(19)
(11) EP 1 043 409 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.10.2000  Patentblatt  2000/41

(21) Anmeldenummer: 00107121.6

(22) Anmeldetag:  07.04.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C22C 1/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 09.04.1999 DE 19916082

(71) Anmelder: Louis Renner GmbH
85207 Dachau (DE)

(72) Erfinder:
  • Renner, Gerd, Dipl.-Ing.
    85221 Dachau (DE)
  • Siefken, Udo, Dr. Dipl.-Chem.
    81541 München (DE)

(74) Vertreter: VOSSIUS & PARTNER 
Siebertstrasse 4
81675 München
81675 München (DE)

   


(54) Pulvermetallurgisch hergestellter Verbundwerkstoff und Verfahren zu dessen Herstellung


(57) Gegenstand der Erfindung ist ein pulvermetallurgisch hergestellter Verbundwerkstoff, umfassend eine Matrix aus einem Metall mit einem Schmelzpunkt von höchstens 1100°C und einen in dieser Matrix enthaltenen körnigen Zusatz aus mindestens einem feinkörnigen Refraktärmetall mit einer durchschnittlichen Korngröße von höchstens 2 µm, das in der Matrix gleichmäßig verteilt ist, sodaß der Verbund eine Restporosität von < 0,5 % aufweist. Ferner betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung des Verbundwerkstoffes und seine Verwendung als elektrischer Kontaktwerkstoff.




Beschreibung


[0001] Seit langern sind Wolfram-Silber- und Molybdän-Silber-Verbundmetalle als Kontaktwerkstoffe, die hohen elektrischen Belastungen ausgesetzt sind, bekannt. Diese Sinterwerkstoffe verbinden die Abbrandfestigkeit der hochschmelzenden Refraktärkomponenten W und Mo mit der guten elektrischen und thermischen Leitfähigkeit des als Matrixkomponente verwendeten Silbers.

[0002] Solche Kontaktwerkstoffe werden in der Niederspannungs-Energietechnik serienmäßig als Abbrennkontakte in Leistungsschaltern sowie als Hauptkontakte in Schutzschaltern eingesetzt.

[0003] Wichtige Eigenschaften dieser Werkstoffe sind hohe Verschleißfestigkeit, Abbrandfestigkeit und geringe Schweißneigung. Dadurch eignen sich diese Silberwerkstoffe für Anwendungen in elektromechanischen Schaltgeräten, die extrem hohe Schaltleistungen erfordern.

[0004] Die Herstellung dieser Werkstoffe kann auf Grund ihres Verbundcharakters (Nichtlegierbarkeit der Komponenten W, Mo mit dem Matrixmetall Ag) und des hohen Schmelzpunktes des Refraktäranteiles grundsätzlich nur auf pulvermetallurgischem Wege erfolgen. Da Abbrandfestigkeit, Härte und Leitfähigkeit direkt vom Porenanteil des betreffenden Werkstoffes abhängen und zusätzlich die Abbrandfestigkeit und Stärke durch zunehmende Feinkörnigkeit des Refraktäranteiles des Verbundes verbessert werden können, ist es ein generelles Bestreben, einen möglichst porenfreien und feinkörnigen Werkstoff zu erzeugen.

[0005] Zur Herstellung solcher Werkstoffe stehen nach dem Stand der Technik zwei Sintertechniken zur Verfügung:
  • Beim Sintern in flüssiger oder fester Phase wird eine Pulvermischung, die in ihrer Zusammensetzung der gewünschten Endzusammensetzung entspricht, zu Formteilen verpreßt (Einzelpreßverfahren) und bei Temperaturen oberhalb bzw. unterhalb des Liquidus Ag gesintert.
  • Beim Tränkverfahren wird ein poröser, ebenfalls einzeln gepreßter Formkörper aus Wolfram oder Molybdän mit flüssigem Matrixmetall getränkt in der Absicht, durch die wirkenden Kapillarkräfte einen möglichst porenfreien, d.h. dichten Verbundkörper zu gewinnen.


