(19)
(11) EP 1 057 939 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.12.2000  Patentblatt  2000/49

(21) Anmeldenummer: 00106294.2

(22) Anmeldetag:  23.03.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7E02B 3/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 04.06.1999 DE 19925604

(71) Anmelder: Christiansen, Hermann, Dr.-Ing.
21244 Bucholz (DE)

(72) Erfinder:
  • Christiansen, Hermann, Dr.-Ing.
    21244 Bucholz (DE)

(74) Vertreter: Hansmann, Dierk, Dipl.-Ing. 
Patentanwälte Hansmann-Klickow-Hansmann Jessenstrasse 4
22767 Hamburg
22767 Hamburg (DE)

   


(54) Vorrichtung für fliessende Gewässer


(57) Bei einer Vorrichtung für fließende Gewässer in tidebedingten Brackwasserzonen wird zur Vermeidung von Schlick-/Sandablagerungen in einer Abzweigung bzw. Erweiterung vorgeschlagen, Strömungswände anzuordnen. Hierbei ist vorgesehen, am flutseitigen Anfang einer Abzweigung bzw. Erweiterung eine Umlenk-Trennwand im oberen Bereich anzuordnen und im unteren Bereich eine zusätzliche Ablenkwand zu installieren, die ausgehend von der Uferbegrenzung im Bereich der Umlenk-Trennwand verläuft und in den Flußbereich zur Strömungsablenkung hineinragt. Die Umlenk-Trennwand bildet dabei im Abstand von der Uferbegrenzung einen Kanal, dessen Querschnittsfläche einen kleinen Teil der Eintrittsquerschnittsfläche der Abzweigung bzw. Erweiterung bildet und dessen Eintrittsöffnung im Flußbereich liegt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung für fließende Gewässer mit wechselnden Salzgehalten oder Schwebstoffkonzentrationen in tidebedingten Brackwasserzonen, mit einer seitlichen Abzweigung bzw. Erweiterung in der Art einer Schleusenzufahrt oder eines Hafenbeckens, zur Vermeidung von Schlick/Sandablagerungen, wobei im Bereich des Beginns der Abzweigung bzw. Erweiterung bezogen auf einen Flutstrom über eine im Abstand von der Uferbegrenzung angeordnete Umlenk-Trennwand einen Kanal ausbildet, dessen Querschnittsfläche einen kleinen Teil der Eintrittsquerschnittsfläche der Abzweigung bzw. Erweiterung beträgt und dessen Eintrittsöffnung im Flußbereich im Bereich des Beginns und dessen Austrittsöffnung im Bereich der Abzweigung bzw. Erweiterung liegen.

[0002] Es besteht bei seitlichen Abzweigungen bzw. Erweiterungen dieser Art das Problem, daß über die größte Zeitspanne im Verlauf einer Tide der Salzgehalt oder die Schwebstoffkonzentration im Fließgewässer höher als im Wasserkörper der seitlichen Abzweigung bzw. Erweiterung sind und damit ein Dichteausgleichsstrom vom Fließgewässer auf die Abzweigung bzw. Erweiterung entsteht, der überwiegend in Sohlnähe wirkt und dabei große Mengen an Schlick oder Sand mit sich führt, die in bekannter Weise zu hohen Sedimentablagerungen führen. Durch die gebildeten Sedimentablagerungen ergeben sich hohe Unterhaltskosten für das Baggern und die Unterbringung des Baggergutes.

[0003] Die Dichte eines tidebedingten Fließgewässers kann sowohl durch Veränderungen des Salzgehaltes als auch durch Veränderungen des Schwebstoffgehaltes variieren. Salzgehalte verändern sich dadurch, daß bei Flut das stark salzhaltige Meerwasser weiter in einen Tidefluß eindringen kann und bei Ebbe wieder Richtung Meer zurückgehalten wird. Schwebstoffgehalte verändern sich bei Flut und Ebbe durch unterschiedlich weites Vordringen der sogenannten Trübungszone oder durch Zu- und Abnahme der turbulente Tideströmungen. Alle diese Effekte werden durch die Tide verursacht.

[0004] Da Erhöhungen des Salzgehaltes und auch der Schwebstoffgehalte im Fluß sehr viel schneller erreicht werden als in seitlichen Abzweigungen bzw. Erweiterungen, kommt es über die größte Zeitspanne im Verlauf einer Tide zu den beschriebenen Dichteunterschieden, mit der Folge, daß sich Dichteausgleichsströmungen ausbilden, durch die große Mengen an Sand oder Schlick in die seitlichen Abzweigungen eingetragen werden.

