[0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung von funktionellen Organylorganyloxysilanen
auf Trägerstoffen in Kabelcompounds, die bestimmte thermoplastische Basispolymere
sowie Füllstoffe enthalten. Die Erfindung betrifft weiterhin die Kabelcompounds als
solche sowie Kabel mit Umhüllungen aus diesen Kabelcompounds.
Stand der Technik
[0002] Unter Kabelcompounds versteht man Stoffmischungen, die ein Basispolymer sowie mineralische
(oder anorganische) verstärkende, streckende oder flammschützende Füllstoffe enthalten
und verwendet werden, um metallische Leiter elektrisch isolierend zu umhüllen. Es
ist bekannt, daß ein Zusatz von funktionellen Organylorganyloxysilanen das Dispergieren
des Füllstoffs im Basispolymer erleichtert und die Haftung zwischen Basispolymer und
Füllstoff verbessert. Funktionelle Organylorganyloxysilane sind in diesem Zusammenhang
solche Silane, die einen über ein Kohlenstoffatom an das Siliciumatom gebundenen organischen
Rest tragen, der seinerseits eine funktionelle Gruppe enthält. Die leichtere Dispergierung
und die bessere Haftung dürften auf eine durch das Silan bewirkte Hydrophobierung
der Oberfläche der Füllstoffteilchen zurückzuführen sein. Die bessere Haftung führt
zu besseren mechanischen Eigenschaften der Kabelumhüllung.
[0003] Beispielsweise sind aus EP 0 518 057 B1 flüssige, vinylgruppenhaltige Gemische aus
kettenförmigen und cyclischen Siloxanen bzw. Siloxan-Oligomeren und deren Verwendung
als Vernetzungsmittel, z. B. für Hochdruckpolyethylen, in Kabelmassen bekannt. Flüssige
Additive sind jedoch für die Verwender insofern problematisch, als die üblichen Einrichtungen
zum Wiegen und Dosieren kleiner Mengen von Additiven nur für Feststoffe ausgelegt
sind. Flüssige Kleinkomponenten müssen deshalb manuell verwogen und dosiert werden.
Dies ist in der Regel mit höheren Kosten verbunden und stellt eine zusätzliche Fehlerquelle
dar.
[0004] Eine bekannte Lösung dieses Problems besteht darin, flüssige funktionelle Organosilane
an hochadsorbierende oder -absorbierende Feststoffe zu binden, die dann als

trockene Flüssigkeiten" (oder

Dry Liquids") mit den üblichen Einrichtungen ohne weiteres gewogen und zudosiert werden
können. So beschreibt DE 195 03 779 A1 eine Kombination aus Kieselsäure und trans-Polyoctenamer
als Trägerstoff für flüssige Kautschukchemikalien, darunter Vinyl- und Mercaptosilane
sowie Schwefelsilane. In DE 44 35 311 A1 werden sogenannte Verstärkungsadditive aus
oligomeren und/oder polymeren schwefelhaltigen Organylorganyloxysilanen und halbaktiven,
aktiven und/oder hochaktiven Rußen als Trägerstoff beschrieben, die sich zur Verwendung
in Kautschukmischungen oder -massen sowie in Kunststoffmischungen eignen. In beiden
genannten Schriften werden allerdings Kabelcompounds nicht erwähnt. EP 0 428 073 B1
offenbart ein Verfahren, bei dem man (i) ein Basispolymer, (ii) ein schwammartiges
Polymer oder ein quellbares Polymer mit einem darin enthaltenen (Meth)acryloxy-funktionellen
Organosilan und (iii) einen freie Radikale liefernden Stoff mischt und die Mischung
aufschmilzt und homogenisiert. Auch dieses Verfahren ist nicht auf die Verwendung
der homogenisierten Mischungen für Kabelcompounds gerichtet. Dagegen heißt es in WO
97/07165, daß die dort beschriebenen festen Mischungen aus funktionellen Organosilanen
und bestimmten großoberflächigen Kieselsäuren mit niedriger Oberflächenenergie u.
a. bei der Isolierung von Drähten und Kabeln eingesetzt werden können.
