(19)
(11) EP 1 044 735 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
18.10.2000  Patentblatt  2000/42

(21) Anmeldenummer: 00106593.7

(22) Anmeldetag:  28.03.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B21B 1/46, B21B 1/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 03.04.1999 DE 19915624

(71) Anmelder: SMS SCHLOEMANN-SIEMAG AKTIENGESELLSCHAFT
40237 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Mudersbach, Wolgang, Dr.-Ing.
    47495 Rheinberg (DE)
  • Piasecki, Josef
    Netaji Subhas Road, Calcutta 700001 (IN)

(74) Vertreter: Valentin, Ekkehard, Dipl.-Ing. et al
Patentanwälte Hemmerich, Valentin, Gihske, Grosse, Hammerstrasse 2
57072 Siegen
57072 Siegen (DE)

   


(54) Verfahren und Anordnung zur kontinuierlichen Herstellung von Fertigprofilen aus Metall


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Fertigprofilen aus Metall mit einem Walzgefüge, bei dem ein kontinuierlich gegossener Strang mit einem Gußgefüge ohne Unterteilen und Zwischenerwärmen einem Walzwerk zugeführt wird. Außerdem betrifft die Erfindung eine Anordnung zum Durchführen dieses Verfahrens.
Um ein derartiges Verfahren und eine Anordnung der erwähnten Art mit nochmals verbesserter Wirtschaftlichkeit, insbesondere geringeren Energiekosten und geringerem konstruktiven Aufwand betreiben zu können, wird vorgeschlagen, daß der Strang unmittelbar und kontinuierlich einem mehrgerüstigen Formstahlwalzwerk zugeführt wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Fertigprofilen aus Metall mit einem Walzgefüge, insbesondere geometrisch komplexen Profilen wie z. B. Träger, Spundwandbohlen, Eisenbahnschienen und Oberbaumaterial, bei dem ein kontinuierlich gegossener Endlosstrang mit einem Gußgefüge ohne Unterteilung und Zwischenerwärmung einem Walzwerk, insbeondere Universalwalzwerk zugeführt wird. Außerdem betrifft die Erfindung eine Anordnung zum Durchführen des Verfahrens.

[0002] Derartige Verfahren und Anordnungen zu deren Durchführung sind aus dem Stand der Technik bekannt. In Neue Hütte, November 1983, Seiten 424 - 426 ist ein Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Fertigprofilen beschrieben, bei dem mit Hilfe eines Gießrades ein kontinuierlicher Strang gegossen wird. Nach dem Verlassen der Kokille des Gießrades wird der Strang über mehrere Rollen und einen Richttreiber gerichtet, zur kompletten Erstarrung gebracht und einer Ausgleichstrecke zugeführt, in der die Temperatur über den Flächenquerschnitt des Stranges einheitlich eingestellt wird. Der gegossene Strang hat eine trapezoide Querschnittsform, um ihn problemlos aus der Kokille des Gießrades lösen zu können. In einem Vertikal- und Horizontalgerüst erfolgt eine Umformung des Stranges in eine quadratische Querschnittsform, die dann als kontinuierlicher Strang einer Vorstraße und anschließend der Fertigstraße zugeführt wird, in der aus dem Strang das Fertigprofil hergestellt wird.

[0003] Im einzelnen besteht die Anlage zur Durchführung dieses Verfahrens aus folgenden, in Richtung des Materialflusses hintereinander angeordneten Bereichen:

a) Flüssigstahlbereich:
Als Gießmaschine kommt ein Gießrad zum Einsatz. Der in trapezoider Form das Gießrad verlassende Strang wird von einem wassergekühlten Abstreifmeißel. aus dem Rad gehoben und der Biegezone und dem Richttreiber zugeführt.
Zur Funktion und Wirkungsweise eines Gießrades zum kontinuierlichen Gießen eines Metallbandes wird beispielhaft auf die DE-A- 1 941 729 hingewiesen.

b) Kühl- und Ausgleichszone:
An den Gießbereich schließt sich der Kühlbereich an, der als offene Sprühkühlung ausgeführt ist, um den flüssigen Restsumpf im Strang kontrolliert zu verfestigen. Der Kühlung schließt sich eine Ausgleichszone an, die durch einen in der Geschwindigkeit einstellbaren Rollgang realisiert ist, den der Strang ohne zusätzliche Kühlung durchläuft und auf dem ein Wärmeausgleich im Strang stattfindet.

c) Walzbereich:
Der anschließende Walzbereich besteht aus zwei Walzgerüsten, in denen der Strang auf Abmessung gewalzt wird, die sich in einem weiterverarbeitenden Walzwerk, beispielsweise einer Vorstraße, einsetzen lassen.



[0004] Mit dem bekannten Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Fertigprofilen wird der bei diskontinuierlichen Verfahren erforderliche Stoßofen entbehrlich. Außerdem werden die Energiekosten beim Betrieb erheblich reduziert.

