[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vorbindung von Fasermaterialien mittels
einer pulverförmigen Bindemittel-Zusammensetzung. Weiter betrifft die Erfindung die
Verwendung des vorgebundenen Fasermaterials für die Herstellung von Kunststoff-Formteilen
aus faserverstärkten, ungesättigten Polyesterharzen oder Epoxidharzen mittels Auslegen
des vorgebundenen Fasermaterials, Tränken des Fasermaterials mit dem ungesättigten
Polyesterharz oder Epoxidharz und Ausformen des Formteils.
[0002] Die Herstellung hochfester, flächiger Kunststoffteile, wie beispielsweise Automobilkarosserieteile,
Bootsschalen, Flugzeugrümpfe, erfolgt bekanntlich häufig aus sogenannten ungesättigten
Polyesterharzen (UP-Harzen), die mittels Glas-, Aramid- oder Kohlenstoff-Fasern mechanisch
verstärkt werden. Die Fasern werden dabei in Form von Geweben, Gelegen oder vorgebundenen
Fasermatten (= Vliesstoffe) eingesetzt. Beim Herstellprozeß werden die textilen Gebilde
in die Formwerkzeuge drapiert und mit dem Reaktionsharz durchtränkt, wobei der in
der Fasermatte vorhandene Vorbinder durch das im UP-Harz vorhandene Styrol angelöst
oder aufgelöst wird. Infolgedessen verlieren die Matten ihre Eigensteifigkeit und
lassen sich besser an die Werkzeugkonturen anpassen, wobei gleichzeitig das Durchtränken
der Fasermatten mit dem Harz beschleunigt wird.
[0003] Bei dem genannten Herstellprozeß wurden bislang thermoplastische Polyesterpulver,
insbesondere Polyesterpulver auf Basis von Bisphenol-A, als Vorbinder für die Fasermatten
eingesetzt. Die Bisphenol-A-Polyester-Pulver werden dazu auf ein zuvor abgelegtes
Glasvlies aufgestreut und bei der anschließenden Ofenfahrt aufgeschmolzen, so daß
die Glasfasern an deren Kreuzungspunkten durch das geschmolzene Polymerpulver gebunden
werden. Die derartig vorgebundenen Glasmatten werden dann zur Verstärkung von UP-Harzen
verwendet. Nachteilig bei diesen Vorbindern ist allerdings deren, für bestimmte Anwendungen,
unzureichende Löslichkeitskinetik in monomerem Styrol.
[0004] Ein weiterer wichtiger Anwendungsbereich für Polymerpulver ist die Vorbindung von
textilen Flächengebilden zum Zweck der Formgebung von Fasermatten bevor Injektionsharz
appliziert wird, beispielsweise zum Preforming vor einem RTM-Prozeß (= Resin Transfer
Molding). Hier kommt es vor allem darauf an, das Ausfranzen der konfektionierten Fasermatte
zu minimieren, die Formstabilität einer gegebenenfalls vorgeformten Fasermatte zu
gewährleisten, und Unverträglichkeiten zwischen Preformbinder und Injektionsharz zu
vermeiden.
[0005] Die AU-A 36659/89 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von vorgebundenen Fasermaterialien
bei dem Glasfasern mit zwei unterschiedlichen Längen mit einer Dreifach-Kombination
als Bindemittel gebunden werden, welche styrollösliches Polyesterpulver, Polystyrolpulver
und Polyvinylacetat-Dispersion enthält.
[0006] In der DE-A 2604544 werden styrollösliche Bindemittel als ungeeignete Bindemittel
zur Verfestigung von Fasermaterialien beschrieben, welche mit einer Thermoplastschmelze
weiterverarbeitet werden. Für diese Anwendung wird die Verwendung von Hydroxylguppen
oder Carboxylgruppen enthaltenden Polyacrylaten empfohlen, welche mittels Lösemittel-
oder Substanzpolymerisation hergestellt werden. Von Emulsionspolymerisaten wird explizit
abgeraten, da die darin enthaltenen oberflächenaktiven Substanzen den Binder verunreinigen
und zu unerwünschten Nebeneffekten wie Verfärbung oder thermischem Abbau führen können.