[0005] Einer der Gegenstände der gegenwärtigen Erfindung ist die Verwendung (1) eines an
einen Trägerstoff gebundenen flüssigen funktionellen Organylorganyloxysilans oder
eines an einen Trägerstoff gebundenen flüssigen (Co)kondensats eines funktionellen
Organylorganyloxysilans zur Herstellung von Kabelcompounds, die ein (2) thermoplastisches,
polare funktionelle Gruppen tragendes Basispolymer und (3) einen verstärkenden oder
streckenden mineralischen Füllstoff enthalten.
[0006] Ein anderer Gegenstand der Erfindung sind Kabelcompounds, die (1) ein an einen Trägerstoff
gebundenes flüssiges funktionelles Organylorganyloxysilan oder ein an einen Trägerstoff
gebundenes flüssiges (Co)kondensat eines funktionellen Organylorganyloxysilans, (2)
ein thermoplastisches, polare funktionelle Gruppen tragendes Basispolymer und (3)
einen verstärkenden, streckenden oder flammschützenden mineralischen Füllstoff enthalten.
[0007] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung sind Kabel, deren metallische Leiter mit einem
solchen Kabelcompound umhüllt sind.
Funktionelle Organylorganyloxysilane
[0008] Funktionelle Organylorganyloxysilane im Sinne der Erfindung enthalten mindestens
einen über ein Kohlenstoffatom an ein Siliciumatom gebundenen organischen Rest (Organylrest),
z. B. einen geradkettigen oder verzweigten Alkylenrest mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen,
der mindestens eine funktionelle Gruppe trägt. Die funktionelle Gruppe kann z. B.
eine Hydroxyl-, Nitril-, Carbonyl-, Carboxyl-, Acyl-, Acyloxy-, Carboalkoxy-, Mercapto-,
Sulfan- (X
x), Epoxy- oder eine gegebenfalls durch ein oder zwei Kohlenwasserstoffreste mit 1
bis 6 Kohlenstoffatomen substituierte Aminogruppe sowie ein Halogenatom, insbesondere
ein Chloratom oder eine olefinische Doppel- oder eine C-C-Dreifachbindung sein. Der
organische Rest kann auch mehrere gleiche oder verschiedene funktionelle Gruppen enthalten,
z. B. zwei Aminogruppen oder einen Acylrest mit olefinischer Doppelbindung, wie den
(Meth)acryloxyrest. Die funktionellen Organylorganyloxysilane enthalten andererseits
mindestens einen hydrolysierbaren Rest, vorzugsweise drei hydrolysierbare Reste, z.
B. einen oder mehrere Alkoxy- oder Alkoxyalkoxyreste mit jeweils 1 bis 6 Kohlenstoffatomen.
Die funktionellen Organylorganyloxysilane können weiterhin ein oder zwei weitere,
nichtfunktionelle und nichthydrolysierbare Reste enthalten, z. B. einen Kohlenwasserstoffrest
mit bis zu 8 Kohlenstoffatomen, wie Methyl, Propyl oder n-Hexyl.
[0009] Beispiele für geeignete funktionelle Organylorganyloxysilane sind Vinyltrimethoxysilan,
Vinyltriethoxysilan, Vinyltris(2-methoxy-ethoxy)silan, 3-Mercaptopropyl-trimethoxysilan,
3-Glycidyloxypropyl-trimethoxysilan, 3-Glycidyloxypropyltriethoxysilan, 3-Methacryloxypropyl-triethoxysilan,
3-Methacryloxypropyl-trimethoxysilan und 3-Methacryloxypropyltris(2-methoxy-ethoxy)silan.
Bevorzugte funktionelle Organylorganyloxysilane sind gegebenfalls durch 1 oder 2 Alkylreste
mit jeweils 1 bis 6 Kohlenstoffatomen N-substituierte Aminoorganylorganyloxysilane,
weil die Umhüllungen aus den entsprechenden Compounds herausragende mechanische Eigenschaften
(wie Zugfestigkeit, Bruchdehnung, Reißfestigkeit und E-Modul) und elektrische Eigenschaften
(wie elektrischer Verlustfaktor, Dielektrizitätskonstante) aufweisen. Von den geeigneten
Aminoorganylorganyloxysilanen seien z. B. 3-Aminopropyl-trimethoxysilan, 3-Aminopropyltriethoxysilan,
3-Aminopropyl-methyl-diethoxysilan, N-Aminoethyl-3-aminopropyltrimethoxysilan, triamino-funktionelles
Propyltrimethoxysilan (N-Trimethoxysilylpropyl-diethylentriamin, auch als DYNASYLAN®
TRIAMO bezeichnet) und (N'-Aminoethyl)-N-aminoethyl-3-aminopropylsilan genannt.
