Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der elektrischen Isolationstechnik. Sie
bezieht sich auf ein Bauteil mit Absteuerung von elektrischen Feldüberhöhungen sowie
auf ein Herstellungsverfahren für ein solches Bauteil gemäss dem Oberbegriff der Patentansprüche
1 und 11.
Stand der Technik
[0002] Bei elektrischen Bauteilen treten elektrische Feldüberhöhungen zwischen spannungsführenden
leitenden Materialien mit positiven, kleinen Krümmungsradien auf, zum Beispiel an
Elektroden-Spitzen, metallischen Partikeln, am inneren Leiter von Koaxialkabeln, sowie
an Kanten und Ecken von Leistungshalbleitern. Solche Feldüberhöhungen können zu elektrischen
Durchbrüchen oder zu beschleunigter Alterung eines isolierenden Teils führen und müssen
daher in vielen Fällen vermindert oder verhindert werden.
[0003] Die Verringerung von Feldüberhöhungen, auch Absteuerung von elektrischen Feldüberhöhungen
oder Feldsteuerung genannt, wird meist mittels einer der folgenden zwei Strategien
bewerkstelligt:
[0004] Bei der geometrischen Feldsteuerung wird die Geometrie der spannungsführenden Materialien,
also der Leiter oder Elektroden angepasst, beispielsweise durch Abrundung von Ecken
und Kanten. Dies erfordert eine im allgemeinen aufwendige Bearbeitung der Elektroden.
[0005] Bei der kapazitiv-resistiven Feldsteuerung befindet sich zwischen den Leitern ein
makroskopisch homogenes, elektrisch nichtlineares Dielektrikum. Bei einem nichtlinearen
Dielektrikum sind die Dielektrizitätskonstante oder die Leitfähigkeit, oder sowohl
die Dielektrizitätskonstante als auch die Leitfähigkeit eine Funktion der elektrischen
Feldstärke. Beispielsweise wächst beim Anlegen einer Spannung eine geeignete nichtlineare
Leitfähigkeit oder Dielektrizitätskonstante in der Nähe einer spitzen Elektrode an,
wodurch das elektrische Feld dort vermindert wird. Somit verläuft im Betriebszustand
die Leitfähigkeit oder die Dielektrizitätskonstante des Dielektrikums inhomogen über
das Volumen des Dielektrikums. Es ist jedoch schwierig, die optimalen nichtlinearen
Materialeigenschaften einzustellen und entsprechende Materialien zu entwikkeln.
Darstellung der Erfindung
[0006] Es ist deshalb Aufgabe der Erfindung, ein Bauteil mit Absteuerung von elektrischen
Feldüberhöhungen zu schaffen, welches die oben genannten Nachteile behebt. Eine weitere
Aufgabe der Erfindung ist, ein Herstellungsverfahren für ein solches erfindungsgemässes
Bauteil zu schaffen.
[0007] Diese Aufgabe lösen ein Bauteil mit Absteuerung von elektrischen Feldüberhöhungen
und ein Herstellungsverfahren für ein solches Bauteil mit den Merkmalen der Patentansprüche
1 und 11.
[0008] Ein erfindungsgemässes Bauteil weist mindestens ein Isolationselement zur gegenseitigen
Isolation von mindestens zwei Leitern auf, wobei eine Dielektrizitätskonstante des
Isolationselements inhomogen über das Volumen des Isolationselements verläuft. Dabei
besteht das Isolationselement aus mindestens zwei Komponenten, wobei mindestens zwei
dieser Komponenten unterschiedliche Dielektrizitätskonstanten aufweisen.
[0009] Der inhomogene, ortsveränderliche Verlauf der Dielektrizitätskonstante des Isolationselements
ist eine Folge einer inhomogenen Verteilung der Komponenten. Mit dem Begriff "inhomogen"
ist hier eine kontinuerliche und ortsabhängige Änderung einer Grösse gemeint. Insbesondere
ist eine Konzentration einer Komponente mit höherer Dielektrizitätskonstante an Orten
der Isolation, die durchschlagsgefährdet sind, höher als an Orten die weniger durchschlagsgefährdet
sind. Durchschlagsgefährdet sind diejenigen Orte der Isolation, an denen bei Verwendung
eines dielektrisch homogenen Isolationsmaterials im Betriebszustand eine Überhöhung
eines elektrischen Feldes auftreten würde.
