(19)
(11) EP 1 106 707 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.06.2001  Patentblatt  2001/24

(21) Anmeldenummer: 00126368.0

(22) Anmeldetag:  02.12.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C23C 2/08, C25D 3/30
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 11.12.1999 DE 19959748
11.12.1999 DE 19959749

(71) Anmelder: Rasselstein Hoesch GmbH
56626 Andernach (DE)

(72) Erfinder:
  • Becker, Rolf
    56072 Koblenz (DE)
  • Thran, Dietmar
    56566 Neuwied (DE)

(74) Vertreter: Charrier, Rolf, Dipl.-Ing. et al
Patentanwälte Charrier Rapp & Liebau, Postfach 31 02 60
86063 Augsburg
86063 Augsburg (DE)

   


(54) Verfahren zur Erzeugung von Weissblech hoher Korrosionsfestigkeit


(57) Bei diesem Verfahren zur Erzeugung von Weißblech hoher Korrosionsfestigkeit wird als Ausgangsmaterial ein Stahlblech mit einem Kohlenstoffgehalt von 10 bis 500 ppm verwendet.
Das Stahlblech wird unter Verwendung von Öl mit Viskositätswerten im Bereich von 30 bis 70 mm2/S (Messung bei T = 50 Grad Celsius kaltgewalzt und dann in einem Durchlaufofen geglüht. Anschließend wird die zu beschichtende Oberfläche des Stahlbandes mit Mineralsäure gebeizt. Schließlich wird die gebeizte Oberfläche in einem Zinnbad hoher Reinheit galvanisiert, wobei zwischen Zinnschicht und Stahlblech eine dichte Zinn/Stahl-Grenzschicht (Diffusionsschicht) gebildet wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung von Weißblech (= verzinntes Stahlblech) hoher Korrosionsfestigkeit.

[0002] Zur Herstellung von Behältnissen für Lebensmittel aus Weißblech, wie beispielsweise Getränkedosen, sind Weißbleche erforderlich, die eine geschmacksneutrale Konservierung sowie eine hohe Lagerstabilität ermöglichen. Solche Behältnisse werden insbesondere im Fall von Getränkedosen in einem Tief- und Abstreckziehverfahren (auch Draw-Wall-Ironing-Verfahren oder kurz DWI-Verfahren) hergestellt und innenseitig lackiert. Hierzu werden heutzutage übliche Lacke auf Wasserbasis verwendet, die im Spin-Sprühverfahren aufgebracht werden. Für die Lagerstabilität ist neben der Lackierqualität auch die Korrosionsbeständigkeit des verwendeten Weißbleches von Bedeutung.

[0003] In der deutschen Offenlegungsschrift Nr. 28 13 838 ist ein Verfahren zum Herstellen eines verzinnten Produktes beschrieben, bei dem auf einem kaltgewalzten Blech aus Flußstahl eine dünne Schutzbeschichtung auf Zinnbasis elektrolytisch niedergeschlagen wird und anschließend das mit seiner Schutzbeschichtung versehene Stahlblech auf eine Temperatur oberhalb des Zinn-Schmelzpunktes von 232°C erwärmt wird, um das Zinn dieser Schutzbeschichtung umzuschmelzen. Danach wird das Blech wieder abgekühlt, so daß das Zinn der Schutzbeschichtung vollständig in eine Eisen-Zinn-Legierung übergeführt wird, welche angenähert die Zusammensetzung des FeSn2 aufweist. Mit diesen Verfahrensschritten wird eine verfestigte Schutzschicht erzielt, die am Stahlblech haftet und vollständig aus einer Fe-Sn-Legierung ohne freies Zinn besteht. Mit diesem bekannten Verfahren wird ein verzinntes Blech erhalten, welches eine vergleichsweise hohe Korrosionsbeständigkeit aufweist und bei dem die Zinnbeschichtung so dünn gehalten ist, daß vergleichsweise wenig Zinn zur Beschichtung erforderlich ist.

[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde ein Weißblech mit noch höherer Korrosionsfestigkeit bereitzustellen und ein Verfahren zur Erzeugung von Weißblech hoher Korrosionsfestigkeit aufzuzeigen.

