[0001] Die Erfindung betrifft ein Bindemittelsystem auf Wasserglasbasis, bestehend aus einer
wässrigen Alkalisilikatlösung der allgemeinen Zusammensetzung: xSiO
2 · yM
2O · zH
2O, wobei für M die Alkalionen Li
+, K
+ oder Na
+ stehen und einer hygroskopischen Base, die im Verhältnis 1 : 4 bis 1 : 6 zugesetzt
wird, wobei der Modul Na
2O/SiO
2 gleich 2,5 bis 3,5 bei einem Feststoffanteil von 20 bis 40 % beträgt und wobei als
hygroskopische Base 30%ige Natronlauge in einer wässrigen Lösung verwendet wird, sowie
ein Kernsandgemisch und ein Verfahren zu seiner Herstellung.
[0002] Der im Bindemittelsystem enthaltende Binder dient zur Herstellung von Kernformlingen
für Gießereizwecke. Binder sind Bestandteil eines Formstoffes, der unter bestimmten
Voraussetzungen, wie Anfeuchtung bzw. Quellung und Silikatbildung, den Verbund zwischen
den einzelnen Sandkörnern herstellt. Neben den reinen Quellbindern und keramischen
Bindern werden auch chemische Binder auf Wasserglasbasis oder auf Kunstharzbasis verwendet,
die chemisch miteinander reagieren und sich dabei verfestigen.
[0003] Die bekannten Binder sind entweder nicht ausreichend stabil oder zeigen unerwünschte
Nebenwirkungen bzw. Abfallprodukte, die die Umwelt gefährden. Als ein günstiger Kompromiß
haben sich daher wasserglasgebundene Formstoffe erwiesen, die über eine Dehydratation
feste Phasen bilden und dabei verfestigen. Es ist jedoch nicht immer einfach, die
Verfestigungsprozesse so zu steuern, daß sie erst in der Kernbüchse eintreten. Insbesondere
durch Verwendung moderner Kernformmaschinen besteht die Gefahr einer frühzeitigen
Verfestigung des Formsandes. Dadurch werden die geforderten guten Fließeigenschaften
des Sandes beim Einströmen in die Kernbüchse nicht erreicht.
[0004] Aus der DE-OS 15 08 634 (Diamond Shamrock Corp.) ist ein Bindemittel für Rohmassen
zur Herstellung von selbsthärtenden Gießformen und Gießkernen bekannt. Das Bindemittel
besteht aus Natriumsilikat mit einem Molverhältnis Na
2O zu SiO
2 von 1 : 1, 5 bis 1 : 3 und Kaliumhydroxid, das in Form einer wässrigen Lösung zugegeben
wird. Bei der Abbindung wird unter exothermer Reaktion Wasserstoff freigegeben, wobei
die Abbindezeit durch die Zugabe von Kaliumhydroxid verkürzt wird. Eine Wärmezufuhr
von außen ist nicht vorgesehen, wobei ein weiteres siliziumhaltiges Material, z.B.
Ferrosilizium, zugesetzt werden muß, dessen Korngröße jedoch unterhalb von 0,15 mm
liegen sollte. Die schnelle Abbindung ist daher nur unter bestimmten, eng limitierten
Voraussetzungen und der Anwesenheit mehrerer Komponenten möglich, die genau kontrolliert
werden müssen.
[0005] Aus der DD 82 809 (DDR-Patent) wird zur Verbesserung der Verarbeitungsfähigkeit beim
Naßgußverfahren von Wasserglas-Bentonit bzw. Wasserglas-Tongemischen 1,0 bis 2,0 %
Natronlauge einem Formstoffgemisch zugesetzt. Der Formstoff besteht neben 2,0 bis
5,0 % Natrumsilikat aus 0,5 bis 1,0 % Stärke und 2,0 bis 4,0 % Ton, Rest Quarzsand.
Die Formmasse wird dem Modell angelegt, mit Füllsand hinterfüllt und die fertige Grünform
chemisch oder thermisch verfestigt. Es handelt sich daher um Grünsandformen, die für
eine maschinelle Kernherstellung nicht geeignet sind. Die daraus hergestellten Probekörper
werden gehärtet durch Veresterung während einer Trocknung von 1 Stunde bei 200°C und
dann einer Druckprobe unterzogen, wobei sich eine maximale Festigkeit von 500 bis
600 N/m
2 ergab. Dieser Maximalwert wurde nur mit einem Formstoff erreicht, bei dem die oberflächenaktive
Komponente eine Gesamtmenge von 0,1 %, bezogen auf die Gesamtmenge des Materials,
nicht überschreitet.
[0006] Aus der DE 29 09 107 ist ein Verfahren bei Herstellung von Körpern aus körnigem und/oder
faserhaltigem Material mit Natriumsilikat oder Kaliumsilikat als Bindemittel bekannt,
wobei der Mischung des Materials ein oberflächenaktiver Stoff zugesetzt wird. Der
oberflächenaktive Stoff kann aus einem Tensid, Silikonöl oder einer Silikonemulsion
bestehen und zwar in einer Menge von höchstens 0,1 %, auf die Gewichtsmenge Material
berechnet.