[0006] Nachteilig beim ersten Verfahren ist eine verbleibende relativ hohe Restporosität, die u.U. eine weitere Verdichtung durch Nachpressen erforderlich macht. Der Umformgrad durch Nachverdichten ist jedoch relativ gering. Die Folge ist eine verbleibende endliche Restporosität.

[0007] Beim zweiten Verfahren ist die Restporosität zwar geringer, der Überschuß des Tränkmetalls muß jedoch durch einen zusätzlichen zeitintensiven Arbeitsschritt mittels spanender Abtragung entfernt werden. Vgl. A. Keil et al., Elektrische Kontakte und ihre Werkstoffe, Berlin 1984, S. 192 ff..

[0008] Die Herstellung von metallischen Verbunden durch Sintertechnik wird zusätzlich erschwert durch das Bestreben, mit feinkörnigen Refraktäranteilen die Qualität des Kontaktwerkstoffes zu verbessern. Feinkörnige Refraktärmetallpulver haben einen deutlich höheren Sauerstoffanteil als grobkörnige Pulver. Hierdurch wird die Benetzung mit Matrixmetall erschwert, was erhöhte Porenbildung nach sich zieht. Tendenziell haben deshalb feinkörnige Werkstoffe eher einen höheren Porenanteil als grobkörnige Werkstoffe. Eine weitere Schwierigkeit liegt in der Handhabung von feinen Refraktärmetallpulvern mit einer durchschnittlichen Korngröße im Bereich < 1 µm. Diese Pulver werden pyrophor und neigen bei der Verarbeitung an Luft zu spontanem Verglimmen, Verbrennen oder Verpuffen.

[0009] Auf Grund dieser Eigenschaften wird es zunehmend schwierig, ausschließlich durch konventionelle Sintertechnik Verbesserungen bei Wolfram- oder Molybdänverbunden bezüglich Feinkörnigkeit und gleichzeitig Dichtigkeit des Werkstoffes zu erzielen.

[0010] Auch nach einer Nachbehandlung durch Umformschritte, wie Nachverdichten durch Pressen oder dergleichen, liegt die Restporosität der gefertigten Kontaktstücke noch im Prozentbereich. Dabei zeigen feinkörnige Werkstoffe in dieser Hinsicht die am wenigsten befriedigenden Ergebnisse.

[0011] Der Zwang zu zunehmender Miniaturisierung der Schaltgeräte, verbunden mit steigenden Anforderungen an Leistung und Lebenszeit, führen aber dazu, daß auch die derzeit zu erzielende Qualität der Kontaktstücke nicht mehr als ausreichend angesehen wird.

[0012] Bei der Fertigung metallischer Verbunde können nach dem Sintern zusätzlich an sich bekannte Umformverfahren eingesetzt werden, die durch hohe Umformgrade in der Lage sind, die Restporosität der erhaltenen Werkstoffe unter das bekannte Maß zu drücken. Hierfür stehen dem Fachmann z.B. die Strangpreß-, Walz- oder Schmiedetechnik zur Verfügung. Mit diesen Techniken lassen sich dichte, qualitativ hochwertige Produkte erzeugen. Ausgegangen wird von einer Pulvermischung, die isostatisch zu Bolzen verpreßt, anschließend gesintert und durch Warmstrangpressen oder Warmwalzen umgeformt wird. Beim Strangpressen wird normalerweise eine anschließende Weiterverformung des erhaltenen Halbzeuges durch Walzen angefügt. Durch den hohen Umformgrad bei beiden Verfahren wird eine starke Verdichtung des Werkstoffes erreicht. Verdichtung und Qualität des Werkstoffes stehen in direkter linearer Abhängigkeit zueinander (vgl. A. Keil, a.a.O., S. 188).