[0005] Gemäß der DE 37 07 074 C1 ist es bereits bekannt, bei fließenden Gewässern Walzenströmungen durch Umlenk-Trennwände an Hafeneinfahrten zu vermeiden und damit die dadurch sonst verursachten linsenförmigen Sedimentablagerung zu vermindern. Diese Ausbildungen sind aber nicht geeignet, die vorgenannten Probleme zu lösen, da es sich bei dieser Anordnung allein um den Abbau strömungsbedingter Walzenbildungen handelt.

[0006] Weiterhin sind Versuche durchgeführt worden, Dichteausgleichsströmungen durch Luftblasenschleier oder an Auftriebskörpern angehängte Unterwasserschürzen zu verhindern um damit einen Schlick- bzw. Sandeintrieb zu verhindern. Beide Verfahren haben sich als ungeeignet herausgestellt.

[0007] Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt erfindungsgemäß dadurch, daß die Umlenk-Trennwand im oberen Bereich bezogen auf die Wassertiefe angeordnet ist und im unteren Bereich bezogen auf die Wassertiefe sich im Flußbereich eine zusätzliche Ablenkwand befindet, die zur Ablenkung eines sohlnahen Dichtestroms in Richtung zur Flußmitte hin ausgehend von der Uferbegrenzung im Bereich der Umlenk-Trennwand verläuft und in den Flußbereich hineinragt.

[0008] Hierdurch wird ein einfaches Ablenk- und Füllstromleitsystem geschaffen, wobei die im unteren Teil des Gewässerbereiches am Beginn der Abzweigung bzw. Erweiterung durch die Ablenkwand ein sohlnaher Dichtestrom zum Fließgewässer hin abgeleitet wird. Im oberen Teil des Gewässerbereiches wird als Füllstromleitsystem mit der Uferbegrenzung ein Kanal gebildet, über den bei Flut Wassermengen zur Füllung der Abzweigung bzw. Erweiterung einströmen und einen Gegenstrom für eine eindringende Dichteausgleichsströmung bildet und somit den Eintrag von nahe der Sohle mitgeführte Schlick- bzw. Sandeintreibungen in die seitliche Abzweigung bzw. Erweiterung verhindert.

[0009] Eine günstige Ausbildung, insbesondere zur Ebbstrombeeinflussung wird dadurch geschaffen, daß im Bereich des der Umlenk-Trennwand gegenüberliegenden Endes der Abzweigung bzw. Erweiterung ausgehend von der Uferbegrenzung im Flußbereich eine in Richtung zur Flußmitte weisende Ablenkwand mindestens im unteren Bereich bezogen auf die Wassertiefe angeordnet ist.

[0010] Um Wirbelbildungen hinter den Ablenkwänden zu verhindern, wird vorgeschlagen, daß ein Bereich zwischen Ablenkwand und Uferbegrenzung mit Material verfüllt ist.

[0011] Hierzu wird zur Verbesserung einer strömungsgünstigen Ausbildung vorgesehen, daß eine Begrenzungskante des mit Material verfüllten Bereiches der Ablenkwand abgerundet ist.

[0012] Weiterhin wird vorgeschlagen, daß die Umlenk-Trennwand mindestens im Bereich außerhalb des mit Material verfüllten Bereiches über Ständer angeordnet ist.

[0013] Eine günstige Ausbildung wird dadurch geschaffen, daß jede Ablenkwand zur wirbelfreien Ablenkung s-förmig ausgebildet ist.

[0014] Ferner wird vorgeschlagen, daß die Bereiche der Umlenk-Trennwand und die Ablenkwand sich teilweise überdecken.

[0015] Weiterhin ist vorgesehen, daß die im Bereich des der Umlenk-Trennwand gegenüberliegenden Endes der Abzweigung bzw. Erweiterung liegende Uferspitze strömungsabweisend abgeschnitten ist.