[0005] Ausgehend von diesem Stand der Technik zur Erzeugung geometrisch einfacher Prifile wie Draht liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Anordnung der eingangs erwähnten Art zur Herstellung von insbeondere geometrisch komplexen Profilen wie Träger, Spundwandbohlen, Eisenbahnschienen und Eisenbahnoberbaumaterial etc. mit verbesserter Wirtschaftlichkeit insbesondere durch weniger Betriebsstörungen, höheres Materialausbringen, geringere Energiekosten und geringerem Konstruktionsaufwand vorzuschlagen.

[0006] Diese Aufgabe wird bei einem Verfahren der eingangs erwähnten Art dadurch gelöst, daß der Endlosstrang unmittelbar und kontinuierlich einem mehrgerüstigen Formstahlwalzwerk zugeführt wird. Die nach dem Stand der Technik erforderliche Erwärmung im Walzwerksofen sowie die Umformung des Stranggußstranges in einer Vorstraße des Formstahlwalzwerkes entfällt. Der kontinuierliche Strang wird unmittelbar in dem mehrgerüstigen Formstahlwalzwerk zu dem Fertigprofil umgeformt.

[0007] Wird der Querschnitt des gegossenen Stranges so weit an den Querschnitt des Fertigprofils angenähert, daß sich das Gußgefüge des Stranges in das Walzgefüge des Fertigprofiles bei minimalem Streckgrad des Stranges im Formstahlwalzwerk umwandelt, lassen sich hohe Produktionsleistungen bei geringer Walzgeschwindigkeit in dem Formstahlwalzwerk realisieren. Gegenüber herkömmlichen Reversierwalzwerken liegen die Walzgeschwindigkeiten etwa um den Faktor 7 niedriger. Die geringeren Walzgeschwindigkeiten erhöhen die Arbeits- und Betriebssicherheit und reduzieren die Geräuschentwicklung beim Betrieb einer Anordnung zum Durchführen des Verfahrens. Gleichzeitig wird durch diese Maßnahme die Qualität des Fertigprofils verbessert.

[0008] Durch Wechseln der Kokille kann der Querschnitt des gegossenen Stranges an eine Vielzahl unterschiedlicher Fertigprofile angenähert werden, wobei sich die vorstehend angegebenen vorteilhaften Wirkungen ergeben. Als weiterer Vorteil aus dem Endlosgießwalzen resultiert, daß während des Walzens nahezu keine Kopfenden und Fußenden mit gefährlichen scharfen Zungen an Steg und Flanschen auftreten. Nach dem Walzen wird das Fertigprofil einer Kühlstrecke zugeführt und anschließend mit Hilfe einer mitlauf enden Unterteilvorrichtung in Abschnitte unterteilt, deren Länge ein Vielfaches der Länge des verkaufsfähig unterteilten Fertigprofils beträgt. Das Endlosgießwalzen ermöglicht sowohl in vorgeschalteten als auch in nachgeordneten Bereichen der Anordnung zum Durchführen des Verfahrens den Einsatz langsam laufender Maschinen, wie insbesondere Bandsägen zum Unterteilen auf Verkaufslängen.

[0009] Vor Unterteilen des Endlosstranges in Abschnitte mit einem Vielfachen der Verkaufslängen muß dieser auf ein Niveau gekühlt werden, was bei deren weiterer Verarbeitung ein Verziehen vermeidet. Dies erfolgt vorzugsweise mit einer Wasser-Luftkühlstrecke.

[0010] Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispieles erläutert.
Figur 1
zeigt eine Anordnung zum Durchführen des Verfahrens in schematischer Seitenansicht und Aufsicht.


[0011] Der links im Bild gezeigte Flüssigstahlbereich besteht aus einer Pfanne 1, einem Tundish 2 sowie einem Gießrad 3. Der unter der Pfanne 1 angeordnete Tundish hat die Aufgabe, den Gießstrahl auf die Kokille des Gießrades 3 auszurichten und dient als Puffer während des Pfannenwechsels. Das ebenfalls an sich bekannte Gießrad 3 umfaßt eine endlose umlaufende Stahlkette, Abstreifmeißel und Reinigungszubehör sowie Kühlmittel. Die Stahlkette verschließt eine Nut etwa auf einem Viertel des Radumfanges des Gießrades 3 und bildet mit dem Rad die Kokille. Der Stahl läuft vom Tundish 2 in die Kokille und erstarrt während der Vierteldrehung des Gießrades 3 soweit, daß sich eine feste Schale gebildet hat.

[0012] Dieser teilerstarrte Strang wird in einer nachgeschalteten Anordnung 4 entzundert und unmittelbar mehreren, im Ausführungsbeispiel vier Profilwalzgerüsten 5 zugeführt, die aus dem dünnen endabmessungsnahen Vorprofil der Kokille, das dem Fertigprofil geometrisch ähnlich ist, beispielsweise einen Doppel-T-Träger formen.

