(19)
(11) EP 1 048 844 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.11.2000  Patentblatt  2000/44

(21) Anmeldenummer: 00810307.9

(22) Anmeldetag:  07.04.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7F02N 9/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 30.04.1999 EP 99810363

(71) Anmelder: Wärtsilä NSD Schweiz AG
8401 Winterthur (CH)

(72) Erfinder:
  • Porchet, Frédéric
    8309 Birchwil (CH)

(74) Vertreter: Sulzer Management AG 
KS/Patente/0007, Zürcherstrasse 12
8401 Winterthur
8401 Winterthur (CH)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zum Starten, Bremsen und Umsteuern eines Zweitakt-dieselmotors


(57) Beim Verfahren zum Starten, Bremsen oder Umsteuern eines Zweitakt-Dieselmotors wird ein komprimiertes Fluid, insbesondere Druckluft, derart in Abhängigkeit vom Drehwinkel der Kurbelwelle zumindest einem Zylinder zugeführt wird, dass ein sich im Zylinder befindlicher Kolben durch die daraus resultierende Druckveränderung beschleunigt oder abgebremst wird, wobei das Auslassventil (4a) des Zylinders bezüglich dem Drehwinkel der Kurbelwelle variierbar geöffnet und geschlossen wird, und wobei zum Starten die schliessende Flanke (22b) für das Auslassventil (4a) zum oberen Totpunkt (OTP) hin verschoben wird, sodass der Zylinder im wesentlichen kompressionslos gehalten wird, und wobei zum Bremsen die öffnende Flanke (22b) für das Auslassventil (4a) zum oberen Totpunkt (OTP) hin verschoben wird, sodass ein vorzeitiger Druckabfall im Zylinder resultiert.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Starten, Bremsen und Umsteuern eines Zweitakt-Dieselmotors gemäss dem Oberbegriff von Anspruch 1. Die Erfindung betrifft weiter eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäss dem Oberbegriff von Anspruch 11.

[0002] Es ist bekannt selbstzündende Hubkolben-Brennkraftmaschinen, im weiteren auch als Dieselmotoren bezeichnet, pneumatisch zu starten, abzubremsen oder umzusteuern. So werden beispielsweise grosse, zum Antrieb von Schiffen verwendete Zweitakt-Dieselmotoren derart gestartet, dass in einer ersten Betriebsphase ein komprimiertes Fluid, insbesondere Druckluft, derart in die Zylinder eingeblasen wird, dass die sich darin befindlichen Kolben in Bewegung versetzt werden und den Dieselmotor antreiben, wobei nach dem Erreichen einer Mindestdrehzahl den Zylindern in einer zweiten Betriebsphase Brennstoff zugeführt wird und die Zylinder im Sinne eines weiterführenden Verbrennungsmotor-Betriebes gezündet werden. Derartige Dieselmotoren lassen sich unter Verwendung des komprimierten Fluides wie Druckluft auch abbremsen, gegebenenfalls bis zum Stillstand. Falls erforderlich kann der Dieselmotor auch umgesteuert werden, indem der drehende Dieselmotor zum Stillstand gebracht wird und in der entgegengesetzten Richtung drehend wieder gestartet wird. Als komprimiertes Fluid ist insbesondere Druckluft geeignet, wobei auch andere, nicht brennbare Fluide eingesetzt werden können.

[0003] Nachteilig an bekannten Verfahren zum pneumatischen Starten, Bremsen und Umsteuern von Zweitakt-Dieselmotoren, insbesondere von grossen Schiffsdieselmotoren bzw. von Zweitakt-Grossdieselmotoren, ist die Tatsache, dass eine grosse Menge an unter hohem Druck stehender Druckluft erforderlich ist. So bestehen internationale Vorschriften, dass der Vorrat an Druckluft zur Durchführung von 12 Starts ausreichen sollte, wobei für einen grösseren Schiffsdieselmotor beispielsweise eine Menge von 30 m3 Druckluft erforderlich ist, welche unter einem Druck von 30 Bar steht. Derartige Druckluftspeicher sind sehr gross, sperrig und teuer, wobei zum Nachladen zudem teure Kompressoren erforderlich sind.