[0010] In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung sind die mindestens zwei Komponenten
mit unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten lineare Dielektrika. Bei diesen sind
Dielektrizitätskonstante und Leitfähigkeit im Wesentlichen nicht von der Feldstärke
abhängig.
[0011] Ein Vorteil dieser Ausführungsform ist, dass die elektrischen Eigenschaften des Isolationselementes
einfach einstellbar sind. Dies ist möglich, weil die elektrischen Eigenschaften eines
einzelnen linearen Dielektrikums, wie auch die elektrischen Eigenschaften eines Gemisches
linearer Dielektrika einfach einstellbar sind. Letzteres geschieht durch Wahl des
Mischungsverhältnisses.
[0012] Im erfindungsgemässen Herstellungsverfahren wird einem Zwischenraum zwischen Leitern
mit unterschiedlichem elektrischen Potential ein fluides Gemisch aus mindestens zwei
Komponenten mit unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten eingebracht, so dass sich
aufgrund eines durch die unterschiedlichen Potentiale entstehenden elektrischen Feldes
eine ortsabhängige Dichteverteilung der Komponenten einstellt. Durch diese inhomogene
Dichteverteilung wird auch die Dielektrizitätskonstante des Gemisches ortsabhängig,
wodurch wiederum Überhöhungen des elektrischen Feldes abgebaut werden.
[0013] Diese ortsabhängige Dichteverteilung ist eine Folge der Tatsache, dass auf einen
Dipol in einem inhomogenen Feld eine sogenannte dielektrophoretische Kraft wirkt.
Diese Kraft zieht den Dipol in Gebiete grosser absoluter Feldstärke. Dabei ist
F ∝ ∇ E
2
das heisst, ein auf den Dipol wirkender Kraftvektor F ist proportional zu einem Gradienten
eines Quadrats eines ortsabhängigen Absolutbetrags E einer elektrischen Feldstärke.
Da eine höhere Dielektrizitätskonstante einer höheren Dipolaritätsdichte entspricht,
folgt, dass sich in einem zunächst homogenen fluiden Gemisch zweier isolierender Komponenten
K1 und K2 mit Dielektrizitätskonstanten ε
1 und ε
2, wobei ε
1 > ε
2 ist, die Komponente K1 in Richtung höherer Feldstärke bewegt. Es entsteht daher ein
inhomogenes Gemisch, das heisst die relativen Anteile der Komponenten variieren ortsabhängig.
Dadurch ergibt sich auch eine inhomogene, kontinuierlich variierende, von einem Ortsvektor
X abhängige Dielektrizitätskonstante ε(X) des Gemisches. An Orten einer lokal erhöhten
Dielektrizitätskonstante nimmt eine Feldüberhöhung ab.
[0014] In einer bevorzugten Variante des erfindungsgemässen Herstellungsverfahrens wird
das Gemisch, beispielsweise eine Polymerschmelze, im flüssigen Zustand in ein geeignetes
elektrisches Feld gebracht und erstarrt im gewünschten inhomogenen Zustand.
[0015] In einer weiteren bevorzugten Variante des erfindungsgemässen Herstellungsverfahrens
sind die Komponenten des Gemisches Flüssigkeiten oder eine oder mehrere Flüssigkeiten
mit darin verteilten festen Teilchen oder Gasen.
[0016] In einer weiteren bevorzugten Variante des erfindungsgemässen Herstellungsverfahrens
werden Dipolmoleküle in einen festen Isolationskörper diffundiert.
[0017] Weitere bevorzugte Ausführungsformen gehen aus den abhängigen Patentansprüchen hervor.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
[0018] Im folgenden wird der Erfindungsgegenstand anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels,
welches in den beiliegenden Zeichnungen dargestellt ist, näher erläutert. Es zeigen:
- Figur 1
- eine koaxiale Elektrodengeometrie;
- Figur 2
- einen Verlauf der Feldstärke bei einem homogenen linearen Dielektrikum gemäss dem
Stand der Technik;
- Figur 3
- einen Verlauf der Dielektrizitätskonstante bei einem erfindungsgemässen Bauteil mit
einem inhomogenen Dielektrikum;
- Figur 4
- einen Verlauf der Feldstärke bei einem erfindungsgemässen Bauteil mit einem inhomogenen
Dielektrikum;
- Figuren 5-7
- Verläufe von Dielektrizitätskonstanten von weiteren Ausführungsformen gemäss der Erfindung;
- Figur 8
- einen Querschnitt durch ein erfindungsgemässes Koaxialkabel; und
- Figur 9
- einen Querschnitt durch ein erfindungsgemässes Halbleiterbauelement.
