(19)
(11) EP 1 097 758 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.05.2001  Patentblatt  2001/19

(21) Anmeldenummer: 00119880.3

(22) Anmeldetag:  13.09.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B21D 22/20
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 05.11.1999 DE 19953522

(71) Anmelder: Dr.Ing. h.c.F. Porsche Aktiengesellschaft
70435 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Heyll, Rolf
    71272 Renningen (DE)
  • Koehr, Robert
    67435 Neustadt (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung eines grossflächigen Blechteiles, insbesondere eines Karosseriebauteiles für ein Fahrzeug


(57) Bei einem Verfahren zur Herstellung eines großflächigen Blechteiles, insbesondere eines Karosseriebauteiles für ein Fahrzeug aus einer ebenen Platine ist vorgesehen, daß die ebene Platine durch einseitige Beaufschlagung mit einem Wirkmedium in einem Umformwerkzeug in eine vorgereckte Vorform gebracht wird und daß einschließend die aus dem Umformwerkzeug entnommene Vorform in einem separaten Tiefziehwerkzeug in die Endform umgeformt wird.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines großflächigen Blechteiles, insbesondere eines Karosseriebauteiles für ein Fahrzeug aus einer ebenen Platine.

[0002] Die Herstellung von großflächigen Karosseriebauteilen wie Fahrzeugdächern, Türaußenblechen, Seitenteilen, Deckelaußenblechen oder dgl. erfolgt herkömmlicher Weise durch Tiefziehen. Das Tiefziehen findet in hydraulischen oder mechanischen Ziehpressen statt. Beim Tiefziehen wird ein ebenes beschnittenes Blechteil, die Platine, in ein herkömmliches Umformwerkzeug eingelegt und durch Dehnen und Stauchen in einen Hohlkörper umgeformt. Bei derartig gefertigten großflächigen Blechteilen hat sich gezeigt, daß sie insbesondere bei geringer Wölbung in einem mittleren Bereich ihrer Flächenerstreckung relativ weich sind und dort nur eine geringe Beulsteifigkeit aufweisen.

[0003] Ferner ist zur Herstellung von Blechteilen das hydromechanische Tiefziehen (Hydromec-Verfahren) bekannt. Bei diesen Verfahren ist kein Gesenk erforderlich, vielmehr drückt der Ziehstempel die eingespannte Platine in ein mit einem Wirkmedium (Wasser) gefülltes Gefäß, daß das Gesenk ersetzt. Der Wasserdruck bewirkt, daß sich das Blech der Form des Ziehstempels anpaßt. Bei einer Variante dieses Verfahrens wird die eingespannte Platine vor dem eigentlichen formgebenden Umformprozeß frei vorgereckt, um eine erhöhte Abstreckung und damit eine erhöhte Verfestigung in der Platinenmitte zu erzielen. Für diesen Prozeß sind bislang aufwendige und damit teure Maschinen notwendig und es entstehen im Vergleich zum Tiefziehen große Zykluszeiten.

[0004] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Herstellung eines großflächigen Blechteiles aus einer ebenen Platine zu schaffen, das bei erhöhter Beulsteifigkeit in der Platinenmitte geringe Zykluszeiten des Blechteils ermöglicht.

[0005] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Weitere, die Erfindung in vorteilhafter Weise ausgestaltende Merkmale enthalten die Unteransprüche.

[0006] Die mit der Erfindung hauptsächlich erzielten Vorteile sind darin zu sehen, daß durch das erstmalige Kombinieren von zwei bekannten Prozessen, nämlich das Vorrecken einer zunächst ebenen Platine mittels Wirkmedium zur Erzielung einer Kaltverfestigung speziell in der Platinenmitte und das herkömmliche Pressen (Tiefziehen) von Blechteilen, die Vorteile beider Prozesse - optimiertes Bauteilverhalten und hohe Prozesseffektivität - zum Tragen kommen.