[0004] Das Starten, Bremsen oder Umsteuern eines Zweitakt-Schiffdieselmotors wird zusätzlich dadurch erschwert, dass der Zweitakt-Dieselmotor oft direkt über eine durchgehende Welle mit einem nicht verstellbaren Schiffspropeller verbunden ist. Die am Propellor angreifenden Kräfte werden somit unmittelbar auf den Zweitakt-Dieselmotor übertragen, Beim Starten, Bremsen oder Umsteuern müssen daher nicht nur die Massenträgheitskräfte des Zweitakt-Dieselmotors überwunden werden, sondern zudem noch die erheblichen, am Propellor angreifenden Kräfte und zusätzliche Massen.

[0005] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein wirtschaftlich vorteilhafteres Verfahren sowie eine entsprechende Vorrichtung zum Starten, Bremsen und Umsteuern eines Zweitakt-Dieselmotors vorzuschlagen.

[0006] Diese Aufgabe wird gelöst mit einem Verfahren aufweisend die Merkmale von Anspruch 1. Die Unteransprüche 2 bis 10 beziehen sich auf weitere, vorteilhafte Verfahrensschritte. Die Aufgabe wird zudem gelöst mit einer Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens aufweisend die Merkmale von Anspruch 11.

[0007] Die Aufgabe wird insbesondere gelöst mit einem Verfahren zum Starten, Bremsen oder Umsteuern eines Zweitakt-Dieselmotors indem ein komprimiertes Fluid, insbesondere Druckluft, derart zumindest einem Zylinder zugeführt wird, dass ein sich im Zylinder befindender Kolben durch die daraus resultierende Druckveränderung in Bewegung gesetzt oder abgebremst wird, wobei der Zylinder mindestens ein Auslassventil aufweist, welches bezüglich dem Drehwinkel der Kurbelwelle variierbar geöffnet und geschlossen wird, um den Zylinder im wesentlichen kompressionslos zu halten, oder um einen vorzeitigen Druckabfall im Zylinder zu bewirken, und wobei das Zuführen des komprimierten Fluides und das Auslassen aus dem Zylinder in Abhängigkeit vom Drehwinkel der Kurbelwelle derart gegenseitig abgestimmt wird, dass durch das Zusammenwirken eine erhöhte Druckveränderung im Zylinder erzeugt wird.

[0008] Voraussetzung zur Durchführung des Verfahrens ist, dass der Dieselmotor Ventile aufweist, welche mechanisch getrennt von der Kurbelwelle ansteuerbar sind. Beim Starten des Dieselmotors werden die Ventile derart angesteuert beziehungsweise offen gehalten, dass der Dieselmotor im wesentlichen ohne Kompression gestartet werden kann. Ein Zweitakt-Dieselmotor wird beispielsweise derart gestartet, dass bei demjenigen Zylinder, dessen Kolben sich unmittelbar nach dem oberen Totpunkt befindet, das Auslassventil geschlossen wird und Druckluft eingeblasen wird, um den Kolben gegen den unteren Totpunkt hin zu bewegen. Die Auslassventile der übrigen Zylinder bleiben geöffnet, damit darin keine wesentliche Kompression erzeugt wird. Sobald sich ein weiterer Kolben unmittelbar nach dem oberen Totpunkt befindet, wird dessen Auslassventil geschlossen und Druckluft eingeblasen, um auch diesen Kolben gegen den unteren Totpunkt hin zu bewegen. Bevor der Kolben des unter Druck stehenden Zylinders den unteren Totpunkt erreicht wird das Auslassventil wieder geöffnet, damit der Kolben sich im wesentlichen wieder kompressionslos zum oberen Totpunkt hin bewegt. Es können beispielsweise zwei Zylinder wie beschrieben mit Druckluft beaufschlagt werden, um den Dieselmotor zu starten, während die anderen Zylinder im wesentlichen kompressionslos gehalten werden. Es können jedoch auch alle Zylinder nacheinander wie beschrieben mit Druckluft beaufschlagt werden. Da der Zylinder zum Zeitpunkt, in dem sich der Kolben beim oberen Totpunkt befindet, im wesentlichen kompressionslos ist, ergibt sich als ein wesentlicher Vorteil des erfindungsgemässen Verfahrens die Tatsache, dass ein relativ geringer Luftdruck genügt, um den Dieselmotor zu starten. Bisher musste die zum Starten verwendete Luft einen Druck aufweisen, welcher wesentlich höher war als derjenige Kompressionsdruck, welcher beim Starten im Zylinder anliegt, wenn sich der Kolben im oberen Totpunkt befindet. Das erfindungsgemässe Verfahren weist somit den Vorteil auf, dass der Druck im Druckluftspeicher kleiner gehalten werden kann, oder dass das Volumen des Druckluftspeichers kleiner gehalten werden kann. Der Druckluftspeicher, vorteilhafterweise mit Druckflaschen ausgestaltet, kann somit billiger oder kleiner ausgestaltet sein, oder es lassen sich mit dem Inhalt bestehender Druckluftspeicher eine erhöhte Anzahl von Starts durchführen. Zudem sind kostengünstigere Kompressoren zum Aufladen der Druckluftspeicher verwendbar.