[0007] Aus der EP-A 894888 sind Textilbinder auf der Basis von carboxylfunktionellen Polymerisaten,
welche in Kombination mit Epoxid- oder Isocyanat-Vernetzer eingesetzt werden, bekannt.
Auf Verfahren zur Herstellung von vorgebundenen, styrollöslichen Faserformteilen wird
nicht eingegangen.
[0008] Es bestand die Aufgabe, einen pulverförmigen Vorbinder zur Verfügung zu stellen,
der sich in einem styrolhaltigen UP-Harz möglichst rasch löst, aber sich auch zur
Vorbindung in Prozessen eignet, bei denen vor allem die Verträglichkeit des Vorbinders
mit dem Polyesterharz im Vordergrund steht.
[0009] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Vorbindung von Fasermaterialien wobei
eine pulverförmigen Bindemittel-Zusammensetzung enthaltend
a) ein pulverförmiges Mischpolymerisat, erhältlich durch Emulsionspolymerisation und
anschließender Trocknung, von einem oder mehreren Monomeren aus der Gruppe umfassend
Vinylester, Acrylsäureester, Methacrylsäureester, Vinylaromaten und Vinylchlorid und
von 0.01 bis 25 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Mischpolymerisats, von einem
oder mehreren ethylenisch ungesättigten, carboxylgruppenhaltigen Monomeren, wobei
das Mischpolymerisat eine Glastemperatur Tg oder einen Schmelzpunkt von größer 35°C,
und gegebenenfalls
b) mindestens eine pulverförmige Verbindung, welche mindestens zwei reaktive Gruppen
aufweist, die mit den unter a) genannten Carboxylgruppen reagieren können, und einen
Schmelzpunkt von 35°C bis 150°C aufweist, mit dem Fasermaterial vermischt und ausgebreitet
wird, oder das pulverförmige Bindemittel auf das ausgebreitete Fasermaterial aufgestreut
wird, und anschließend das Fasermaterial mittels Temperaturerhöhung auf 50°C bis 250°C
gebunden wird.
[0010] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung der vorgebundenen Fasermaterialien
zur Herstellung von Kunststoff-Formteilen aus faserverstärkten, ungesättigten Polyesterharzen
mittels Auslegen des vorgebundenen Fasermaterials, Tränken des Fasermaterials mit
dem ungesättigten Polyesterharz und Ausformen des Formteils.
[0011] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung des vorgebundenen Fasermaterials
zur Herstellung von vorgeformten Flächengebilden ("preforming") und der Verwendung
dieser vorgeformten Fasermaterialien zur Herstellung von faserverstärkten Kunststoffformteilen
aus Reaktionsharzen wie beispielsweise Epoxidharzen.
[0012] Geeignete Mischpolymerisate sind solche auf der Basis von einem oder mehreren Monomeren
aus der Gruppe umfassend Vinylester von unverzweigten oder verzweigten Alkylcarbonsäuren
mit 1 bis 15 C-Atomen, Methacrylsäureester und Acrylsäureester von Alkoholen mit 1
bis 10 C-Atomen, Vinylaromaten wie Styrol und Vinylchlorid. Bevorzugte Vinylester
sind Vinylacetat, Vinylpropionat, Vinylbutyrat, Vinyl-2-ethylhexanoat, Vinyllaurat,
1-Methylvinylacetat, Vinylpivalat und Vinylester von alpha-verzweigten Monocarbonsäuren
mit 5 bis 11 C-Atomen, beispielsweise VeoVa5 oder VeoVa9. Bevorzugte Methacrylsäureester
oder Acrylsäureester sind Methylacrylat, Methylmethacrylat, Ethylacrylat, Ethylmethacrylat,
Propylacrylat, Propylmethacrylat, n-Butylacrylat, n-Butylmethacrylat, 2-Ethylhexylacrylat.