[0007] Die vorgereckten Bleche können auf Anlagen mit relativ kleinen Schließkräften hergestellt werden, da die maximal benötigten Drucke ca. 15 bar betragen. Auch mechanische Pressen können zum Einsatz kommen. Die beim bekannten hydromechanischen Fertigformen erforderlichen hohen Drucke, die wiederum zu hohen Pressenschließkräften führen, sind beim erfindungsgemäßen Verfahren nicht erforderlich, da das Fertigformen hier konventionell erfolgt. Da das Vorrecken im Gegensatz zum hydromechanischen Fertigformen nur wenig Zeit in Anspruch nimmt, wird die Zykluszeit beim erfindungsgemäßen Verfahren erheblich reduziert.

[0008] Das Herstellen von vorgereckten Blechen ist in einer verketteten Pressenstrasse als erste Operation vorstellbar. Darüberhinaus ist es denkbar, daß vom Halbzeughersteller bereits vorgereckte Platinen (vergleichbar mit Tailored Blanks) beim Presswerk angeliefert werden.

[0009] Die Verwendung von Tailored Blanks ist zur weiteren Gewichtsreduzierung ebenfalls denkbar. Hier kann eine Verfestigung speziell z.B. im Bereich des dünneren Bleches zur lokalen Erhöhung der Beulsteifigkeit genutzt werden (Beispiel Bodenblech/Tunnel/Bodenblech).

[0010] Vorgereckte Platinen können auch in Softtools, die gemeinhin bei der Prototypherstellung Verwendung finden, eingesetzt werden. Bislang war es nicht möglich wegen der hohen auftretenden Drücke hydromechanisch hergestellte Teile mittels sog. Softtools umzuformen.

[0011] Als Bauteile kommen alle Außenhautteile in Betracht, zusätzlich erscheint bei allen flächigen Bauteilen, die gemeinhin aus relativ dünnen Blechen hergestellt werden, der Einsatz der oben beschriebenen Verfahrenskombination sinnvoll.

[0012] Durch das erfindungsgemäße Verfahren kann eine erhöhte Bauteilsteifigkeit, die wiederum ein deutliches Gewichtsreduzierungspotential durch den Einsatz dünnerer Bleche bietet, erzielt werden ohne die bisherigen Nachteile von hydromechanisch geformten Blechen - sehr hohe Prozesszykluszeit und hohe Anlagenkosten - in Kauf nehmen zu müssen. Es lassen sich den herkömmlichen Blechumformprozessen vergleichbare Taktzeiten erzielen. Eine separate Herstellung der vorgeformten Platinen z.B. beim Halbzeughersteller kann durchgeführt werden. Somit ist auch ein Einsatz für Prototypbauteile nahezu kostenneutral möglich.

[0013] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt und wird in der Beschreibung näher erläutert. Es zeigen
Fig. 1A
ein offenes Umformwerkzeug mit eingelegter ebener Platine, wobei die Matritze eine profilierte Form aufweist.
Fig. 1 B
das geschlossene Umformwerkzeug mit vorgereckter Platine
Fig. 1C
das entnommene vorgereckte Blechteil
Fig. 1D
das in ein herkömmliches Tiefziehwerkzeug eingelegte und bereits in eine Endform umgeformtes Blechteil
Fig. 2A
ein offenes Umformwerkzeug mit eingelegter ebener Platine, wobei die Matritze eine ebene Form aufweist
Fig. 2B
das geschlossene Umformwerkzeug mit vorgereckter Platine
Fig. 2C
das entnommene vorgereckte Blechteil
Fig. 2D
das in ein herkömmliches Tiefziehwerkzeug eingelegte und bereits in eine Endform umgeformte Blechteil.