[0019] Die in den Zeichnungen verwendeten Bezugszeichen und deren Bedeutung sind in der
Bezugszeichenliste zusammengefasst aufgelistet. Grundsätzlich sind in den Figuren
gleiche Teile mit gleichen Bezugszeichen versehen.
Wege zur Ausführung der Erfindung
[0020] Ein erfindungsgemässes Herstellungsverfahren, woraus ein erfindungsgemässes elektrisches
Bauteil resultiert, wird auf eine beliebige Geometrie von Leitern oder Elektroden,
bei denen Feldüberhöhungen vermindert werden sollen, angewandt. Dazu wird ein fluides,
homogenes Gemisch von Komponenten mit unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten
in einen feldführenden Zwischenraum zwischen den Leitern eingebracht und die Leiter
auf unterschiedliches elektrisches Potential gebracht. Im Falle von mehr als zwei
Leitern entsprechen die Potential- und Feldverhältnisse vorzugsweise den im späteren
Betrieb zu erwartenden Verhältnissen. Aufgrund einer dielektrophoretischen Kraft werden
Dipole des Fluids in Richtung höherer Feldstärke bewegt. Da eine höhere Dielektrizitätskonstante
einer höheren Dipolaritätsdichte entspricht, ist die dielektrophoretische Kraft für
Komponenten mit grösserer Dielektrizitätskonstante grösser als für Komponenten mit
kleinerer Dielektrizitätskonstante. Bei zwei Komponenten K1 und K2 mit Dielektrizitätskonstanten
ε
1 und ε
2, wobei ε
1 > ε
2 ist, nimmt dadurch die Konzentration der Komponente K1 an Orten höherer Feldstärke
zu. An diesen Orten höherer Feldstärke ist bei einem linearen homogenen Dielektrikum
auch die Gefahre eines elektrischen Durchschlags erhöht.
[0021] Eine Bewegung von Dipolen in inhomogenen elektrischen Feldern ist in den Artikeln
"The Motion and Precipitation of Suspenoids in Divergent Electric Fields", Herbert
A. Pohl, Journal of Applied Physics, Vol. 22, Nr. 7, Juli 1951, und "Electric-field-induced
pattern formation in colloidal dispersions", M. Trau et al., Nature, Vol. 374, Nr.
30, März 1995, beschrieben.
[0022] Eine Dielektrizitätskonstante ε des Gemisches ist eine Funktion der Dielektrizitätskonstante
der Komponenten sowie eines Mischungsverhältnisses p. Es sei beispielsweise p gleich
dem Volumenanteil der Komponente K1. Somit ist p=1, wenn die Mischung nur die Komponente
K1 aufweist, und p=0, wenn die Mischung nur die Komponente K2 aufweist. Im allgemeinen
geht, wenn p von eins nach null geht, die Dielektrizitätskonstante ε des Gemisches
von ε
1 nach ε
2. Als nützliche Näherung dient oft für flüssige Gemische ein linearer Zusammenhang

[0023] Somit nimmt mit der Konzentration der Komponente mit höherer Dielektrizitätskonstante
auch die Dielektrizitätskonstante an Orten höherer Feldstärke zu. Als Folge dieser
lokal erhöhten Dielektrizitätskonstante nimmt die Feldüberhöhung und damit auch die
Gefahr eines Durchschlags ab. Es stellt sich eine inhomogene Gleichgewichtsverteilung
der Komponenten K1 und K2 ein, mit einer von einem Ortsvektor X abhängigen Dielektrizitätskonstante
ε(X). Rechnerisch wird diese Verteilung aus einer Minimierung des relevanten thermodynamischen
Potentials erhalten. Aus der Diskussion des Resultats ergibt sich eine optimale Wahl
des Mischungsverhältnisses der Komponenten sowie der Dielektrizitätskonstanten ε
1 und ε
2.
[0024] Für die oben beschriebene Kraft- und Bewegungswirkung ist der Absolutbetrag der Feldstärke
massgebend, so dass für das erfindungsgemässe Verfahren sowohl Gleichspannungen als
auch Wechselspannungen zwischen die Leiter gelegt werden können. Verallgemeinerungen
auf Komponenten mit nicht vernachlässigbarer Leitfähigkeit geschehen analog zur allgemeinen
Theorie der Dielektrophorese, das heisst über die komplexe Dielektrizitätskonstante,
welche von einer Frequenz einer wirksamen Wechselspannung abhängig ist.