[0013] Wesentlich ist, daß die Zusammensetzung des Mischpolymerisats so gewählt wird, daß
eine Glastemperatur Tg oder ein Schmelzpunkt von größer 35°C, vorzugsweise von 55°C
bis 150°C resultiert. Die Glasübergangstemperatur Tg und der Schmelzpunkt der Polymerisate
kann in bekannter Weise mittels Differential Scanning Calorimetry (DSC) ermittelt
werden. Die Tg kann auch mittels der Fox-Gleichung näherungsweise vorausberechnet
werden. Nach Fox T. G., Bull. Am. Physics Soc.
1, 3, page 123 (1956) gilt: 1/Tg = x
1/Tg
1 + x
2 /Tg
2 + . . . + x
n/Tg
n, wobei x
n für den Massebruch (Gew.-%/100) des Monomers n steht, und Tg
n die Glasübergangstemperatur in Grad Kelvin des Homopolymers des Monomer n ist. Tg-Werte
für Homopolymerisate sind in Polymer Handbook 2nd Edition, J. Wiley & Sons, New York
(1975) aufgeführt.
[0014] Bevorzugt sind Vinylester-Mischpolymerisate, Styrol-Mischpolymerisate und Acrylsäureester-Mischpolymerisate.
Besonders bevorzugte Mischpolymerisate sind Vinylacetat/Ethylen-Mischpolymerisate,
Vinylacetat/Vinylchlorid-, Vinylacetat/VeoVa5-, Vinylacetat/VeoVa9-Mischpolymerisate,
welche jeweils 0.01 bis 25 Gew.-% der genannten carboxylgruppenhaltigen Monomereinheiten
enthalten, und deren Zusammensetzung so gewählt wird, daß die obengenannten Glastemperaturen
Tg bzw. Schmelzpunkte resultieren. Besonders bevorzugt sind auch Methylmethacrylat/-Butylacrylat-
und Styrol/Butylacrylat-Mischpolymerisate, welche jeweils 0.01 bis 25 Gew.-% der genannten
carboxylgruppenhaltigen Monomereinheiten enthalten, und deren Zusammensetzung so gewählt
wird, daß die obengenannten Glastemperaturen Tg bzw. Schmelzpunkte resultieren.
[0015] Geeignete ethylenisch ungesättigte, carboxylgruppenhaltige Monomere sind ethylenisch
ungesättigte Mono- oder Dicarbonsäuren wie Acrylsäure, Methacrylsäure, Maleinsäure,
Fumarsäure, Itaconsäure. Vorzugsweise beträgt der Gehalt an carboxylgruppen haltigen
Comonomereinheiten 0.01 bis 10 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Mischpolymerisats.
[0016] Gegebenenfalls können die Mischpolymerisate 0.01 bis 10.0 Gew.-%, bezogen auf das
Gesamtgewicht des Mischpolymerisats, noch Hilfsmonomere aus der Gruppe der ethylenisch
ungesättigten Carbonsäureamide, vorzugsweise Acrylamid, aus der Gruppe der ethylenisch
ungesättigten Sulfonsäuren bzw. deren Salze, vorzugsweise Vinylsulfonsäure, aus der
Gruppe der mehrfach ethylenisch ungesättigten Comonomeren, beispielsweise Divinyladipat,
Diallylmaleat, Allylmethacrylat oder Triallylcyanurat und/oder aus der Gruppe der
N-Methylol(meth)acrylamide sowie deren Ether wie Isobutoxy- oder n-Butoxyether enthalten.
In einer bevorzugten Ausführungsform enthalten die Mischpolymerisate jeweils 0.01
bis 2 Gew.-% Acrylsäure und/oder Acrylamid.