[0005] Diese Aufgabe wird mit den kennzeichnenden Merkmalen des Verfahrensanspruchs 1 sowie mit den kennzeichnenden Merkmalen eines Weißblechs gemäß Anspruch 9 gelöst. Vorteilhafte Ausführungsbeispiele sind den Unteransprüchen zu entnehmen.

[0006] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Erzeugung von Weißblech hoher Korrosionsfestigkeit ist dadurch gekennzeichnet,

a) daß als Ausgangsmaterial ein Stahlblech mit einem Kohlenstoffgehalt von 10 bis 500 ppm verwendet wird,

b) daß das Stahlblech unter Verwendung von Öl mit Viskositätswerten im Bereich von 30 bis 70 mm2/s (Messung bei T = 50 Grad Celsius) kaltgewalzt wird,

c) daß das Stahlblech rekristallisierend geglüht wird,

d) daß die zu beschichtende Oberfläche des Stahlbandes mit Mineralsäure gebeizt wird,

e) daß die gebeizte Oberfläche in einem Zinnbad hoher Reinheit galvanisiert wird, wobei zwischen Zinnschicht und Stahlblech eine Zinn/Stahl-Grenzschicht (Diffusionsschicht) gebildet wird.



[0007] Mittels dieses Verfahrens ist es möglich, ein Weißblech hoher Korrosionsfestigkeit und damit verbundener Lagerstabilität zu erzeugen. Dieses Weißblech, welches im folgenden als "spezialverzinntes" Weißblech bezeichnet wird, weist eine Grenzschicht auf, die aus Zinn und Eisen besteht, ohne daß sich eine Legierungsschicht gebildet hat, und zeichnet sich außer durch hohe Korrosionsbeständigkeit auch durch gute Zinnhaftung aus.

[0008] Vorteilhafte Verfahrensmaßnahmen sind in den Unteransprüchen 2 bis 8 gekennzeichnet. Vorteilhafte Ausgestaltungen des Weißblechs gemäß Anspruch 9 sind den Unteransprüchen 10 bis 13 entnehmbar.

[0009] Die hohe Korrosionsfestigkeit des spezialverzinnten Weißbleches gegenüber herkömmlichem Weißblech konnte vor allem durch ein neuartiges Meßverfahren zur Messung der Korrosionsbeständigkeit von Weißblech überprüft werden, wie es in der prioritätsbegründenden deutschen Patentanmeldung 199 59 748.0 näher beschrieben ist. Im Gegensatz zu bisher standardmäßig angewandten Prüfmethoden, wie Enamel-Rater-Test, Lagerversuchen, Impedanzmessung, bei denen die Prüfung der Korrosionsbeständigkeit erst an den fertigen Weißblech-Dosen vorgenommen wird, kann nämlich mit dem vorerwähnten neuen Meßverfahren das Weißblech unmittelbar nach seiner Herstellung untersucht und hierbei Rückschlüsse auf dessen Korrosionsfestigkeit gemacht werden. Bei diesem neuartigen Verfahren wird im wesentlichen nach Entzinnung der zu untersuchenden Weißblechprobe diese polarisiert und das sich nach einer vorbestimmten Zeit einstellende Oberflächenpotential erfaßt. Unter Zugrundelegung der zuvor bei Kalibrierproben mit bekannten, unterschiedlichen Verzinnungsqualitäten festgestellten Oberflächenpotentiale wird der bei der zu prüfenden Weißblechprobe vorhandene Oberflächenreaktionswert, der auch als Steelsurface-Value oder kurz SRV bezeichnet wird, bestimmt. Durch Vergleichsuntersuchungen mit herkömmlichen Meßmethoden zur Messung der Korrosionsbeständigkeit von Weißblech wurde festgestellt, daß Weißblech mit einem Oberflächenreaktionswert oder SRV kleiner als 10, vorzugsweise kleiner als 5, eine sehr gute Korrosionsbeständigkeit und Lagerstabilität aufweist. Es war daher anzustreben, ein Verfahren zur Herstellung von Weißblech zu schaffen, welches einen Oberflächenreaktionswert oder SRV von weniger als 5 aufweist. Dies ist mit dem erfindungsgemäßen Verfahren gelungen, wie die mit dem neuartigen Meßverfahren durchgeführten Untersuchungen ergeben haben. Es wird daher im folgenden auf die mit vorgenannten Meßverfahren erfaßten Oberflächenreaktionswerte oder kurz SRV Bezug genommen.

