[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Tunnelbohrmaschine der dem Oberbegriff des Anspruchs
1 entsprechenden Art.
[0002] Eine derartige Tunnelbohrmaschine ist beispielsweise aus der DE 197 22 000 A1 bekannt.
Sie umfaßt einen mit Schneidrollen bestückten Bohrkopf, der dem Abtrag des an der
Ortsbrust befindlichen Erdreichs beim Vortreiben der Tunnelbohrung dient. Der Bohrkopf
ist rotierbar über eine Lagereinrichtung - auch Bohrkopfhauptlager genannt - an einer
sogenannten Innenkelly gelagert, die ihrerseits in Bohrungsrichtung verschiebbar in
einer Verspannvorrichtung gelagert ist, die zur Aufnahme von Bohrungs-Reaktionskräften
zwischen den Tunnelwandungen verspannt ist. Zur Erzeugung des Vorschubs sind längenvariable
Krafterzeuger vorgesehen, mittels derer die Innenkelly relativ zur Verspanneinrichtung
verlagert werden kann.
[0003] Der Bohrungsvortrieb erfolgt schrittweise. Wenn die Innenkelly relativ zu der Verspanneinrichtung
in Bohrungsrichtung gesehen maximal verlagert worden ist, wird der Vortrieb unterbrochen,
das der Ortsbrust abgewandte Ende der Innenkelly abgestützt und die Verspanneinrichtung
zur Ortsbrust hin nachgesetzt, so daß ein erneuter Vortriebsschritt durchgeführt werden
kann.
[0004] Während des Vortriebs wird der Bohrvorgang von mindestens einer Bedienperson überwacht
und gesteuert, die sich dazu üblicherweise in einer Position kurz hinter dem Bohrkopf
außerhalb des sogenannten Bohrkopfraumes in einem hierfür vorgesehenen Steuerstand
befindet. Dieser mindestens einen Bedienperson obliegt es insbesondere auch, Betriebsstörungszustände,
die eine Erhöhung der mechanischen Belastung von Teilen der Tunnelbohrmaschine zur
Folge haben, zwecks Vermeidung von erhöhtem Verschleiß oder Zerstörung einzelner oder
mehrerer Maschinenkomponenten frühzeitig zu erfassen und die Betriebsparameter der
Tunnelbohrmaschine, wie Vortriebsgeschwindigkeit, Bohrkopfdrehzahl, etc. geeignet
zu steuern.
[0005] Diese Tätigkeit stellt an das Bedienpersonal hohe Anforderungen. Es bedarf nämlich
einer erheblichen Erfahrung, Abweichungen von den normalen Betriebszuständen zu erfassen,
da während des Vortriebs naturgemäß im Bereich des Steuerstandes eine hohe Geräuschentwicklung
herrscht und zudem Vibrationen durch das Lösen des Erdreichs unvermeidlich sind. Auch
erfahrene Bedienpersonen sind daher häufig erst dann in der Lage, Störungszustände
zu erfassen, wenn diese ein Ausmaß angenommen haben, daß bereits Bauteile der Tunnelbohrmaschine
in Mitleidenschaft gezogen worden sind.
[0006] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine gattungsgemäße Tunnelbohrmaschine
derart weiterzubilden, daß eine sensiblere Erfassung von Störungszuständen möglich
ist.
[0007] Diese Aufgabe wird durch die in Anspruch 1 wiedergegebene Erfindung gelöst.
[0008] Dadurch, daß Mittel vorgesehen sind, die während des Betriebs der Tunnelbohrmaschine
von dem Bohrkopf auf die Innenkelly übertragene Reaktionskräfte erfassen, können auftretende
Belastungen, die über die Normalbelastungen hinausgehen, detektiert werden, bevor
dies den Sinnesorganen der Bedienperson zugänglich ist.
[0009] Vorzugsweise ist an der Innenkelly mindestens eine erste Meßanordnung zur Erfassung
von Verlagerungen der Innenkelly zumindest quer zur Bohrungseinrichtung und mindestens
eine zweite Meßanordnung zur Erfassung von Schwingungen im Bereich der Lagereinrichtung
vorgesehen, da die während des Betriebs auftretende Belastungen, die über die Normalbelastungen
hinausgehen, sich regelmäßig in einer Veränderung der Frequenzen und/oder Amplituden,
mit denen sich die den Bohrkopf tragende Lagereinrichtung bzw. die Innenkelly sich
verlagert bzw. schwingt, auswirken.
