(19)
(11) EP 1 106 714 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.06.2001  Patentblatt  2001/24

(21) Anmeldenummer: 00126503.2

(22) Anmeldetag:  08.12.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C25B 1/24, C25B 1/26
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 10.12.1999 DE 19959683

(71) Anmelder: BASF AKTIENGESELLSCHAFT
67056 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Fischer, Andreas, Dr.
    67067 Ludwigshafen (DE)
  • Pütter, Hermann, Dr.
    67433 Neustadt (DE)

(74) Vertreter: Isenbruck, Günter, Dr. et al
Patent- und Rechtsanwälte, Bardehle-Pagenberg-Dost-Altenburg-Geissler-Isenbruck Theodor-Heuss-Anlage 12
68165 Mannheim
68165 Mannheim (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung von Halogenen durch Gasphasenelektrolyse


(57) Verfahren zur Herstellung von mindestens einem Halogengas unter Einsatz eines entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenids umfassend eine Gasphasenelektrolyse, dadurch gekennzeichnet, daß dem entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenid ein freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisendes Gas zugegeben wird.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Chlor durch Gasphasenelektrolyse.

[0002] Aus der US 5,411,641 ist die Gasphasenelektrolyse von HC1 bereits bekannt als ein Verfahren zur Herstellung von Chlor aus gasförmigem HC1. Der Vorteil dieses Verfahrens zur Herstellung von Chlor liegt vor allem in dem im Vergleich zu einer konventionellen Salzsäureelektrolyse in wäßriger Phase geringerem Energiebedarf der Elektrolyse, d.h. die Elektrolysezelle kann ohne Ausbeuteverlust bei einer wesentlich geringeren Zellspannung betrieben werden.

[0003] Zudem ist es nicht mehr nötig, das hergestellte Chlor zu trocknen, wodurch sich auch eine erhebliche Zeit- und Kostenersparnis ergibt und das ganze Verfahren sich, aufgrund des fehlenden Trocknungsschrittes, wesentlich einfacher gestaltet.

[0004] Wie aus der WO 98/00581 bekannt, werden in der Gasphasenelektrolyse von HC1 i.a. Gasdiffusionselektroden als Anode eingesetzt. Im Allgemeinen sind diese Gasdiffusionselektroden durch einen Festelektrolyten, insbesondere einen polymeren Festelektrolyten, wie beispielsweise Nafion-Membranen, vom Katholyten bzw. der Kathode getrennt. Ferner ist es auch denkbar, hier keramische oder flüssige Elektrolyte, wie beispielsweise konzentrierte H3PO4, einzusetzen. Die Gasdiffusionselektroden enthalten oft einen rußgeträgerten, feinverteilten Katalysator, wie beispielsweise Platin auf Vulcan-Rußen. Ferner werden als Katalysatormaterialien RuO2 oder andere Edelmetalloxide auf Rußträgern verwendet. Allerdings können die Gasdiffusionselektroden auch unkatalysiert sein, d.h. lediglich Ruß als elektronenleitendes und elektrochemisch aktives Substrat enthalten. Die Gasdiffusionselektroden sind hochporös und weisen somit eine sehr große Oberfläche auf. Diese Oberfläche wird elektrochemisch durch Tränken mit einem geeigneten Elektrolyten erschlossen. Hierbei muß darauf geachtet werden, daß es nicht zu einer Verstopfung des Porensystems der Elektrode kommt. Die üblicherweise eingesetzte Membran weist eine ausreichende Ionenleitfähigkeit erst bei einem erhöhten Wassergehalt auf, so daß eine ausreichende Befeuchtung der Membran i.a. notwendig ist. Anstelle einer Befeuchtung mit Wasser ist es auch möglich, die Membran mit H3PO4 zu tränken. Ferner läßt sich die Befeuchtung auch mit an der Kathode bei der Sauerstoffreduktion entstehendem Wasser durchführen. Allerdings ist eine externe Befeuchtung bevorzugt, da diese steuerbar und genau einstellbar ist, so daß im Wesentlichen kein überschüssiges Wasser im System verleibt. Als Membran wird üblicherweise eine Nafion-Membran eingesetzt.

[0005] Die Befeuchtung der Membran kann beispielsweise durch Beladung der Reaktionsgase mit Wasserdampf geschehen. Vorzugsweise werden hier nur die Reaktionsgase auf der Kathode mit Wasserdampf beladen, während die Reaktionsgase auf der Anodenseite möglichst trocken gehalten werden.

[0006] Als Gegenelektrode zur Gasdiffusionselektrode läßt sich eine sauerstoffverzehrende oder wasserstoffentwickelnde Kathode einsetzen. Vorzugsweise wird hierbei eine wasserstoffentwickelnde Kathode verwendet, da dabei kein eventuell störendes Wasser gebildet wird.