[0025] Alle beschriebenen Vorgänge gelten selbstverständlich und in analoger Weise auch
für Mischungen mit mehr als zwei dielektrischen Komponenten.
[0026] Für flüssige Isolationen und Gasisolationen werden Mischungen von Komponenten mit
verschiedenen Dielektrizitätskonstanten, respektive atomaren Polarisierbarkeiten oder
permanenten Dipolmomenten gewählt. Bei Flüssigkeiten sind entweder alle Komponenten
flüssig, oder aber es liegen eine oder mehrere der Komponenten in fester oder gasförmiger
Phase vor, welche dispersiv in der flüssigen Phase verteilt sind. Dabei werden die
Parameter so gewählt, dass keine elektrorheologischen Instabilitäten auftreten. Als
Dipole einer Komponente wirken, je nach dem Aggregatzustand der Komponente, beispielsweise
Partikel, Moleküle oder Ionen mit angelagerten Molekülen.
[0027] Um Festkörper-Isolationen herzustellen, werden die Komponenten im flüssigem Zustand
ins geeignete elektrische Feld gebracht und erstarren im gewünschten inhomogenen Zustand.
Auch hier sind beispielsweise alle Komponenten vorerst flüssig, oder aber feste oder
gasförmige Komponenten sind in einer flüssigen Phase sehr fein verteilt. Die Viskosität
von zähflüssigen Gemischen wird beispielsweise über eine Scherkraftabhängikeit durch
Vibration des Gemisches erniedrigt. Die zwischen den Leitern angelegte Spannung wird
beispielsweise zu Beginn des Verfahrens nicht allzu gross gewählt und während einer
mit der Ausbildung der ortsveränderlichen Dielektrizitätskonstante einhergehenden
Erhöhung der Durchschlagsfestigkeit vergrössert. Die Erstarrung ist beispielsweise
eine Aushärtung oder eine Gelierung und wird beispielsweise durch eine durch Erhitzen
oder Zugabe eines Härtungsmittels ausgelöste chemische Reaktion bewirkt, oder durch
schnelles Abkühlen des Komponentengemisches verursacht, oder durch einen Aushärtungsprozess,
der aufgrund der chemischen Eigenschaften des Komponenten mit ihrer Durchmischung
beginnt.
[0028] Bei der Wahl der Materialien und Mischungsverhältnisse werden vorzugsweise Sedimentationseffekte,
bei homogenen Gemischen vorzugsweise Einflüsse von freien Mischungsenergien und bei
heterogenen Gemischen wie auch bei der Elektroden-Benetzung die verschiedenen Grenzflächenenergien
respektive das Benetzungsverhalten berücksichtigt und ausgenutzt.
[0029] Dazu werden Materialien und allfällige Additive derart gewählt, dass eine dielektrische
Energie relativ zu einem Entropieanteil einer freien Energie möglichst hoch wird.
Die dielektrische Energie ist ein Mass für die im Dielektrikum gespeicherte elektrische
Feldenergie, während der Entropieanteil der freien Energie ein Mass für die Neigung
des Gemisches zur Diffusion, das heisst zur Unterdrückung von Inhomogenitäten ist.
Es sei beispielsweise eine zylindrische innere Elektrode gegeben, welche auf einem
Potential U gegenüber einer im Unendlichen liegenden konzentrischen zylindrischen
äusseren Elektrode liegt. Im Falle eines Gemisches von gleichlangen Polymeren unterschiedlicher
Dielektrizitätskonstante beträgt ein Mass Z für ein Verhältnis der dielektrischen
Energie zum Entropieanteil der freien Energie

wobei Δε eine Differenz der Dielektrizitätskonstante der Mischungskomponenten,
N eine Anzahl Monomere pro Polymer, ρ eine Dichte von Momomeren pro Volumeneinheit,
k die Bolzmannkonstante,
T eine absolute Temperatur des Gemisches und
r ein Radius der inneren zylindrischen Elektrode ist. Vorteilhafterweise werden Materialien
und Zusätze derart gewählt, dass Z möglichst gross, insbesondere grösser als eins
ist. Dabei ist U kleiner als eine Durchbruchspannung der Anordnung.