[0009] Zum Bremsen des Dieselmotors wird während der komprimierenden Hubbewegung des Kolbens Druckluft in den Zylinder eingeblasen und danach das Auslassventil des Zylinders derart angesteuert, dass dieses bald nachdem der Kolben den oberen Totpunkt überschritten hat geöffnet wird, um die sich im Zylinder befindliche Druckluft abzublasen und um dadurch ein Antreiben des Kolbens durch das Expandieren der Druckluft zu verringern.

[0010] Das erfindungsgemässe Verfahren ist ebenfalls geeignet um den Dieselmotor umzusteuern, in dem dieser in einem ersten Teilschritt wie bereits beschrieben zum Stillstand abgebremst wird, wobei in einem zweiten Teilschritt die Druckluft derart in Abhängigkeit der Kolbenstellung eingeblasen und die Auslassventile derart angesteuert werden, dass der Dieselmotor in Gegenrichtung drehend bewegt wird, sodass in einem dritten Teilschritt der in Gegenrichtung drehende Dieselmotor mit dem bereits beschriebenen Verfahren gestartet wird.

[0011] Das erfindungsgemässe Verfahren ist für Zweitakt- Dieselmotoren geeignet.

[0012] Im weiteren wird das erfindungsgemässe Verfahren beziehungsweise die entsprechende Vorrichtung an Hand von Ausführungsbeispielen beschrieben. Es zeigen:
Fig. 1
schematisch einen Zweitakt-Dieselmotor aufweisend eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens;
Fig. 2a
ein Diagramm darstellend den Zylinderdruck in Funktion des Kurbelwinkels beim Starten eines bekannten Zweitakt-Dieselmotors;
Fig. 2b
ein Diagramm darstellend den Zylinderdruck in Funktion des Kurbelwinkels beim Starten eines Zweitakt-Dieselmotors nach dem erfindungsgemässen Verfahren;
Fig. 2c
ein Diagramm darstellend den Zylinderdruck in Funktion des Kurbelwinkels beim Bremsen eines Zweitakt-Dieselmotors nach dem erfindungsgemässen Verfahren;
Fig. 2d
ein Diagramm darstellend den Zylinderdruck in Funktion des Kurbelwinkels beim Umsteuern eines Zweitakt-Dieselmotors nach dem erfindungsgemässen Verfahren.


[0013] Der in Fig. 1 schematisch dargestellte Zweitakt-Dieselmotor umfasst ein Zylindergehäuse 6 mit einer Mehrzahl von Zylindern mit je einer Einspritzpumpe 3 mit Zuführleitungen 3a, 3b, sowie ein Kurbelwellengehäuse 7 mit einer Kurbelwelle 2. Eine Ansteuer- und Regelvorrichtung 8 ist mittels elektrischer Leitungen 8a,8d,8e,8f, 8h
  • mit einem Drehwinkelsensor 9 verbunden, welcher den Drehwinkel der Kurbelwelle 2 erfasst;
  • mit einem Auslassventil 4a verbunden,
  • mit einem Druckluftventil 4b verbunden,
  • mit der Einspritzpumpe 3 verbunden,
  • sowie mit einem Sensor 12 zum Messen des Druckes im Druckluftbehälter 11 verbunden.


