[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Chlor durch
Gasphasenelektrolyse.
[0002] Aus der US 5,411,641 ist die Gasphasenelektrolyse von HC1 bereits bekannt als ein
Verfahren zur Herstellung von Chlor aus gasförmigem HC1. Der Vorteil dieses Verfahrens
zur Herstellung von Chlor liegt vor allem in dem im Vergleich zu einer konventionellen
Salzsäureelektrolyse in wäßriger Phase geringerem Energiebedarf der Elektrolyse, d.h.
die Elektrolysezelle kann ohne Ausbeuteverlust bei einer wesentlich geringeren Zellspannung
betrieben werden.
[0003] Zudem ist es nicht mehr nötig, das hergestellte Chlor zu trocknen, wodurch sich auch
eine erhebliche Zeit- und Kostenersparnis ergibt und das ganze Verfahren sich, aufgrund
des fehlenden Trocknungsschrittes, wesentlich einfacher gestaltet.
[0004] Wie aus der WO 98/00581 bekannt, werden in der Gasphasenelektrolyse von HC1 i.a.
Gasdiffusionselektroden als Anode eingesetzt. Im Allgemeinen sind diese Gasdiffusionselektroden
durch einen Festelektrolyten, insbesondere einen polymeren Festelektrolyten, wie beispielsweise
Nafion-Membranen, vom Katholyten bzw. der Kathode getrennt. Ferner ist es auch denkbar,
hier keramische oder flüssige Elektrolyte, wie beispielsweise konzentrierte H
3PO
4, einzusetzen. Die Gasdiffusionselektroden enthalten oft einen rußgeträgerten, feinverteilten
Katalysator, wie beispielsweise Platin auf Vulcan-Rußen. Ferner werden als Katalysatormaterialien
RuO
2 oder andere Edelmetalloxide auf Rußträgern verwendet. Allerdings können die Gasdiffusionselektroden
auch unkatalysiert sein, d.h. lediglich Ruß als elektronenleitendes und elektrochemisch
aktives Substrat enthalten. Die Gasdiffusionselektroden sind hochporös und weisen
somit eine sehr große Oberfläche auf. Diese Oberfläche wird elektrochemisch durch
Tränken mit einem geeigneten Elektrolyten erschlossen. Hierbei muß darauf geachtet
werden, daß es nicht zu einer Verstopfung des Porensystems der Elektrode kommt. Die
üblicherweise eingesetzte Membran weist eine ausreichende Ionenleitfähigkeit erst
bei einem erhöhten Wassergehalt auf, so daß eine ausreichende Befeuchtung der Membran
i.a. notwendig ist. Anstelle einer Befeuchtung mit Wasser ist es auch möglich, die
Membran mit H3PO
4 zu tränken. Ferner läßt sich die Befeuchtung auch mit an der Kathode bei der Sauerstoffreduktion
entstehendem Wasser durchführen. Allerdings ist eine externe Befeuchtung bevorzugt,
da diese steuerbar und genau einstellbar ist, so daß im Wesentlichen kein überschüssiges
Wasser im System verleibt. Als Membran wird üblicherweise eine Nafion-Membran eingesetzt.
[0005] Die Befeuchtung der Membran kann beispielsweise durch Beladung der Reaktionsgase
mit Wasserdampf geschehen. Vorzugsweise werden hier nur die Reaktionsgase auf der
Kathode mit Wasserdampf beladen, während die Reaktionsgase auf der Anodenseite möglichst
trocken gehalten werden.
[0006] Als Gegenelektrode zur Gasdiffusionselektrode läßt sich eine sauerstoffverzehrende
oder wasserstoffentwickelnde Kathode einsetzen. Vorzugsweise wird hierbei eine wasserstoffentwickelnde
Kathode verwendet, da dabei kein eventuell störendes Wasser gebildet wird.
[0007] Die Elektrode/Elektrolyt/Elektrode-Einheit wird in einem mit Gaskanälen und Stromabnehmern
versehenen Elektrolysezellenblock oder im Falle einer Reihenanordnung in bipolarer
Ausführung in einen Elektrolysezellenstapel eingebaut.
[0008] Als Produkt der Anodenreaktion erhält man ein trockenes Chlorgas mit nur geringem
Wassergehalt.
[0009] Als besonders vorteilhaft erweist sich die Gasphasenelektrolyse, wenn sie in einem
Prozeß, bei welchem HCI gasförmig als Nebenprodukt anfällt, eingebunden wird, wie
es beispielsweise aus der WO 97/24320 bekannt ist. Diese Prozesse sind beispielsweise
Prozesse zur Herstellung von Säurechloriden oder Isocyanaten mittels Phosgen, welches
wiederum aus Chlor und Kohlenmonoxid hergestellt wird. In den erstgenannten Prozessen
fällt trockenes HCl gasförmig als Beiprodukt an und muß zum Einsatz in der Elektrolyse
nur noch von organischen Verunreinigungen befreit werden. Das wiedergewonnene Chlorgas
kann erneut zur Synthese von Phosgen genutzt werden.
