaltenen Werkstoffe unter das bekannte Maß zu drücken.
Hierfür stehen dem Fachmann z.B. die Strangpreß-, Walz- oder Schmiedetechnik zur Verfügung.
Mit diesen Techniken lassen sich dichte, qualitativ hochwertige Produkte erzeugen.
Ausgegangen wird von einer Pulvermischung, die isostatisch zu Bolzen verpreßt, anschließend
gesintert und durch Warmstrangpressen oder Warmwalzen umgeformt wird. Beim Strangpressen
wird normalerweise eine anschließende Weiterverformung des erhaltenen Halbzeuges durch
Walzen angefügt. Durch den hohen Umformgrad bei beiden Verfahren wird eine starke
Verdichtung des Werkstoffes erreicht. Verdichtung und Qualität des Werkstoffes stehen
in direkter linearer Abhängigkeit zueinander (vgl. A. Keil, a.a.O., S. 188).
[0013] Technologisch hat ein durch Strangpressen erzeugter Werkstoff gegenüber der Einzelpreßtechnik
zudem den Vorteil, daß quasi ein Endlosprofil erzeugt wird, das zudem noch mit dem
für die Verbindungstechnik geeigneten Lot während seiner Herstellung plattiert werden
kann. Dieses Endlosband kann dann beim Schalterbauer direkt in die Fertigungslinie
integriert werden. Die benötigte Kontaktauflage wird abgelängt, dem Träger zugeführt
und beispielsweise mittels Widerstandslöten verbunden.
[0014] Nachteilig bei beiden Umformverfahren ist, daß die Ausgangsbolzen, die der Umformung
unterworfen werden, ausreichend duktil sein müssen. Anderenfalls können während der
Umformung Schäden an der Preß- oder Walzausrüstung oder an den zu fertigenden Profilen
auftreten. Bei Flachprofilen können Rißbildungen und Abplatzungen an den Kanten auftreten.
Zu spröde Werkstücke lassen sich u.U. auch im warmen Zustand überhaupt nicht mehr
extrudieren. Auf alle Fälle sind solche Fehler unvereinbar mit einer hohen Werkstoffqualität.
[0015] Zusätzlich erschwerend ist, daß gerade die Verbunde, die technisch besonders interessant
sind, einen hohen Refraktäranteil im Werkstoff verlangen. Ein steigender Anteil spröder
und harter Körner in der duktilen Matrix versprödet aber das ganze Werkstück und macht
es somit ungeeignet für Umformungen.
[0016] Zudem ist die vorherrschende Meinung der Fachwelt, daß die Schwierigkeiten beim Strangpressen
mit zunehmender Verkleinerung der Körner in der Matrix zunehmen. Diese Meinung läßt
die Strangpreßtechnik für Feinkornwerkstoffe wenig geeignet erscheinen. So offenbart
DE-A-198 28 692 ein Verfahren zur Vergröberung von handelsüblichem SnO
2-Pulver von 0,6 µm auf über 5 µm, damit es in einer Ag-Matrix als AgSnO
2-Verbund leichter durch Strangpressen umgeformt werden kann.
[0017] Infolgedessen bleibt nach dem Stand der Technik die Umformtechnik von WAg oder MoAg-Verbunden
auf einen technisch und wirtschaftlich wenig interessanten hochsilberhaltigen Bereich
beschränkt.
[0018] A. Keil beschreibt a.a.O. auf S. 193 zwar auch ein Strangpressen von WAg - Sinterblöcken,
die durch Sintern von Pulvermischungen unterhalb des Silberschmelzpunktes hergestellt
worden sind, sieht aber die Strangpreßfähigkeit des WAg bei Wolframanteilen ≤ 30 Gew.-%
begrenzt. Durch den hohen Ag-Anteil kann sich seiner Ansicht nach noch kein stabiler
und damit versprödend wirkender W-Skelettkörper ausbilden. Der Sinterkörper behält
eine ausreichend hohe Duktilität und bleibt strangpreßfähig.
