[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Stranggießen vorzugsweise
von Stahl mittels einer gekühlten, Platten bestimmter Dicke aufweisenden Kupferkokille.
[0002] Das Stranggießen mit Wanderkokillen und Standkokillen, vorzugsweise jedoch das Stranggießen
mit oszillierenden Standkokillen von Dünnbrammen mit einer Dicke zwischen 150 mm und
40 mm, aber auch von Brammen, Vorblöcken und Knüppeln mit quadratischem als auch rundem
Format, bewegt sich mehr und mehr zu hohen Gießgeschwindigkeiten von bis zu 10 m/min.
[0003] Es stellt sich in den letzten Jahren zunehmend heraus, daß bei der Steigerung der
Gießgeschwindigkeit auf bisher 5 bis 10 m/min die Kokillenbelastung und damit die
Standzeit der Kupferplatten unverändert ein zentrales Thema der Entwicklung darstellt.
[0004] Betrachtet man die Situation des Wärmestroms in der Kokille von der Kokillenmitte
bzw. Mittenebene parallel zu den Breitseiten im Falle von Brammen zum Kokillenkühlwasser,
so durchläuft der Energiestrom die Medien
- flüssiger Stahl, λ ≅ 50 W/m • K
- Tauchausguß, λ ≅ 10 W/m • K (im Bereich des SEN, wenn vorhanden)
- flüssiger Stahl, λ ≅ 50 W/m • K
- Strangschale, λ ≅ 50 W/m • K
- Gießschlackenfilm, λ ≅ 1 W/m • K
- Kupferplatte, λ ≅ 360 W/m • K
[0005] Das Kokillenkühlwasser im Bereich der Kühlschlitze auf der Rückseite der Kupferplatte
weist folgende physikalische Merkmale auf:
- Wassergeschwindigkeit zwischen 6 bis 14 m/sec
- Wasserdruck P zwischen 5 bis 25 bar
- Wassereinlauftemperatur zwischen 20 und 45 °C
[0006] Diese Wasserwerte werden während des Gießens konstant gehalten und nicht als Regelgrößen
für die Optimierung des Prozesses online herangezogen.
[0007] Bei der Steigerung der Gießgeschwindigkeit von z. B. v
c1 = 4 m/min auf v
c2 = 6 m/min verringert sich der Schlackenschmierfilm, womit die Belastung der Kupferplatten
ausgedrückt als Kupferhauttemperatur sowohl auf der Stahlseite als auch auf der Wasserseite
ansteigt. Dieser Temperaturanstieg wird durch den dünneren Schlackenfilm, verbunden
mit der geringeren Isolation der Strangschale und dem damit höheren Wärmestrom, ausgedrückt
als MW/m
2 Kokillenbelastung, verursacht.
[0008] Verbunden mit der steigenden Wärmebelastung der Kokille und den damit ansteigenden
Haupttemperaturen der Kupferplatte auf der Strangschalenseite und Wasserseite sind
- eine konstante Kupferplattendicke von z.B. 20 mm
- ein konstanter Wassereinlaufdruck in die Kokille und
- eine konstante Kokillenkühlwassereinlauftemperatur.
[0009] Die den Stand der Technik wiedergebenden Figuren 2a und b machen deutlich, daß mit
steigender Gießgeschwindigkeit durch die sinkende Schlackenfilmdicke (6) der Abstand
zwischen der Rekristallisationstemperatur (14) des kaltgewalzten Kupfers von bspw.
600 °C und den Kupferplattenhauttemperaturen stahlseitig (9), aber auch wasserseitig
(10) geringer wird, wodurch die Standzeit (15) der Kupferplatten sinkt.
[0010] Gleichzeitig kann das Kühlwasser (3) der Kokille Gefahr laufen, den Siedepunkt zu
überschreiten und einen Gasfilm (16), der sog. Leidenfrost, zwischen der Kupferplattenwand
(11) und der strömenden Wassersäule (17) aufzubauen, wodurch der Wärmeübergang massiv
gestört wird, und sich der Wärmestrom (1 )ungleichförmig über die Kokillenbreite und
Kokillenhöhe ausbildet. Dies wiederum führt zu einer zusätzlichen Belastung der Strangschale
(5), aber auch der Kupferplatte (7).
[0011] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung
zu schaffen, mit denen sich die Kupferplattenhauttemperatur mit sich ändernder Gießgeschwindigkeit
konstant halten läßt.
