(19)
(11) EP 1 097 769 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.05.2001  Patentblatt  2001/19

(21) Anmeldenummer: 00123511.8

(22) Anmeldetag:  27.10.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B22F 1/00, C22C 5/06, B22F 9/04, H01H 1/02, C22C 1/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 04.11.1999 DE 19953780

(71) Anmelder: Institut für Festkörper- und Werkstofforschung Dresden e.V.
01069 Dresden (DE)

(72) Erfinder:
  • Grundmann, Uta
    53225 Bonn (DE)
  • Heilmaier, Martin
    01217 Dresden (DE)
  • Schultz, Ludwig
    01474 Pappritz (DE)

(74) Vertreter: Rauschenbach, Dieter 
Institut für Festkörper- und Werkstofforschung Dresden e.V., Postfach 27 01 16
01171 Dresden
01171 Dresden (DE)

   


(54) Verfahren zu Herstellung von Halbzeug und Formkörpern aus partikelverstärkten Silberwerkstoffen


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Halbzeug und Formkörpern aus partikelverstärkten Silberbasiswerkstoffen auf pulvermetallurgischem Weg über mechanisches Legieren.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Herstellung so zu gestalten, dass der mittlere Durchmesser der in dem Matrixwerkstoff verteilten festigkeitssteigernden Partikel unter 100 nm liegt. Dabei sollen gleichzeitig ein geringer Gasgehalt und eine hohe Pulverausbeute gewährleistet werden.
Diese Aufgabe wird nach der Erfindung dadurch gelöst, dass Silber- oder Silberlegierungspulver als Matrixwerkstoff und pulverförmige, die Festigkeit des Matrixwerkstoffs steigernde Partikel gemeinsam einem intensiven Mahlprozess bei Temperaturen unterhalb von -10°C unterworfen werden. Danach wird dieses Pulver in an sich bekannter Weise mittels Pressen und Sintern zu Halbzeug oder Formkörpern verarbeitet.
Die mit dem Verfahren herstellbaren Produkte sind beispielsweise in der Elektrotechnik als Kontaktmaterialien verwendbar.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Halbzeug und Formkörpern aus partikelverstärkten Silberbasiswerkstoffen auf pulvermetallurgischem Weg über mechanisches Legieren. Die mit dem Verfahren herstellbaren Produkte sind beispielsweise in der Elektrotechnik als Kontaktmaterialien verwendbar.

[0002] Durch geringe Volumengehalte an harten keramischen Partikeln (z.B. Oxide, Karbide, Nitride) lässt sich die Festigkeit einer duktilen Matrix wirksam erhöhen, ohne dass deren thermische und elektrische Eigenschaften weitgehend beeinträchtigt werden. Voraussetzung dafür ist die homogene Verteilung der Partikel und ihre Teilchengrößenverteilung im Nanometerbereich.

[0003] Die Anwendung des mechanischen Legierens auf herkömmlich durch Mischen von Silber- und Oxid-Pulver hergestellte Kontaktwerkstoffe, beispielsweise Ag mit 5 bis 15 Gew.% SnO2, ermöglicht deren Verbesserung durch geringere Verschweißneigung und Erhöhung der Lebensdauer (JP 07173555 A). Auf diese Weise hergestellte Legierungen zeichnen sich gegenüber stromlos abgeschiedenen bzw. gemischten und anschließend kompaktierten Pulvern bei gleicher Leitfähigkeit durch die feinste Oxidverteilung (Durchmesser < 1µm) und höchste Härte aus (B.J. Joshi et. al., Effect of Powder Processing Technique on Structure and Properties of Silver-Tin Oxide Electrical Contact Material, Electrical Materials, Proceedings, Vol.3, Powder Metallurgy World Congress Granada/Spain, 1998 und JP 07173555 A).

[0004] Durch mechanisches Legieren ist es darüber hinaus möglich, Silber durch Partikel mit einer in der Matrix unlöslichen Kationenkomponente (des jeweilig verwendeten Oxids, Karbids bzw. Nitrids) zu verstärken. Im Gegensatz dazu neigen in-situ gebildete Teilchen wegen der erhöhten Diffusivität und Löslichkeit der angesprochenen Kationenkomponente unabhängig von ihrer thermodynamischen Stabilität stärker zur Vergröberung bei hohen Beanspruchungs- und Konsolidierungstemperaturen.

