(19)
(11) EP 1 108 973 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.06.2001  Patentblatt  2001/25

(21) Anmeldenummer: 00126533.9

(22) Anmeldetag:  11.12.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7F42C 19/08, F42B 12/20
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 18.12.1999 DE 19961204

(71) Anmelder: TDW Gesellschaft für wehrtechnische Wirksysteme mbH
86523 Schrobenhausen (DE)

(72) Erfinder:
  • Arnold, Werner, Dr.
    85051 Ingolstadt (DE)
  • Muthig, Helmut, Dr.
    85276 Pfaffenhofen (DE)

(74) Vertreter: Baum, Wolfgang, Dipl.-Ing. 
c/o EADS Deutschland GmbH, Intellectual Property FTP/M, Postfach 80 11 09
81663 München
81663 München (DE)

   


(54) Zündeinrichtung


(57) Ein Gefechtskopf weist neben der Zündeinrichtung zur detonativen Auslösung eine weitere Zündeinrichtung zur gesteuerten Deflagration der Sprengladung auf, womit die Leistung der Sprengladung zielabhängig auf beliebige Werte unter der Maximalleistung eingestellt werden kann.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Zündeinrichtung für einen Gefechtskopf mit einer Sprengladung, der eine Zündkette mit einer Verstärkerladung zur detonativen Initiierung der Sprengladung enthält.

[0002] Aus der Druckschrift DE 41 39 372 C1 ist ein Gefechtskopf bekannt geworden, dessen Sprengladung mit Hilfe einer Zündkette initiiert wird. Die Zündkette besteht beispielsweise aus einem elektrisch zündbaren Detonator, einer Übertragungsladung und einer Verstärkerladung. Die Verstärkerladung ist so dimensioniert, dass die Sprengladung detonativ umgesetzt werden kann. Der beschriebene Gefechtskopf umfasst die Möglichkeit einer Verformung des Splittermantels, so dass eine erhöhte Wirkung in einer wählbaren Vorzugsrichtung auftritt. Eine Veränderung der Leistung der Sprengladung ist jedoch nicht vorgesehen.

[0003] Das Einsatzfeld heutiger Gefechtsköpfe verändert sich zunehmend. Es werden immer öfter Ziele in urbaner Umgebung ausgewählt, um die gegnerische Infrastruktur zu schwächen. Diese Ziele zeichnen sich durch extreme örtliche Nähe zu zivilen und anderen Einrichtungen aus, die nicht oder nur wenig beschädigt werden sollen. Da die bevorzugte Wirkrichtung eines Gefechtskopfes bauartbedingt vorgegeben ist, bleibt als Möglichkeit zur Reduzierung der Schäden in der Zielumgebung nur die Beeinflussung der Leistung des Gefechtskopfes.

[0004] Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, eine einfache und funktionssichere Methode der zielabhängig wählbaren Einstellung der Leistung der Sprengladung des Gefechtskopfes vorzuschlagen.

[0005] Die Aufgabe wird auf vorteilhafte Weise durch die in den Ansprüchen 1 und 8 wiedergegebenen Merkmale gelöst. Günstige Ausführungsformen sind in den untergeordneten Ansprüchen beschrieben.

[0006] Mit der erfindungsgemäßen Form der Zündeinrichtung für einen Gefechtskopf werden folgende Vorteile erzielt. Durch die Anordnung einer weiteren Zündkette zu der ohnehin für die detonative Auslösung der Sprengladung notwendigen Zündkette ist auf einfache und wenig aufwendige Weise auch die deflagrative Initiierung der Sprengladung möglich. Liegen sich beide Zündketten bezüglich der Längsachse der Sprengladung gegenüber, so ist mittels geeigneter Wahl der beiden Zündzeitpunkte sogar die beliebige Einstellung des deflagrierenden Anteils der Sprengladung zwischen 0 und 100% erzielbar.

[0007] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung schematisch vereinfacht dargestellt und wird nachfolgend beschrieben. In der Zeichnung zeigen:
Fig. 1:
einen Schnitt durch eine Sprengladung mit zwei unterschiedlichen Zündketten,
Fig. 2:
ein Weg-/Zeit-Diagramm einer zeitlich verzögerten Auslösung beider Zündketten,
Fig. 3:
ein Diagramm zur Abhängigkeit der Sprengstoffreaktion von der initiierenden Energie.