[0030] Um den Einfluss von Diffusionskräften gegenüber der Kraft des elektischen Feldes
weiter zu verkleinern, werden Parameter des Gemisches vorzugsweise in folgender Weise
gewählt: Gemäss der Theorie der spinodalen Entmischung lässt sich, wie in Figur 10
gezeigt, eine durch zwei Parameter, beispielsweise der Temperatur
T und des Mischungsverhältnissses p von Komponenten aufgespannte Ebene aufteilen in
erste Gebiete 11, in denen die Komponenten mischbar ist, zweite Gebiete 12, in denen
sie nicht mischbar sind, und eventuell dazwischenliegende dritte Gebiete 13 mit metastabilen
Zuständen. Eine Grenze zwischen zweiten und dritten Gebieten 12 und 13 wird Spinodale
14 genannt, eine Grenze zwischen ersten und dritten Gebieten 11 und 13 wird Binodale
15 genannt. Die beiden Grenzen treffen sich in einem Extremum bezüglich der Temperatur,
einem sogenannten kritischen Punkt 16. Im allgemeinen Fall können Extrema Maxima oder
Minima sein. Zusätzlich zu den in der Figur 10 gezeigten Gebieten können beispielsweise
für höhere Temperaturen weitere Gebiete auftreten, in denen die Komponenten nicht
mischbar sind. Es ist bekannt, dass eine effektive Diffusionskonstante bezüglich p
auf der Spinodalen 14 ihr Vorzeichen wechselt und in der Nähe der Spinodalen 14 kleine
Werte annimmt. Weiter sollen die Komponenten mischbar sein, da der entmischte Zustand
isolationstechnisch nachteilig ist. Aus diesen beiden Gründen wird der Zustand des
Gemisches im erfindungsgemässen Herstellungsverfahren vorteilhafterweise im ersten
Gebiet 11 und möglichst nahe an der Spinodalen 14 gewählt, also in der Nähe des kritischen
Punkts 16. Dadurch wird die effektive Diffusionskonstante positiv und möglichst klein.
Die Beeinflussung des Zustandes geschieht beispielsweise durch Temperatur
T und Mischungsverhältnis p, oder durch zusätzliche Komponenten oder Additive, oder
durch Wahl von Gemischen, welche einen Flory-Huggins Parameter aufweisen, der einem
gewünschten Extremum 15 entspricht.
[0031] Im Falle dass grössere Feldstärken möglich sind, das heisst, dass Z nicht klein gegen
eins ist, verschiebt sich die optimale Wahl des Gemisches vom kritischen Punkt 16
bei gleichgleibender Temperatur zu einem Mischungsverhältnis mit einem geringeren
Anteil der Komponente mit höherer Dielektrizitätskonstante.
[0032] Geeignete Komponentensubstanzen sind beispielsweise isolierende Flüssigkeiten mit
unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten, beispielsweise isolierende Öle. Geeignete
heterogene Gemische sind beispielsweise sehr fein pulverisierte Ferrolektrika oder
nichtdissoziierende Additive mit grosser Polarisierbarkeit in isolierendem Gel oder
Öl. Weitere geeignete Komponenten für homogene oder heterogene flüssige Gemische sind
beispielsweise Polymere oder Polymerschmelzen, sowie Lösungen von flüssigen respektive
geschmolzenen Polymeren.
[0033] Die folgenden Gemische sind Beispiele für erfindungsgemäss verwendbare flüssige Gemische,
wobei die angegebene Temperatur jene des kritischen Punktes des entsprechenden Gemisches
ist:
■ Gemisch 1: Annähernd 4 bis annähernd 6 Volumenprozent Polystyrol in Cyclohexan bei
ca. 30 °C,
■ Gemisch 2: annähernd 36 bis annähernd 38 Volumenprozent Nitrobenzen in n-Hexan bei
ca. 20 °C, und
■ Gemisch 3: annähernd 17 Gewichtsprozente Poly(p-Chlorstyrol) in Ethylcarbitol bei
ca. 35 °C. Carbitol® ist ein Diethylenglykolmonoethylether.
[0034] Um Festkörper-Isolationen herzustellen werden in einer anderen Variante des erfindungsgemässen
Herstellungsverfahrens Dipole in einen isolierenden Festkörper oder ein Festkörpergitter
eindiffundiert. Dazu wird beispielsweise der Festkörper einer hohen Temperatur und
einer hohen elektrischen Spannung ausgesetzt. Die Temperatur ist so hoch, dass die
Diffusion erleichtert wird, aber nicht so hoch, dass das Material zerstört wird, beispielsweise
durch eine temperaturbedingte Erniedrigung einer Durchbruchfeldstärke oder durch chemische
Veränderungen.