[0019] JP-A-55 044558 offenbart das Extrudieren eines hitzebeständigen, elektrisch leitfähigen
Materials, bestehend aus Kupferoxid- oder Silberoxidlegierung in Form von Teilchen
und W oder Mo in Form von Teilchen, die zusammengebracht, gesintert und extrudiert
werden. Dabei ist die W- bzw. Mo-Oberfläche überzogen mit Cu- oder Ag-Legierung. Weder
in Herstellung noch Anwendung zielt diese Lehre auf Verbunde, die geeignet für elektrische
Kontaktwerkstoffe sind.
[0020] Die Druckschrift EP-A-0 806 489 betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Kupfer
und ein Übergangsmetall enthaltenden Verbundwerkstoffes, wobei das Verfahren das Sintern
eines Preßlings aus Kupfer enthaltenden und Übergangsmetall enthaltenden Teilchen
in einer reduzierenden Atmosphäre umfaßt, wobei das Übergangsmetall vorzugsweise aus
Wolfram und Molybdän ausgewählt ist und der Preßling genügend chemisch gebundenen
Sauerstoff enthält, um das Sintern des Preßlings zu verbessern. Nach Abschluß des
Sintervorganges kann der entstandene Verbundwerkstoff aus dem Sinterofen entfernt
und ohne weitere Bearbeitung in einer Vielzahl elektrischer Anwendungen eingesetzt
werden, vorzugsweise in elektronischen Bauteilen.
[0021] Die Druckschrift DE-A-1 106 965 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Formkörpern
hoher Dichte aus Silberverbundwerkstoff, vorzugsweise mit einer Sinterdichte von mindestens
95% und einer Nachpreßdichte von mindestens 99,8% der Kompaktdichte, dadurch gekennzeichnet,
daß der gepreßte Formkörper einer Vorsinterung in Wasserstoffatmosphäre unterworfen
wird, die hinsichtlich Zeit und Temperatur so bemessen wird, daß der Formkörper gasdurchlässig
bleibt, und daß der Formkörper anschließend ohne Nachpressen im Vakuum während einer
Stunde auf die zwischen 850°C und dem Schmelzpunkt des Silbers zu wählende Sintertemperatur
aufgeheizt und dichtgesintert und anschließend nachgepreßt wird. Die Druckschrift
gibt keinerlei Hinweise auf die Teilchengröße der Refraktärkomponente. Obwohl Molybdän
und Wolfram als zugesetzte Metalle erwähnt werden, wird in den Beispielen lediglich
das duktile Metall Nickel in Verbindung mit Silber verwendet.
[0022] Zusammenfassend läßt sich zum derzeitigen Stand der Technik feststellen, daß sich
Kontaktstücke aus WAg und MoAg mit den technisch interessanten Zusammensetzungen W/Ag
von 70 Gew.-% W / 30 Gew.-% Ag bis 30 Gew.-%W / 70 Gew.-% Ag sowie MeAg von 70 Gew.-%
Mo / 30 Gew.-% Ag bis 30 Gew.-% Mo / 70 Gew.-% Ag nur in Einzelpreßtechnik fertigen
lassen. Hochwertige, d.h. dichte, porenfreie und damit abbrandfeste Ausführungen erfordern
einen hohen, kostspieligen Zusatzaufwand.
[0023] Praktisch porenfreie WAg- und MoAg-Verbunde, die kostengünstig in industriellem Maßstab
mit der alternativen Strangpreß-Technik erzeugt werden, sind nach dem Stand der Technik
nur mit Wolfram- bzw. Molybdängehalten ≤ 30 Gew.-% bekannt.
[0024] Für die Herstellung von Werkstoffen der Energietechnik mit Anteilen an W oder Mo
über 30 Gew.-%, d.h. solchen mit hoher Abbrandfestigkeit, findet die Strangpreßtechnik
bisher keine Anwendung.