[0017] Die Herstellung der Mischpolymerisate erfolgt in an sich bekannter Weise nach dem
Emulsionspolymerisationsverfahren in Gegenwart von Emulgator, wie beispielsweise in
der WO-A 94/20661 beschrieben, deren diesbezügliche Offenbarung Teil der vorliegenden
Anmeldung sein soll. Zur Herstellung der Pulver wird die dadurch erhältliche Polymerdispersion
getrocknet. Die Trocknung kann mittels Sprühtrocknung, Walzentrocknung, Gefriertrocknung
oder durch Koagulation der Dispersion und anschließender Wirbelschichttrocknung erfolgen.
Bevorzugt werden die Sprühtrocknung und die Walzentrocknung. Bevorzugt erfolgt die
Herstellung des Mischpolymerisats und dessen Trocknung ohne Zusatz von Schutzkolloid.
[0018] Als Vernetzer geeignet sind pulverförmige Verbindungen, welche zwei oder mehr reaktive
Gruppen enthalten, die mit Carbonsäuregruppen eine kovalente Bindung eingehen, mit
einem Schmelzpunkt von 40°C bis 150°C. Geeignet sind Epoxide, Isocyanate, Primide,
Organohalogenverbindungen, Aziridine, Carbodiimide, Oxazoline, Alkohole, Amine, Aminosilane,
Aminoformaldehyde. Bevorzugt werden Verbindungen, welche zwei oder mehr reaktive Gruppen
aus der Gruppe der Epoxide, Isocyanate oder Primide enthalten.
[0019] Beispiele für geeignete Epoxidvernetzer sind solche vom Bisphenol-A-Typ, das heißt
Kondensationsprodukte von Bisphenol-A und Epichlorhydrin oder Methylepichlorhydrin.
Derartige Epoxidvernetzer sind im Handel, beispielsweise unter den Handelsnamen Epicote
oder Eurepox, erhältlich. Geeignete Diisocyanate sind ebenfalls gängige Handelsprodukte,
beispielsweise m-Tetramethylxylen-Diisocyanat (TMXDI), Methylendiphenyl-Diisocyanat
(MDI). Der Gehalt an Vernetzer beträgt im allgemeinen von 0.1 bis 25 Gew.-%, vorzugsweise
von 4 bis 12 Gew.-%, bezogen auf das pulverförmige Mischpolymerisat.
[0020] Üblicherweise werden Kombinationen aus dem Mischpolymerisat a) und dem Vernetzer
b) eingesetzt. Dies gilt vor allem für Anwendungen in den hohe mechanische Festigkeit
gefordert wird. In Anwendungen dagegen, wo die Styrollöslichkeit im Vordergrund steht
kann auch ohne Vernetzerzusatz gearbeitet werden.
[0021] In einer bevorzugten Ausführungsform enthält die pulverförmige Bindemittel-Zusammensetzung
noch einen Vernetzungskatalysator auf der Basis von organischen Verbindungen, welche
quarternäre Gruppen von Elementen der 5. Hauptgruppe des PSE enthalten. Bevorzugt
sind pulverförmige Katalysatoren, welche sich von Triphenylphosphonium-Halogeniden
oder quarternären Ammoniumverbindungen ableiten. Beispiele hierfür sind Methyl-, Ethyl-,
Propyl-, Butyl-Triphenylphosphonium-Bromid bzw. die entsprechenden Iodide und Chloride.
Geeignet sind auch Triphenylphosphonium-Halogenide mit substituiertem Alkylrest wie
2-Carboxyethyl-, 3-Bromopropyl- oder Formylmethyl-Triphenylphosphoniumbromid. Geeignete
quarternäre Ammoniumverbindungen sind Tetrabutylammonium-, Benzyltrimethylammonium-,
Methyltributylammonium-Salze. Die genannten Verbindungen sind im Handel erhältlich
und werden vorzugsweise in Mengen von 0.1 bis 5 Gew%, bezogen auf das pulverförmige
Mischpolymerisat, eingesetzt.