[0035] Die Figur 1 zeigt als Beispiel für eine Anwendung des erfindungsgemässen Herstellungsverfahrens
einen Querschnitt durch eine koaxiale Elektrodengeometrie, beispielsweise ein Koaxialkabel.
Diese weist eine innere Elektrode E1 mit einen inneren Radius r1 und eine äussere
Elektrode E2 mit einen äusseren Ra-Radius r1 und eine äussere Elektrode E2 mit einen
äusseren Radius r2 auf. Bei Anlegen einer Spannung U zwischen den Elektroden ergibt
sich für ein homogenes Medium zwischen den Elektroden ein elektrisches Feld, dessen
Betrag E nur von einem Radius r abhängig ist, und der für r1<r<r2 bei vorgegebener
Spannung U durch E(r) =U/[r*ln(r2/r1)] gegeben ist. Der Verlauf von E(r) ist in Figur
2 dargestellt. E(r) ist maximal bei r=r1, minimal bei r=r2, und unabhängig von der
Dielektrizitätskonstante des Mediums zwischen den Elektroden.
[0036] Der Raum zwischen den beiden Elektroden wird mit einem Gemisch zweier Flüssigkeiten
K1 und K2 mit Dielektrizitätskonstanten ε
1 und ε
2, wobei ε
1 > ε
2 ist, gefüllt. Es wird eine elektrische Spannung zwischen den Elektroden angelegt,
wonach nach dem oben Gesagten eine inhomogene Dichteverteilung eintritt und daraus
eine ortsveränderliche Dielektrizitätskonstante ε(r) des Gemisches resultiert. Vorzugsweise
ist die elektrische Spannung möglichst hoch, aber ohne dass ein Durchschlag zwischen
den Elektroden auftritt.
[0037] Der radiusabhängige Verlauf von ε(r) ist vom Mischungsverhältnis p der Dielektrika
abhängig. Für die trivialen Fälle p=1 oder p=0 besteht das Fluid zwischen den Elektroden
nur aus der Komponente K1 respektive nur aus Komponente K2. Dann ist das Medium homogen
und die Feldstärke E(r1) bei der inneren Elektrode maximal.
[0038] Zwischen den obigen Extrema von p existiert ein Minimum von E(r1) als Funktion von
p. Aus der Abhängigkeit der effektiven Dielektrizitätskonstante ε einer Mischung vom
Mischungsverhältnis p und den Dielektrizitätskonstanten ε
1 und ε
2 der Komponenten wird dieses Minimum beispielsweise theoretisch bestimmt. Im allgemeinen
wird sich eine mit r abnehmende Dielektrizitätskonstante einstellen.
[0039] Figuren 5, 6 und 7 zeigen einige Fälle des radiusabhängigen Verlaufes der Dielektrizitätskonstante
ε(r). Beim Verlauf gemäss Figur 5 hat sich die Mischung in der Nähe der äusseren Elektrode
E2 vollständig entmischt, so dass die Dielektrizitätskonstante dort konstant ε
2 beträgt. Beim Verlauf gemäss Figur 6 hat sich die Mischung in der Nähe der inneren
Elektrode E1 vollständig entmischt, so dass die Dielektrizitätskonstante dort konstant
ε
1 beträgt. Beim Verlauf gemäss Figur 7 hat sich die Mischung bei beiden Elektroden
entmischt. Vorzugsweise wird ein Verlauf gemäss Figur 3 erreicht, bei dem die Dielektrizitätskonstante
ε(r) zwischen r1 und r2 proportional zu 1/r verläuft.
[0040] Figur 3 zeigt den theoretisch optimalen Fall, das heisst einen zu 1/r proportionalen
Verlauf der Dielektrizitätskonstante ε(r). In diesem Fall ergibt sich ein ortsunabhängiges
Feld, dessen Betrag konstant gleich E=U/(r2-r1) ist. Damit ist die ursprüngliche Feldüberhöhung
um einen Faktor r1/r2 vermindert worden. In der Realität wird dieser Verlauf, insbesondere
wegen der Diffusion, nur annähernd erreicht.
