(19)
(11) EP 1 098 066 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.05.2001  Patentblatt  2001/19

(21) Anmeldenummer: 00123042.4

(22) Anmeldetag:  24.10.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7E21D 9/00, E21D 9/08, E21D 9/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 05.11.1999 DE 29919505 U

(71) Anmelder: Wirth Maschinen- und Bohrgeräte-Fabrik GmbH
41812 Erkelenz (DE)

(72) Erfinder:
  • Kleuters, Nikolaus
    52511 Geilenkirchen (DE)

(74) Vertreter: Kluin, Jörg-Eden, Dr. Dipl.-Phys. et al
König-Palgen-Schumacher-Kluin Patentanwälte Mulvanystrasse 2
40239 Düsseldorf
40239 Düsseldorf (DE)

   


(54) Tunnelbohrmaschine


(57) Die Tunnelbohrmaschine (100) umfasst eine wahlweise in der Tunnelbohrung festlegbaren Verspanneinrichtung (20), die der Ableitung von durch den Bohrvorgang hervorgerufenen Reaktionskräften dient, eine in Bohrungsrichtung verlagerbare Innenkelly (4) und einen Bohrkopf (1), der am ortsbrustseitigen Ende der Innenkelly (4) mittels einer Lagereinrichtung (3) gelagert ist. Ferner umfasst die Tunnelbohrmaschine Mittel, die während des Betriebs vom dem Bohrkopf auf die Innenkelly übertragenen Reaktionskräfte erfassen, um so Belastungen, die über die Normalbelastungen des Bohrkopfes hinaus gehen, zu detektieren.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Tunnelbohrmaschine der dem Oberbegriff des Anspruchs 1 entsprechenden Art.

[0002] Eine derartige Tunnelbohrmaschine ist beispielsweise aus der DE 197 22 000 A1 bekannt. Sie umfaßt einen mit Schneidrollen bestückten Bohrkopf, der dem Abtrag des an der Ortsbrust befindlichen Erdreichs beim Vortreiben der Tunnelbohrung dient. Der Bohrkopf ist rotierbar über eine Lagereinrichtung - auch Bohrkopfhauptlager genannt - an einer sogenannten Innenkelly gelagert, die ihrerseits in Bohrungsrichtung verschiebbar in einer Verspannvorrichtung gelagert ist, die zur Aufnahme von Bohrungs-Reaktionskräften zwischen den Tunnelwandungen verspannt ist. Zur Erzeugung des Vorschubs sind längenvariable Krafterzeuger vorgesehen, mittels derer die Innenkelly relativ zur Verspanneinrichtung verlagert werden kann.

[0003] Der Bohrungsvortrieb erfolgt schrittweise. Wenn die Innenkelly relativ zu der Verspanneinrichtung in Bohrungsrichtung gesehen maximal verlagert worden ist, wird der Vortrieb unterbrochen, das der Ortsbrust abgewandte Ende der Innenkelly abgestützt und die Verspanneinrichtung zur Ortsbrust hin nachgesetzt, so daß ein erneuter Vortriebsschritt durchgeführt werden kann.

[0004] Während des Vortriebs wird der Bohrvorgang von mindestens einer Bedienperson überwacht und gesteuert, die sich dazu üblicherweise in einer Position kurz hinter dem Bohrkopf außerhalb des sogenannten Bohrkopfraumes in einem hierfür vorgesehenen Steuerstand befindet. Dieser mindestens einen Bedienperson obliegt es insbesondere auch, Betriebsstörungszustände, die eine Erhöhung der mechanischen Belastung von Teilen der Tunnelbohrmaschine zur Folge haben, zwecks Vermeidung von erhöhtem Verschleiß oder Zerstörung einzelner oder mehrerer Maschinenkomponenten frühzeitig zu erfassen und die Betriebsparameter der Tunnelbohrmaschine, wie Vortriebsgeschwindigkeit, Bohrkopfdrehzahl, etc. geeignet zu steuern.

[0005] Diese Tätigkeit stellt an das Bedienpersonal hohe Anforderungen. Es bedarf nämlich einer erheblichen Erfahrung, Abweichungen von den normalen Betriebszuständen zu erfassen, da während des Vortriebs naturgemäß im Bereich des Steuerstandes eine hohe Geräuschentwicklung herrscht und zudem Vibrationen durch das Lösen des Erdreichs unvermeidlich sind. Auch erfahrene Bedienpersonen sind daher häufig erst dann in der Lage, Störungszustände zu erfassen, wenn diese ein Ausmaß angenommen haben, daß bereits Bauteile der Tunnelbohrmaschine in Mitleidenschaft gezogen worden sind.