[0014] Die Druckluft wird über die Leitung 11b vom Druckluftbehälter 11 dem Druckluftventil 4b zugeführt. Dem Auslassventil 4a ist eine Abgasleitung 13 nachgeordnet.

[0015] Dem Zweitakt-Dieselmotor wird die Verbrennungsluft über sich im Zylinder befindliche, in der Darstellung nicht sichtbare Einlassschlitze zugeführt.

[0016] Fig. 2a zeigt den Druck 20 innerhalb eines Zylinders des Zweitakt-Dieselmotors in Funktion des Kurbelwinkels ω der Kurbelwelle 2. Auf der linken Seite beginnend bewegt sich der Kolben zum unteren Totpunkt UTP hin, wobei der Zylinderdruck 20 abnimmt und zuerst, wie mit der Kurve 22 dargestellt, das Auslassventil 4a öffnet, und danach, wie mit der Kurve 21 dargestellt, der Einlassschlitz des Zweitakt-Dieselmotors geöffnet ist. Während der Bewegung des Kolbens vom unteren Totpunkt UTP hin zum oberen Totpunkt OTP wird zuerst der Einlassschlitz geschlossen, danach das Auslassventil 4a geschlossen, vorauf der Zylinderdruck 20 durch die erfolgende Kompression ansteigt. In denjenigen Zylinder, dessen Kolben sich unmittelbar nach dem oberen Totpunkt OTP befindet, wird durch ein Betätigen des Druckluftventils 4b Druckluft 23 zugeführt, sodass der Innendruck im Zylinder einen erhöhten Druckverlauf 20 aufweist. Der Kurvenabschnitt 20a zeigt den Druckverlauf ohne das Einblasen von Druckluft. Die Fläche 24a zeigt die Druckerhöhung im Zylinder, auf Grund welcher der Kolben nach unten gedrückt wird, wobei der Druck 20 sich kontinuierlich entspannt, bis das Auslassventil 4a sowie die Einlassschlitze, wie durch die Kurven 21, 22 dargestellt, geöffnet sind. Der Dieselmotor wird derart gestartet, dass zumindest bei zwei Zylindern, vorzugsweise jedoch allen Zylindern, wie in Fig. 2a dargestellt, Druckluft zugeführt wird, bis der Dieselmotor eine vorbestimmbare Nenndrehzahl aufweist, bei deren Überschreiten dem Zylinder Brennstoff zugeführt wird, welches sich entzündet, sodass der Dieselmotor in den Betriebszustand eines Verbrennungsmotors übergeht.