[0022] In Anwendungen, in denen es auf die Schmelzflußcharakteristik ankommt, haben sich
als Polymerisate a) solche bewährt, welche ein Molekulargwicht Mw von 60000 bis 300000
aufweisen. Das Molekulargewicht kann dabei in dem Fachmann bekannter Art und Weise
mittels Reglern, wie Dodecylmercaptan, während der Polymerisation eingestellt werden.
[0023] Die Herstellung der pulverförmigen Bindemittel-Zusammensetzung erfolgt durch Vermischen
der pulverförmigen Komponenten in den angegebenen Mischungsverhältnissen. Hierzu können
die bekannten Vorrichtungen zur Mischung von Pulvern eingesetzt werden.
[0024] Als Fasermaterial sind alle Fasern geeignet, die üblicherweise zur Verstärkung von
faserverstärkten Kunststoffen herangezogen werden. Dazu zählen insbesondere Glasfasern,
Polyamidfasern und Kohlenstoff-Fasern. Bei den Polyamidfasern werden Aramidfasern
bevorzugt. Die Fasermaterialien können als Einzelfilamente oder als Garne, sogenannte
Rovings, oder als Vliese, Gewirre oder Gelege eingesetzt werden. Die Fasern können
sowohl jeweils für sich als auch in Form von Kombinationen untereinander eingesetzt
werden, beispielsweise in Form von Mischgarnen oder Mischgeweben.
[0025] Zur Faserbindung wird die Pulverzusammensetzung im allgemeinen in einer Menge von
1 bis 50 Gew.-%, bevorzugt 4 bis 15 Gew.-%, besonders bevorzugt 3 bis 8 Gew.-%, jeweils
bezogen auf das Fasergewicht eingesetzt.
[0026] Zur Herstellung der Formteile oder Flächengebilde kann dabei so vorgegangen werden,
daß die Fasermaterialien mit der Pulverzusammensetzung vermischt werden und das Gemisch
aus Faser und Pulver vor der Verfestigung mittels der üblichen Verfahren der Nonwoven-Technologie,
beispielsweise mittels einer Luftlege-, Naßlege-, Direktspinn- oder Krempelvorrichtung,
ausgelegt wird. Gegebenenfalls kann die Faser/Pulver-Mischung kardiert werden. Anschließend
wird mittels Temperaturerhöhung, vorzugsweise auf 130°C bis 250°C, gegebenenfalls
unter Anwendung von Druck und/oder Heißdampf das Fasermaterial gebunden.
[0027] Es kann auch so vorgegangen werden, daß vor der Verfestigung die Fasern flächenhaft
ausgebreitet werden, wobei die Faser-Pulver-Mischung gegebenenfalls noch kardiert
werden kann, oder ein Faser-Gelege, -Gewebe oder -Vlies ausgelegt wird. Anschließend
wird die Pulvermischung in das ausgelegte Fasermaterial eingestreut; dabei werden
Pulverstreuer, Walzenauftragssysteme und elektrostatische Sprühverfahren bevorzugt.
Anschließend wird mittels Temperaturerhöhung, gegebenenfalls mittels Infrarotstrahlungsquelle
oder Mikrowelle, vorzugsweise auf 130°C bis 250°C, gegebenenfalls unter Anwendung
von Druck und/oder Heißdampf, das Fasermaterial gebunden.
[0028] Die dadurch erhältlichen, vorgebundenen Fasermaterialien eignen sich als Halbzeug
zur Herstellung von faserverstärkten Kunststoffen, welches sich insbesondere durch
eine gute und rasche Löslichkeit in Styrol auszeichnet. Bei dieser Anwendung wird
zur Herstellung von Kunststoff-Formteilen aus faserverstärkten, ungesättigten Polyesterharzen
das vorgebundene Fasermaterial ausgelegt, anschließend mit dem ungesättigten Polyesterharz
getränkt und schließlich das Formteil ausgeformt.