[0010] Zur Unterscheidung von herkömmlichem Weißblech wird das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Weißblech im folgenden als "spezialverzinntes" Weißblech bezeichnet.

[0011] Spezialverzinntes Weißblech weist eine kaltgewalzte Stahlphase mit einem Kohlenstoffgehalt von 10 bis 500 ppm, vorzugsweise 40 bis 100 ppm, auf und ist Voraussetzung zur Erzielung von SRV-Werten < 10, vorzugsweise < 5.

[0012] Zur Verringerung des SRV-Wertes erfolgt ein Walzen der Stahlphase nach wahlweise Warmbandbeize in Salzsäure oder Schwefelsäure unter Verwendung von Öl mit Viskositätswerten im Bereich von 30 bis 70 mm2/Sekunde, vorzugsweise 35 bis 55 mm2/Sekunde (Messung bei T = 50°C). Diese Viskositätswerte werden vorzugsweise durch den Einsatz von frischem Öl auf der Basis von Triglyceriden erreicht, Anteile von regeneriertem Walzöl, die zu erhöhten Viskositätswerten im Bereich von 70 bis 140 mm2/Sekunde (Messung bei T = 50°C) führen, bewirken tendenziell höhere SRV-Werte im Bereich von > 10.

[0013] Zur Erzeugung des spezialverzinnten Weißbleches wird ein kaltgewalztes Stahlband, dessen Kohlenstoffgehalt innerhalb der vorstehend angegebenen Bereiche liegt, in einem Durchlaufglühofen geglüht, so daß dieses eine Oxidbelegung von < 100 C/m2 aufweist. Bei einer Oxidbelegung in dieser Größenordnung ist der endgültig erzeugte SRV-Wert unabhängig von der Polarität des Bandes bei einer nachfolgenden Entfettung, die vor der galvanischen Verzinnung erfolgt.

[0014] Jedoch sind höhere Oxidbelegungen von > 100 C/m2 nach der Durchlaufglühe an dem Stahlblech unkritisch, wenn für die nachfolgende Entfettung die richtige Bandentfettungspolarität gewählt wird.

[0015] Bevor eine galvanische Verzinnung des Stahlbleches erfolgt, welches vorzugsweise Rauhigkeitswerte von Ra = 0,8 - 1,4 µm aufweist, wird dieses nach einer alkalischen Entfettung und Spülung einer Schwefelsäurebeize und wiederum einer Spülung unterworfen. Zur Erzeugung von spezialverzinntem Weißblech mit geringen SRV-Werten ist eine ausreichende Kontaktzeit von Stahlblech und Beizbad erforderlich.

[0016] Die Schwefelsäurebeize erfolgt ohne Einsatz von Strom bei Temperaturwerten im Bereich von 50 bis 100°C bei einer Beizdauer von 1 bis 3 Sekunden unter Verwendung einer Säurekonzentration von 8 bis 16 Gew.%. Die Bandgeschwindigkeit liegt dabei im Bereich von 200 bis 800 m/min.

[0017] Im folgenden werden einige Eigenschaften des spezialverzinnten Weißbleches einem herkömmlichen Weißblech gegenübergestellt.

[0018] Normalverzinntes Weißblech besitzt bei Standard-Zinnauflagen bis 3 g/m2 SRV-Werte von ca. > 10. Die SRV-Werte für spezialverzinntes Weißblech liegen erheblich niedriger. Bei fehlerhafter Doseninnenlackierung ist die Perforationsrate bei spezialverzinntem Weißblech um den Faktor 3 bis 4 geringer als bei normalverzinntem Weißblech, vgl. Figur 2.