[0010] Es ist zwar erfindungsgemäß vorgesehen, eine erste Meßanordnung zur Erfassung von
Verlagerungen der Innenkelly quer zur Bohrungsrichtung und eine zweite Meßanordnung
zur Erfassung von Schwingungen im Bereich der Lagereinrichtung vorzusehen, je nach
Art und Größe der Tunnelbohrmaschine kann jedoch auch lediglich die erste oder lediglich
die zweite Meßanordnung zur Lösung der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe ausreichen.
[0011] Die mindestens eine erste Meßanordnung umfaßt vorzugsweise mindestens einen Dehnmeßstreifen,
wogegen die mindestens eine zweite Meßanordnung vorzugsweise als Schwingungsaufnehmer
bekannter Bauart ausgebildet ist.
[0012] Durch die Anordnung und Auswertung von Dehnmeßstreifen im Bereich der Innenkelly
und Schwingungsaufnehmern im Bereich der BohrkopfLagereinrichtung kann eine Analyse
der Belastung der Lagereinrichtung in Größe und Richtung sowie der dynamischen Zusatzlasten
aus Vibrationen erfolgen. Werden bekannte, schneidrollenspezifische Störfrequenzen
durch eine geeignete Auswerteeinrichtung herausgefiltert, so läßt sich aus den Meßwerten
der mindestens einen ersten und mindestens einen zweiten Meßeinrichtung sowohl auf
den Zustand der Ortsbrust, als auch auf eventuelle Schneidrollendefekte schließen.
Die von den ersten und zweiten Meßeinrichtungen erhaltenen Signale können - nachdem
die den normalen Betriebszustand der Tunnelbohrmaschine charakterisierenden Werte
geeignet kompensiert worden sind - zur Ansteuerung von beispielsweise optischen Anzeigeinstrumenten
für das Bedienpersonal verwendet werden. Es ist jedoch ebenfalls möglich, über geeignete
Mittel die erhaltenen Meßwerte zur Regelung der Betriebsparameter der Tunnelbohrmaschine,
wie Vorschub, Bohrkopfdrehzahl etc. zu verwenden, wodurch das Bedienpersonal von der
ständigen, konzentrierten Beobachtung der Anzeigeinstrumente entlastet wird.
[0013] In der Zeichnung ist - schematisch - ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen
Tunnelbohrmaschine dargestellt. Es zeigen:
- Fig. 1
- einen Längsschnitt durch die Tunnelbohrmaschine sowie
- Fig. 2
- einen Querschnitt gemäß Schnittlinie A-A in Fig. 1.
[0014] Die als Ganzes mit 100 bezeichnete Tunnelbohrmaschine, von der in der Zeichnung lediglich
die für die Erfindung wesentlichen Bauteile schematisch dargestellt sind, umfaßt einen
Bohrkopf 1, der an seiner der Ortsbrust O zugewandten Seite Werkzeuge zum Lockern
des Erdreichs, hier Schneidrollen 2, trägt. Der Bohrkopf ist über eine Lagereinrichtung
3 - auch Bohrkopf-Hauptlager genannt - drehbar an einer sogenannten Innenkelly 4 gelagert.
Dem Drehantrieb des Bohrkopfes 1 um die Drehachse S dienen in der Zeichnung nicht
dargestellte, hydraulische oder elektrische Antriebe, die den Bohrkopf 1 gegenüber
der Innenkelly 4 in eine Rotation versetzen.
[0015] Die Innenkelly 4 ist ihrerseits zur Drehachse S drehfest, aber entlang der Drehachse
S verschiebbar in einer Verspanneinrichtung 20 gelagert, die sich über Stützen 21
an der Bohrungswandung W abstützt und der Aufnahme von durch den Bohrvorgang hervorgerufenen
Reaktionskräften dient. Das der Ortsbrust abgewandte Ende der Innenkelly 4 umfaßt
eine Stützeinrichtung 5, über die dieses Ende während des Nachsetzens der Verspanneinrichtung
bei fortschreitender Tunnelbohrung abgestützt werden kann.