[0017] Fig. 2b zeigt den Zylinderdruck 20 in Funktion des Kurbelwinkels ω beim erfindungsgemässen Startverfahren. Das Auslassventil 4a ist während der Kurve 22 geöffnet, wobei die Kurve 22 eine das Auslassventil 4a öffnende Flanke 22a sowie eine das Auslassventil 4a schliessende Flanke 22b aufweist. Im normalen Betriebszustand, d.h. während dem Betrieb des Zweitakt-Dieselmotors mit konstanter Drehzahl, wird das Auslassventil 4a im wesentlichen entsprechend dem in Fig. 2a dargestellten Kurvenverlauf 22 geöffnet und geschlossen. Die erfindungsgemässe Vorrichtung weist die Eigenschaft auf, dass das Auslassventil 4a, wie durch die Flanken 22a, 22b dargestellt, an frei wählbaren Kurbelwinkeln ω geöffnet und geschlossen werden kann. Der Einlassschlitz wird in den Verläufen gemäss den Fig. 2a bis 2d, durch den Zweitakt-Dieselmotor konstruktionsbedingt, zu denselben Zeitpunkten geöffnet und geschlossen, wogegen das Auslassventil 4a im Verlauf gemäss Fig. 2b später, bzw. bezüglich dem Normalbetrieb zum oberen Totpunkt OTP hin verschoben,geschlossen wird, was, wie in Druckverlauf 20 dargestellt, bewirkt, dass der sich gegen den oberen Totpunkt OTP bewegende Kolben kaum eine Kompression im Zylinderraum bewirkt, da die Luft über das Auslassventil 4a entweicht, sodass der Zylinder im wesentlichen kompressionslos gehalten wird. Das Auslassventil 4a wird kurz vor dem oberen Totpunkt OTP geschlossen. Nachdem der Kolben den oberen Totpunkt OTP überschritten hat, wird das Druckluftventil 4b geöffnet, und wie durch die Kurve 23 dargestellt, Druckluft in den Zylinder geleitet, was einen Druckverlauf 20 erzeugt. Der Kurvenabschnitt 20a zeigt den Druckverlauf, wenn keine Druckluft zugeführt worden wäre. Die Fläche 24a zeigt die Druckerhöhung im Zylinder, auf Grund welcher der Kolben eine expandierende Bewegung ausführt. Das Auslassventil 4a wird über die Ansteuerkurve 22 und das Druckluftventil 4b über die Ansteuerkurve 23 derart gegenseitig abgestimmt angesteuert, dass der Zylinder in etwa beim oberen Totpunkt OTP im wesentlichen kompressionslos ist oder einen geringen Innendruck aufweist, und dass das nachfolgende Einblasen von Druckluft eine erhöhte Druckveränderung im Zylinder beziehungsweise eine relativ hohe Druckveränderung im Zylinder bewirkt. Im Gegensatz zum bekannten Verfahren gemäss Fig. 2a ist im Verfahren gemäss Fig. 2b Druckluft mit einem wesentlich kleineren Druck erforderlich, wobei diese Druckluft zudem eine erhöhte Druckveränderung im Zylinder bewirkt, welche das Expandieren des Kolbens unterstützt. Ansonst verläuft das Starten wie in der Beschreibung von Fig. 2a bereits beschrieben, indem nach dem Überschreiten einer vorgebbaren Nenndrehzahl der Dieselmotor in den Betriebszustand eines Verbrennungsmotors übergeführt wird.

[0018] Das Auslassventil 4a wird in einem Bereich zwischen -180 Grad und 0 Grad vor dem oberen Totpunkt OTP, insbesondere in einem Bereich zwischen -90 Grad und 0 Grad vor dem oberen Totpunkt OTP geschlossen.

[0019] Das Bremsen nach dem erfindungsgemässen Verfahren wird mit Hilfe von Fig. 2c erläutert, welche den Zylinderdruck 20 in Funktion des Kurbelwinkels ω darstellt. Vorerst wird die Zufuhr von Brennstoff unterbunden. Während dem Kompressionshub wird dem Zylinder, wie durch die Kurve 23 dargestellt, Druckluft zugeführt, sodass der Druck über den ansonst vorhanden Druck 20a ansteigt auf den Zylinderdruck 20, woraus ein um die Fläche 24a erhöhter Zylinderdruck resultiert. Nach dem Überschreiten des oberen Totpunktes OTP wird das Auslassventil, wie aus der Kurve 22, insbesondere aus der öffnenden Flanke 22a ersichtlich, vorzeitig, bzw. bezüglich dem Normalbetrieb zum oberen Totpunkt OTP hin vorverschoben, geöffnet, worauf der Zylinderdruck 20 einen gegenüber dem ansonst vorhandenen Druck 20b wesentlich tieferen Druck aufweist, dessen Differenz durch die Fläche 24b dargestellt ist. Durch dieses vorzeitige Öffnen des Auslassventils 4a wird das sich im Zylinder befindliche Fluid im wesentlichen nicht durch den Kolben expandiert, sondern an die Umgebung abgeblasen. Somit wird die Kolbenbewegung durch das Einleiten der Druckluft vor dem oberen Totpunkt OTP abgebremst, und nach dem Überschreiten des oberen Totpunktes die antreibende Wirkung des komprimierten Fluides gemindert. Zumindest einer der Zylinder wird gemäss diesem erfindungsgemässen Bremsverfahren angesteuert, wobei, um ein schnelles Bremsen bzw. ein schneller Stillstand des Dieselmotors zu bewirken, vorzugsweise alle Zylinder derart angesteuert werden.