[0019] Neben der verbesserten Korrosionsbeständigkeit im unlackierten Zustand kann das Korrosionsrisiko bis zur Aufbringung der ersten Innenlackierung verringert werden.

[0020] Wie anhand von Figur 2 erkannt werden kann, steigt mit schlechter werdender Lackierqualität die Perforationsrate eines Kollektivs von 500 Dosen nach sechsmonatiger Lagerung für die weniger gute Weißblechqualität mit einem SRV-Wert von > 10 deutlich an. Bei spezialverzinntem Weißblech ist bei schlechter Lackierqualität ein Anstieg auf eine Perforarionsrate von 0,8% zu beobachten, wohingegen diese für das weniger gute Weißblech bei 2,9% liegt. Bei gegebener, nicht optimaler Innenlackierung werden bei spezialverzinnten Weißblechen dann, wie bereits erwähnt, danach um einen Faktor 3 bis 4 geringere Perforationsraten festgestellt, als bei Weißblechen mit einem SRV-Wert > 10. Die Beurteilung der Lackierqualität erfolgt durch Impedanzspektroskopie und Erfassung der elektrischen Barrierewirkung des Lackes durch Bestimmung des Phasenwinkels. Geringe Lackierqualität, die z.B. durch mangelhaften Lackauftrag oder durch eine ungenügende Reinigung der Doseninnenseite nach Abstreckung begründet sein kann, drückt sich bei der Impedanzanalyse durch deutliche Abweichungen vom Idealwert von 90° aus. Je kleiner der Phasenwinkel ist, desto geringer ist die Lackierqualität.

[0021] Unabhängig von der Lackierqualität ergibt sich, wie in Fig. 1.1 und Fig. 1.2 dargestellt, eine deutliche Korrelation zwischen der durch den SRV-Wert definierten Weißblechqualität und der Perforationsrate einer Serie Softdrink-Testpacks nach einer Lagerzeit von sechs Monaten. Die Messung wurde mit Probenkollektiven von jeweils mehr als 800 Dosen für Zinnauflagen von 2,0 bis 2,4 g/m2 für einmal lackierte Dosen durchgeführt. Dabei ergibt sich ein im wesentlichen linearer Zusammenhang der Perforationsrate in Promille für einen gegebenen SRV-Wert.

[0022] Neben einer erhöhten Korrosionsbeständigkeit und Lagerstabilität weist spezialverzinntes Weißblech überdies eine verbesserte Zinnhaftung auf der Stahloberfläche auf. Die Erfassung der Zinnhaftung auf Stahl erfolgt an einer mit Alkohol entfetteten Blechtafel mittels Reibens eines Papiertuchs ("Profix" Allzwecktücher der "TEMCA GmbH, Nürnberg") entlang einer Wegstrecke von 300 bis 400 mm bei einer Breite von 40 bis 50 mm unter Einwirkung eines Anpreßdruckes von 0,05 N/mm2 und einer Ziehgeschwindigkeit von 0,5 m/min. Durch Differenz des Papiergewichtes vor und nach dem Abreiben läßt sich der Zinnabrieb quantifizieren. Bei normalem Weißblech treten bei 10% der untersuchten Proben Zinnabriebe in der Größenordnung von 400 bis 1000 mg/m2 auf (siehe Figur 3, Kurve mit SRV > 10), mit zum Teil metallisch glänzenden Zinnflittern. Spezialverzinntes Weißblech besitzt ausnahmslos Abriebwerte, die ca. die Hälfte betragen und kein metallisches, sondern ein schwarzpulvriges Aussehen aufweisen.

[0023] Wie in Fig. 3 dargestellt, ergeben sich für spezialverzinntes Weißblech mit SRV-Werten < 5 bei einer Zinnauflage von 2 g/m2 und einer Oberflächenrauheit von RA = 0,8 bis 1,4 µm mit einer Wahrscheinlichkeit (Häufigkeit) von etwa 50% Zinnabriebswerte von weniger als 150 mg/m2 (siehe Figur 3, Kurve mit SRV < 5). Durch die verbesserte Zinnschichthaftung auf der Zinnmatrix ergibt sich gegenüber normalen Weißblechen mit SRV-Werten > 10, die bei einer Häufigkeit von 50% Zinnabriebswerte von etwa 280 mg/m2 hatten, eine um den Faktor 1,5 bis 2 verbesserte Zinnschichthaftung. Die verbesserte Verbundhaftung findet im Praxisversuch bei der Herstellung von Getränkedosen ihre Bestätigung. Die Standzeit von Abstreckringen, die der Umformung eines Blechrohlings in die Dosenform dienen, liegt bei spezialverzinntem Weißblech um 30% höher als bei normalem Weißblech.