[0013] Technologisch hat ein durch Strangpressen erzeugter Werkstoff gegenüber der Einzelpreßtechnik zudem den Vorteil, daß quasi ein Endlosprofil erzeugt wird, das zudem noch mit dem für die Verbindungstechnik geeigneten Lot während seiner Herstellung plattiert werden kann. Dieses Endlosband kann dann beim Schalterbauer direkt in die Fertigungslinie integriert werden. Die benötigte Kontaktauflage wird abgelängt, dem Träger zugeführt und beispielsweise mittels Widerstandslöten verbunden.

[0014] Nachteilig bei beiden Umformverfahren ist, daß die Ausgangsbolzen, die der Umformung unterworfen werden, ausreichend duktil sein müssen. Anderenfalls können während der Umformung Schäden an der Preß- oder Walzausrüstung oder an den zu fertigenden Profilen auftreten. Bei Flachprofilen können Rißbildungen und Abplatzungen an den Kanten auftreten. Zu spröde Werkstücke lassen sich u.U. auch im warmen Zustand überhaupt nicht mehr extrudieren. Auf alle Fälle sind solche Fehler unvereinbar mit einer hohen Werkstoffqualität.

[0015] Zusätzlich erschwerend ist, daß gerade die Verbunde, die technisch besonders interessant sind, einen hohen Refraktäranteil im Werkstoff verlangen. Ein steigender Anteil spröder und harter Körner in der duktilen Matrix versprödet aber das ganze Werkstück und macht es somit ungeeignet für Umformungen.

[0016] Zudem ist die vorherrschende Meinung der Fachwelt, daß die Schwierigkeiten beim Strangpressen mit zunehmender Verkleinerung der Körner in der Matrix zunehmen. Diese Meinung läßt die Strangpreßtechnik für Feinkornwerkstoffe wenig geeignet erscheinen. So offenbart DE-A-198 28 692 ein Verfahren zur Vergröberung von handelsüblichem SnO2-Pulver von 0,6 µm auf über 5 µm, damit es in einer Ag-Matrix als AgSnO2-Verbund leichter durch Strangpressen umgeformt werden kann.

[0017] Infolgedessen bleibt nach dem Stand der Technik die Umformtechnik von WAg oder MoAg-Verbunden auf einen technisch und wirtschaftlich wenig interessanten hochsilberhaltigen Bereich beschränkt.

[0018] A. Keil beschreibt a.a.O. auf S. 193 zwar auch ein Strangpressen von WAg - Sinterblöcken, die durch Sintern von Pulvermischungen unterhalb des Silberschmelzpunktes hergestellt worden sind, sieht aber die Strangpreßfähigkeit des WAg bei Wolframanteilen ≤ 30 Gew.-% begrenzt. Durch den hohen Ag-Anteil kann sich seiner Ansicht nach noch kein stabiler und damit versprödend wirkender W-Skelettkörper ausbilden. Der Sinterkörper behält eine ausreichend hohe Duktilität und bleibt strangpreßfähig.

[0019] JP-A-55 044558 offenbart das Extrudieren eines hitzebeständigen, elektrisch leitfähigen Materials, bestehend aus Kupferoxid- oder Silberoxidlegierung in Form von Teilchen und W oder Mo in Form von Teilchen, die zusammengebracht, gesintert und extrudiert werden. Dabei ist die W- bzw. Mo-Oberfläche überzogen mit Cu- oder Ag-Legierung. Weder in Herstellung noch Anwendung zielt diese Lehre auf Verbunde, die geeignet für elektrische Kontaktwerkstoffe sind.