[0025] Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zu Grunde, einen Kontaktwerkstoff zu entwickeln,
der sowohl kostengünstig in der Herstellung ist, als auch verbesserte Werkstoffeigenschaften,
d.h. einen feinkörnigen, gleichmäßig verteilten Refraktäranteil in der Metallmatrix
bei möglichst geringer Restporosität zeigt. Es soll ein Werkstoff bereitgestellt werden,
der den steigenden Anforderungen an elektrische Schaltleistung und Lebensdauer (Anzahl
der Schaltspiele) insbesondere in der Niederspannungstechnik gerecht wird. Die Erfindung
sollte die gesamte Bandbreite technisch wichtiger Zusammensetzungen umfassen. Von
bevorzugtem Interesse ist die Zusammensetzung W/Ag 40/60 Gew.-% bis W/Ag 60/40 Gew.-%
bzw. MoAg 40/60 Gew.-% bis MoAg 60/40 Gew.-%. Der Werkstoff soll in seinen physikalischen
und technologischen Werten den nach dem Stand der Technik hergestellten Werkstoffen
überlegen sein und in Handhabung und Kosten dem Schalterbauer bei der Bestückung im
Schaltgerät Vorteile bieten.
[0026] Der Erfindung liegt weiterhin die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Herstellung
eines solchen Kontaktwerkstoffes bereitzustellen, das durch einen hohen Umformgrad
die gewünschte Verdichtung des Werkstoffes mit einer Restporosität < 0,5 % gewährleistet.
[0027] Diese Aufgaben wurden auf der Grundlage des überraschenden Befundes gelöst, daß durch
Verwendung eines besonders feinkörnigen Refraktärmetalls hohe Umformungsgrade erzielbar
sind, die zu der gewünschten niedrigen Restporosität führen.
[0028] Gegenstand der Erfindung ist somit ein pulvermetallurgisch hergestellter Verbundwerkstoff,
umfassend eine Matrix aus einem Metall mit einem Schmelzpunkt von höchstens 1100°C
und einem in dieser Matrix enthaltenen körnigen Zusatz aus mindestens einem Refraktärmetall
(Refraktärkomponente), dadurch gekennzeichnet, daß die Refraktärkomponente eine durchschnittliche
Korngröße von höchstens 2 µm aufweist, in der Matrix gleichmäßig verteilt ist und
der Verbund eine Restporosität von < 0,5 % aufweist.
[0029] Bevorzugte Ausführungsformen des Verbundwerkstoffes der Erfindung sind Gegenstand
der Ansprüche 1 bis 7.
[0030] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung eines Verbundwerkstoffes
der Erfindung, das dadurch gekennzeichnet ist, daß ein pulverförmiges Gemisch aus
mindestens einem Refraktärmetall mit einer durchschnittlichen Korngröße von höchstens
2 µm und mindestens einem Matrixmetall mit einem Schmelzpunkt von höchstens 1100°C
sowie gegebenenfalls unter Zusatz einer Sinterhilfe gepreßt und bei einer Temperatur
oberhalb 600°C in fester oder flüssiger Phase in der Weise gesintert wird, daß ein
Sinterschrumpf von 10 - 50 Vol.-%, eintritt, und der erhaltene Sinterkörper einer
Umformung derart unterworfen wird, daß die Restporosität bei < 0,5 % liegt.
[0031] Bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens sind Gegenstand der Ansprüche 9 bis 12.
[0032] Schließlich ist Gegenstand der Erfindung die Verwendung eines Verbundwerkstoffes
der Erfindung als elektrischer Kontaktwerkstoff.
[0033] In überraschender Weise hat sich in den zur Erfindung führenden Untersuchungen gezeigt,
daß durch die Verwendung zunehmend feiner Refraktärpulver Metallverbunde mit immer
höheren Refraktäranteilen strangpreßfähig werden. Offensichtlich wird durch ein besonders
feines Refraktärkorn die Duktilität des Sinterkörpers in weitaus schwächerem Maße
herabgesetzt als im Stand der Technik angenommen. So konnten Bolzen mit einem Anteil
der bevorzugten Refraktärkomponenten W oder Mo von > 30 Gew.-% oder mehr, z.B. mit
dem bevorzugten Anteil von 40-60 Gew.-%, ja sogar bis zu 70 Gew.-% Refraktärmetall
in der Ag-Matrix stranggepreßt werden.
[0034] Die Erfinder vermuten, daß feine Refraktärmetallpulver sich während des Sinterns,
bedingt durch den Sinterschrumpf, besser mit den Matrixmetallpartikeln verschweißen
lassen als gröbere Refraktärmetallpartikel. Dadurch sollte die Geschmeidigkeit und
damit die Duktilität des Verbundes verbessert werden.