[0012] Eine unerwartete Lösung, die für den üblichen Fachmann nicht als selbstverständlich
anzusehen ist, wird in den Patentansprüchen beschrieben. Die in den unabhängigen Ansprüchen
1 und 9 angegebenen Merkmale erlauben es, hohe variable Gießgeschwindigkeiten bis
15 m/min ohne Nachteile auf die Kokillenbelastung vorzusehen, weil eine damit ansonsten
unvermeidlich einhergehende, schädliche Erhöhung der Temperatur der Kupferplatten
vermieden wird.
[0013] Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den nachstehenden
Erläuterungen von in den Zeichnungen schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen.
Es zeigen:
- Figur 1a, b
- schematisch den Fluß des Wärmestroms von der Kokillenmitte 2 zu den Breitseiten einer
Brammen- bzw. Dünnbrammenkokille 7 für zwei unterschiedliche Gießgeschwindigkeiten
vc1 (Teilbild a) auf vc2 (Teilbild b),
- Figur 2
- aufgeteilt in die Teilbilder a, b und c,
Teilbilder a und b, den Stand der Technik als Schlackenfilmdicke (6) bzw. Hauttemperatur
(9, 10) der Kupferplatte sowie der Kokil-lenstandzeit (15) bei konstanter Wassereinlauftemperatur
TinH2O (13), konstantem Wasserdruck PinH2O (12), konstanter Wassermenge QinH2O (18) oder konstanter Wassergeschwindigkeit in m/s (19) und konstanter Kupferplattendicke
7.1 über die Gießgeschwindigkeit (8) dargestellt, Teilbild c, die erfinderische Lösung
gegenüber Fig. 2b vergleichend und beispielhaft über die Gießgeschwindigkeit (8) dargestellt,
- Figur 3
- den Zusammenhang zwischen der Kokillenhauttemperatur (9) und/oder (10) in Abhängigkeit
von der Einlauftemperatur des Kokillenkühlwasser (13) bei konstantem QinH2O (18), PinH2O (12), Kupferdicke 7.1 für die Gießgeschwindigkeiten vc1 < vc2, und
- Figur 4
- einen Kokillenkühlwasserkreislauf (21) mit angeschlossenem Wärmetauscher (22).
[0014] In Fig. 1 wird schematisch der Schnitt durch eine Kokille 23 für eine Gießgeschwindigkeit
8 durch v
c1 (Teilbild a) und v
c2 (Teilbild b) dargestellt. Zwischen der Brammenmitte 2 parallel zur Strangbreite strömt
aus einem Tauchausguß 2.1 der Stahl und führt seine Energie 1 entlang eines Wärmepotentialgefälles
1.2 in das Kokillenkühlwasser 3 durch die Medien flüssiger Stahl 4, Strangschale 5,
Schlak-kenfilm 6 und Kupferplatte 7. Mit steigender Gießgeschwindigkeit 8.2 sinkt
die Schlackenfilmdicke 6.1 sowie die Strangschalendicke 5.1 und steigt die Kupferplattenhauttemperatur
9, 10 sowie die Kokillenbelastung 1.1, ausgedrückt als MW/m
2.
[0015] Die Teilbilder a und b lassen erkennen, daß die Kokillenbelastung mit steigender
Gießgeschwindigkeit v
c2 8.2 > v
c1 8.1, ausgedrückt als Kokillenhauttemperatur 9, 10 sowie als MW/m
2, ansteigt.
[0016] Das Teilbild a der Fig. 2 stellt in Abhängigkeit von der Gießgeschwindigkeit 8 die
dünner werdende Schlackenfilmdicke 6.1 in mm sowie die ansteigende Kokillenbelastung
1.1 in MW/m
2 dar.
[0017] Das Teilbild b stellt für eine konstante Wassereinlauftemperatur T
inH2O 13, einen konstanten Wasserdruck P
inH2O 12, der den Siedepunkt von Wasser bestimmt, eine konstante Kühlwassermenge Q
H2O• in l/min 18 bzw. die konstante Wassergeschwindigkeit in m/sec 19, eine konstante
Kupferplattendicke 7.1 und die Kupferplattenhauttemperaturen 9, 10 sowohl auf der
Stahlseite als auch auf der Wasserseite über die Gießgeschwindigkeit 8 dar.