[0029] Ein weiterer bevorzugter Anwendungsbereich ist die Verfestigung von Glas-, Aramid-
oder Kohlenstoff-Fasermatten in Form von Gelegen oder Geweben, Mischgelegen oder Mischgeweben
mittels der Pulverzusammensetzung, wobei analog der obigen Verfahrensbeschreibung
gearbeitet werden kann. Die damit erhältlichen, vorgebundenen Fasermaterialien werden
beispielsweise zur Herstellung von faserverstärkten, epoxidgebundenen RTM-Formteilen
(RTM = Resin Transfer Molding) oder SMC-Formteilen (SMC = Sheet Molding Composites)
eingesetzt. Zur Herstellung von vorgeformten Flächengebilden ("preforming") kann das
vorgebundene Fasermaterial in einem geeigneten Formwerkzeug, gegebenenfalls unter
Anwendung von erhöhter Temperatur und Druck geformt werden.
[0030] Die nachfolgenden Beispiele dienen der weiteren Erläuterung der Erfindung.
Beispiel 1:
[0031] Herstellung eines carbonsäuregruppenhaltigen Polymerpulvers:
In einem Reaktor mit 3 Liter Volumen wurden 838.8 g deionisiertes Wasser und 6.7 g
Natriumlaurylsulfat vorgelegt und unter Stickstoff und Rühren auf 80°C aufgeheizt.
Bei dieser Temperatur wurde die Initiatorlösung (6.7 g Kaliumperoxodisulfat und 218.4
g Wasser) in den Reaktor gegeben und aus separaten Behältern wurden innerhalb von
4 Stunden folgende Zusammensetzungen in den Reaktor zudosiert:
Monomerdosierung 1 mit 67.3 g Methacrylsäure, 403.7 g Butylacrylat, 861.3 g Styrol
und 6.7 g Dodecylmercaptan. Monomerdosierung 2 mit 67.3 g Wasser, 44.9 g Acrylamid
(30 %). Initiatordosierung mit 217.6 g Wasser und 6.7 g Kaliumperoxodisulfat.
Nach den Dosierungen wurde ca. 2 Stunden bei 80°C nachpolymerisiert. Nach dem Abkühlen
und dem Einstellen des pH-Wertes auf 8 mittels Ammoniak wurde die Dispersion sprühgetrocknet.
Die Glastemperatur dieses Produktes lag bei 59°C.
Beispiel 2:
[0032] Herstellung eines carbonsäuregruppenhaltigen Polymerpulvers:
In einem Reaktor mit 3 Liter Volumen wurden 855 g deionisiertes Wasser und 6.7 g Natriumlaurylsulfat
vorgelegt und unter Stickstoff und Rühren auf 80°C aufgeheizt. Bei dieser Temperatur
wurde die Initiatorlösung (6.7 g Kaliumperoxodisulfat und 217.4 g Wasser) in den Reaktor
gegeben und aus separaten Behältern wurden innerhalb von 4 Stunden folgende Zusammensetzungen
in den Reaktor zudosiert:
Monomerdosierung 1 mit 67.2 g Methacrylsäure, 403.4 g Butylacrylat, 860.5 g Styrol,
6.7 g Dodecylmercaptan. Monomerdosierung 2 mit 67.3 g Wasser und 28.0 g N-Methylolacrylamid
(48 %).
Initiatordosierung mit 217.4 g Wasser und 6.6 g Kaliumperoxodisulfat.
Nach den Dosierungen wurde ca. 2 Stunden bei 80°C nachpolymerisiert. Nach dem Abkühlen
und dem Einstellen des pH-Wertes auf 8 mittels Ammoniak wurde die Dispersion sprühgetrocknet.
Die Glastemperatur dieses Produktes lag bei 59°C.
Beispiel 3:
[0033] Herstellung der Pulvermischung:
98 g des carbonsäuregruppenhaltigen Polymerpulvers aus Beispiel 1 wurde in einem Pulvermischer
mit 2 g einer pulverförmigen, multifunktionellen Epoxidverbindung vermischt.