[0010] Anstelle eines funktionellen Organylorganyloxysilans kann man auch ein Gemisch aus
einem oder mehreren dieser Stoffe einsetzen. Weiterhin lassen sich mit gleichem Erfolg
(Co)kondensate der funktionellen Organylorganyloxysilane mit gewichtsdurchschnittlichen
Molgewichten bis zu etwa 10.000 erfindungsgemäß verwenden. Hierunter werden Kondensate
(oder Oligomere) der funktionellen Organylorganyloxysilane bzw. Cokondensate dieser
Stoffe mit anderen, nichtfunktionellen Organylorganyloxysilanen oder Organyloxysilanen
verstanden. Von diesen seien beispielsweise Methyltrimethoxysilan, Methyltriethoxysilan,
n-Propyltrimethoxysilan, n-Propyltriethoxysilan, i-Butyltrimethoxysilan, i-Butyltriethoxysilan,
Octyltriethoxysilan, Hexadecyltrimethoxysilan und Tetraethoxysilan genannt. Man stellt
die (Co)kondensate z. B. in bekannter Weise durch Hydrolyse bzw. Cohydrolyse der Silane
mit begrenzten Mengen Wasser und anschließender Kondensation der Silanole her. In
den Cokondensaten sollte der Anteil der (Amino)-funktionellen Organylorganyloxysilane
mindestens 10 Gew.-%, vorteilhaft mindestens 50 Gew.-% betragen.
[0011] Weiterhin ist es möglich, statt eines Cokondensats das funktionelle Organylorganyloxysilan
zusammen mit einem nichtfunktionellen Organylorganyloxysilan oder Organyloxysilan
in dem für die Cokondensate angegebenen Mengenverhältnis einzu setzen.
[0012] Wenn in der Folge vereinfachend von funktionellen Organylorganyloxysilanen gesprochen
wird, sind immer bei Raumtemperatur flüssige Stoffe gemeint, wobei die erwähnten (Co)kondensate
eingeschlossen sind.
Trägerstoffe für die funktionellen Organylorganyloxysilane
[0013] Als Trägerstoffe eignen sich eine Vielzahl von an sich als Trägerstoffe bekannten
Materialien. Im einzelnen seien erwähnt:
- Flammkieselsäure, die im großtechnischen Maßstab durch kontinuierliche Hydrolyse von Siliciumtetrachlorid
in einer Knallgasflamme hergestellt wird. Dabei wird das Siliciumtetrachlorid verdampft
und reagiert anschließend innerhalb der Flamme mit dem aus der Knallgasreaktion stammenden
Wasser spontan und quantitativ. Die Flammkieselsäure ist eine amorphe Modifikation
des Siliciumdioxids in Form eines lockeren, bläulichen Pulvers. Die Teilchengröße
liegt im Bereich von wenigen Nanometern, die spezifische Oberfläche ist daher groß
und beträgt im allgemeinen 50 bis 600 m2/g. Die Teilchen sind nicht porös, die Aufnahme der funktionellen Organylorganyloxysilane
beruht allein auf Adsorption.
- Fällungskieselsäuren werden im allgemeinen aus Natronwasserglas-Lösungen durch Neutralisation mit anorganischen
Säuren unter kontrollierten Bedingungen hergestellt. Nach Abtrennung von der flüssigen
Phase, Auswaschen und Trocknen wird das Rohprodukt feingemahlen, z. B. in Dampfstrahlmühlen.
Auch Fällungskieselsäure ist ein amorphes Siliciumdioxid, das aber in der Regel eine
kleinere spezifische Oberfläche hat, meist im Bereich von 50 bis 150 m2/g. Fällungskieselsäure weist im Gegensatz zur Flammkieselsäure eine gewisse Porosität
auf (ca. 10 %). Die Aufnahme der funktionellen Organylorganyloxysilane erfolgt daher
sowohl durch Adsorption an der Oberfläche als auch durch Absorption in den Poren.