[0008] In der Fig. 1 ist eine Sprengladung 1 eines Gefechtskopfes dargestellt, die in einem Gehäuse 6 angeordnet ist. Das Gehäuse 6 kann in bekannter Weise an die Eigenschaften des Gefechtskopfes angepasst gestaltet sein. Diese Gestaltung hat jedoch keinen wesentlichen Einfluß auf die Funktion der hier vorliegenden Erfindung. Die Sprengladung 1 besteht aus einer homogenen Sprengstoffmasse, die das Gehäuse 6 vollständig über die Länge L ausfüllt und die zur Initiierung eines hohen Energieniveaus (Stimulus) bedarf. Die in der Fig. 1 dargestellte Grenzlinie 7 zwischen der linken und der rechten Hälfte des Sprengstoffes lwird nachfolgend anhand der Fig. 2 erläutert.

[0009] An der rechten Stirnseite des Gehäuses 6 ist eine Zündkette 2 bekannter Bauart angebracht. Üblicherweise werden dreistufige Zündketten verwendet, die aus einem elektrisch zündbaren Detonator, einer Übertragerladung und einer Verstärkerladung bestehen. Zur erfindungsbezogenen Vereinfachung wird hier nur auf die Verstärkerladung 3 Bezug genommen, die unmittelbar auf die Sprengladung 1 einwirkt. Mit Hilfe der Zündkette 2 erfolgte bisher nach Erfassung eines Zieles und der Erzeugung eines entsprechenden Zündsignals mittels einer bekannten Zünd- und Sicherungseinrichtung (nicht dargestellt) die detonative Auslösung der gesamten Sprengladung 1.

[0010] Gemäß dem Ausführungsbeispiel der Erfindung wird auf der gegenüberliegenden Stirnseite des Gehäuses 6 eine weitere Zündkette 4 angeordnet. Diese weitere Zündkette 4 weist als Verstärkerladung 5 eine deflagrationsauslösende Vorrichtung auf. Eine mögliche Ausführung ist beispielsweise eine Hohlladung. Grundsätzlich ist die weitere Verstärkerladung 5 so dimensioniert, dass sie nur ein für die Deflagration der Sprengladung 1 ausreichendes Energieniveau erzeugen kann. Der von der weiteren Verstärkerladung 5 erzeugte Stimulus liegt deutlich unter demjenigen der Verstärkerladung 3.

[0011] Zur Verdeutlichung wird auf die Fig. 3 verwiesen, die ein Diagramm der Reaktion R eines Sprengstoffes in Abhängigkeit von der Höhe des Stimulus ST, der durch die Verstärkerladung eingebracht wird, aufzeigt. Ein geringer Stimulus ST bis zur ersten gestrichelten vertikalen Linie der Deflagrationsschwelle erzeugt beim Sprengstoff keine Reaktion. Eine Erhöhung des Stimulus ST auf Werte zwischen den beiden gestrichelten vertikalen Linien der Deflagrationsschwelle und der Detonationsschwelle löst im Sprengstoff eine Deflagration aus. Das bedeutet, dass der Sprengstoff mit einer Reaktionsgeschwindigkeit von etwa 2000 m/s abbrennt ohne eine detonative Blast-Wirkung zu erzeugen. Wird der Stimulus ST über die Detonationsschwelle hinaus erhöht, so erfolgt die Detonation des Sprengstoffes mit einer Reaktionsgeschwindigkeit von etwa 8000 m/s.

[0012] Die in Fig. 1 dargestellte weitere Verstärkerladung 5 ist beispielhaft als Hohlladung ausgeführt. Vorteilhafterweise wird hierbei eine sogenannte EOD-(Explosive Ordnance Disposal)-Hohlladung verwendet, die aufgrund ihrer Eigenschaften geeignet ist, eine nichtdetonative Reaktion in der Sprengladung auszulösen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Stärke des von der Hohlladung erzeugten Stachels durch die Wahl des Kalibers der Hohlladung so eingestellt wird. dass der damit erzeugte Stimulus ST entsprechend dem Diagramm in Figur 3 im Bereich zwischen der Deflagrations- und der Detonationsschwelle liegt. Eine weitere Möglichkeit der Anpassung kann durch die Vorschaltung von Metallplatten oder ähnlich wirkenden Materialien erreicht werden, welche die Stachelwirkung so reduzieren, dass in der Sprengladung nur die Deflagration ausgelöst wird. Im Fall einer Verstärkerladung, die nicht als Hohlladung ausgeführt ist, besteht noch die Möglichkeit, den Durchmesser der Verstärkerladung im Bereich des sogenannten kritischen Durchmessers zu wählen, so dass die Verstärkerladung 5 selbst nur in Form einer Deflagration reagiert und damit bei der Sprengladung 1 auch nur eine Deflagration auslöst.