[0020] Die Druckschrift EP-A-0 806 489 betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Kupfer und ein Übergangsmetall enthaltenden Verbundwerkstoffes, wobei das Verfahren das Sintern eines Preßlings aus Kupfer enthaltenden und Übergangsmetall enthaltenden Teilchen in einer reduzierenden Atmosphäre umfaßt, wobei das Übergangsmetall vorzugsweise aus Wolfram und Molybdän ausgewählt ist und der Preßling genügend chemisch gebundenen Sauerstoff enthält, um das Sintern des Preßlings zu verbessern. Nach Abschluß des Sintervorganges kann der entstandene Verbundwerkstoff aus dem Sinterofen entfernt und ohne weitere Bearbeitung in einer Vielzahl elektrischer Anwendungen eingesetzt werden, vorzugsweise in elektronischen Bauteilen.

[0021] Die Druckschrift DE-A-1 106 965 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Formkörpern hoher Dichte aus Silberverbundwerkstoff, vorzugsweise mit einer Sinterdichte von mindestens 95% und einer Nachpreßdichte von mindestens 99,8% der Kompaktdichte, dadurch gekennzeichnet, daß der gepreßte Formkörper einer Vorsinterung in Wasserstoffatmosphäre unterworfen wird, die hinsichtlich Zeit und Temperatur so bemessen wird, daß der Formkörper gasdurchlässig bleibt, und daß der Formkörper anschließend ohne Nachpressen im Vakuum während einer Stunde auf die zwischen 850°C und dem Schmelzpunkt des Silbers zu wählende Sintertemperatur aufgeheizt und dichtgesintert und anschließend nachgepreßt wird. Die Druckschrift gibt keinerlei Hinweise auf die Teilchengröße der Refraktärkomponente. Obwohl Molybdän und Wolfram als zugesetzte Metalle erwähnt werden, wird in den Beispielen lediglich das duktile Metall Nickel in Verbindung mit Silber verwendet.

[0022] Zusammenfassend läßt sich zum derzeitigen Stand der Technik feststellen, daß sich Kontaktstücke aus WAg und MoAg mit den technisch interessanten Zusammensetzungen W/Ag von 70 Gew.-% W / 30 Gew.-% Ag bis 30 Gew.-%W / 70 Gew.-% Ag sowie MeAg von 70 Gew.-% Mo / 30 Gew.-% Ag bis 30 Gew.-% Mo / 70 Gew.-% Ag nur in Einzelpreßtechnik fertigen lassen. Hochwertige, d.h. dichte, porenfreie und damit abbrandfeste Ausführungen erfordern einen hohen, kostspieligen Zusatzaufwand.

[0023] Praktisch porenfreie WAg- und MoAg-Verbunde, die kostengünstig in industriellem Maßstab mit der alternativen Strangpreß-Technik erzeugt werden, sind nach dem Stand der Technik nur mit Wolfram- bzw. Molybdängehalten ≤ 30 Gew.-% bekannt.

[0024] Für die Herstellung von Werkstoffen der Energietechnik mit Anteilen an W oder Mo über 30 Gew.-%, d.h. solchen mit hoher Abbrandfestigkeit, findet die Strangpreßtechnik bisher keine Anwendung.

[0025] Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zu Grunde, einen Kontaktwerkstoff zu entwickeln, der sowohl kostengünstig in der Herstellung ist, als auch verbesserte Werkstoffeigenschaften, d.h. einen feinkörnigen, gleichmäßig verteilten Refraktäranteil in der Metallmatrix bei möglichst geringer Restporosität zeigt. Es soll ein Werkstoff bereitgestellt werden, der den steigenden Anforderungen an elektrische Schaltleistung und Lebensdauer (Anzahl der Schaltspiele) insbesondere in der Niederspannungstechnik gerecht wird. Die Erfindung sollte die gesamte Bandbreite technisch wichtiger Zusammensetzungen umfassen. Von bevorzugtem Interesse ist die Zusammensetzung W/Ag 40/60 Gew.-% bis W/Ag 60/40 Gew.-% bzw. MoAg 40/60 Gew.-% bis MoAg 60/40 Gew.-%. Der Werkstoff soll in seinen physikalischen und technologischen Werten den nach dem Stand der Technik hergestellten Werkstoffen überlegen sein und in Handhabung und Kosten dem Schalterbauer bei der Bestückung im Schaltgerät Vorteile bieten.