[0006] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine gattungsgemäße Tunnelbohrmaschine derart weiterzubilden, daß eine sensiblere Erfassung von Störungszuständen möglich ist.

[0007] Diese Aufgabe wird durch die in Anspruch 1 wiedergegebene Erfindung gelöst.

[0008] Dadurch, daß Mittel vorgesehen sind, die während des Betriebs der Tunnelbohrmaschine von dem Bohrkopf auf die Innenkelly übertragene Reaktionskräfte erfassen, können auftretende Belastungen, die über die Normalbelastungen hinausgehen, detektiert werden, bevor dies den Sinnesorganen der Bedienperson zugänglich ist.

[0009] Vorzugsweise ist an der Innenkelly mindestens eine erste Meßanordnung zur Erfassung von Verlagerungen der Innenkelly zumindest quer zur Bohrungseinrichtung und mindestens eine zweite Meßanordnung zur Erfassung von Schwingungen im Bereich der Lagereinrichtung vorgesehen, da die während des Betriebs auftretende Belastungen, die über die Normalbelastungen hinausgehen, sich regelmäßig in einer Veränderung der Frequenzen und/oder Amplituden, mit denen sich die den Bohrkopf tragende Lagereinrichtung bzw. die Innenkelly sich verlagert bzw. schwingt, auswirken.

[0010] Es ist zwar erfindungsgemäß vorgesehen, eine erste Meßanordnung zur Erfassung von Verlagerungen der Innenkelly quer zur Bohrungsrichtung und eine zweite Meßanordnung zur Erfassung von Schwingungen im Bereich der Lagereinrichtung vorzusehen, je nach Art und Größe der Tunnelbohrmaschine kann jedoch auch lediglich die erste oder lediglich die zweite Meßanordnung zur Lösung der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe ausreichen.

[0011] Die mindestens eine erste Meßanordnung umfaßt vorzugsweise mindestens einen Dehnmeßstreifen, wogegen die mindestens eine zweite Meßanordnung vorzugsweise als Schwingungsaufnehmer bekannter Bauart ausgebildet ist.

[0012] Durch die Anordnung und Auswertung von Dehnmeßstreifen im Bereich der Innenkelly und Schwingungsaufnehmern im Bereich der BohrkopfLagereinrichtung kann eine Analyse der Belastung der Lagereinrichtung in Größe und Richtung sowie der dynamischen Zusatzlasten aus Vibrationen erfolgen. Werden bekannte, schneidrollenspezifische Störfrequenzen durch eine geeignete Auswerteeinrichtung herausgefiltert, so läßt sich aus den Meßwerten der mindestens einen ersten und mindestens einen zweiten Meßeinrichtung sowohl auf den Zustand der Ortsbrust, als auch auf eventuelle Schneidrollendefekte schließen. Die von den ersten und zweiten Meßeinrichtungen erhaltenen Signale können - nachdem die den normalen Betriebszustand der Tunnelbohrmaschine charakterisierenden Werte geeignet kompensiert worden sind - zur Ansteuerung von beispielsweise optischen Anzeigeinstrumenten für das Bedienpersonal verwendet werden. Es ist jedoch ebenfalls möglich, über geeignete Mittel die erhaltenen Meßwerte zur Regelung der Betriebsparameter der Tunnelbohrmaschine, wie Vorschub, Bohrkopfdrehzahl etc. zu verwenden, wodurch das Bedienpersonal von der ständigen, konzentrierten Beobachtung der Anzeigeinstrumente entlastet wird.

[0013] In der Zeichnung ist - schematisch - ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Tunnelbohrmaschine dargestellt. Es zeigen:
Fig. 1
einen Längsschnitt durch die Tunnelbohrmaschine sowie
Fig. 2
einen Querschnitt gemäß Schnittlinie A-A in Fig. 1.


[0014] Die als Ganzes mit 100 bezeichnete Tunnelbohrmaschine, von der in der Zeichnung lediglich die für die Erfindung wesentlichen Bauteile schematisch dargestellt sind, umfaßt einen Bohrkopf 1, der an seiner der Ortsbrust O zugewandten Seite Werkzeuge zum Lockern des Erdreichs, hier Schneidrollen 2, trägt. Der Bohrkopf ist über eine Lagereinrichtung 3 - auch Bohrkopf-Hauptlager genannt - drehbar an einer sogenannten Innenkelly 4 gelagert. Dem Drehantrieb des Bohrkopfes 1 um die Drehachse S dienen in der Zeichnung nicht dargestellte, hydraulische oder elektrische Antriebe, die den Bohrkopf 1 gegenüber der Innenkelly 4 in eine Rotation versetzen.