[0041] Figur 4 zeigt den im optimalen Fall resultierenden konstanten Verlauf der Feldstärke
E als ausgezogene Gerade. Im Vergleich mit dem von 1/r abhängigen Feldstärkeverlauf
aus Figur 2 ist ein Maximum der Feldstärke wesentlich niedriger. Da das Integral von
E über den Abstand r2-r1 immer die gleiche angelegte Spannung U ergeben muss, ist
offensichtlich, dass eine minimale Feldüberhöhung durch eine konstante Feldstärke
E erreicht wird. Realistischerweise ist eine solcher Verlauf nicht erreichbar, und
wird die Feldstärke E von r1 nach r2 hin sinken.
[0042] In einer bevorzugten Variante des erfindungsgemässen Herstellungsverfahrens wird
es auf die Isolation in Koaxialkabeln angewandt. Die Komponenten, beispielsweise Zweikomponenten-Polymere,
werden dabei im flüssigen Zustand verarbeitet. In einer solchen feldsteuernden Kabelisolation
wird, wie oben gezeigt, die übliche 1/r-Feldverteilung homogenisiert, wodurch dünnere
Kabelisolationen möglich werden. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für starre
Koaxialleiter.
[0043] Figur 8 zeigt einen Querschnitt durch ein erfindungsgemässes Koaxialkabel. Es weist
einen Innenleiter 1, einen Mantel 2 und ein Isolationselement 3 auf. Die inhomogene
Verteilung von Komponenten des Isolationselements 3 mit unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten
ist durch die Verteilung von schwarz und weiss ausgefüllten Kreisen angedeutet. Eine
erhöhte Dichte von schwarz ausgefüllten Kreisen bezeichnet eine erhöhte Dichte oder
Konzentration einer Komponente mit höherer Dielektrizitätskonstante, wie in ersten
Gebieten 4. Eine erhöhte Dichte von weiss ausgefüllten Kreisen bezeichnet eine erhöhte
Dichte oder Konzentration einer Komponente mit tieferer Dielektrizitätskonstante,
wie in zweiten Gebieten 5. Die Konzentration der Komponente K1 mit höherer Dielektrizitätskonstante
ε
1 ist in der Nähe des Innenleiters höher als an anderen Orten des Isolationselements
3, die Konzentration der Komponente K2 mit Dielektrizitätskonstante ε
2, wobei ε
1>ε
2 ist, ist in der Nähe des Mantels höher. Die Komponente K1 ist beispielsweise ein
festes oder flexibles Polymer, die Komponente K2 ist beispielsweise ein Polymer oder
besteht aus fein verteilten Teilchen.
[0044] In einer anderen bevorzugten Variante des erfindungsgemässen Herstellungsverfahrens
werden ein oder mehrere Halbleiterbausteine eines Leistungshalbleitermoduls, beispielsweise
von einem Thyristor, IGBT oder IGCT, mit einer Isoliermasse aus einem erfindungsgemässen
Materialgemisch umgossen. Da die Anforderungen an herkömmliche feldsteuernde Materialien
wegen der kleinen Dimensionen und engen Toleranzen sehr hoch sind, können die gemäss
der vorliegenden Erfindung erzeugten Materialien mit räumlich variierender Dielektrizitätskonstante
in dieser Situation die Felder sehr effizient absteuern.
[0045] Figur 9 zeigt einen Querschnitt durch ein erfindungsgemässes Halbleiterbauelement.
Es weist ein oder mehrere Halbleiter 6, ein oder mehrere Basiselemente 7 und ein oder
mehrere Basisisolatoren 8 auf. Diese sind durch ein Isolationselement 3 umgeben. Die
inhomogene Verteilung von Komponenten mit unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten
ist in gleicher Weise wie oben angedeutet. Die Konzentration der Komponente K1 mit
höherer Dielektrizitätskonstante ε
1 ist an Orten, an denen bei Verwendung eines linearen, dielektrisch homogenen Isolationselementes
Feldüberhöhungen auftreten würden, also beispielsweise in der Nähe von Aussenkanten
der Halbleiter 6, höher als an anderen Orten des Isolationselementes.
[0046] Prinzipiell sind erfindungsgemässe Bauteile und das erfindungsgemässe Verfahren für
alle Isolationsanwendungen verwendbar. Weitere Beispiele sind Kabelzubehör, Durchführungen,
Kondensatoren, Transformator- und Generator-Isolationen.