[0026] Der Erfindung liegt weiterhin die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Kontaktwerkstoffes bereitzustellen, das durch einen hohen Umformgrad die gewünschte Verdichtung des Werkstoffes mit einer Restporosität < 0,5 % gewährleistet.

[0027] Diese Aufgaben wurden auf der Grundlage des überraschenden Befundes gelöst, daß durch Verwendung eines besonders feinkörnigen Refraktärmetalls hohe Umformungsgrade erzielbar sind, die zu der gewünschten niedrigen Restporosität führen.

[0028] Gegenstand der Erfindung ist somit ein pulvermetallurgisch hergestellter Verbundwerkstoff, umfassend eine Matrix aus einem Metall mit einem Schmelzpunkt von höchstens 1100°C und einem in dieser Matrix enthaltenen körnigen Zusatz aus mindestens einem Refraktärmetall (Refraktärkomponente), dadurch gekennzeichnet, daß die Refraktärkomponente eine durchschnittliche Korngröße von höchstens 2 µm aufweist, in der Matrix gleichmäßig verteilt ist und der Verbund eine Restporosität von < 0,5 % aufweist.

[0029] Bevorzugte Ausführungsformen des Verbundwerkstoffes der Erfindung sind Gegenstand der Ansprüche 1 bis 7.

[0030] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung eines Verbundwerkstoffes der Erfindung, das dadurch gekennzeichnet ist, daß ein pulverförmiges Gemisch aus mindestens einem Refraktärmetall mit einer durchschnittlichen Korngröße von höchstens 2 µm und mindestens einem Matrixmetall mit einem Schmelzpunkt von höchstens 1100°C sowie gegebenenfalls unter Zusatz einer Sinterhilfe gepreßt und bei einer Temperatur oberhalb 600°C in fester oder flüssiger Phase in der Weise gesintert wird, daß ein Sinterschrumpf von 10 - 50 Vol.-%, eintritt, und der erhaltene Sinterkörper einer Umformung derart unterworfen wird, daß die Restporosität bei < 0,5 % liegt.

[0031] Bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens sind Gegenstand der Ansprüche 9 bis 12.

[0032] Schließlich ist Gegenstand der Erfindung die Verwendung eines Verbundwerkstoffes der Erfindung als elektrischer Kontaktwerkstoff.

[0033] In überraschender Weise hat sich in den zur Erfindung führenden Untersuchungen gezeigt, daß durch die Verwendung zunehmend feiner Refraktärpulver Metallverbunde mit immer höheren Refraktäranteilen strangpreßfähig werden. Offensichtlich wird durch ein besonders feines Refraktärkorn die Duktilität des Sinterkörpers in weitaus schwächerem Maße herabgesetzt als im Stand der Technik angenommen. So konnten Bolzen mit einem Anteil der bevorzugten Refraktärkomponenten W oder Mo von > 30 Gew.-% oder mehr, z.B. mit dem bevorzugten Anteil von 40-60 Gew.-%, ja sogar bis zu 70 Gew.-% Refraktärmetall in der Ag-Matrix stranggepreßt werden.

[0034] Die Erfinder vermuten, daß feine Refraktärmetallpulver sich während des Sinterns, bedingt durch den Sinterschrumpf, besser mit den Matrixmetallpartikeln verschweißen lassen als gröbere Refraktärmetallpartikel. Dadurch sollte die Geschmeidigkeit und damit die Duktilität des Verbundes verbessert werden.