[0005] Bei mechanischem Legieren ergibt sich der Mahlfortschrttt aus wiederholtem Aufbrechen und Kaltverschweißen der Pulverteilchen. Mit Abnahme des Oxidgehaltes unter 10 Vol.% steigt jedoch die Tendenz, dass die Oxide lediglich von der weichen Matrix eingehüllt werden, wodurch deren weitere Zerkleinerung behindert wird (DE 44 18 600 C2). Außerdem besteht bei solchen Legierungssystemen die Gefahr, dass die im Verhältnis zur Schmeltemperatur von Silber auftretende starke Temperaturerhöhung zum Anhaften des Pulvers an Mahlbecherwand und Kugeln und somit zu einer geringen Pulverausbeute führt.

[0006] Organische Mahlhilfsmittel, die im allgemeinen die Verschweißneigung herabsetzen, werden durch den hohen Energieeintrag in CO2 und H2 zerlegt und in das Pulver eingemahlen (US 5 322 666). Infolgedessen ist zur Reduzierung des Gasgehaltes des partikelverstärkten Silbers eine Entgasung bei hohen Temperaturen notwendig. Allerdings führt die Reduktion des losen Pulvers zur Inhomogenität der Dispersoidverteilung (JP 08283882). Bei Glühung kompaktierter Proben blähen diese dann wegen des hohen Gasgehaltes extrem auf.

[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Herstellung von Halbzeug und Formkörpern aus partikelverstärkten Silberbasiswerkstoffen auf pulvermetallurgischem Weg über mechanisches Legieren so zu gestalten, dass der mittlere Durchmesser der in dem Matrixwerkstoff verteilten festigkeitssteigernden Partikel unter 100 nm liegt. Dabei sollen gleichzeitig ein geringer Gasgehalt und eine hohe Pulverausbeute gewährleistet werden.

[0008] Diese Aufgabe wird nach der Erfindung dadurch gelöst, dass Silber- oder Silberlegierungspulver als Matrixwerkstoff und pulverförmige, die Festigkeit des Matrixwerkstoffs steigernde Partikel gemeinsam einem intensiven Mahlprozess bei Temperaturen unterhalb von -10°C unterworfen werden. Danach wird dieses Pulver in an sich bekannter Weise mittels Pressen und Sintern zu Halbzeug oder Formkörpern verarbeitet.

[0009] Dabei werden gute Ergebnisse erreicht, wenn der Mahlprozess im Temperaturbereich von -195°C bis -45°C durchgeführt wird.

[0010] Um beim gesamten Mahlprozesses die gewünschten niedrigen Temperaturen zu gewährleisten, wird das Mahlgefäß während des Mahlprozesses oder zwischen den Mahlstufen gekühlt. Als Kühlmittel wird vorzugsweise flüssiger Stickstoff verwendet.

[0011] Der Mahlvorgang wird vorteilhaft solange ausgeführt, bis die festigkeitssteigernden Partikel mit einer mittleren Teilchengröße von < 50 nm vorliegen.

[0012] Die Partikel können aus Karbiden, Boriden, Oxiden und/oder Nitriden bestehen.

[0013] Vorzugsweise können als Karbide SiC, WC, Mo2C, VC, NbC, TaC und/oder TiC, als Boride ZrB2, W2B5 und/oder TiB2, als Oxide CaO, Cr2O3, Y2O3, ZrO2, TiO2, Al2O3 und/oder CeO2 und als Nitride BN, Si3N4, ZrN, TiN und/oder CrN verwendet werden.

[0014] Zweckmäßigerweise sollten dem Silber- oder Silberlegierungspulver 1 bis 10 Vol.% der festigkeitssteigernden Partikel zugemischt werden.