[0016] In den Zeichnungen sind Ausführungsbeispiele der Erfindung schematisch dargestellt. Es zeigen:
Fig. 1
eine Prinzipdarstellung einer Vorrichtung mit Wirkung bei Flutstrom,
Fig. 2
eine Prinzipdarstellung einer Vorrichtung mit Wirkung bei Ebbstrom mit Ablenkwänden beidseitig einer Abzweigung,
Fig. 3
eine Ausbildung gemäß Fig. 1 als Ausschnitt mit Verfüllung und ausgerundeter Uferkante und abgerundeter Begrenzungskante des Verfüllbereiches,
Fig. 4
eine Schnittdarstellung gemäß Linie IV-IV der Fig. 3 in vergrößerter Darstellung,
Fig. 5
eine Schnittdarstellung gemäß Linie V-V der Fig. 3 in vergrößerter Darstellung mit teilweise aufgeständertem Füllstromleitsystem und abgerunderter Kante am Ende des Füllbereiches hinter dem Ablenksystem und
Fig. 6
eine Ausbildung einer seitlichen Erweiterung mit strömungsgünstiger Form von Uferspitze und verfüllbereich an dem ebbseitigen Ende der Abzweigung.


[0017] Bei den dargestellten Anordnungen ist ein Fluß 1 als Fließgewässer dargestellt von dem ein Hafenbecken 2 abzweigt. Der Fluß 1 weist bei Flut die Tideströmung 4 und zusätzlich durch vordringendes Meereswasser die Dichteströmung 3 im sohlnahen Bereich auf. Bei Ebbe zeigen die Pfeile die zurückströmende Tide- 19 und Dichteströmung 18. Weiterhin werden mit Pfeilen die Dichteausgleichströmungen bei Flut gemäß Pfeile 17 und bei Ebbe gemäß Pfeile 22 dargestellt, die immer dann wirken, wenn der Salzgehalt oder Schwebstoffgehalt im Wasser im Fluß 1 größer ist als im Hafenbecken 2.

[0018] Im Bereich des Beginns 20 der Abzweigung 2 ist ein Füllstromleitsystem mit einer Umlenk-Trennwand 6 im oberen Bereich und einer Ablenkwand 5 im unteren Bereich dargestellt. Mit der Uferbegrenzung 23 wird mit der Umlenk-Trennwand 6 ein Kanal 24 im oberen Bereich der Wassertiefe bildet. Durch diesen Kanal 24 mit der Eintrittsöffnung 8 im Flußbereich 1 und der Austrittsöffnung 9 im Übergangsbereich Fluß 1 und Hafenbecken 2 wird bei Flut eine Wassermenge mit Strömungsrichtung 7 geführt. Diese Wassermenge teilt sich in das Tidefüllvolumen 11 für das Hafenbecken 2 und einen Rückstromanteil 10 der in den Flußbereich 1 zurückfließt und eine Dichteausgleichsströmung 17 zurück in das Fließgewässer 1 abdrängt.

[0019] Im Bereich 20 ist zusätzlich im unteren Teil der Wassertiefe eine Ablenkwand 5 angeordnet hinter der bis zur Uferbegrenzung 23 ein Zwischenraum 13 bis hin zu einer etwa senkrechten Abschlußwand 26 mit Material, wie z.B. Sand mit Steinabdeckung, aufgefüllt ist. Die an der Uferbegrenzung 23 beginnende und im Flußbereich 1 im Bereich des Beginns 20 der Abzweigung 2 geschwungenen geformte Ablenkwand 5 drängt bei Flut den sohlnahen Dichtstrom 4 gemäß der Pfeile 12 von der Hafeneinfahrt 2 ab.

[0020] Die derart abgewiesene Dichteströmung 12 in Verbindung mit dem Teilausstrom 10 bewirken, daß eine Dichteausgleichsströmung 17 bei Flut soweit von der Hafeneinfahrt 2 abgedrängt wird, daß sie im Flußbereich 1 verbleibt. Durch diese Verdrängung wird der sonst von der Dichteausgleichsströmung im Bereich der Gewässersohle mitgeführte Eintrag von Sand und Schlick und die daraus resultierende hohe Sedimentation im Hafenbecken 2 verhindert.

[0021] Am Ende der Abzweigung 2 ist beginnend an der Uferbegrenzung 25 eine Ablenkwand 14 dargestellt, die im unteren Bereich der Wassertiefe angeordnet und im geschwungenen Verlauf in den Flußbereich 1 hineingeführt ist. Der Bereich 15 zwischen Ablenkwand 14 und Uferbegrenzung 25 ist wie der Bereich 13 mit Material bis zum senkrechten Abschluß 16 verfüllt.