[0035] Die Verwendung feinkörniger Refraktärmetallpulver in Weiterentwicklung zu den nach dem Stand der Technik üblichen gröberen Korngrößen hat in Kombination mit einem hohen Umformgrad durch Strangpressen, Walzen oder Umschmieden die gewünschte Verbesserung der für die Energietechnik relevanten physikalischen und technologischen Eigenschaften zur Folge.
  • Feinkorn bietet im allgemeinen den Vorteil eines verringerten Abbrandes bei gleichzeitig verbesserten Löscheigenschaften.
  • Die Dichte des Werkstoffes steigt bis an den theoretischen Wert (d.h. die Porosität geht gegen Null), der Werkstoff wird ideal dicht. Der Vorteil liegt wiederum in einem verringerten Abbrand und in einem verringerten Verschleiß.
  • Die elektrische Leitfähigkeit wird erhöht und liegt ebenfalls im Bereich der theoretisch nach der logarithmischen Mischungsformel errechneten Leitfähigkeit. Der Vorteil liegt in der parallel zur elektrischen Leitfähigkeit verbesserten Wärmeleitfähigkeit: Die beim Schalten durch Lichtbogeneinwirkung entstehende Wärme kann besser abgeleitet werden. Die Kontaktstücke neigen weniger zur Überhitzung.
  • Die Vickershärte liegt auch im weichgeglühten Zustand (d.h. wie im gelöteten, schaltenden Kontakt) deutlich über den Härtewerten von nach dem Stand der Technik bekannten Werkstoffen. Dies bietet Vorteile gegen Verschleiß und Verformung bei den hier geforderten sehr hohen Schaltspielen.


[0036] Zur Herstellung der Verbundwerkstoffe der Erfindung wird auf pulvermetallurgischem Wege ein Refraktärmetall, vorzugsweise W bzw. Mo, mit mindestens einem der Matrixmetalle Cu, Ag, Al in der Weise eingewogen, daß die Refraktärkomponente vorzugsweise 30-70 Gew.-% des Gemisches umfaßt. Das Refraktärmetallpulver muß mit max. 2 µm, vorzugsweise 0,1 bis 1 µm durchschnittlicher Korngröße feinkörnig sein. Als Zusatz kann bis max. 6 Gew.-% eine pulverförmige Sinterhilfe, wie Ni, Co oder Fe zugesetzt werden. Die eingewogenen Pulver werden mit einem dem Fachmann bekannten Verfahren homogenisiert und isostatisch zu Rundbolzen verpreßt. Der erhaltene Grünling wird unter Schutzgas bei einer Temperatur oberhalb 600°C in der Weise gesintert, daß ein Sinterschrumpf (Volumenkontraktion) von mindestens 10 % eintritt.

[0037] Der so erhaltene noch poröse Sinterkörper wird induktiv erwärmt und mittels einer geeigneten Umformtechnik, wie Strangpressen (Vorwärtsfließpressen), Walzen oder Umschmieden, zu einem geeigneten Querschnitt reduziert. Durch anschließendes Feinwalzen und wahlweises Plattieren mit Hartlot wird das maßlich gewünschte Profil (vorzugsweise Flachstreifen) erhalten und auf eine Spule als Endlosband aufgewickelt. Die Restporosität des fertigen Werkstoffes liegt bei < 0,5 %.

[0038] In der beiliegenden Zeichnung zeigen:
Fig. 1:
Schliffbild, Längsschnitt, Streifen aus AgW 60/40 Gew.-%, stranggepreßt;
Fig. 2:
Schliffbild, Querschnitt, Streifen aus AgW 60/40 Gew.-%, stranggepreßt;
Fig. 3:
Schliffbild, Längsschnitt, Streifen aus AgW 50/50 Gew.-%, stranggepreßt;
Fig. 4:
Schliffbild, Querschnitt, Streifen aus AgW 50/50 Gew.-%, stranggepreßt;
Fig. 5:
Schliffbild, Kontaktplättchen aus AgW 50/50 Gew.-%, Einzelpreßtechnik, Sintern in flüssiger Phase. Stand der Technik, zum Vergleich.