Bezugszeichenliste
[0047]
- E1
- innere Elektrode
- E2
- äussere Elektrode
- r1
- innerer Radius
- r2
- äusserer Radius
- 1
- Innenleiter
- 2
- Mantel
- 3
- Isolationselement
- 4
- Gebiet höherer Dielektrizitätskonstante
- 5
- Gebiet niedrigerer Dielektrizitätskonstante
- 6
- Halbleiter
- 7
- Basiselement
- 8
- Basisisolator
- 11
- erstes Gebiet, Komponenten mischbar
- 12
- zweites Gebiet, Komponenten nicht mischbar
- 13
- drittes Gebiet, metastabiles Gemisch
- 14
- Spinodale
- 15
- Binodale
- 16
- kritischer Punkt
1. Elektrisches Bauteil, welches mindestens zwei Leiter und mindestes ein Isolationselement
(3) aufweist, wobei das mindestens eine Isolationselement (3) die Leiter gegeneinander
isoliert und mindestens im Betriebszustand eine über das Volumen des Isolationselementes
(3) inhomogen verlaufende Dielektrizitätskonstante aufweist, dadurch gekennzeichnet,
dass sich das mindestens eine Isolationselement (3) aus mindestens zwei Komponenten
zusammensetzt, wobei mindestens zwei dieser Komponenten unterschiedliche Dielektrizitätskonstanten
aufweisen.
2. Elektrisches Bauteil gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
dass eine Konzentration einer ersten Komponente mit einer Dielektrizitätskonstante
ε1 an durchschlagsgefährdeten Orten höher ist als an anderen Orten, und
dass eine Konzentration einer zweiten Komponente mit einer Dielektrizitätskonstante
ε2 an durchschlagsgefährdeten Orten niedriger ist als an anderen Orten,
wobei ε1 grösser als ε2 ist.
3. Elektrisches Bauteil gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens
zwei Komponenten mit unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten lineare Dielektrika
sind.
4. Elektrisches Bauteil gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens
eine Isolationselement (3) aus einem Festkörper gefertigt ist.
5. Elektrisches Bauteil gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens
eine Isolationselement (3) aus einem fluiden Gemisch gefertigt ist.
6. Elektrisches Bauteil gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens
eine Isolationselement (3) aus einem Gemisch aus mindestens zwei Komponenten gefertigt
ist, wobei eine erste Komponente eine Flüssigkeit ist, und eine zweite Komponente
in der ersten Komponente oder einer weiteren Komponente verteilte feste Teilchen oder
Gase sind.
7. Elektrisches Bauteil gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens
eine Isolationselement (3) aus einem Festkörper mit eindiffundierten Dipolmolekülen
besteht.
8. Elektrisches Bauteil gemäss einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass
das Bauteil ein Koaxialleiter ist.
9. Elektrisches Bauteil gemäss Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass
eine Konzentration einer ersten Komponente mit einer Dielektrizitätskonstante ε1 in der Nähe eines Innenleiters (1) des Koaxialleiters höher ist als in der Nähe eines
Mantels (2) des Koaxialleiters, und
dass eine Konzentration einer zweiten Komponente mit einer Dielektrizitätskonstante
ε2 in der Nähe des Innenleiters (1) niedriger ist als in der Nähe des Mantels (2), wobei
ε1 grösser als ε2 ist.
10. Elektrisches Bauteil gemäss einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass
das Bauteil ein Halbleiterbauelement ist.
11. Verfahren zur Herstellung eines elektrischen Bauteils gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
dass zwischen die Leiter ein fluides Gemisch aus mindestens zwei Komponenten mit unterschiedlichen
Dielektrizitätskonstanten eingebracht wird,
dass das Isolationselement (3) einem elektrischen Feld ausgesetzt wird, bis sich eine
ortsabhängige Dichteverteilung der Komponenten aufgrund des elektrischen Feldes eingestellt
hat.
12. Verfahren gemäss Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass sich ein Zustand des Gemisches
mindestens annähernd auf einer Spinodalen (14) des Gemisches befindet, insbesondere
mindestens annähernd in einem Extremum (16) der Spinodalen (14) des Gemisches.
13. Verfahren gemäss Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass das fluide Gemisch erstarrt,
nachdem sich die ortsabhängige Dichteverteilung der Komponenten eingestellt hat.
14. Verwendung eines Materialgemisches mit mindestens zwei, unterschiedliche Dielektrizitätskonstanten
aufweisende Komponenten, wobei eine relative Dichteverteilung der Komponenten ortsabhängig
ist, zur Absteuerung von Überhöhungen eines elektrischen Feldes zwischen Leitern.