[0007] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Bindemittelsystem für die maschinelle
Kernherstellung durch Kernschießen/Kernblasen zu entwickeln, das sich leicht im Trockenverfahren
(im trockenen, pulverisierten Zustand) verarbeiten läßt und dabei eine verbesserte
Fließfähigkeit und verkürzte Abbindezeit aufweist.
[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die in den Patentansprüchen angegebenen
Merkmale gelöst.
[0009] Das neue Bindemittelsystem auf Wasserglasbasis besteht aus einer wässrigen Alkalisilikatlösung
der allgemeinen Zusammensetzung: xSiO
2 · yM
2O · zH
2O, wobei für M die Alkalionen Li
+, K
+ oder Na
+ stehen und ist dadurch gekennzeichnet, daß es zusätzlich eine hygroskopische Base
enthält. Vorteilhafterweise wird als hygroskopische Base Natronlauge im Verhältnis
1 : 4 bis 1 : 6 eingesetzt. Sofern der Modul Na
2O/SiO
2 gleich 2,5 bis 3,5 bei einem Feststoffanteil von 20 bis 40 % beträgt, wird unter
allen Betriebszuständen verhindert, daß sich der Formsand frühzeitig verfestigt. Als
hygroskopische Base wird 30 %ige Natronlauge in einer wässrigen Lösung verwendet.
Zur Steuerung der hygroskopischen Eigenschaften wird ein oberflächenaktiver Stoff
zugesetzt.
[0010] Sofern dem Bindemittelsystem als oberflächenaktiver Stoff Silikonöl mit einem Siedepunkt
≥ 250° zugesetzt wird, kann die Fließfähigkeit des Formsandes in der Kernschießmaschine
wesentlich gesteigert werden. Dem Bindemittelsystem wird eine Emulsionslösung mit
8 bis 10 % Silikonöl bezogen auf die Bindermenge zugesetzt, wobei folgende vorteilhafte
Weiterbildungen möglich sind:
a) die Silikon-Emulsionsiösung weist anionische, kationische, nicht-ionogene Eigenschaften
auf,
b) in der Emulsionslösung wird ein Emulgator eingesetzt, der die Viskosität des Basisöls
erhöht und gleichzeitig die Grenzflächenspannung des Bindemittelsystems herabsetzt.
Der Emulgator weist einen hydrophilen und einen lipophilen Molkekülteil auf, der in
die Ölphase hineinragt,
c) als Basisöl für die Silikon-Emulsionslösung wird ein Öl eingesetzt, das in dem
Bindemittelsystem einen Natriumoleat-Film ausbildet, der in der Grenzfläche des dispersen
Systems eine mechanisch stabile Schutzschicht erzeugt.
d) die Silikonöl-Emulsionsiösung weist folgende Struktur auf:
- die Si-Atome sind mit jeweils zwei CH3-Gruppen verbunden,
- die Si-Atome sind untereinander über Sauerstoffatome verbunden und bilden eine Kette,
wobei die CH3-Gruppen der jeweils benachbarten Si-Atome um die Sauerstoffatome räumlich verschiebbar
angeordnet sind.
[0011] Im folgenden wird die Erfindung anhand eines Vergleichsbeispieles näher erläutert.
Dabei wird eine Kernschießmaschine gemäß Figur 1 verwendet, die den folgenden Aufbau
aufweist:
[0012] Die Kernschießmaschine besteht aus einem vertikal angeordneten Gehäuse A, an das
ein horizontaler Lufteintritt B angeflanscht ist. Der Lufteintritt wird über ein großflächiges
Lufteintrittsventil 1 gesteuert, wobei ein erhöhter Luftdruck in dem Luftvorratstank
5 ansteht. Beim Öffnen des Lufteintrittsventils 1 gelangt der Luftdruck in den Maschinenraum
10 des Gehäuses A, in dem ein geschlitzter Sandzylinder 6 vertikal angeordnet ist.
Der Sandzylinder 6 ist mit einem Sandvorratsbehälter 3 verbunden, der über einen Schieber
4 entleert werden kann.
[0013] Im Fall der Betätigung des Lufteintrittsventils wird Sand aus dem geschlitzten Sandzylinder
6 in den Schießkopf 7 mit Sandaustrittsöffnung befördert und tritt in die Kernbüchse
8 ein, wobei eine Kernsandentlüftung 9a, 9b für die Erzeugung des verdichteten Kernsandes
11 sorgt.
[0014] Zur Beurteilung des Feuchtigkeitsgehalts des Formsandes ist im Luftaustrittsventil
2 eine Feuchtigkeitsmessung integriert. Mit dieser Anordnung wurde festgestellt, daß
bei der erfindungsgemäßen Ausbildung des Kernsandes wesentlich höhere Feuchtigkeitsgehalte
und damit eine bessere Viskosität und ein besseres Fließvermögen des Formsandes erreicht
werden konnte.