[0015] Die Innenkelly 4 ist ihrerseits zur Drehachse S drehfest, aber entlang der Drehachse S verschiebbar in einer Verspanneinrichtung 20 gelagert, die sich über Stützen 21 an der Bohrungswandung W abstützt und der Aufnahme von durch den Bohrvorgang hervorgerufenen Reaktionskräften dient. Das der Ortsbrust abgewandte Ende der Innenkelly 4 umfaßt eine Stützeinrichtung 5, über die dieses Ende während des Nachsetzens der Verspanneinrichtung bei fortschreitender Tunnelbohrung abgestützt werden kann.

[0016] An der der Ortsbrust abgewandten Stirnseite der Lagereinrichtung 3 sind über den Umfang verteilt vier Schwingungsaufnehmer 6 angeordnet, die die Schwingungsbelastungen in Frequenz und Amplitude der Lagereinrichtung 3 während des Bohrbetriebs erfassen. Die entsprechenden Meßwerte werden einer in der Zeichnung nicht erkennbaren Auswerteeinrichtung zugeleitet.

[0017] Nahe dem ortsbrustseitigen Ende der bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel einen quadratischen Querschnitt aufweisenden Innenkelly 4 sind im Bereich der Kanten jeweils zwei senkrecht zueinander ausgerichtete Dehnungsmeßstreifen 7 vorgesehen, die die Verlagerung der Innenkelly insbesondere auch quer zur Bohrungsrichtung während des Bohrbetriebs erfassen. Die entsprechenden Meßwerte werden wiederum der in der Zeichnung nicht dargestellten Auswerteeinrichtung übermittelt.

[0018] Die Auswerteeinrichtung ist derart ausgestaltet, daß die den normalen Betriebszustand charakterisierenden Schwingungen bzw. Verlagerungen gespeichert und die aktuellen Meßwerte mit diesen gespeicherten Daten verglichen werden können. Eventuell auftretende Differenzwerte werden in der Auswerteeinrichtung nachgeschalteten, in der Zeichnung ebenfalls nicht dargestellten Anzeigeinstrumenten zugeleitet. Ferner ist es möglich, die Differenzwerte zur Regelung der Betriebsparameter der Tunnelbohrmaschine zu benutzen, wodurch ein nahezu automatischer Betrieb auch bei sich ändernden Erdreichverhältnissen an der Ortsbrust möglich ist.


Ansprüche

1. Tunnelbohrmaschine (100) zum Vortreiben einer Tunnelbohrung,

mit einer wahlweise in der Tunnelbohrung festlegbaren Verspanneinrichtung (20), die der Ableitung von durch den Bohrvorgang hervorgerufenen Reaktionskräften dient,

mit einer in Bohrungsrichtung verlagerbaren Innenkelly (4), und

mit einem Bohrkopf (1), der am ortsbrustseitigen Ende der Innenkelly (4) mittels einer Lagereinrichtung (3) gelagert ist,
dadurch gekennzeichnet,

daß Mittel vorgesehen sind, die während des Betriebs der Tunnelbohrmaschine vom dem Bohrkopf auf die Innenkelly übertragene Reaktionskräfte erfassen.


 
2. Tunnelbohrmaschine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,

daß an der Innenkelly (4) mindestens eine erste Meßanordnung (Dehnungsmeßstreifen (7)) zur Erfassung von Verlagerungen der Innenkelly (4) zumindest quer zur Bohrungsrichtung und/oder mindestens eine zweite Meßanordnung (Schwingungausnehmer (6)) zur Erfassung von Schwingungen im Bereich der Lagereinrichtung (3) vorgesehen ist.


 
3. Tunnelbohrmaschine nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die mindestens eine Meßanordnung mindestens einen Dehnmeßstreifen (7) umfaßt.
 
4. Tunnelbohrmaschine nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß eine Auswerteeinrichtung vorgesehen ist, die aus den Meßwerten der mindestens einen ersten und/oder mindestens einen zweiten Meßeinrichtung durch Bohrkopfdefekte und/oder Inhomogenitäten in der Lagereinrichtung und/oder der Innenkelly hervorgerufene Schwingungen bzw. Verlagerungen ermittelt und in ein zur Ansteuerung von Anzeige- und/oder Regeleinrichtungen geeignetes Signal umsetzt.
 
5. Tunnelbohrmaschine nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß eine von der Auswerteeinrichtung angesteuerte, die Betriebsparameter der Tunnelbohrmaschine wie Vorschub, Bohrkopfdrehzahlen usw. beeinflussende Regeleinrichtung vorgesehen ist.
 




Zeichnung







Recherchenbericht