[0022] Die Ablenkwand 14 soll während der Ebbphase mit der Tideströmung 19 und Dichteströmung 18 diese Dichteströmung 18 entsprechend der Pfeile 27 ablenken, daß in Kombination mit einem Ausstrom 28 aus dem Hafenbecken 2 ein Eindringen einer Dichteausgleichsströmung 22 verhindert wird und auf diese Weise ein auch bei Ebbe sonst wirkender Eintrag von Schlick oder Sand in das Hafenbecken 2 unterbunden wird.

[0023] Als Material für die Herstellung der Ablenksysteme sind beispielsweise Stahl, Stahlbeton oder Holz vorgesehen.

[0024] Die Abschlußwandung 26 des Verfüllbereiches 13 für die Ablenkwand 5 ist in strömungsgünstig ausgerundeter Form 29 durchgeführt.

[0025] In Figur 6 eine strömungsgünstige Variante einer Uferspitze 21 in Verbindung mit der Ablenkwand 14 und einer strömungsgünstig angeordneten Abschlußwand 16 eines Verfüllbereichs 15 und eine ebenfalls strömungsgünstig abgeschnittene Uferspitze 21' dargestellt, die gemeinsam bei Flutstrom das Ausfließen eines Teilstroms 10 verbessern.

[0026] Die Umlenk-Trennwand 6 ist in dem Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 5 außerhalb der Verfüllung 13 der Ablenkwand 5 über Stelzen als Ständer 30 angeordnet.


Ansprüche

1. Vorrichtung für fließende Gewässer mit wechselnden Salzgehalten oder Schwebstoffkonzentrationen in tidebedingten Brackwasserzonen, mit einer seitlichen Abzweigung bzw. Erweiterung in der Art einer Schleusenzufahrt oder eines Hafenbeckens, zur Vermeidung von Schlick-/Sandablagerungen, wobei im Bereich des Beginns der Abzweigung bzw. Erweiterung bezogen auf einen Flutstrom über eine im Abstand von der Uferbegrenzung angeordnete Umlenk-Trennwand einen Kanal ausbildet, dessen Querschnittsfläche einen kleinen Teil der Eintrittsquerschnittsfläche der Abzweigung bzw. Erweiterung beträgt und dessen Eintrittsöffnung im Flußbereich im Bereich des Beginns und dessen Austrittsöffnung im Bereich der Abzweigung bzw. Erweiterung liegen, dadurch gekennzeichnet, daß die Umlenk-Trennwand (6) im oberen Bereich bezogen auf die Wassertiefe angeordnet ist und im unteren Bereich bezogen auf die Wassertiefe sich im Flußbereich eine zusätzliche Ablenkwand (5) befindet, die zur Ablenkung eines sohlnahen Dichtestroms in Richtung zur Flußmitte hin ausgehend von der Uferbegrenzung (23) im Bereich der Umlenk-Trennwand (6) verläuft und in den Flußbereich (1) hineinragt.
 
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß im Bereich (21) des der Umlenk-Trennwand (6) gegenüberliegenden Endes der Abzweigung bzw. Erweiterung (2) ausgehend von der Uferbegrenzung (25) im Flußbereich (1) eine in Richtung zur Flußmitte weisende Ablenkwand (14) mindestens im unteren Bereich bezogen auf die Wassertiefe angeordnet ist.
 
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein Bereich (13,15) zwischen Ablenkwand (5,14) und Uferbegrenzung (23,25) mit Material verfüllt ist.
 
4. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß eine Begrenzungskante (16,26) des mit Material verfüllten Bereiches (13,15) der Ablenkwand (5,14) oben abgerundet ist.
 
5. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Umlenk-Trennwand (6) mindestens im Bereich außerhalb des mit Material verfüllten Bereiches (13) über Ständer (30) angeordnet ist.
 
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß jede Ablenkwand (5,14) zur wirbeifreien Ablenkung s-förmig ausgebildet ist.
 
7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Bereiche der Umlenk-Trennwand (6) und die Ablenkwand (5) sich teilweise überdecken.
 
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die im Bereich (21) des der Umlenk-Trennwand (6) gegenüberliegenden Endes der Abzweigung bzw. Erweiterung (2) liegende Uferspitze (21') strömungsabweisend abgeschnitten ist.
 




Zeichnung