- Calciumsilikat wird technisch durch Zusammenschmelzen von Quarz oder Kieselgur mit Calciumcarbonat
bzw. -oxid oder durch Fällung von wäßrigen Natriummetasilikat-Lösungen mit wasserlöslichen
Calciumverbindungen hergestefit. Das sorgfältig getrocknete Produkt ist porös und
kann Wasser oder Öle bis zur fünffachen Gewichtsmenge aufnehmen.
- Poröses Polyethylen wird durch spezielle Polymerisationstechniken und -verfahren hergestellt und z. B.
von AKZO und DSM in technischen Mengen angeboten. Die Teilchengrößen liegen zwischen
3 und <1 mm, die Porosität beträgt über 50 %, so daß die Produkte große Mengen an
funktionellen Organylorganyloxysilanen zu absorbieren vermögen, ohne ihre Freifließ-Eigenschaften
zu verlieren.
- Als Wachse eignen sich insbesondere Polyolefinwachse auf Basis von LDPE (verzweigt, mit langen
Seitenketten). Der Schmelz- und Erstarrungspunkt liegt in der Regel zwischen 90 und
120 °C. Die Wachse lassen sich in der niedrigviskosen Schmelze gut mit den funktionellen
Organylorganyloxysilanen mischen. Die erstarrte Mischung ist hinreichend hart, so
daß sie granuliert werden kann.
- Ruß in seinen verschiedenen Handelsformen eignet sich z. B. zur Herstellung von schwarzen
Kabelummantelungen. Ruß wird hauptsächlich in Verbindung mit schwefelhaltigen Silanen
verwendet.
Herstellung der
Dry Liquids" aus funktionellen Organylorganyloxysilanen und Trägerstoffen
[0014] Zur Herstellung der

Dry Liquids" stehen unter anderem folgende Methoden zur Verfügung:
- Mineralische Träger oder poröse Polymere werden vorgewärmt, z. B. in einem Wärmeschrank auf 60 °C, und in einen zylindrischen
Behälter gegeben, der mit trockenem Stickstoff gespült und gefüllt wurde. Anschließend
wird das funktionelle Organylorganyloxysilan zugegeben und der Behälter in eine Rollvorrichtung
gelegt, durch die er ca. 30 min lang in Rotation versetzt wird. Nach dieser Zeit hat
sich aus dem Trägerstoff und dem flüssigen funktionellen Organylorganyloxysilan ein
rieselfähiges, oberflächlich trockenes Granulat gebildet, das zweckmäßig unter Stickstoff
in lichtundurchlässigen Behältern gelagert wird.
Alternativ kann man den erwärmten Trägerstoff in einen mit trockenem Stickstoff gespülten
und gefüllten Mischer, z. B. einen Pflugscharmischer vom Typ LÖDIGE oder einen Propellermischer
vom Typ HENSCHEL. Das Mischwerk wird in Betrieb genommen und das funktionelle Organylorganyloxysilan
nach Erreichen der maximalen Mischleistung □ ber eine Düse eingesprüht. Nach beendeter
Zugabe wird noch ca. 30 min homogenisiert und danach das Produkt, z. B. mittels einer
mit trockenem Stickstoff betriebenen pneumatischen Förderung, in lichtundurchlässige,
mit Stickstoff gefüllte Behälter abgefüllt.
- Wachs/Polyethylenwachs in pelletierter Form mit einem Schmelzpunkt von 90 bis 120 °C wird in einem beheizbaren
Gefäß mit Rührer, Rückflußkühler und Flüssigkeitszugabevorrichtung portionsweise aufgeschmolzen
und im schmelzflüssigen Zustand gehalten. Während des gesamten Herstellprozesses wird
trockener Stickstoff durch die Apparatur geleitet. Über die Flüssigkeitszugabevorrichtung
wird nach und nach das flüssige funktionelle Organylorganyloxysilan in die Schmelze
gegeben und durch intensives Rühren mit dem Wachs vermischt. Danach wird die Schmelze
zum Erstarren in Formen abgelassen, und das erstarrte Produkt wird granuliert. Alternativ
kann man die Schmelze auf ein gekühltes Formband auftropfen lassen, auf dem sie in
gebrauchsfreundlicher Pastillenform erstarrt.