[0039] Die folgenden, nicht einschränkenden Beispiele erläutern einige bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung:

Beispiel 1


- Ag/W 60/40 Gew.-%



[0040] 60 Gewichtsteile feines Ag-Pulver < 60 µm Korngröße werden mit 40 Gewichtsteilen feinem Submikron-Wolframmetallpulver unter Schutzgas gemischt und auf geeignete Weise (z. B. in einer Kugelmühle) unter Schutzgas vermahlen. Die so homogenisierte Pulvermischung wird isostatisch zu Rundstangen verpreßt und bei einer Temperatur von 700°C gesintert. Der Sinterschrumpf wurde mit 36 Vol.-% festgestellt.

[0041] Der fertiggesinterte Bolzen hat eine Dichte von 12,0 g/cm3. Dem entspricht eine Restporosität von 7 %.

[0042] Er wird auf ca. 700°C in geeigneter Weise unter Schutzgas erwärmt und dann im warmen Zustand zweiadrig in einer Stärke von je 3 mm durch Vorwärtsstrangpressen extrudiert.

[0043] Die erhaltenen Adern werden anschließend durch Feinwalzen auf eine Stärke von 1 mm weiterverarbeitet oder direkt nach dem Strangpressen mit einem geeigneten Ag-Hartlot walzplatiert und dann auf die Endstärke fertiggewalzt.

[0044] Jedem Walzvorgang ist ein anschließendes Entgraten sowie Weichglühen zugeordnet.

[0045] Von dem erhaltenen Band mit 5 x 1 mm Querschnitt wurden folgende chemische und physikalische Eigenschaften festgestellt. Im Vergleich dazu typische Werte nach dem Stand der Technik (AgW 60/40 Gew.-%, Einzelpreßtechnik, gesintert in flüssiger Phase).
    Erfindungsgemäß Stand der Technik
Ag-Analyse: [Gew.-%] = 59,5 (60)
Dichte: [g/cm3] = 12,85 12,4
(Theorie [g/cm3] = 12,9)  
Restporosität [%] = 0,4 3,9
elektrische Leitfähigkeit [m/Ωmm2] = 44,3 39,5
(Theorie [m/Ωmm2] = 44,9)  
Härte [HV] weichgeglüht:   122 105
Schliffbild längs/quer   Fig. 1 / Fig. 2  


[0046] Die Verteilung des W in der Ag-Matrix ist sehr gleichmäßig. Der Werkstoff ist praktisch porenfrei. Trotz der durch Strangpressen und Walzen extremen Auslängung in einer Achse zeigt der Längsschliff nur eine geringe zeilige Textur. Anders ausgedrückt besitzt der Werkstoff keine Vorzugsrichtung in der Anordnung der W-Körner in der Ag-Matrix. Er ist über die 3 Raumrichtungen praktisch isotrop, d.h. die Verteilung ist im Optimum.

Beispiel 2


- Ag/W 50/50 Gew.-%



[0047] In ähnlicher Weise wie in Beispiel 1 werden 50 Gewichtsteile feines Ag-Pulver < 60 µm Korngröße mit 50 Gewichtsteilen Submikron-Wolframmetallpulver gemischt, vermahlen und zu Rundstangen verpreßt. Der erhaltene Grünling wird wiederum bei einer Temperatur von 700°C in der Weise gesintert, daß der Sinterschrumpf 38,7 Vol.-% beträgt. Als Sinterhilfe wurde 4 Gew.-% Ni zugesetzt. Der Sinterbolzen hat eine Dichte von 12,7 g/cm3. Dem entspricht eine Restporosität von 8 %.

[0048] Strangpressen, Walzen und Platieren erfolgen ähnlich wie in Beispiel 1.