[0007] Die Elektrode/Elektrolyt/Elektrode-Einheit wird in einem mit Gaskanälen und Stromabnehmern versehenen Elektrolysezellenblock oder im Falle einer Reihenanordnung in bipolarer Ausführung in einen Elektrolysezellenstapel eingebaut.

[0008] Als Produkt der Anodenreaktion erhält man ein trockenes Chlorgas mit nur geringem Wassergehalt.

[0009] Als besonders vorteilhaft erweist sich die Gasphasenelektrolyse, wenn sie in einem Prozeß, bei welchem HCI gasförmig als Nebenprodukt anfällt, eingebunden wird, wie es beispielsweise aus der WO 97/24320 bekannt ist. Diese Prozesse sind beispielsweise Prozesse zur Herstellung von Säurechloriden oder Isocyanaten mittels Phosgen, welches wiederum aus Chlor und Kohlenmonoxid hergestellt wird. In den erstgenannten Prozessen fällt trockenes HCl gasförmig als Beiprodukt an und muß zum Einsatz in der Elektrolyse nur noch von organischen Verunreinigungen befreit werden. Das wiedergewonnene Chlorgas kann erneut zur Synthese von Phosgen genutzt werden.

[0010] Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es nun, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung von Halogengas aus einem entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenid mittels der Gasphasenelektrolyse bereitzustellen, mittels derer bei gleichem Energieeinsatz eine höhere Ausbeute an Halogengas erreicht wird bzw. bei gleicher Ausbeute der spezifische Energieeinsatz gesenkt wird.

[0011] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein erfindungsgemäßes Verfahren gemäß Anspruch 1 bzw. durch eine erfindungsgemäße Vorrichtung gemäß Anspruch 7. Weitere vorteilhafte Ausführungsformen werden in den Unteransprüchen genannt.

[0012] Demgemäß wird erfindungsgemäß ein Verfahren zur Herstellung von mindestens einem Halogengas unter Einsatz eines entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenids umfassend eine Gasphasenelektrolyse bereitgestellt, wobei dem entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenid ein freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisendes Gas zugegeben wird.

[0013] Vorzugsweise wird das gasförmige Wasserstoffhalogenid ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus: Fluorwasserstoff, Chlorwasserstoff, Bromwasserstoff, Iodwasserstoff. Besonders bevorzugt verwendet man Chlorwasserstoff zur Herstellung von Chlorgas. Das so hergestellte Chlorgas wird vorzugsweise zur Herstellung von Phosgen verwendet. Weiter bevorzugt wird das hergestellte Phosgen zur Herstellung von Säurechloriden und/oder von Isocyanaten verwendet, wobei der als Nebenprodukt gebildete Chlorwasserstoff wiederum als Ausgangsstoff für das erfindungsgemäße Verfahren verwendet wird. Es ergibt sich somit ein effektiver geschlossener Reaktionszyklus.

[0014] In einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens verwendet man für das freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisende Gas Luft. Der Einsatz von Luft ist oft am einfachsten und kostengünstigsten.

[0015] Durch die Zugabe von Sauerstoff zum dem gasförmigen Wasserstoffhalogenid, insbesondere zu HC1-Gas zeigt sich überraschend eine deutliche Verbesserung der Strom-Spannungskennlinie der oben beschriebenen Gasphasenelektrolyse. Dies bedeutet, daß bei einem geringeren Energieeinsatz eine gleiche Raum-Zeit-Ausbeute, bzw. bei gleichem Energieeinsatz eine höhere Ausbeute an Halogengas, insbesondere an Chlor, erreicht werden kann.

[0016] In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Verfahren in einen Prozeß, bei welchem Wasserstoffhalogenid, insbesondere HC1 gasförmig als Nebenprodukt anfällt, eingebunden. Vorzugsweise wird das Verfahren in ein Verfahren zur Herstellung von Säurechloriden und/oder Isocyananten mittels Phosgen, welches wiederum aus Chlor und Kohlenmonoxid hergestellt wird, eingebunden. In den erstgenannten Prozessen fällt trockene HC1 gasförmig als Nebenprodukt an. Zum Einsatz in dem erfindungsgemäßen Verfahren muß es von organischen Verbindungen befreit werden, vorzugsweise mittels einer Aktivkohlebehandlung.

[0017] Vorzugsweise wird das hergestellte bzw. wiedergewonnene Chlorgas zur Synthese von Phosgen verwendet.

[0018] Weiterhin vorteilhaft bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist die Tatsache, daß sich durch die Zugabe eines freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisenden Gases die Toleranz der Elektrodenkatalysatoren gegen organische Verunreinigungen erhöht und somit die Betriebsdauer der Elektroden verlängert. Dieses ist insbesondere vorteilhaft, da, wie bereits erwähnt, HCl eingesetzt wird, welche unter Umständen mit geringen Mengen an organischen Bestandteilen verunreinigt ist. Diese werden durch den zugesetzten Sauerstoff bei erhöhten anodischen Potentialen zu CO2 oder anderen, flüchtigen Oxigenaten oxidiert, von der Elektrode desorbiert und können so den Elektrokatalysator nicht mehr blockieren oder vergiften.