Basispolymere
[0015] Es ist ein wichtiges Merkmal der Erfindung, daß das Basispolymer der Kabelcompounds
thermoplastisch ist und polare Gruppen trägt. Derartige Basispolymere ergeben z. B.
ein verbessertes Brandverhalten (d. h. geringere Entflammbarkeit und Rauchgasdichte)
und erhöhen das Füllstoffaufnahmevermögen. Polare Gruppen sind z. B. Hydroxyl-, Nitril-,
Carbonyl-, Carboxyl-, Acyl-, Acyloxy-, Carboalkoxygruppen oder Aminogruppen sowie
Halogenatome, insbesondere Chloratome. Nicht polar sind olefinische Doppelbindungen
oder C-C-Dreifachbindungen. Geeignete Polymere sind neben Polyvinylchlorid Copolymere
aus einem oder mehreren Olefinen und einem oder mehreren Comonomeren, die polare Gruppen
enthalten, z. B. Vinylacetat, Vinylpropionat, (Meth)acrylsäure, (Meth)acrylsäuremethylester,
(Meth)acrylsäureethylester, (Meth)acrylsäurebutylester, Acrylnitril. In den Copolymeren
finden sich die polaren Gruppen im allgemeinen in Mengen von 0,1 bis 50 Mol-%, vorzugsweise
von 5 bis 30 Mol-%, bezogen auf die Polyolefinbausteine. Gut geeignete Basispolymere
sind Ethylen-Vinylacetat-Copolymere. Beispielsweise enthält ein geeignetes handelsübliches
Copolymer 19 Mol-% Vinylacetat- und 81 Mol-% Ethylenbausteine.
Füllstoffe
[0016] Die Füllstoffe sind mineralisch (oder anorganisch) und können verstärkend oder lediglich
streckend sein. Sie tragen zumindest auf ihren Oberflächen Gruppen, die mit den Organyloxygruppen
des funktionellen Organylorganyloxysilans reagieren. Im Ergebnis wird dadurch das
Siliciumatom mit dem daran gebundenen funktionellen Organylrest auf der Oberfläche
chemisch fixiert. Solche Gruppen auf der Oberfläche des Füllstoffs sind insbesondere
Hydroxylgruppen. Bevorzugte Füllstoffe sind dementsprechend Metallhydroxide mit stöchiometrischem
Anteil oder, in ihren unterschiedlichen Entwässerungsstufen, mit substöchiometrischem
Anteil an Hydroxylgruppen bis hin zu Oxiden mit vergleichsweise wenigen restlichen,
aber durch DRIFT-IR-Spektroskopie nachweisbaren Hydroxylgruppen. Beispiele für geeignete
Füllstoffe sind Aluminiumtrihydroxid (ATH), Aluminiumoxidhydrat (AlOOH), Magnesiumhydroxid,
Brucit, Huntit, Hydromagnesit, Glimmer und Montmorillonit.
Mengenverhältnisse der verschiedenen Komponenten in den Kabelcompounds
[0017] Das Mengenverhältnis von funktionellem Organylorganyloxysilan zu Trägerstoff kann,
je nach der Art und dem Aufnahmevermögen des Trägerstoffs und abhängig von dem jeweiligen
Silan, in weiten Grenzen schwanken. Durch orientierende Versuche läßt sich unschwer
ermitteln, welche Mengen an dem gewünschten funktionellen Organylorganyloxysilan ein
bestimm ter Trägerstoff aufzunehmen vermag, ohne seine freifließenden Eigenschaften
zu verlieren. Im allgemeinen wendet man 20 bis 80 Gew.-% funktionelles Organylorganyloxysilan,
bezogen auf den Trägerstoff, an.
[0018] Der Anteil des Füllstoffs hängt von dessen Art, dem jeweiligen Basispolymer und den
Beanspruchungen ab, denen die Compounds bei bestimmungsgemäßer Verwendung ausgesetzt
sind. Im allgemeinen wird der Füllstoff in einer Menge von 5 bis 80 Gew.-%, vorteilhaft
von 50 bis 70 Gew.-%, bezogen auf das Compound, angewandt.