[0014] Zur Herstellung eines großflächigen Blechteiles 1, insbesondere eines Karosseriebauteiles für ein Fahrzeug, wird zunächst durch Beschneiden oder Ausstanzen eine ebene Platine 2 geschaffen. Diese Platine 2 wird danach in ein Umformwerkzeug 3 eingelegt, das sich aus einen feststehenden Unterteil 4 und einer oberen beweglichen Matritze 5 zusammensetzt. Mit der Matritze 5 verbunden sind beabstandet angeordnete Niederhalter 6, die bei geschlossenem Umformwerkzeug 3 gegen die Oberseite der Platine 2 drücken und diese somit im Umformwerkzeug 3 lagerichtig positionieren.

[0015] Wie aus Fig. 1A ersichtlich, ist im Unterteil 4 angrenzend an die Platine 2 ein Hohlraum 7 für ein Wirkmedium 8 vorgesehen. Der Hohlraum 7 ist mit einer eine Zu- bzw. Ableitung 9 für das Wirkmedium 8 versehen. Als Wirkmedium 8 wird vorzugsweise eine Flüssigkeit (Wasser, Öl oder dgl.) verwendet. Ferner könnte das Wirkmedium 8 auch pneumatisch ausgebildet sein (z.B. Luft).

[0016] Bei geschlossenem Umformwerkzeug 3 und eingelegter Platine 2 wird durch einseitige Beaufschlagung der Platine 2 durch das Wirkmedium 8 ein Druck pi aufgebaut, wodurch die ebene Platine 2 quasi durch Innenhochdruckumformen in eine vorgereckte Vorform 10 gebracht wird. Gemäß Fig. 1B weist die Matritze 5 an ihrer Unterseite eine profilierte Form auf. Nach dem Öffnen des Umformwerkzeuges 3 wird die vorgereckte, profilierte Vorform 10 aus dem Umformwerkzeug entnommen und in ein herkömmliches mehrteiliges Tiefziehwerkzeug 11 eingelegt und dort in einem Tiefziehprozess in die Endform 12 umgeformt. Das Tiefzeihwerkzeug 11 umfaßt ein feststehendes Untereil 13 mit einem die Endform 12 bestimmten Einsatz 14, ein bewegliches Oberteil 15 und Niederhalter 16. Die Platine 2 kann über die gesamte Flächenerstreckung eine gleichbleibende Wanddicke aufweisen; die Platine 2 kann jedoch auch als Tailored Blanks-Bauteil ausgebildet sein.

[0017] Die Ausführungsform gemäß den Fig. 2A bis 2B unterscheidet sich von der ersten Ausführungsform lediglich dadurch, daß gemäß Fig. 2B die horizontale Unterseite der Matritze 5 glattflächig ausgebildet ist. Beim Beaufschlagen mit dem Wirkmedium nimmt hier die Platine 2 gemäß Fig. 2B eine nach oben gewölbte Vorform 10 ein. Anschließend wird diese Vorform 10 im Tiefziehwerkzeug 11 in die Endform 12 umgeformt.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines großflächigen Blechteiles, insbesondere eines Karosserieteiles für ein Fahrzeug aus einer ebenen Platine, dadurch gekennzeichnet, daß die ebene Platine (2) durch einseitige Beaufschlagung mit einem Wirkmedium (8) in einem Umformwerkzeug (3) in eine vorgereckte Vorform (10) gebracht wird und daß anschließend die aus dem Umformwerkzeug (3) entnommene Vorform (10) in einem separaten Tiefziehwerkzeug (11) in die Endform (12) umgeformt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dg. daß das Vorrecken der ebenen Platine (2) durch ein hydraulisches oder pneumatisches Wirkmedium (8) erfolgt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dg. daß die Matritze (5) an des Umformwerkzeuges (3) an ihrer etwa horizontalen Unterseite glattflächig ausgebildet ist.
 
4. Verfahren nach Anspruch 1, dg. daß die Matritze (5) des Umformwerkzeuges (3) an ihrer Unterseite eine profilierte Form aufweist.
 
5. Verfahren nach Anspruch 1, dg. daß die Platine (2) als Tailored Blanks-Bauteil ausgebildet ist.
 




Zeichnung