[0024] Spezialverzinntes Weißblech im Bereich von SRV < 5 besitzt gegenüber herkömmlichem Weißblech eine signifikant höhere Helligkeit, wie dies in Fig. 4 dargestellt ist. Dies beruht auf einer erhöhten Stahlreaktivität vor der ersten Zinnabscheidung während des Galvanisierens und einer damit zu erwartenden höheren Keimbildungszahl, die sich positiv auf die Dichte der ersten Zinnkeimbildung auf dem Stahlblech auswirkt. Durch elektronenmikroskopische Oberflächenaufnahme eines speziallverzinnten Weißbleches nach einem ersten Abscheidungsimpuls mit einer Dauer von 500 ms wurden Zinnkeime festgestellt. Diese bei spezialverzinntem Weißblech nach der kurzen Dauer von 500 ms auftretenden Zinnkeime sind zu einem entsprechenden Zeitpunkt bei normalverzinntem Weißblech mit SRV-Werten von > 10 nicht vorhanden.

[0025] Mit der Entwicklung des oben beschriebenen Meßverfahrens konnte ein spezialverzinntes Weißblech mit einer Grenzschicht, die aus Zinn und Eisen besteht, ohne daß sich eine Legierungsschicht gebildet hat, erzeugt werden, das sich durch eine hohe Korrosionsbeständigkeit und gute Zinnhaftung auszeichnet.

[0026] Untersuchungen mittels Auger-Elektronen-Spektrometrie haben gezeigt, daß bei der Galvanisierung des Stahlbleches mit Zinn eine Zinn/Eisen-Grenzschicht entsteht, welche aus Zinn- und Eisenatomen besteht. Diese Zinn/Eisen-Grenzschicht weist eine Schichtdicke von < 30 nm auf. Selbst bei einer 100.000-fachen Mikroskopie-Vergrößerung sind keine Kristallstrukturen erkennbar, so daß davon ausgegangen werden kann, daß die Zinn- und Eisenatome nicht im Sinne einer chemischen Verbindung aneinander gebunden sind. Diese Zinn/Eisen-Grenzschicht besteht aus einer nicht-stöchiometrischen Zusammensetzung von Eisen- und Zinn-Atomen und unterscheidet sich damit deutlich von den Zinn-Eisen-Legierungszwischenschichten, welche bei den herkömmlichen Verzinnungsverfahren (beispielsweise wie in der DE 28 13 838 beschrieben) durch Umschmelzen der Zinnschicht bei Temperaturen oberhalb des Zinn-Schmelzpunktes (232°C) entstehen. Diese Eisen-Zinn-Legierungsschichten, welche bei den bekannten Verzinnungsverfahren durch Aufschmelzen entstehen, weisen wesentlich größere Schichtdicken im Bereich von 100 nm auf und bestehen aus einer Eisen-Zinn-Legierung, welche angenähert die stöchiometrische Zusammensetzung des FeSn2 aufweist.