[0019] Die Menge des funktionellen Organylorganyloxysilans muß so bemessen sein, daß die
Oberfläche des Füllstoffs hinreichend belegt und hydrophobiert wird.
[0020] Dazu genügen verhältnismäßig kleine Mengen. Im allgemeinen setzt man 0,1 bis 5 Gew.-%
und zweckmäßig 0,5 bis 2 Gew.-% funktionelles Organylorganyloxysilan, bezogen auf
den Füllstoff, ein.
[0021] Für alle genannten Mengenverhältnisse gilt, daß sich die optimalen Werte für einen
gegebenen Verwendungszweck und gegebene Komponenten durch orientierende Versuch unschwer
ermitteln lassen.
Weitere Komponenten in den Kabelcompounds
[0022] Die Kabelcompounds nach der Erfindung können die für Compounds üblichen Zusatzstoffe
in den üblichen Mengen enthalten. Von diesen Zusatzstoffen seien beispielsweise UV-
und Hitzestabilisatoren, Gleitmittel, Extrudierhilfsmittel und Peroxide genannt. Ihr
Anteil an dem Compound liegt im allgemeinen unter 5 Gew.%.
Herstellung der Kabelcompounds aus Basispolymer, Füllstoff und
Dry Liquid"
[0023] Die Kabelcompounds werden durch Mischen der Komponenten in der Schmelze hergestellt,
zweckmäßig unter Feuchtigkeitsausschluß. Dafür eignen sich die üblichen heizbaren
Homogenisierapparate, z. B. Kneter oder, vorteilhaft bei kontinuierlichem Betrieb,
Extruder, insbesondere Doppelschneckenextruder. Die Komponenten werden, jeweils für
sich oder in Teilmischungen, in dem vorgegebenen Mengenverhältnis laufend dem auf
eine Temperatur oberhalb des Schmelzpunkts des Basispolymers erhitzen Extruder zugeführt.
Zweckmäßig läßt man die Temperatur zum Schneckenende hin ansteigen, um eine niedrigere
Viskosität einzustellen und dadurch eine innige Durchmischung zu ermöglichen. Die
Extrudate können noch flüssig einer Vorrichtung zur Ummantelung von elektrischen Leitern
zugeführt werden. Alternativ kann man sie erstarren lassen, um sie dann auf zweckentsprechende
Teilchengrößen zu zerkleinern.
[0024] Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung weiter erläutern, nicht aber ihren Anwendungsbereich
begrenzen, wie er in den Patentansprüchen dargelegt ist.
Beispiel 1 -
Dry Liquid" aus 3-Aminopropyl-triethoxysilan und Flammkieselsäure
[0025] In einen Labormischer vom Typ HENSCHEL FM/A 10 mit einem Fassungsvermögen von ca.
9 Liter werden 500 g Flammkieselsäure (AEROSIL® 200) gegeben, und der Mischer wird
in Gang gesetzt. Die Drehzahl des Mischwerkzeugs wird auf 400 U/min eingestellt. Man
ersetzt zunächst über die Dosiervorrichtung die Luft durch trockenen Stickstoff. Danach
wird die Flammkieselsäure über den Doppelmantel des Mischgefäßes mittels Thermostat
und Wärmeträgeröl auf 50 °C temperiert. Nach ca. 30 min wird über die Dosiervorrichtung
des Mischers 3-Aminopropyl-triethoxysilan (DYNASYLAN® AMEO von DEGUSSA-HÜLS AG) zudosiert,
und zwar 50 g/min, insgesamt 1.500 g. Nach Beendigung der Zugabe wird die Wärmezufuhr
eingestellt und das Mischgut noch 30 min gemischt. Danach wird das Mischgut, das

Dry Liquid", dem Mischer entnommen und unter Stickstoff in lichtundurchlässige Behälter
abgefüllt.
Beispiel 2-
Dry Liquid" aus Fällungskieselsäure und N-Aminoethyl-3-aminopropyl-trimethoxysilan
[0026] In ein zylindrisches Gefäß mit einem Außendurchmesser von 20 cm und einer Länge von
35 cm werden 800 g Fällungskieselsäure (ULTRASIL® VN3 von DEGUSSA-HÜLS AG) eingefüllt.