[0015] Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird infolge der angewandten Mahltemperaturen unterhalb von -10°C eine gewollte Versprödung des Silber- oder Silberlegierungspulvers bewirkt. Damit lassen sich im Gegensatz zu den in bekannter Weise durch mechanisches Legieren hergestellten Legierungen bei kurzer Gesamtmahldauer vorteilhaft sehr kleine Größen der festigkeitssteigernden Partikel erreichen. Die Durchführung des Mahlprozesses bei niedrigen Temperaturen ermöglicht bei relativ geringem Energieeintrag die homogene und sehr feine Verteilung von nanometergroßen Partikeln. Der Gasgehalt im Mahlgut verändert sich beim Mahlprozess kaum, wodurch ein vor der Kompaktierung durchzuführender Entgasungsschritt überflüssig wird.

[0016] Aus dem erfindungsgemäß hergestellten feinkörnigen partikelverstärkten Silberlegierungspulver lassen sich hochwertige Halbzeuge und Formkörper herstellen.

[0017] Die Erfindung ist nachstehend an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert.

[0018] Ein mit Stahlkugeln, Silberpulver und 1 Vol.% CaO- Pulver beschickter Mahlbecher wurde in flüssigem Stickstoff auf eine Temperatur am Deckel des Mahlbechers von -165°C gekühlt. Danach wurde der gekühlte Mahlbecher mit Polystyrol zur Isolation gegen die Umgebungsluft ummantelt.

[0019] Der anschließende Mahlprozess wurde schrittweise alle 45 min unterbrochen und dann der Mahlbecher erneut auf -165°C gekühlt. Nach 15 h lagen die CaO-Partikel mit einer mittleren Größe von ≈ 7 nm homogen in der Silber-Matrix verteilt vor.

[0020] Das erhaltene Pulver wurde bei 350 °C in einer Heißpresse unter Vakuum und einem Druck von 250 MPa zu einer relativen Dichte von 98-99 % zu Formkörpern kompaktiert. Anschließend wurden die Formkörper bei 630 °C und 200 MPa gesintert.

[0021] Die auf diese Weise hergestellten Formkörper weisen eine Streckgrenze Rp0.2 von 243 MPa und eine elektrische Leitfähigkeit von 59,9 MS/m auf.

[0022] Bei einer Erhöhung des CaO-Gehaltes in der Ausgangspulvermischung auf 3 Vol.% können Formkörper mit einer größeren Streckgrenze Rp0.2 von 375 MPa erhalten werden. Die elektrische Leitfähigkeit dieser Formkörper ist dann mit 56,2 MS/m allerdings etwas niedriger als bei den Formkörpern mit nur 1 Vol.% CaO.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von Halbzeug und Formkörpern aus partikelverstärkten Silberbasiswerkstoffen auf pulvermetallurgischem Wege über mechanisches Legieren, dadurch gekennzeichnet, dass Silber- oder Silberlegierungspulver als Matrixwerkstoff und pulverförmige, die Festigkeit des Matrixwerkstoffs steigernde Partikel gemeinsam einem intensiven Mahlprozess bei Temperaturen unterhalb von -10°C unterworfen werden, und dass danach dieses Pulver in an sich bekannter Weise mittels Pressen und Sintern zu Halbzeug oder Formkörpern verarbeitet wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Mahlprozess im Temperaturbereich von -195°C bis -45°C durchgeführt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass während des Mahlprozesses und/oder zwischen den Mahlstufen das Mahlgefäß gekühlt wird, vorzugsweise mit flüssigem Stickstoff.
 
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Mahlvorgang bis um Erreichen einer mittleren Teilchengröße von < 50 nm der festigkeitssteigernden Partikel ausgeführt wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als festigkeitssteigernden Partikel Karbide, Boride, Oxide und/oder Nitride verwendet werden.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Karbide SiC, WC, Mo2C, VC, NbC, TaC und/oder TiC verwendet werden.
 
7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Boride ZrB2, W2B5 und/oder TiB2 verwendet werden.
 
8. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Oxide CaO, Cr2O3, Y2O3, ZrO2, TiO2, Al2O3 und/oder CeO2 verwendet sind.
 
9. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Nitride BN, Si3N4, ZrN, TiN und/oder CrN verwendet werden.
 
10. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass dem Silber- oder Silberlegierungspulver 1 bis 10 Vol.% der festigkeitssteigernden Partikel zugemischt werden.
 





Recherchenbericht