[0035] Die Verwendung feinkörniger Refraktärmetallpulver in Weiterentwicklung zu den nach
dem Stand der Technik üblichen gröberen Korngrößen hat in Kombination mit einem hohen
Umformgrad durch Strangpressen, Walzen oder Umschmieden die gewünschte Verbesserung
der für die Energietechnik relevanten physikalischen und technologischen Eigenschaften
zur Folge.
- Feinkorn bietet im allgemeinen den Vorteil eines verringerten Abbrandes bei gleichzeitig
verbesserten Löscheigenschaften.
- Die Dichte des Werkstoffes steigt bis an den theoretischen Wert (d.h. die Porosität
geht gegen Null), der Werkstoff wird ideal dicht. Der Vorteil liegt wiederum in einem
verringerten Abbrand und in einem verringerten Verschleiß.
- Die elektrische Leitfähigkeit wird erhöht und liegt ebenfalls im Bereich der theoretisch
nach der logarithmischen Mischungsformel errechneten Leitfähigkeit. Der Vorteil liegt
in der parallel zur elektrischen Leitfähigkeit verbesserten Wärmeleitfähigkeit: Die
beim Schalten durch Lichtbogeneinwirkung entstehende Wärme kann besser abgeleitet
werden. Die Kontaktstücke neigen weniger zur Überhitzung.
- Die Vickershärte liegt auch im weichgeglühten Zustand (d.h. wie im gelöteten, schaltenden
Kontakt) deutlich über den Härtewerten von nach dem Stand der Technik bekannten Werkstoffen.
Dies bietet Vorteile gegen Verschleiß und Verformung bei den hier geforderten sehr
hohen Schaltspielen.
[0036] Zur Herstellung der Verbundwerkstoffe der Erfindung wird auf pulvermetallurgischem
Wege ein Refraktärmetall, vorzugsweise W bzw. Mo, mit mindestens einem der Matrixmetalle
Cu, Ag, Al in der Weise eingewogen, daß die Refraktärkomponente vorzugsweise 30-70
Gew.-% des Gemisches umfaßt. Das Refraktärmetallpulver muß mit max. 2 µm, vorzugsweise
0,1 bis 1 µm durchschnittlicher Korngröße feinkörnig sein. Als Zusatz kann bis max.
6 Gew.-% eine pulverförmige Sinterhilfe, wie Ni, Co oder Fe zugesetzt werden. Die
eingewogenen Pulver werden mit einem dem Fachmann bekannten Verfahren homogenisiert
und isostatisch zu Rundbolzen verpreßt. Der erhaltene Grünling wird unter Schutzgas
bei einer Temperatur oberhalb 600°C in der Weise gesintert, daß ein Sinterschrumpf
(Volumenkontraktion) von mindestens 10 % eintritt.
[0037] Der so erhaltene noch poröse Sinterkörper wird induktiv erwärmt und mittels einer
geeigneten Umformtechnik, wie Strangpressen (Vorwärtsfließpressen), Walzen oder Umschmieden,
zu einem geeigneten Querschnitt reduziert. Durch anschließendes Feinwalzen und wahlweises
Plattieren mit Hartlot wird das maßlich gewünschte Profil (vorzugsweise Flachstreifen)
erhalten und auf eine Spule als Endlosband aufgewickelt. Die Restporosität des fertigen
Werkstoffes liegt bei < 0,5 %.
[0038] In der beiliegenden Zeichnung zeigen:
- Fig. 1:
- Schliffbild, Längsschnitt, Streifen aus AgW 60/40 Gew.-%, stranggepreßt;
- Fig. 2:
- Schliffbild, Querschnitt, Streifen aus AgW 60/40 Gew.-%, stranggepreßt;
- Fig. 3:
- Schliffbild, Längsschnitt, Streifen aus AgW 50/50 Gew.-%, stranggepreßt;
- Fig. 4:
- Schliffbild, Querschnitt, Streifen aus AgW 50/50 Gew.-%, stranggepreßt;
- Fig. 5:
- Schliffbild, Kontaktplättchen aus AgW 50/50 Gew.-%, Einzelpreßtechnik, Sintern in
flüssiger Phase. Stand der Technik, zum Vergleich.