[0013] Angenommen der gegossene Strang hat ein spezifisches Gewicht von 200 kg/m, resultiert bei einem geforderten Streckgrad zur Umwandlung des Gußgefüges des Stranges in das Walzgefüge des Fertigprofils von λ = 4 ein spezifisches Gewicht des Fertigprofiles von 50 kg/m. Unter der Annahme einer hohen Gießgeschwindigkeit von 20 m/min. ergibt sich bei dem gegebenen Streckgrad von λ = 4 eine Walzgeschwindigkeit von 80 m/min. entsprechend 1,3 m/s. Gegenüber den bei herkömmlichen Reversierwalzwerken üblichen 10 m/s ist dies trotz der hohen Gießgeschwindigkeit eine sehr kleine Walzgeschwindigkeit. Unter den beispielhaft vorgegebenen Prozeßdaten ergibt sich bei 6000 Betriebsstunden pro Jahr eine Jahresproduktionsleistung von 1.440.000 Tonnen.

[0014] In einer nachgeschalteten Wasser-Luft-Kühlstrecke 6 wird das walzwarme Profil auf Umgebungstemperatur herabgekühlt, wobei mit der Regelung des Kühlverlaufs die Eigenspannungen, die Gefügeausbildung, die Oberflächenbeschaffenheit und die Geradheit des Profils bei der weiteren Abkühlung gezielt beeinflußt werden.

[0015] Die geringe Walzgeschwindigkeit der Profilwalzgerüste 5 erlaubt das Unterteilen des kontinuierlich hergestellten Fertigprofils mit einer mitlaufenden Säge 7 in Abschnitte, die mit Hilfe einer Querfördereinrichtung 8 mit darin integrierter Streckrichtanlage 9 einer Stapelanlage 10 zum Bilden von ein- oder mehrlagigen Schichten (Pakete) der Abschnitte zugeführt werden. Von der Stapelanlage 10 gelangen die Pakete über einen Rollgang 11 zu einer weiteren Unterteilvorrichtung 12. Die Pakete haben ein Gesamtgewicht von etwa 30 t. Infolgedessen können die Zykluszeiten zum Unterteilen der Abschnitte in verkaufsfertige Fertigprofile in der weiteren Unterteilvorrichtung 12 groß gewählt werden, so daß langsam laufende Maschinen, wie beispielsweise Bandsägen, zum Unterteilen in Frage kommen.


Ansprüche

1. Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Fertigprofilen aus Metall mit einem Walzgefüge, bei dem ein kontinuierlich gegossener Endlosstrang mit einem Gußgefüge ohne Unterteilung und Zwischenerwärmung einem Walzwerk zugeführt wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Strang unmittelbar und kontinuierlich einem mehrgerüstigen Formstahlwalzwerk (5) zugeführt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Querschnitt des gegossenen Endlosstranges so weit an den Querschnitt des Fertigprofils angenähert wird, daß sich das Gußgefüge des Endlosstranges in das Walzgefüge des Fertigprofiles bei minimalem Streckgrad λ des Endlosstranges im Formstahlwalzwerk umwandelt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Fertigprofil einer Kühlstrecke (6) zugeführt und anschließend in einer mitlaufenden Unterteilvorrichtung (7) in Abschnitte unterteilt wird, deren Länge ein Vielfaches der Länge des verkaufsfähig unterteilten Fertigprofils beträgt.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Abschnitte des Fertigprofiles zum Streckrichten gefördert, anschließend in Paketen gebündelt und in verkaufsfähige Längen unterteilt werden.
 
5. Anordnung zum Durchführen des Verfahrens nach einem der ,
dadurch gekennzeichnet,
daß eine Stranggießanlage (3), ein Formstahlwalzwerk (5) mit mindestens zwei Walzgerüsten, eine Kühlstrecke (6) zum Kühlen der Fertigprofile, eine mitlaufende Unterteilvorrichtung (7) zum Unterteilen der Fertigprofile in Abschnitte, eine Transportvorrichtung (8) mit einer Streckricht-Vorrichtung (9) für die Abschnitte, eine Stapelanlage (10) zum Bilden von ein- oder mehrlagigen Schichten der Abschnitte und eine weitere Unterteilvorrichtung (12) zum Unterteilen der Abschnitte in verkaufsfähige Fertigprofile in Richtung des Materialflusses des Stranges oder des Fertigprofiles hintereinander angeordnet sind.
 
6. Anordnung nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß zwischen der Stranggießanlage (3) und dem Formstahlwalzwerk (5) eine Anordnung zum Entzundern (4) des Stranges vorgesehen ist.
 
7. Anordnung nach Anspruch 5 oder 6,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Stranggießanlage (3) als Gießrad mit umlaufender Kokille, insbeondere Kettengießrad, die Kühlstrecke (6) als Wasser-Luft-Kühlstrecke, die mitlaufende Unterteilvorrichtung (7) als mitlaufende Säge, die Transportvorrichtung (8) als Querförderer und die weitere Unterteilvorrichtung (12) als verfahrbare Bandsägenanlage ausgestaltet ist.
 




Zeichnung