Beispiel 4:
[0034] Herstellung der Pulvermischung:
98 g des carbonsäuregruppenhaltigen Polymerpulvers aus Beispiel 2 wurde in einem Pulvermischer
mit 2 g einer pulverförmigen, multifunktionellen Epoxidverbindung vermischt.
Vergleichsbeispiel 5:
[0035] Ein kommerzielles Polyesterpulver auf Basis eines ungesättigten Esters.
Vergleichsbeispiel 6:
[0036] Ein kommerzielles Polyesterpulver auf Basis eines Bisphenol-A-Fumarats.
Vergleichsbeispiel 7:
[0037] Ein kommerzielles Polyesterpulver auf Basis eines ungesättigten Bisphenol-Polyesters.
Herstellung einer Glasfasermatte:
[0038] Zur Herstellung einer Glasfasermatte wurden Glasrovings statistisch auf einer Trägerplatte
ausgebreitet und jeweils gleichmäßig mit einem Pulver aus den Beispielen bzw. Vergleichsbeispielen
bestreut. Der Pulverauftrag betrug jeweils 5 Gew.-%, bezogen auf das Fasergewicht.
Zur Verfestigung wurde die Trägerplatte mit dem Faser/Pulver-Gemisch für 3 Minuten
auf 210°C erhitzt, wobei das Pulver schmolz, die Fasern durchtränkte und an den Kreuzungspunkten
miteinander verband. Die damit erhaltenen Fasermatten zeigten keine Verfärbung.
Anwendungstechnische Prüfungen:
Styrollöslichkeit:
[0039] Zur Prüfung der Styrollöslichkeit wurden die Fasermatten auf einen Prüfkörper der
Größe 10 x 15 cm zurechtgeschnitten, mit einem 100 g Gewicht behängt und vertikal
in monomeres Styrol getaucht. Die Styrollöslichkeit wurde charakterisiert durch die
Zeitspanne (in Sekunden) vom Zeitpunkt des Eintauchens bis zum Abreißen der Fasermatte.
Die Ergebnisse der anwendungstechnischen Prüfung sind in Tabelle 1 zusammengefaßt.
Tabelle 1:
Vorbinder |
Styrollöslichkeit [s] |
Beispiel 1 |
8 |
Beispiel 2 |
12 |
Beispiel 3 |
13 |
Beispiel 4 |
14 |
Vergleichsbeispiel 5 |
130 |
Vergleichsbeispiel 6 |
31 |
Vergleichsbeispiel 7 |
34 |
[0040] Die Tabelle zeigt, daß bei erfindungsgemäßem Vorgehen deutlich bessere Styrollöslichkeit
erhalten wird als mit herkömmlichen Vorbindern.
Verarbeitung nach dem RTM-Verfahren:
[0041] Es wurde ein Kohlefasergelege ausgelegt, geerdet und das Pulver aus Beispiel 1 mittels
elektrostatischem Sprühauftrag in einer Menge von 5 Gew.-%, bezogen auf Fasergewicht,
aufgebracht. In einer anschließenden Ofenfahrt bei 150°C/20 sec wurde die Matte vorverfestigt.
Anschließend wurde die vorverfestigte Matte in einem Preßwerkzeug in eine halbkugelförmige
Form gebracht.
[0042] Dieser Versuch wurde mit dem Pulver aus Beispiel 3 wiederholt, wobei anstelle von
einem Kohlefasergelege ein Glasfasergewebe eingesetzt worden ist.
[0043] Die vorgebundenen und vorgeformten Gelege bzw. Gewebe waren formstabil und ließen
sich problemlos ohne Formverlust in ein entsprechend geformtes Injektionswerkzeug
überführen.