[0039] Die folgenden, nicht einschränkenden Beispiele erläutern einige bevorzugte Ausführungsformen
der Erfindung:
Beispiel 1
- Ag/W 60/40 Gew.-%
[0040] 60 Gewichtsteile feines Ag-Pulver < 60 µm Korngröße werden mit 40 Gewichtsteilen
feinem Submikron-Wolframmetallpulver unter Schutzgas gemischt und auf geeignete Weise
(z. B. in einer Kugelmühle) unter Schutzgas vermahlen. Die so homogenisierte Pulvermischung
wird isostatisch zu Rundstangen verpreßt und bei einer Temperatur von 700°C gesintert.
Der Sinterschrumpf wurde mit 36 Vol.-% festgestellt.
[0041] Der fertiggesinterte Bolzen hat eine Dichte von 12,0 g/cm
3. Dem entspricht eine Restporosität von 7 %.
[0042] Er wird auf ca. 700°C in geeigneter Weise unter Schutzgas erwärmt und dann im warmen
Zustand zweiadrig in einer Stärke von je 3 mm durch Vorwärtsstrangpressen extrudiert.
[0043] Die erhaltenen Adern werden anschließend durch Feinwalzen auf eine Stärke von 1 mm
weiterverarbeitet oder direkt nach dem Strangpressen mit einem geeigneten Ag-Hartlot
walzplatiert und dann auf die Endstärke fertiggewalzt.
[0044] Jedem Walzvorgang ist ein anschließendes Entgraten sowie Weichglühen zugeordnet.
[0045] Von dem erhaltenen Band mit 5 x 1 mm Querschnitt wurden folgende chemische und physikalische
Eigenschaften festgestellt. Im Vergleich dazu typische Werte nach dem Stand der Technik
(AgW 60/40 Gew.-%, Einzelpreßtechnik, gesintert in flüssiger Phase).
|
|
Erfindungsgemäß |
Stand der Technik |
Ag-Analyse: |
[Gew.-%] |
= 59,5 |
(60) |
Dichte: |
[g/cm3] |
= 12,85 |
12,4 |
(Theorie |
[g/cm3] |
= 12,9) |
|
Restporosität |
[%] |
= 0,4 |
3,9 |
elektrische Leitfähigkeit |
[m/Ωmm2] |
= 44,3 |
39,5 |
(Theorie |
[m/Ωmm2] |
= 44,9) |
|
Härte [HV] weichgeglüht: |
|
122 |
105 |
Schliffbild längs/quer |
|
Fig. 1 / Fig. 2 |
|
[0046] Die Verteilung des W in der Ag-Matrix ist sehr gleichmäßig. Der Werkstoff ist praktisch
porenfrei. Trotz der durch Strangpressen und Walzen extremen Auslängung in einer Achse
zeigt der Längsschliff nur eine geringe zeilige Textur. Anders ausgedrückt besitzt
der Werkstoff keine Vorzugsrichtung in der Anordnung der W-Körner in der Ag-Matrix.
Er ist über die 3 Raumrichtungen praktisch isotrop, d.h. die Verteilung ist im Optimum.
Beispiel 2
- Ag/W 50/50 Gew.-%
[0047] In ähnlicher Weise wie in Beispiel 1 werden 50 Gewichtsteile feines Ag-Pulver < 60
µm Korngröße mit 50 Gewichtsteilen Submikron-Wolframmetallpulver gemischt, vermahlen
und zu Rundstangen verpreßt. Der erhaltene Grünling wird wiederum bei einer Temperatur
von 700°C in der Weise gesintert, daß der Sinterschrumpf 38,7 Vol.-% beträgt. Als
Sinterhilfe wurde 4 Gew.-% Ni zugesetzt. Der Sinterbolzen hat eine Dichte von 12,7
g/cm
3. Dem entspricht eine Restporosität von 8 %.
[0048] Strangpressen, Walzen und Platieren erfolgen ähnlich wie in Beispiel 1.