[0015] Das erfindungsgemäße Kernsandgemisch enthält eine Bindermenge von 1,0 bis 2,5 % bezogen
auf die Gesamtmenge an körnigem Feststoff. Vorzugsweise ist der körnige Feststoff
Quarzsand mit einem Körnungsgrad von 0,1 bis 0,3 mm. Die Menge der zugesetzten Natronlauge
im Bindemittelsystem beträgt 0,01 bis 0,6 % und das Silikonöl ist darin mit 0,1 bis
0,5 % enthalten. Im folgenden wird eine Druckfestigkeitsuntersuchung mit dem erfindungsgemäßen
Bindemittel durchgeführt.
Serie 1, Gattierung:
2,4 % Binder, 0,4 % Emulsion, Rest Quarzsand
Probengewicht 158 g, Probekörper - Normhöhe 50 mm
Nach der Entnahme aus der Kernschießmaschine 2 Minuten Mikrowellentrocknung.
Prüfung nach 30 Minuten bei Raumtemperatur.
Druckfestigkeit: Mittelwert aus 5 Prüfungen 1060 N/cm2
Serie 2, Gattierung:
2,4 % Binder, 0,4 % NaOa, 0,2 % Silikonöl, Rest Quarzsand Probengewicht: 157 g, Prüfkörper
- Normhöhe 50 mm
Nach der Entnahme aus der Kernschießmaschine 2 Minuten Mikrowellentrocknung.
Druckfestigkeitsprüfung nach 30 Minuten bei Raumtemperatur. Festigkeitsmittelwert
aus 5 Prüfungen: 1164 N/cm2.
[0016] Aus diesem Vergleichsversuch ergibt sich, daß das erfindungsgemäße Bindemittelsystem
mit einer üblichen Kernschießmaschine zu hochfesten Formkörpern verarbeitet werden
kann. Die Prüfkörper weisen eine ca. 10%ige Verbesserung an der Druckfestigkeit auf,
wenn der Prüfmischung 0,2 % Silikonöl zugesetzt wird. Bei einem Einsatz des erfindungsgemäßen
Verfahrens gemäß Anspruch 10 würde sich die Druckfestigkeit noch weiter steigern lassen.
1. Bindemittelsystem auf Wasserglasbasis, bestehend aus einer wässrigen Alkalisilikatlösung
der allgemeinen Zusammensetzung:
xSiO2 · yM2O · zH2O, wobei für M die Alkalionen Li+, K+ oder Na+ stehen und einer hygroskopischen Base, die im Verhältnis 1 : 4 bis 1 : 6 zugesetzt
wird, wobei der Modul Na2O/SiO2 gleich 2,5 bis 3,5 bei einem Feststoffanteil von 20 bis 40 % beträgt und wobei als
hygroskopische Base 30 %ige Natronlauge in einer wässrigen Lösung verwendet wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß die wässrige Alkalisilikatlösung eine Emulsionslösung mit 8 bis 10 % Silikonöl
bezogen auf die Bindermenge enthält, wobei das Silikonöl einen Siedenpunkt ≥ 250 °
aufweist.
2. Bindemittelsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Silikon-Emulsionslösung anionische, kationische, nicht-ionogene Eigenschaften
aufweist.
3. Bindemittelsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Silikonöl-Emulsionslösung folgende Struktur aufweist:
- die Si-Atome sind mit jeweils zwei CH3-Gruppen verbunden,
- die Si-Atome sind untereinander über Sauerstoffatome verbunden und bilden eine Kette,
wobei die CH3-Gruppen der jeweils benachbarten Si-Atome um die Sauerstoffatome räumlich verschiebbar
angeordnet sind.
4. Kernsandgemisch enthaltend ein Bindemittelsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Bindermenge 1,0 bis 2,5 %, bezogen auf die Gesamtmenge an körnigem Feststoff
beträgt.
5. Kernsandbindemittelsystem nach dem vorhergehenden Anspruch,
dadurch gekennzeichnet,
daß als körniger Feststoff Quarzsand mit einem Körnungsgrad von 0,1 bis 0,3 mm verwendet
wird.
6. Kernsandbindemittelsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß im Bindemittelsystem 0,01 bis 0,6 % Natronlauge enthalten ist.
7. Kernsandbindemittelsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß im Bindemittelsystem 0,1 bis 0,5 % Silikonöl enthalten ist.
8. Verfahren zur Herstellung eines Kernsandgemisches enthaltend ein Bindemittelsystem
nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß in einer Kernschießmaschine, bestehend aus einem vertikal angeordneten Gehäuse
mit einem horizontalen Lufteintritt, das Kernsandgemisch über einen Trichter in einen
geschlitzten Sandzylinder eingegeben wird, wobei die Verbindung zwischen Trichter
und Sandzylinder während des Einschießens verschlossen ist und
daß das im geschlitzten Sandzylinder befindliche Kernsandgemisch mit einem Luftdruck
von p1 verdichtet und dann bei einem Druck p2 > p1 in die Kernbüchse geschossen wird.