[0049] Das erhaltene Rand mit 5 x 1 mm Querschnitt hat folgende chemische und physikalische Eigenschaften. Im Vergleich dazu typische Werte nach dem Stand der Technik (AgW 50/50 Gew.-%, Einzelpreßtechnik, gesintert in flüssiger Phase).
    Erfindungsgemäß Stand der Technik
Ag-Analyse: [Gew.-%] = 49,6 (50)
Dichte: [g/cm3] = 13,75 13,4
(Theorie [g/cm3] = 13,8)  
Porosität [%] = 0,37 2,9
elektrische Leitfähigkeit [m/Ωmm2] = 40,2 35,9
(Theorie [m/Ωmm2] = 40,4)  
Härte [HV], weichgeglüht   = 152 130
Schliffbild längs/quer   Fig. 3 / Fig. 4  


[0050] Verteilung, Porenfreiheit, Isotropie ähnlich wie bei Beispiel 1.

[0051] Die Verbesserungen in Bezug auf Korngröße, Verteilung und Porenarmut lassen sich an einem Vergleichsschliff nach dem Stand der Technik (AgW 50/50 Gew.-%, Einzelpreßtechnik, gesintert in flüssiger Phase) gut darstellen (vgl. Fig. 5).


Ansprüche

1. Pulvermetallurgisch hergestellter Verbundwerkstoff, umfassend eine Matrix aus Silber und einen in dieser Matrix enthaltenen körnigen Zusatz aus mindestens einem Refraktärmetall (Refraktärkomponente), dadurch gekennzeichnet, daß die Refraktärkomponente eine durchschnittliche Korngröße von höchstens 2 µm aufweist, in der Matrix gleichmäßig verteilt ist, und der Verbund eine Restporosität von < 0,5 % aufweist.
 
2. Verbundwerkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil der Refraktärkomponente > 30 bis 70 Gew.-%, vorzugsweise 40-60 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmasse des Verbundwerkstoffes, beträgt.
 
3. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Refraktärkomponente aus mindestens einem der Metalle W und Mo besteht.
 
4. Verbundwerktstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Refraktärkomponente eine durchschnittliche Korngröße von 0,1-1,0 µm besitzt.
 
5. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Sinterhilfe mindestens ein Metall, das sich sowohl mit der Refraktärkomponente als auch mit dem Matrixmetall legiert, in einer Menge von 0,1 bis 6, vorzugsweise 0,3 bis 4 Gew.-%, zugesetzt wird.
 
6. Verbundwerkstoff nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Sinterhilfe aus Ni, Co oder Fe besteht.
 
7. Verbundwerkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 6 in Form eines Flachstreifens oder Endlosbandes, wobei die Matrix Silber oder Kupfer ist.
 
8. Verbundwerkstoff nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß er mit Hartlot plattiert ist.
 
9. Verfahren zur Herstellung eines Verbundwerkstoffes nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß ein pulverförmiges Gemisch aus mindestens einem Refraktärmetall mit einer durchschnittlichen Korngröße von höchstens 2 µm und Silber als Matrixmetall, gegebenenfalls unter Zusatz einer Sinterhilfe, verpreßt und bei einer Temperatur oberhalb 600°C in fester oder flüssiger Phase in der Weise gesintert wird, daß ein Sinterschrumpf von 10 - 50 Vol.-% eintritt, und der erhaltene Sinterkörper einer Umformung derart unterworfen wird, daß die Restporosität bei < 0,5 % liegt.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß der Sinterschrumpf 30-40 Vol.-% beträgt.
 
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Umformung durch Strangpressen, Walzen oder Umschmieden erfolgt.
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß als Matrixmetall Silber oder Kupfer verwendet wird, eine Weiterverformung durch Walzen erfolgt und ein Flachstreifen oder Endlosband erhalten wird.
 
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß der Flachstreifen oder das Endlosband mit einer geeigneten Lotauflage plattiert wird.
 
14. Verwendung eines Verbundwerkstoffes nach einem der Ansprüche 1 bis 8 als elektrischer Kontaktwerkstoff.
 




Zeichnung