[0020] Das Auslassventil wird beim Bremsen in einem Bereich zwischen 0 Grad und 90 Grad nach dem oberen Totpunkt OTP, beispielsweise bei etwa 45 Grad geöffnet, nämlich dann, wenn die Öffnungskraft des Ventils 4a die Schliesskraft verursacht durch den Druck im Zylinder überwindet.

[0021] Das Auslassventil 4a wird über die Ansteuerkurve 22 und das Druckluftventil 4b über die Ansteuerkurve 23 derart gegenseitig abgestimmt angesteuert, dass der Innenraum des Zylinders während dem Komprimieren einen erhöhten Innendruck aufweist, und während dem Expandieren eine vorzeitige Druckreduktion aufweist, was eine erhöhte Druckreduzierung im Innenraum des Zylinders zur Folge hat, und weniger Druckenergie für die Kolbenbewegung zur Verfügung steht.

[0022] Fig. 2d zeigt den Zylinderdruck 20 in Funktion des Kurbelwinkels ω beim Umsteuern des Dieselmotors 1. Dazu wird demjenigen Zylinder, dessen Kolben sich vor dem oberen Totpunkt OTP befindet, wie durch die Kurve 23 dargestellt, Druckluft zugeführt, was einen Druckverlauf 20 bewirkt, welcher gegenüber dem Druckverlauf 20a ohne die Verwendung von Druckluft erhöht ist. Dies bewirkt, dass der Kolben die Kurbelwelle 2 in entgegengesetzter Richtung dreht, sodass der Dieselmotor 1 umgesteuert wird. Sobald die Kurbelwelle 2 in entgegengesetzter Richtung dreht, kann der Dieselmotor 1 entsprechend dem im Fig. 2b dargestellten Startverfahren beschleunigt werden, um beim Erreichen der Mindestdrehzahl den Dieselmotor in den Verbrennungsmotor-Betrieb überzuführen. Beim Umsteuern gemäss Fig. 2d könnte der Innenraum des Zylinders durch ein Betätigen des Auslassventils 4a vorerst im wesentlichen kompressionslos gemacht werden, und nach dem Schliessen des Auslassventils 4a die Druckluft zugeführt werden.

[0023] Das Umsteuern eines laufenden Dieselmotors erfolgt in mehreren Teilschritten, indem in einem ersten Schritt der Motor mit dem in Fig. 2c dargestellten Bremsverfahren bis zum Stillstand abgebremst wird, danach in einem zweiten Schritt mit dem in Fig. 2d dargestellten Umsteuerverfahren dessen Drehrichtung geändert wird, um in einem dritten Schritt mit dem in Fig. 2b dargestellten Startverfahren den Dieselmotor in umgekehrter Richtung wieder zu beschleunigen und beim Überschreiten einer Mindestdrehzahl Brennstoff zuzuführen und den Motor nach dem Zünden des Brennstoffes im Verbrennungsmotor-Betrieb weiter zu betreiben. Das erfindungsgemässe Verfahren weist den Vorteil auf, dass das Umsteuern rascher erfolgen kann, sodass der Dieselmotor mit weniger Umdrehungen abgebremst, umgesteuert und in Gegenrichtung drehend angetrieben ist, und im Falle eines Schiffsantriebes das Schiff innerhalb einer kürzeren Distanz angehalten werden kann.