1. Verfahren zur Vorbindung von Fasermaterialien wobei eine pulverförmigen Bindemittel-Zusammensetzung
enthaltend
a) ein pulverförmiges Mischpolymerisat, erhältlich durch Emulsionspolymerisation und
anschließende Trocknung, von einem oder mehreren Monomeren aus der Gruppe umfassend
Vinylester, Acrylsäureester, Methacrylsäureester, Vinylaromaten und Vinylchlorid und
von 0.01 bis 25 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Mischpolymerisats, von einem
oder mehreren ethylenisch ungesättigten, carboxylgruppenhaltigen Monomeren, wobei
das Mischpolymerisat eine Glastemperatur Tg oder einen Schmelzpunkt von größer 35°C
und gegebenenfalls
b) mindestens eine pulverförmige Verbindung, welche mindestens zwei reaktive Gruppen
aufweist, die mit den unter a) genannten Carboxylgruppen reagieren können, und einen
Schmelzpunkt von 35°C bis 150°C aufweist, mit dem Fasermaterial vermischt und ausgebreitet
wird, oder das pulverförmige Bindemittel auf das ausgebreitete Fasermaterial aufgestreut
wird, und anschließend das Fasermaterial mittels Temperaturerhöhung auf 50°C bis 250°C
gebunden wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Mischpolymerisat Vinylacetat-Ethylen,
Vinylacetat-Vinylchlorid-, Vinylacetat-VeoVa5-,Vinylacetat-VeoVa9-, Methylmethacrylat-Butylacrylat-,
Styrol/Butylacrylat-Mischpolymerisate, welche jeweils 0.01 bis 25 Gew.-% carboxylgruppenhaltige
Monomereinheiten enthalten, eingesetzt werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß als ethylenisch ungesättigte,
carboxylgruppenhaltige Monomere ein oder mehrere Monomere aus der Gruppe Acrylsäure,
Methacrylsäure, Maleinsäure, Fumarsäure, Itaconsäure copolymerisiert werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß als pulverförmige Verbindung,
welche zwei oder mehr reaktive Gruppen enthalten, ein oder mehrere aus der Gruppe
umfassend Epoxide, Isocyanate, Primide, Organohalogenverbindungen, Aziridine, Carbodiimide,
Oxazoline, Alkohole, Amine, Aminosilane, Aminoformaldehyde, eingesetzt werden.
5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Fasermaterial Glasfasern,
Polyamidfasern oder Kohlenstoff-Fasern eingesetzt werden.
6. Vorgebundene Fasermaterialien erhältlich mit einem Verfahren gemäß einem der Ansprüche
1 bis 5.
7. Verwendung der vorgebundenen Fasermaterialien gemäß Anspruch 6 zur Herstellung von
Kunststoff-Formteilen aus faserverstärkten, ungesättigten Polyesterharzen mittels
Auslegen des vorgebundenen Fasermaterials, Tränken des Fasermaterials mit dem ungesättigten
Polyesterharz und Ausformen des Formteils.
8. Verwendung der vorgebundenen Fasermaterialien gemäß Anspruch 6 zur Herstellung von
Kunststoff-Formteilen aus faserverstärkten, Epoxidharzen mittels Auslegen des vorgebundenen
und gegebenenfalls auch vorgeformten Fasermaterials, Tränken des Fasermaterials mit
dem Epoxidharz und Ausformen des Formteils.
9. Verwendung der vorgebundenen Fasermaterialien gemäß Anspruch 6, wobei das vorgebundene
Fasermaterial in einem geeigneten Formwerkzeug, gegebenenfalls unter Anwendung von
Temperatur und Druck geformt wird und nach Tränken mit einem Epoxidharz zu einem Kunststoff-Formteil
verarbeitet wird.
10. Verwendung der vorgebundenen Fasermaterialien gemäß Anspruch 6 zur Herstellung von
RTM-Formteilen.
11. Verwendung der vorgebundenen Fasermaterialien gemäß Anspruch 6 zur Herstellung von
SMC-Formteilen.
12. Formteile erhältlich gemäß der Verwendung nach Anspruch 6 bis 11.