[0016] An der der Ortsbrust abgewandten Stirnseite der Lagereinrichtung 3 sind über den
Umfang verteilt vier Schwingungsaufnehmer 6 angeordnet, die die Schwingungsbelastungen
in Frequenz und Amplitude der Lagereinrichtung 3 während des Bohrbetriebs erfassen.
Die entsprechenden Meßwerte werden einer in der Zeichnung nicht erkennbaren Auswerteeinrichtung
zugeleitet.
[0017] Nahe dem ortsbrustseitigen Ende der bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel einen
quadratischen Querschnitt aufweisenden Innenkelly 4 sind im Bereich der Kanten jeweils
zwei senkrecht zueinander ausgerichtete Dehnungsmeßstreifen 7 vorgesehen, die die
Verlagerung der Innenkelly insbesondere auch quer zur Bohrungsrichtung während des
Bohrbetriebs erfassen. Die entsprechenden Meßwerte werden wiederum der in der Zeichnung
nicht dargestellten Auswerteeinrichtung übermittelt.
[0018] Die Auswerteeinrichtung ist derart ausgestaltet, daß die den normalen Betriebszustand
charakterisierenden Schwingungen bzw. Verlagerungen gespeichert und die aktuellen
Meßwerte mit diesen gespeicherten Daten verglichen werden können. Eventuell auftretende
Differenzwerte werden in der Auswerteeinrichtung nachgeschalteten, in der Zeichnung
ebenfalls nicht dargestellten Anzeigeinstrumenten zugeleitet. Ferner ist es möglich,
die Differenzwerte zur Regelung der Betriebsparameter der Tunnelbohrmaschine zu benutzen,
wodurch ein nahezu automatischer Betrieb auch bei sich ändernden Erdreichverhältnissen
an der Ortsbrust möglich ist.
1. Tunnelbohrmaschine (100) zum Vortreiben einer Tunnelbohrung,
mit einer wahlweise in der Tunnelbohrung festlegbaren Verspanneinrichtung (20), die
der Ableitung von durch den Bohrvorgang hervorgerufenen Reaktionskräften dient,
mit einer in Bohrungsrichtung verlagerbaren Innenkelly (4), und
mit einem Bohrkopf (1), der am ortsbrustseitigen Ende der Innenkelly (4) mittels einer
Lagereinrichtung (3) gelagert ist,
dadurch gekennzeichnet,
daß Mittel vorgesehen sind, die während des Betriebs der Tunnelbohrmaschine vom dem
Bohrkopf auf die Innenkelly übertragene Reaktionskräfte erfassen.
2. Tunnelbohrmaschine nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß an der Innenkelly (4) mindestens eine erste Meßanordnung (Dehnungsmeßstreifen
(7)) zur Erfassung von Verlagerungen der Innenkelly (4) zumindest quer zur Bohrungsrichtung
und/oder mindestens eine zweite Meßanordnung (Schwingungausnehmer (6)) zur Erfassung
von Schwingungen im Bereich der Lagereinrichtung (3) vorgesehen ist.
3. Tunnelbohrmaschine nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die mindestens eine Meßanordnung mindestens einen Dehnmeßstreifen (7) umfaßt.
4. Tunnelbohrmaschine nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß eine Auswerteeinrichtung vorgesehen ist, die aus den Meßwerten der mindestens
einen ersten und/oder mindestens einen zweiten Meßeinrichtung durch Bohrkopfdefekte
und/oder Inhomogenitäten in der Lagereinrichtung und/oder der Innenkelly hervorgerufene
Schwingungen bzw. Verlagerungen ermittelt und in ein zur Ansteuerung von Anzeige-
und/oder Regeleinrichtungen geeignetes Signal umsetzt.
5. Tunnelbohrmaschine nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß eine von der Auswerteeinrichtung angesteuerte, die Betriebsparameter der Tunnelbohrmaschine
wie Vorschub, Bohrkopfdrehzahlen usw. beeinflussende Regeleinrichtung vorgesehen ist.