[0049] Das erhaltene Rand mit 5 x 1 mm Querschnitt hat folgende chemische und physikalische
Eigenschaften. Im Vergleich dazu typische Werte nach dem Stand der Technik (AgW 50/50
Gew.-%, Einzelpreßtechnik, gesintert in flüssiger Phase).
|
|
Erfindungsgemäß |
Stand der Technik |
Ag-Analyse: |
[Gew.-%] |
= 49,6 |
(50) |
Dichte: |
[g/cm3] |
= 13,75 |
13,4 |
(Theorie |
[g/cm3] |
= 13,8) |
|
Porosität |
[%] |
= 0,37 |
2,9 |
elektrische Leitfähigkeit |
[m/Ωmm2] |
= 40,2 |
35,9 |
(Theorie |
[m/Ωmm2] |
= 40,4) |
|
Härte [HV], weichgeglüht |
|
= 152 |
130 |
Schliffbild längs/quer |
|
Fig. 3 / Fig. 4 |
|
[0050] Verteilung, Porenfreiheit, Isotropie ähnlich wie bei Beispiel 1.
[0051] Die Verbesserungen in Bezug auf Korngröße, Verteilung und Porenarmut lassen sich
an einem Vergleichsschliff nach dem Stand der Technik (AgW 50/50 Gew.-%, Einzelpreßtechnik,
gesintert in flüssiger Phase) gut darstellen (vgl. Fig. 5).
1. Pulvermetallurgisch hergestellter Verbundwerkstoff, umfassend eine Matrix aus Silber
und einen in dieser Matrix enthaltenen körnigen Zusatz aus mindestens einem Refraktärmetall
(Refraktärkomponente), dadurch gekennzeichnet, daß die Refraktärkomponente eine durchschnittliche
Korngröße von höchstens 2 µm aufweist, in der Matrix gleichmäßig verteilt ist, und
der Verbund eine Restporosität von < 0,5 % aufweist.
2. Verbundwerkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil der Refraktärkomponente
> 30 bis 70 Gew.-%, vorzugsweise 40-60 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmasse des Verbundwerkstoffes,
beträgt.
3. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die
Refraktärkomponente aus mindestens einem der Metalle W und Mo besteht.
4. Verbundwerktstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die
Refraktärkomponente eine durchschnittliche Korngröße von 0,1-1,0 µm besitzt.
5. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als
Sinterhilfe mindestens ein Metall, das sich sowohl mit der Refraktärkomponente als
auch mit dem Matrixmetall legiert, in einer Menge von 0,1 bis 6, vorzugsweise 0,3
bis 4 Gew.-%, zugesetzt wird.
6. Verbundwerkstoff nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Sinterhilfe aus
Ni, Co oder Fe besteht.
7. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 6 in Form eines Flachstreifens oder
Endlosbandes, wobei die Matrix Silber oder Kupfer ist.
8. Verbundwerkstoff nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß er mit Hartlot plattiert
ist.
9. Verfahren zur Herstellung eines Verbundwerkstoffes nach einem der Ansprüche 1 bis
7, dadurch gekennzeichnet, daß ein pulverförmiges Gemisch aus mindestens einem Refraktärmetall
mit einer durchschnittlichen Korngröße von höchstens 2 µm und Silber als Matrixmetall,
gegebenenfalls unter Zusatz einer Sinterhilfe, verpreßt und bei einer Temperatur oberhalb
600°C in fester oder flüssiger Phase in der Weise gesintert wird, daß ein Sinterschrumpf
von 10 - 50 Vol.-% eintritt, und der erhaltene Sinterkörper einer Umformung derart
unterworfen wird, daß die Restporosität bei < 0,5 % liegt.
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß der Sinterschrumpf 30-40 Vol.-%
beträgt.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Umformung
durch Strangpressen, Walzen oder Umschmieden erfolgt.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß als Matrixmetall
Silber oder Kupfer verwendet wird, eine Weiterverformung durch Walzen erfolgt und
ein Flachstreifen oder Endlosband erhalten wird.
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß der Flachstreifen oder das
Endlosband mit einer geeigneten Lotauflage plattiert wird.
14. Verwendung eines Verbundwerkstoffes nach einem der Ansprüche 1 bis 8 als elektrischer
Kontaktwerkstoff.