[0013] In Fig. 2 ist beispielhaft der Ablauf einer Gefechtskopfzündung dargestellt, bei der nur 40 % der Gesamtleistung des Gefechtskopfes zur Wirkung kommen sollen. Die geometrische Anordnung der Sprengladung entspricht dabei der Darstellung in Fig. 1. Die vertikale gestrichelte Linie 7 stellt dabei die Grenze zwischen den detonativ zu zündenden Sprengstoffanteil 1a und dem deflagrativ abbrennenden Sprengstoffanteil 1b dar. Da die Geschwindigkeit der Initiierung bei der Detonation etwa viermal so hoch ist wie die Abbrandgeschwindigkeit der Deflagration, muss bei der Annäherung des Gefechtskopfes an ein Ziel zuerst die die Deflagration auslösende Zündkette 4 gestartet werden. Erst nach einer Verzögerungszeit △t wird die Zündkette 2, die die Detonation auslöst, initiiert. Die Zeitdifferenz △t ist charakterisiert durch die Differenz der Laufzeiten tV der Deflagrationsfront bis zur Grenzlinie 7 und der Laufzeit tD der Detonationsfront bis zur Grenzlinie 7. Bei einem Beispiel eines Gefechtskopfes mit einer Länge L = 1000 mm betragen die Laufzeiten bis zur Grenzlinie 7 bei der Deflagrationsfront tV = 300µs und bei der Detonationsfront tD = 50µs. Somit ergibt sich die Zeitdifferenz △t zu 250µs. Um diese Zeitdifferenz △t muss die Zündkette 2 verzögert gegenüber der weiteren Zündkette 5 ausgelöst werden, um eine Reduzierung der Gefechtskopfleistung um 60% zu erreichen. In dieser Zeit fliegt der Flugkörper, der den Gefechtskopf trägt, nur wenige Zentimeter weit, so dass der Detonationszeitpunkt, der mit Hilfe der im Flugkörper integrierten Zündsensorik ermittelt wird, davon nicht wesentlich beeinflußt wird.

[0014] Soll der Wert der von der Sprengladung abgegebenen Leistung kontinuierlich zwischen 0% und 100% eingestellt werden, muss gegebenenfalls die Detonation auch vor der Deflagration eingeleitet werden. Es läßt sich in jedem Fall abhängig von dem Prozentsatz der gewünschten Wirkung eine bestimmte Verzögerungszeit At bestimmen, mit der die Detonation nach der Deflagration initiiert wird oder umgekehrt.

[0015] Die erfindungsgemäße Lösung erlaubt auch die Nachrüstung bestehender Gefechtsköpfe mit einer Zündkette 5 zur Initiierung einer Deflagration. Wenn der Aufbau und die räumliche Zugänglichkeit es erlauben, kann eine derartige Vorrichtung bei jedem existierenden Gefechtskopf nachträglich an die Sprengladung angebaut werden. Das bestehende Zündsystem wird dann um einen zweiten Zündausgang erweitert, dessen Zündsignal gegenüber dem Zündsignal für die Detonationsauslösung entsprechend zeitversetzt ist.


Ansprüche

1. Zündeinrichtung für einen Gefechtskopf mit einer Sprengladung (1), der eine Zündkette (2) mit einer Verstärkerladung (3) zur detonativen Initiierung der Sprengladung enthält, dadurch gekennzeichnet, dass

- eine weitere Zündkette (4) der Sprengladung (1) zugeordnet ist,

- die weitere Zündkette (4) mit einer weiteren Verstärkerladung (5) zur Auslösung einer Deflagration der Sprengladung (1) ausgerüstet ist,

- die weitere Zündkette (4) zur ersten Zündkette (2) beabstandet (L) angeordnet ist.


 
2. Zündeinrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die erste (3) und die weitere Verstärkerladung (5) bezüglich ihrer Wirkrichtung in großem Abstand (L) zueinander angeordnet sind.
 
3. Zündeinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die weitere Zündkette (2) in Abhängigkeit von den die Zündung auslösenden Signalen zeitlich vor oder nach der Zündkette (4) der Sprengladung (1) ausgelöst wird.
 
4. Zündeinrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Zeitverzögerung (△t) zwischen den Auslösezeitpunkten der ersten und der weiteren Zündketten in Abhängigkeit vom erfassten Ziel einstellbar ist.
 
5. Zündeinrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Verstärkerladung (5) der weiteren Zündkette (4) als Hohlladung ausgebildet ist.
 
6. Zündeinrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Verstärkerladung (5) der weiteren Zündkette (4) energiedämpfende Mittel vorgeschaltet sind
 
7. Zündeinrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Bemaßung der Verstärkerladung unter dem kritischen Durchmesser der Sprengladung (1) gewählt ist.
 
8. Gefechtskopf mit einer Sprengladung, der eine Zündkette mit einer Verstärkerladung zur detonativen Initiierung der Sprengladung enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die Sprengladung mit einer weiteren Zündkette (4), die eine weitere Verstärkerladung (5) zur deflagrativen Auslösung der Sprengladung (1) enthält, nachrüstbar ist.
 




Zeichnung