[0018] Das Bild macht deutlich, daß mit steigender Gießgeschwindigkeit die Temperaturen
der Kupferplatten 9, 10 ansteigen und gleichzeitig der Abstand zur Rekristallisationstemperatur
14 des kaltgewalzten Kupfers und damit die Standzeit der Kupferplatten abnimmt.
[0019] Aus Teilbild c von Figur 2 wird die erfinderische Lösung in ihrer physikalischen
Wirkung ersichtlich. Bei konstantem Wasserdruck P
inH2O 12, konstanter Wassermenge Q
H2O• 18 und Kupferplattendicke 7.1 wird mit Senkung der Wassereinlauf-temperaturen 12
bei steigender Gießgeschwindigkeit 8 die Kupferplattenhauttemperatur 9, 10 konstant
gehalten, und es stellt sich eine konstante und verbesserte Standzeit der Kupferplatten
15 ein.
[0020] In Figur 3 ist die Kupferplattenhauttemperatur auf der Wasserseite 10 oder Stahlseite
9 über die Wassereinlauftemperatur 13 für die Gießgeschwindigkeit v
c1 8.1 < v
c2 8.2 bei konstantem Wasserdruck P
inH2O 12, konstanter Wassermenge Q
H2O• 18 und Kupferplattendicke 7.1 aufgetragen. Das Bild macht deutlich, daß die Hauttemperatur
9, 10 bei steigenden Gießgeschwindigkeiten von v
c1 8.1 auf v
c2 8.2 mit sinkender Wassertemperatur 13 konstant gehalten werden kann.
[0021] Die Figur 4 gibt einen Kokillenwasserkühlkreislauf 21 wieder, der durch die erfinderische
Lösung eines regelbaren Wärmetauschers 22, der im Sinne der Figuren 2c und 3 gefahren
wird, eine Kontrolle der Kokillenhauttemperaturen 9, 10 ermöglicht. Der regelbare
Wärmetauscher zur Kontrolle der Kokillenwassereinlauftemperatur 13 stellt den Prozeßparameter
dar, der in Funktion von der Gießgeschwindigkeit 20 eine konstante Kokillenhauttemperatur
stahlseitig 9 sicherstellt. Die Figur zeigt darüber hinaus die Plattenkokille 23 für
die Erzeugung von Brammen mit der Anbindung des Kokillenwasserkreislaufs 21, bestehend
aus Kokillenpumpe 24.1 und einem Wasserdruck-Blasenspeicher 24.2 zur Regelung der
Wassermenge 18 und des Wasserdrucks 12 in üblicher Bauweise.
[0022] Der erfindungswesentliche Gedanke stellt sich in der Auslegung des Wärmetauschers
22 und Einbringung in den Kokillenkühlwasserkreislauf 21 als Regelgröße für die Kokillenwassereinlauftemperatur
13 dar. Zur Regelung der Kokillenwassertemperatur 13 dient der Regelbereich 22.1 des
Wärmetauschers 22 sowie die Kühlleistung z.B. eines offenen Kühlturmes 25, der eine
Kontrolle der Wassertemperatur 25.1 sowie der Kühlwassermenge 25.2 zuläßt.
[0023] Weiter ist dargestellt, daß der Wärmetauscher 22 einen großen Kühlwassereinlaufbereich
von ca. 10 bis 45 °C abdeckt und die Einlauftemperatur über einen Regelkreis mit der
Kokille verknüpft ist.
[0024] Es ist auch möglich, den Wärmetauscher bis 10 °C als minimale Wassereinlauftemperatur
zu betreiben, wenn z.B. ein natürliches Wasserreservoir mit Jahres-durchschnittstemperaturen
von bspw. 7 °C vorhanden ist. In diesem Fall muß allerdings darauf geachtet werden,
daß vor dem Angießen kein Kondenswasser an den Kupferwänden der Kokille entsteht.
Dies kann durch Strahler oder auch Vorwärmung des Kokillenkühlwassers bis zum Gießstart
vermieden werden.
[0025] Es wird erreicht, daß die Kokillenkühlwassereinlauftemperatur 13 entsprechend der
Gießgeschwindigkeit 8 und der gewünschten Kupferplattentemperatur 8, 9 geregelt wird
(siehe Funktionen Kupferhauttemperatur = f(v
c);Figur 2c und Kupferhauttemperatur = f(T
inH
2O), Figur 3.