[0019] Ferner betrifft die Erfindung eine Elektrolysezelle zur Herstellung von mindestens einem Halogengas unter Einsatz eines entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenids mittels der Methode der Gasphasenelektrolyse, wobei die Elektrolysezelle anodenseitig mindestens einen Gaskanal aufweist, der zur Zuführung von einem freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisenden Gases geeignet ist.

[0020] Weitere Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten des erfindungsgemäßen Verfahrens werden anhand der folgenden Beispiele in Zusammenhang mit der Figur aufgezeigt.

BEISPIELE



[0021] In den folgenden Beispielen ist eine HCl-Gasphasenelektrolyse ohne Sauerstoffdosierung zum Anodengas als Vergleichsbeispiel und eine HC1-Gasphasenelektrolyse mit Sauerstoffdosierung zum Anodengas als Beispiel für ein erfindungsgemäßes Verfahren aufgeführt. Figur 1 zeigt die entsprechenden Strom-Spannungskennlinien der Elektrolyse.

Vergleichsbeispiel:



[0022] In diesem Beispiel wird ein Experiment mit einer chlorentwickelnden Pt/C-Anode und einer sauerstoffverzehrenden Pt/C-Kathode (beide 1 mg Pt/cm2 aktive Elektrodenfläche), jeweils verbunden mit und voneinander getrennt durch eine Nafion 117 Membran, beschrieben. Die Zellentemperatur betrug 85°C, nur das Kathodengas Sauerstoff wurde mittels Durchleiten durch ein auf 95°C beheiztes Wassergefäß befeuchtet. Als Anodengas wurde eine Mischung aus trockenem HCI mit 20 Vol.% Stickstoff eingesetzt. Zur Vorbereitung der Messung wurde die Zelle bei einem Volt Zellspannung unter den beschriebenen Betriebsbedingungen betrieben. Anschließend wurden quasi-stationäre Strom-Spannungscharakteristiken aufgenommen, wobei jede Zellspannung für etwa eine Minute konstant gehalten wurde, bevor der Meßpunkt notiert wurde. Die Charakteristik wurde zwischen 0 und 1,8 V aufgenommen, wobei mehrfach von negativem zu positiven Potential und umgekehrt gemessen wurde. Die unter diesen Bedingungen erhaltene Strom-Spannungscharakteristik ist durch die Linie mit den kreuzförmigen Symbolen in Figur 1 dargestellt.

Beispiel:



[0023] In diesem Beispiel wird ein Experiment mit dem selben Aufbau wie im Falle des Vergleichsbeispiels beschrieben. Es wurde nur als Anodengas ein Gemisch aus trockenem HCL mit 20 Vol.% Sauerstoff eingesetzt, d.h. der Stickstoff aus dem Vergleichsbeispiel wurde durch Sauerstoff ersetzt. Die unter diesen Bedingungen erhaltene Strom-Spannungscharakteristik ist durch die Linie mit offenen Quadraten in Figur 1 dargestellt.

[0024] Es ist deutlich zu erkennen, daß die Strom-Spannungscharakteristik nach dem erfindungsgemäßen Verfahren insbesondere bei höheren Stromdichten eine deutlich geringere Zellspannung aufweist.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von mindestens einem Halogengas unter Einsatz eines entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenids umfassend eine Gasphasenelektrolyse,
dadurch gekennzeichnet, daß
dem entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenid ein freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisendes Gas zugegeben wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das gasförmige Wasserstoffhalogenid gewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus: Fluorwasserstoff, Chlorwasserstoff, Bromwasserstoff, Iodwasserstoff.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisende Gas Luft ist.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das eingesetzte gasförmige Wasserstoffhalogenid aus einem bei einem anderen unabhängigen chemischen Prozeß entstehenden Nebenprodukt gewinnbar ist.
 
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß das hergestellte Halogengas direkt oder indirekt wieder dem anderen unabhängigen chemischen Prozeß zugeführt wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß der andere unabhängige chemische Prozeß die Herstellung von Säurechloriden und/oder Isocyanaten mittels Phosgen ist.
 
7. Elektrolysezelle zur Herstellung von mindestens einem Halogengas unter Einsatz eines entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenids durch Gasphasenelektrolyse, wobei die Elektrolysezelle anodenseitig mindestens einen Gaskanal aufweist, der zur Zuführung von einem freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisenden Gases geeignet ist.
 
8. Verwendung von Chlorgas zur Herstellung von Phosgen, dadurch gekennzeichnet, daß das Chlorgas mittels eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6 hergestellt wurde.
 




Zeichnung







Recherchenbericht