[0010] Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es nun, ein Verfahren und eine Vorrichtung
zur Herstellung von Halogengas aus einem entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenid
mittels der Gasphasenelektrolyse bereitzustellen, mittels derer bei gleichem Energieeinsatz
eine höhere Ausbeute an Halogengas erreicht wird bzw. bei gleicher Ausbeute der spezifische
Energieeinsatz gesenkt wird.
[0011] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein erfindungsgemäßes Verfahren gemäß Anspruch 1
bzw. durch eine erfindungsgemäße Vorrichtung gemäß Anspruch 7. Weitere vorteilhafte
Ausführungsformen werden in den Unteransprüchen genannt.
[0012] Demgemäß wird erfindungsgemäß ein Verfahren zur Herstellung von mindestens einem
Halogengas unter Einsatz eines entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenids umfassend
eine Gasphasenelektrolyse bereitgestellt, wobei dem entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenid
ein freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisendes Gas zugegeben wird.
[0013] Vorzugsweise wird das gasförmige Wasserstoffhalogenid ausgewählt aus der Gruppe,
bestehend aus: Fluorwasserstoff, Chlorwasserstoff, Bromwasserstoff, Iodwasserstoff.
Besonders bevorzugt verwendet man Chlorwasserstoff zur Herstellung von Chlorgas. Das
so hergestellte Chlorgas wird vorzugsweise zur Herstellung von Phosgen verwendet.
Weiter bevorzugt wird das hergestellte Phosgen zur Herstellung von Säurechloriden
und/oder von Isocyanaten verwendet, wobei der als Nebenprodukt gebildete Chlorwasserstoff
wiederum als Ausgangsstoff für das erfindungsgemäße Verfahren verwendet wird. Es ergibt
sich somit ein effektiver geschlossener Reaktionszyklus.
[0014] In einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens verwendet man für das freien
oder gebundenen Sauerstoff aufweisende Gas Luft. Der Einsatz von Luft ist oft am einfachsten
und kostengünstigsten.
[0015] Durch die Zugabe von Sauerstoff zum dem gasförmigen Wasserstoffhalogenid, insbesondere
zu HC1-Gas zeigt sich überraschend eine deutliche Verbesserung der Strom-Spannungskennlinie
der oben beschriebenen Gasphasenelektrolyse. Dies bedeutet, daß bei einem geringeren
Energieeinsatz eine gleiche Raum-Zeit-Ausbeute, bzw. bei gleichem Energieeinsatz eine
höhere Ausbeute an Halogengas, insbesondere an Chlor, erreicht werden kann.
[0016] In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird
das Verfahren in einen Prozeß, bei welchem Wasserstoffhalogenid, insbesondere HC1
gasförmig als Nebenprodukt anfällt, eingebunden. Vorzugsweise wird das Verfahren in
ein Verfahren zur Herstellung von Säurechloriden und/oder Isocyananten mittels Phosgen,
welches wiederum aus Chlor und Kohlenmonoxid hergestellt wird, eingebunden. In den
erstgenannten Prozessen fällt trockene HC1 gasförmig als Nebenprodukt an. Zum Einsatz
in dem erfindungsgemäßen Verfahren muß es von organischen Verbindungen befreit werden,
vorzugsweise mittels einer Aktivkohlebehandlung.
[0017] Vorzugsweise wird das hergestellte bzw. wiedergewonnene Chlorgas zur Synthese von
Phosgen verwendet.
[0018] Weiterhin vorteilhaft bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist die Tatsache, daß sich
durch die Zugabe eines freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisenden Gases die Toleranz
der Elektrodenkatalysatoren gegen organische Verunreinigungen erhöht und somit die
Betriebsdauer der Elektroden verlängert. Dieses ist insbesondere vorteilhaft, da,
wie bereits erwähnt, HCl eingesetzt wird, welche unter Umständen mit geringen Mengen
an organischen Bestandteilen verunreinigt ist. Diese werden durch den zugesetzten
Sauerstoff bei erhöhten anodischen Potentialen zu CO
2 oder anderen, flüchtigen Oxigenaten oxidiert, von der Elektrode desorbiert und können
so den Elektrokatalysator nicht mehr blockieren oder vergiften.