Die Füllung wird mit trockenem Stickstoff überlagert und das Gefäß verschlossen. In
einem Wärmeschrank wird der Ansatz 1 h auf 60 °C erwärmt. Das erwärmte Gefäß wird
geöffnet und der Inhalt mit 1.200 g N-Aminoethyl-3-aminpropyl-trimethoxysilan (DYNASYLAN®
DAMO von DEGUSSA-HÜLS AG) versetzt. Das Gefäß wird wieder geschlossen und anschließend
auf einer Walzenvorrichtung 30 min in Rotation versetzt. Das so erhaltene Produkt
ist oberflächlich trocken und rieselfähig. Es wird unter trockenem Stickstoff in lichtundurchlässige
Behälter abgefüllt.
Beispiel 3 - Bestimmung des extrahierbaren Anteils eines
Dry Liquids"
[0027] In die Extraktionshülse einer 100-ml-Soxhlet-Extraktionsapparatur werden jeweils
30 g des

Dry Liquid" gegeben, und in den Kolben werden 180 ml trockenes, analysenreines Methylethylketon
gefüllt. Das Methylethylketon wird zum Sieden erhitzt und das

Dry Liquid" über 2 h extrahiert. Die Extraktionshülse mit dem Extraktionsrückstand
wird getrocknet und gewogen. Der Gewichtsverlust wird als

extrahierbares Silan" berechnet. Die Ergebnisse gehen aus der folgenden Tabelle 1
hervor.
[0028] Aus der Tabelle geht hervor, daß das Silan praktisch vollständig reversibel an den
Trägerstoff gebunden ist.
Beispiel 4 - Verarbeitung von
Dry Liquids" zu Kabelcompounds / Vergleich von Flüssigsilan mit Silan auf Trägerstoff
[0029] Zur Herstellung von halogenfreien Kabelcompounds mit flammwidrigen Eigenschaften
(

Halogen-Free Flame-Retardant" [HFFR] Compounds) wurden die folgenden Komponenten verwendet:
Komponente |
Menge |
Aluminiumhydroxid (ATH) |
160 Teile |
Ethylen-Vinylacetat-Copolymer (EVA, 19 % VA) |
100 Teile |
IRGANOX® 1010 (UV-Stabilisator) |
1 Teil |
Funktionelle Organylorganyloxysilane:
[0030]
(1) 3-Aminopropyltriethoxysilan (DYNASYLAN® AMEO)
(2) N-Ethylamino-3-aminopropyl-trimethoxysilan (DYNASYLAN® DAMO)
(3) DYNASYLAN® 1291 (Mischung aus 3-Aminopropyl-trimethoxysilan und Methyltriethoxysilan
im Gewichtsverhältnis 2 : 1)
- als Flüssigkeit |
lt. Tabelle |
- als
 Dry Liquid" mit Fällungskieselsäure (ULTRASIL® VN3) als Trägerstoff |
lt. Tabelle |
[0031] Die Compoundierung wird in einem Zweischnecken-Extruder, Typ ZE 25, Fa. Berstorff,
Hannover, DE, vorgenommen (L/D-Verhältnis = 33, Schneckendurchmesser 25 mm, 125 U/min).
Zunächst wird das Basispolymer EVA in einem Umluftofen bei 60 °C eine Stunde getrocknet.
Bei Verwendung von flüssigem Silan wird dieses auf das getrocknete EVA gegeben und
darin innerhalb einer Stunde absorbiert. Wird das Silan als

Dry Liquid" eingesetzt, so wird das EVA damit vermischt. Der Stabilisator wird mit
dem ATH vermischt. EVA/Silan einerseits und ATH/Stablisator andererseits werden gravimetrisch
in den Extruder dosiert. Die Extruder-Temperatur steigt von der Zugabe bis zum Schneckenende
von 135 auf 170 °C. Die Verweilzeit beträgt maximal 150 sec. Es werden Bänder extrudiert,
aus denen Prüfkörper hergestellt werden.