[0027] Figur 5 zeigt ein Auger-Spektrum von erfindungsgemäß verzinntem Stahlblech im Bereich der Zinn/Eisen-Grenzschicht. Dieses Spektrum wurde aufgenommen, nachdem die Zinnschicht in einer alkalischen Kaliumjodat-Lösung (40 bis 60 g/l NaOH; 7 bis 15 g/l KIO3) bei einer Temperatur von 50°C über einen Zeitraum von 30 bis 80 Sekunden von der Stahloberfläche abgelöst wurde. Die Zinn/Eisen-Grenzschicht löst sich bei diesem Prozeß nicht ab. Dem Spektrum von Figur 5 ist eine mittlere Dicke der Grenzschicht von ca. 20 nm zu entnehmen. Hierbei zeigt die mit Sn bezeichnete Linie den Verlauf der Zinn-Konzentration, welche proportional zur Intensität des Auger-Spektrums von Figur 5 ist. Die Abszisse des Auger-Spektrums von Figur 5 zeigt dabei die Sputter-Tiefe, gemessen von der Oberfläche (Null-Punkt der Abszisse) in Richtung des Stahlblechs. Die mit Fe bezeichnete Linie im Spektrum von Figur 5 zeigt die Konzentration des Eisens im Bereich der Grenzschicht, welche proportional ist zur Intensität des Auger-Spektrums des Eisens. Die in Figur 5 mit O bezeichnete Kurve zeigt den Konzentrationsverlauf von gebundenem Sauerstoff und die mit C bezeichnete Linie zeigt die Konzentration des Kohlenstoffs im Bereich der Grenzschicht.

[0028] Die Ausbildung der Zinn/Eisen-Grenzschicht (Diffusionsschicht) ist mikroskopisch wie folgt erklärbar:

[0029] In der ersten Abscheidephase bei der galvanischen Verzinnung bilden sich Zinnkeime auf der Stahloberfläche, die nach allgemeiner Kenntnis bevorzugt an den Korngrenzen der Eisenkörner lokalisiert sind. Dieses Zinn ist verantwortlich für die Erzeugung der Zinn/Eisen-Grenzschicht unmittelbar auf der Stahloberfläche, indem sich das Zinn auf und in der Stahloberfläche anlagert. Diese Zinn/Eisen-Grenzschicht wird bei einem chemischen Ablösevorgang des galvanisch abgeschiedenen Zinns nicht von der Oberfläche entfernt. Mit dem in der deutschen Patentanmeldung Nr. 199 59 748.0 beschriebenen Verfahren zur Messung der Korrosionsbeständigkeit von Weißblech wird die beschichtete Weißblechprobe zunächst entfettet und anschließend entzinnt. Dabei löst sich bei spezielverzinntem Weißblech lediglich die reine Zinnschicht, nicht jedoch die Zinn/Eisen-Grenzschicht vom Stahlblech ab. Die nach der Entzinnung die Oberfläche bildende Zinn/Eisen-Grenzschicht ist also für das gemäß dem dort beschriebenen Verfahren zu messende elektrochemische Oberflächenpotential verantwortlich.

[0030] Durch die Kombination des hier beschriebenen Verfahrens und des in der deutschen Patentanmeldung Nr. 199 59 748.0 beschriebenen Verfahrens zur Messung der Korrosionsbeständigkeit von Weißblech ist ein effektives Verfahren zur Herstellung von korrosionsbeständigem Weißblech und anschließender Charakterisierung hinsichtlich der Korrosionsbeständigkeit aufgezeigt.

[0031] Die SRV-Werte des spezialverzinnten Weißbleches liegen deutlich unter der herkömmlicher Weißbleche von < 10, vorzugsweise unter 5, wobei Toleranzbreiten von ca. +/- 2 über die gesamte DWI-Oberfläche realisiert werden. Die verbesserte Oberflächenhelligkeit ermöglicht überdies auch eine unter optischen Gesichtspunkten ansprechende Farbe des Weißbleches, das bevorzugt für alle Arten von Behältern, insbesondere jedoch für Getränkedosen, einsetzbar ist.


Ansprüche

1. Verfahren zur Erzeugung von Weißblech hoher Korrosionsfestigkeit, dadurch gekennzeichnet,

a) daß als Ausgangsmaterial ein Stahlblech mit einem Kohlenstoffgehalt von 10 bis 500 ppm verwendet wird,

b) daß das Stahlblech unter Verwendung von Öl mit Viskositätswerten im Bereich von 30 bis 70 mm2/s ( Messung bei T= 50 Grad Celsius) kaltgewalzt wird,

c) daß das Stahlblech rekristallisierend geglüht wird.

d) daß die zu beschichtende Oberfläche des Stahlbandes mit Mineralsäure gebeizt wird.

e) daß die gebeizte Oberfläche in einem Zinnbad hoher Reinheit galvanisiert wird, wobei zwischen Zinnschicht und Stahlblech eine Zinn/Stahl-Grenzschicht (Diffusionsschicht) gebildet wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Ausgangsmaterial Stahlblech mit einem Kohlenstoffgehalt von 10 bis 100 ppm verwendet wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß während der galvanischen Verzinnung Niederschläge aus Zinnoxid durch ein Filtrationsverfahren entfernt werden.
 