[0019] Ferner betrifft die Erfindung eine Elektrolysezelle zur Herstellung von mindestens
einem Halogengas unter Einsatz eines entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenids
mittels der Methode der Gasphasenelektrolyse, wobei die Elektrolysezelle anodenseitig
mindestens einen Gaskanal aufweist, der zur Zuführung von einem freien oder gebundenen
Sauerstoff aufweisenden Gases geeignet ist.
[0020] Weitere Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten des erfindungsgemäßen Verfahrens werden
anhand der folgenden Beispiele in Zusammenhang mit der Figur aufgezeigt.
BEISPIELE
[0021] In den folgenden Beispielen ist eine HCl-Gasphasenelektrolyse ohne Sauerstoffdosierung
zum Anodengas als Vergleichsbeispiel und eine HC1-Gasphasenelektrolyse mit Sauerstoffdosierung
zum Anodengas als Beispiel für ein erfindungsgemäßes Verfahren aufgeführt. Figur 1
zeigt die entsprechenden Strom-Spannungskennlinien der Elektrolyse.
Vergleichsbeispiel:
[0022] In diesem Beispiel wird ein Experiment mit einer chlorentwickelnden Pt/C-Anode und
einer sauerstoffverzehrenden Pt/C-Kathode (beide 1 mg Pt/cm
2 aktive Elektrodenfläche), jeweils verbunden mit und voneinander getrennt durch eine
Nafion 117 Membran, beschrieben. Die Zellentemperatur betrug 85°C, nur das Kathodengas
Sauerstoff wurde mittels Durchleiten durch ein auf 95°C beheiztes Wassergefäß befeuchtet.
Als Anodengas wurde eine Mischung aus trockenem HCI mit 20 Vol.% Stickstoff eingesetzt.
Zur Vorbereitung der Messung wurde die Zelle bei einem Volt Zellspannung unter den
beschriebenen Betriebsbedingungen betrieben. Anschließend wurden quasi-stationäre
Strom-Spannungscharakteristiken aufgenommen, wobei jede Zellspannung für etwa eine
Minute konstant gehalten wurde, bevor der Meßpunkt notiert wurde. Die Charakteristik
wurde zwischen 0 und 1,8 V aufgenommen, wobei mehrfach von negativem zu positiven
Potential und umgekehrt gemessen wurde. Die unter diesen Bedingungen erhaltene Strom-Spannungscharakteristik
ist durch die Linie mit den kreuzförmigen Symbolen in Figur 1 dargestellt.
Beispiel:
[0023] In diesem Beispiel wird ein Experiment mit dem selben Aufbau wie im Falle des Vergleichsbeispiels
beschrieben. Es wurde nur als Anodengas ein Gemisch aus trockenem HCL mit 20 Vol.%
Sauerstoff eingesetzt, d.h. der Stickstoff aus dem Vergleichsbeispiel wurde durch
Sauerstoff ersetzt. Die unter diesen Bedingungen erhaltene Strom-Spannungscharakteristik
ist durch die Linie mit offenen Quadraten in Figur 1 dargestellt.
[0024] Es ist deutlich zu erkennen, daß die Strom-Spannungscharakteristik nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren insbesondere bei höheren Stromdichten eine deutlich geringere Zellspannung
aufweist.
1. Verfahren zur Herstellung von mindestens einem Halogengas unter Einsatz eines entsprechenden
gasförmigen Wasserstoffhalogenids umfassend eine Gasphasenelektrolyse,
dadurch gekennzeichnet, daß
dem entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenid ein freien oder gebundenen Sauerstoff
aufweisendes Gas zugegeben wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das gasförmige Wasserstoffhalogenid
gewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus: Fluorwasserstoff, Chlorwasserstoff, Bromwasserstoff,
Iodwasserstoff.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das freien oder gebundenen
Sauerstoff aufweisende Gas Luft ist.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das eingesetzte
gasförmige Wasserstoffhalogenid aus einem bei einem anderen unabhängigen chemischen
Prozeß entstehenden Nebenprodukt gewinnbar ist.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß das hergestellte Halogengas
direkt oder indirekt wieder dem anderen unabhängigen chemischen Prozeß zugeführt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß der andere unabhängige
chemische Prozeß die Herstellung von Säurechloriden und/oder Isocyanaten mittels Phosgen
ist.
7. Elektrolysezelle zur Herstellung von mindestens einem Halogengas unter Einsatz eines
entsprechenden gasförmigen Wasserstoffhalogenids durch Gasphasenelektrolyse, wobei
die Elektrolysezelle anodenseitig mindestens einen Gaskanal aufweist, der zur Zuführung
von einem freien oder gebundenen Sauerstoff aufweisenden Gases geeignet ist.
8. Verwendung von Chlorgas zur Herstellung von Phosgen, dadurch gekennzeichnet, daß das
Chlorgas mittels eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6 hergestellt wurde.