[0032] An den Prüfkörpern wurden folgende Werte nach folgenden Vorschriften ermittelt:
Zugfestigkeit |
[N/mm], |
bestimmt nach |
EN ISO 527 |
Bruchdehnung |
[%], |
bestimmt nach |
EN ISO 527 |
Reißfestigkeit |
[N/mm], |
bestimmt nach |
EN ISO 527 |
Wasseraufnahme |
[mg/cm2], |
bestimmt durch |
Wägung |
[0033] Die folgende Tabelle 2 zeigt die Mengenverhältnisse und die erhaltenen Ergebnisse.
Die Teile sind Gewichtsteile.
Tabelle 2
|
|
 Dry Liquid" |
Testergebnisse |
Silan |
flüss. [Tle.] |
Silangehalt [%] |
Menge [Tle.] |
Zugfestigkeit [N/mm] |
Bruchdehnung [%] |
Reißfestigkeit [N/mm] |
Wasseraufnahme [mg/cm2] |
(1) |
1,5 |
- |
- |
16,3 |
210 |
10,2 |
4,02 |
(1) |
- |
75 |
2 |
16,5 |
215 |
10,0 |
3,96 |
(2) |
1,5 |
- |
- |
17,3 |
220 |
10,9 |
3,85 |
(2) |
- |
60 |
2,5 |
17,7 |
215 |
10,5 |
3,81 |
(3) |
1,5 |
- |
- |
16,6 |
226 |
12,4 |
3,40 |
(3) |
- |
75 |
2 |
16,8 |
222 |
12,7 |
3,34 |
[0034] Die mit flüssigem Silan erhaltenen Werte und die Werte mit Silan auf Trägerstoff
sind vergleichbar. Der Vorteil der leichteren Handhabung der

Dry Liquids" wird also nicht mit schlechteren Eigenschaften der Kabelcompounds erkauft.
1. Verwendung (1) eines an einen Trägerstoff gebundenen flüssigen funktionellen Organylorganyloxysilans
oder eines an einen Trägerstoff gebundenen flüssigen (Co)kondensats eines funktionellen
Organylorganyloxysilans zur Herstellung von Kabelcompounds, die (2) ein thermoplastisches,
polare funktionelle Gruppen tragendes Basispolymer und (3) einen verstärkenden oder
streckenden mineralischen Füllstoff enthalten.
2. Verwendung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Trägerstoff Flammkieselsäure ist.
3. Verwendung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Trägerstoff gefällte Kieselsäure ist.
4. Verwendung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Trägerstoff Calciumsilikat ist.
5. Verwendung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Trägerstoff ein Wachs ist.
6. Verwendung nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Wachs ein Polyolefinwachs auf Basis LDPE ist.
7. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
daß das funktionelle Organylorganyloxysilan ein gegebenfalls durch 1 oder 2 Alkylreste
mit jeweils 1 bis 6 Kohlenstoffatomen N-substituiertes Aminoorganylorganyloxysilan
ist.
8. Verwendung nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß das funktionelle Organylorganyloxysilan in Form eines (Co)kondensats mit nichtfunktionellen
Organylorganyloxysilanen mit einem gewichtsdurchschnittlichen Molgewicht bis zu etwa
10.000 verwendet wird.
9. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Basispolymer Polyvinylchlorid oder ein Copolymer aus einem oder mehreren Olefinen
und einem oder mehreren Comonomeren ist, die polare Gruppen enthalten.
10. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß der mineralische Füllstoff ein Metallhydroxid mit stöchiometrischem oder substöchiometrischem
Anteil an Hydroxylgruppen oder ein Metalloxid mit restlichen Hydroxylgruppen ist.
11. Kabelcompounds, die (1) ein an einen Trägerstoff gebundenes flüssiges funktionelles
Organylorganyloxysilan oder ein an einen Trägerstoff gebundenes flüssiges (Co)kondensat
eines funktionellen Organylorganyloxysilans, (2) ein thermoplastisches, polare funktionelle
Gruppen tragendes Basispolymer und (3) einen verstärkenden oder streckenden mineralischen
Füllstoff enthalten.
12. Kabel, deren metallische Leiter mit einem Kabelcompound nach Anspruch 11 umhüllt sind.