[0026] Dies führt insgesamt zu einer stabilen und kontrollierten Wärmeabfuhr in der Kokille
mit gleichzeitig einer optimalen und kontrollierten Strangschalenbelastung und Kokillenbelastung
auch bei unterschiedlichen Gießgeschwindigkeiten zwischen 2 bis 12 m/min. Hierdurch
wird eine fehlerfreie Strangoberfläche, eine maximale Ko-killenstandzeit und die sichere
Darstellung von Gießgeschwindigkeiten von maximal 15 m/min, vorzugsweise 12 m/min
ermöglicht.
1. Verfahren zum Stranggießen von Stahl mittels einer gekühlten, Platten bestimmter Dicke
aufweisenden Kupferkokille,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Kokillenkühlwassereinlauftemperatur geregelt und mit steigender Gießgeschwindigkeit
abgesenkt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Kokillenwasserdruck und/oder die Kokillenwassermenge und/oder die Kokillenwassergeschwindigkeit
geregelt wird bzw. geregelt werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Kokille oszilliert wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die aus vier Kupferplatten bestehende Kokille (23) vorzugsweise zum Gießen von
Brammen, Medium- und Dünnbrammen genutzt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß bei konstantem Wasserdruck, konstanter Wassermenge, konstanter Wassergeschwindigkeit
und konstanter Kupferplattendicke die Kühlwassereinlauftemperatur mit steigender Gießgeschwindigkeit
funktional abgesenkt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß bei konstanter Kupferplattendicke der Wasserdruck, die Wassermenge bzw. die Wassergeschwindigkeit
sowie die Kühlwassereinlauftemperatur mit sich ändernder Gießgeschwindigkeit funktional
über einen Regelkreis angepaßt werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, .
daß bei sich ändernder Gießgeschwindigkeit die Kupferplattenhauttemperatur (9,10)
auf der Basis einer Steuerung oder Regelung über die Änderung der Kokillenwassertemperatur
konstant gehalten wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Kokillenkühlwassertemperatur durch wenigstens einen in das Regelkonzept eingebundenen
Wärmetauscher oder eine Mischvorrichtung geregelt wird.
9. Vorrichtung zum Stranggießen von Stahl mittels einer gekühlten, Platten bestimmter
Dicke aufweisenden Kupferkokille (23), insbesondere zur Durchführung des Verfahrens
nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Kokillenplatten (7) aus Kupfer mit einer Dicke von 40 bis 5 mm bestehen, der
Kokillenwasserdruck (12) zwischen 5 und 30 bar regelbar ist, die Kokillenwassergeschwindigkeit
(18) zwischen 5 bis 15 m/sec regelbar ist, und daß die Kokillenkühlwassereinlauftemperatur
(13) zwischen 10 und 45 °C wählbar ist.
10. Vorrichtung nach Anspruch 9,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Kokille aus vier Kupferplatten (23) besteht und vorzugsweise zur Erzeugung
von Brammen, Medium- und Dünnbrammen der Abmessungen 40 bis 300 mm Dicke und 600 bis
3.200 mm Breite einsetzbar ist.
11. Vorrichtung nach Anspruch 9 oder 10,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Kühlwasserversorgung bei vorgegebenem Wasserdruck (12), vorgegebener Wassermenge
(18) bzw. Wassergeschwindigkeit (19) und Kupferplattendicke (7.1) die Kühlwassereinlauftemperatur
(13) zur Konstanthaltung der Kupferplattentemperatur (9, 10) bei steigender Gießgeschwindigkeit
(8) funktional (26, 27) von 45 °C auf mindestens 10 °C wenigstens ein Wärmetauscher,
auslegbar mit einem entsprechenden Regelbereich (22.1), und ein offener oder geschlossener
Wasserkühlturm (25 bzw. 25.3) ein natürliches oder anderes Wasserreservoir (25.4)
zugeordnet sind.
12. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 9 bis 11,
dadurch gekennzeichnet,
daß bei Einsatz eines geschlossenen oder offenen Wasserkühlturms (25, 25.3) und/oder
eines natürlichen oder anderem Wasserreservoirs (25.4) das kalte und warme Rücklaufwasser
entsprechend den gewünschten Einlauftemperaturen (13) mit einer Mischvorrichtung einstellbar
ist.