4. Verfahren nach Anspruch loder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein kaltgewalztes Stahlblech verwendet wird, welches an seiner zu beschichtenden Oberfläche einen Kohlenstoffgehalt von maximal 1,5 mg/m2 aufweist.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet daß das Kaltwalzen des Stahlbleches unter einer Schmiermittel-Viskosität von 35 - 55 mm2/s erfolgt.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Stahlblech eine Rauhigkeit Ra von 0,8 bis 1,4 µm aufweist.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Beizen bei Temperaturen von mindestens 50°C erfolgt.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Beizen über eine Zeitdauer von 1 bis 3 Sekunden und einer Säurekonzentration von 8 bis 16 Gew.% bei Bandgeschwindigkeiten von 200 bis 800 m/min erfolgt.
 
9. Stahlblech, dessen Oberfläche mit einer Zinnschicht versiegelt ist, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen der Stahlblech-Oberfläche und der Zinnschicht eine nicht-kristalline Diffusionsschicht ausgebildet ist, welche aus ungebundenen Eisen- und Zinnatomen besteht.
 
10. Stahlblech nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Diffusionsschicht eine Dicke von < 30 nm aufweist.
 
11. Stahlblech nach einem der Ansprüche 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, daß das Stahlblech einen Kohlenstoffgehalt von 10 bis 500 ppm aufweist.
 
12. Stahlblech nach einem der Ansprüche 9 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Diffusionsschicht bei der Entzinnung in einer alkalischen Kaliumjodat-Lösung (40 bis 60 g/l NaOH; 7 bis 15 g/l KIO3) bei einer Temperatur von 50°C über einen Zeitraum von 30 bis 80 Sekunden nicht von der Stahloberfläche ablöst.
 
13. Stahlblech nach einem der Ansprüche 9 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß bei dem mit der Zinnschicht versiegelten Stahlblech bei einem Verfahren zur Messung der Korrosionsbeständigkeit von Weißblech mit folgenden Schritten:

a) mehrere Weißblechproben (Kalibrierproben) mit bekannten, unterschiedlichen Verzinnungsqualitäten werden entfettet und entzinnt,

b) jeder Kalibrierprobe wird einmalig ein in Abhängigkeit von einer früher festgestellten Korrosionsbeständigkeit verschiedenhoher Wert (Oberflächenreaktionswert (SRV) zugeordnet,

c) die entzinnten Kalibrierproben werden nacheinander in einen sauren Elektrolyten eingebracht und kathodisch polarisiert,

d) das sich nach einer vorbestimmten Verweildauer (t) einstellende Oberflächenpotentional wird erfaßt und dieses dem dieser Kalibrierprobe zugehörigen Oberflächenreaktionswert zugeordnet,

e) eine zu prüfende Weißblechprobe (Prüfprobe) wird in gleicher Weise entfettet, entzinnt und in demselben sauren Elektrolyten, der vorher zur Polarisierung der Kalibrierproben diente, unter gleichen Prüfbedingungen kathodisch polarisiert,

f) nach einer der Verweildauer der Kalibrierproben entsprechenden Verweildauer wird das sich bei der Prüfprobe einstellende Oberflächenpotential erfaßt und

g) unter Zugrundelegung der zuvor bei den Kalibrierproben festgestellten Oberflächenpotentiale und der diesen zugeordneten Oberflächenreaktionswerte wird der bei der Prüfprobe vorhandene Oberflächenreaktionswert bestimmt;

ein Oberflächenreaktionswert (SRV-Wert) von kleiner als 10, vorzugsweise kleiner als 5 bestimmt wird.
 




Zeichnung