Ansprüche

1. Verfahren zum Starten, Bremsen oder Umsteuern eines Zweitakt-Dieselmotors indem ein komprimiertes Fluid, insbesondere Druckluft, derart in Abhängigkeit vom Drehwinkel der Kurbelwelle zumindest einem Zylinder zugeführt wird, dass ein sich im Zylinder befindlicher Kolben durch die daraus resultierende Druckveränderung beschleunigt oder abgebremst wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Auslassventil (4a) des Zylinders bezüglich dem Drehwinkel der Kurbelwelle variierbar geöffnet und geschlossen wird, wobei zum Starten die schliessende Flanke (22b) für das Auslassventil (4a) zum oberen Totpunkt (OTP) hin verschoben wird, sodass der Zylinder im wesentlichen kompressionslos gehalten wird, und wobei zum Bremsen die öffnende Flanke (22b) für das Auslassventil (4a) zum oberen Totpunkt (OTP) hin verschoben wird, sodass ein vorzeitiger Druckabfall im Zylinder resultiert.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zum Starten die Auslassventile aller Zylinder geöffnet werden, dass das Auslassventil desjenigen Zylinder, dessen Kolben sich unmittelbar nach einem oberen Totpunkt (OTP) befindet, geschlossen wird, dass in diesen Zylinder das komprimierte Fluid zugeführt wird wodurch der Kolben zum unteren Totpunkt (UTP) hin bewegt wird, dass das Auslassventil geöffnet wird und spätestens nachdem sich der Kolben beim oberen Totpunkt (OTP) befindet wieder geschlossen wird, dass dem Zylinder, sobald sich der Kolben nach dem oberen Totpunkt (OTP) befindet, wieder komprimiertes Fluid zugeführt wird, und dass derart abwechslungsweise das Auslassventil geöffnet und geschlossen wird und danach das komprimierte Fluid zugeführt wird, bis der Dieselmotor eine Mindestdrehzahl aufweist, nach deren Erreichen die Auslassventile des Dieselmotors im Sinne eines weiterführenden Verbrennungsmotor-Betriebes gesteuert werden.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Auslassventil in einem Bereich zwischen -150 Grad und 0 Grad, insbesondere zwischen -90 Grad und 0 Grad, vor dem oberen Totpunkt (OTP) geschlossen wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass dem Zylinder in einem Teil des Bereichs zwischen 0 Grad und 90 Grad nach dem oberen Totpunkt (OTP) das komprimierte Fluid zugeführt wird, um den Zweitakt-Dieselmotor anzutreiben.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei mehreren oder allen Zylindern abwechslungsweise das Auslassventil geöffnet und geschlossen wird und danach das komprimierte Fluid zugeführt wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zum Bremsen einem Zylinder, dessen Kolben sich in einem Kompressionshub befindet, das komprimierte Fluid zugeführt wird, und dass während einem nachfolgenden Expansionshub das Auslassventil geöffnet und während dem nachfolgenden Kompressionshub wieder geschlossen wird, und dass derart abwechslungsweise komprimiertes Fluid zugeführt und das Auslassventil geöffnet und geschlossen wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Auslassventil in einem Bereich zwischen 0 Grad und 90 Grad nach dem oberen Totpunkt (OTP), insbesondere zwischen 0 Grad und 45 Grad, geöffnet wird.
 
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass dem Zylinder in einem Teil des Bereichs zwischen -180 Grad und 0 Grad vor dem oberen Totpunkt (OTP) das komprimierte Fluid zugeführt wird.
 
9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zum Umsteuern bei im wesentlichen abgebremstem oder stillstehendem Dieselmotor das Auslassventil desjenigen Zylinders, dessen Kolben sich unmittelbar vor einem oberen Totpunkt (OTP) befindet, geschlossen wird und diesem Zylinder das komprimierte Fluid zugeführt wird.
 
10. Verfahren zum Umsteuern eines Dieselmotors umfassend ein Bremsverfahren nach Anspruch 6, ein nachfolgendes Umsteuerverfahren nach Anspruch 9, und umfassend ein nachfolgendes Startverfahren nach Anspruch 2.
 
11. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 10, umfassend einen ein komprimiertes Fluid, insbesondere Druckluft fassenden Behälter (11), welcher über ein Ventil (4b) fluidleitend mit dem Innenraum eines Zylindergehäuses (6) eines Dieselmotors (1) verbindbar ist, und umfassend ein ansteuerbares Auslassventil (4a) welches fluidleitend mit dem Innenraum des Zylindergehäuses (6) verbindbar ist, und umfassend einen Drehwinkelsensor (9) zum Erfassen der Stellung der Kurbelwelle (2), und umfassend eine Regelvorrichtung (8), welche mit dem Drehwinkelsensor (9), dem Ventil (4b) sowie dem Auslassventil (4a) signalleitend verbunden ist.
 
12. Zweitakt-Dieselmotor betrieben mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10 oder umfassend eine Vorrichtung nach Anspruch 11.
 




Zeichnung













Recherchenbericht