[0001] Die Erfindung betrifft eine Zündeinrichtung für einen Gefechtskopf mit einer Sprengladung,
der eine Zündkette mit einer Verstärkerladung zur detonativen Initiierung der Sprengladung
enthält.
[0002] Aus der Druckschrift DE 41 39 372 C1 ist ein Gefechtskopf bekannt geworden, dessen
Sprengladung mit Hilfe einer Zündkette initiiert wird. Die Zündkette besteht beispielsweise
aus einem elektrisch zündbaren Detonator, einer Übertragungsladung und einer Verstärkerladung.
Die Verstärkerladung ist so dimensioniert, dass die Sprengladung detonativ umgesetzt
werden kann. Der beschriebene Gefechtskopf umfasst die Möglichkeit einer Verformung
des Splittermantels, so dass eine erhöhte Wirkung in einer wählbaren Vorzugsrichtung
auftritt. Eine Veränderung der Leistung der Sprengladung ist jedoch nicht vorgesehen.
[0003] Das Einsatzfeld heutiger Gefechtsköpfe verändert sich zunehmend. Es werden immer
öfter Ziele in urbaner Umgebung ausgewählt, um die gegnerische Infrastruktur zu schwächen.
Diese Ziele zeichnen sich durch extreme örtliche Nähe zu zivilen und anderen Einrichtungen
aus, die nicht oder nur wenig beschädigt werden sollen. Da die bevorzugte Wirkrichtung
eines Gefechtskopfes bauartbedingt vorgegeben ist, bleibt als Möglichkeit zur Reduzierung
der Schäden in der Zielumgebung nur die Beeinflussung der Leistung des Gefechtskopfes.
[0004] Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, eine einfache und funktionssichere
Methode der zielabhängig wählbaren Einstellung der Leistung der Sprengladung des Gefechtskopfes
vorzuschlagen.
[0005] Die Aufgabe wird auf vorteilhafte Weise durch die in den Ansprüchen 1 und 8 wiedergegebenen
Merkmale gelöst. Günstige Ausführungsformen sind in den untergeordneten Ansprüchen
beschrieben.
[0006] Mit der erfindungsgemäßen Form der Zündeinrichtung für einen Gefechtskopf werden
folgende Vorteile erzielt. Durch die Anordnung einer weiteren Zündkette zu der ohnehin
für die detonative Auslösung der Sprengladung notwendigen Zündkette ist auf einfache
und wenig aufwendige Weise auch die deflagrative Initiierung der Sprengladung möglich.
Liegen sich beide Zündketten bezüglich der Längsachse der Sprengladung gegenüber,
so ist mittels geeigneter Wahl der beiden Zündzeitpunkte sogar die beliebige Einstellung
des deflagrierenden Anteils der Sprengladung zwischen 0 und 100% erzielbar.
[0007] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung schematisch vereinfacht
dargestellt und wird nachfolgend beschrieben. In der Zeichnung zeigen:
- Fig. 1:
- einen Schnitt durch eine Sprengladung mit zwei unterschiedlichen Zündketten,
- Fig. 2:
- ein Weg-/Zeit-Diagramm einer zeitlich verzögerten Auslösung beider Zündketten,
- Fig. 3:
- ein Diagramm zur Abhängigkeit der Sprengstoffreaktion von der initiierenden Energie.
[0008] In der Fig. 1 ist eine Sprengladung 1 eines Gefechtskopfes dargestellt, die in einem
Gehäuse 6 angeordnet ist. Das Gehäuse 6 kann in bekannter Weise an die Eigenschaften
des Gefechtskopfes angepasst gestaltet sein. Diese Gestaltung hat jedoch keinen wesentlichen
Einfluß auf die Funktion der hier vorliegenden Erfindung. Die Sprengladung 1 besteht
aus einer homogenen Sprengstoffmasse, die das Gehäuse 6 vollständig über die Länge
L ausfüllt und die zur Initiierung eines hohen Energieniveaus (Stimulus) bedarf. Die
in der Fig. 1 dargestellte Grenzlinie 7 zwischen der linken und der rechten Hälfte
des Sprengstoffes lwird nachfolgend anhand der Fig. 2 erläutert.
[0009] An der rechten Stirnseite des Gehäuses 6 ist eine Zündkette 2 bekannter Bauart angebracht.
Üblicherweise werden dreistufige Zündketten verwendet, die aus einem elektrisch zündbaren
Detonator, einer Übertragerladung und einer Verstärkerladung bestehen. Zur erfindungsbezogenen
Vereinfachung wird hier nur auf die Verstärkerladung 3 Bezug genommen, die unmittelbar
auf die Sprengladung 1 einwirkt. Mit Hilfe der Zündkette 2 erfolgte bisher nach Erfassung
eines Zieles und der Erzeugung eines entsprechenden Zündsignals mittels einer bekannten
Zünd- und Sicherungseinrichtung (nicht dargestellt) die detonative Auslösung der gesamten
Sprengladung 1.
[0010] Gemäß dem Ausführungsbeispiel der Erfindung wird auf der gegenüberliegenden Stirnseite
des Gehäuses 6 eine weitere Zündkette 4 angeordnet. Diese weitere Zündkette 4 weist
als Verstärkerladung 5 eine deflagrationsauslösende Vorrichtung auf. Eine mögliche
Ausführung ist beispielsweise eine Hohlladung. Grundsätzlich ist die weitere Verstärkerladung
5 so dimensioniert, dass sie nur ein für die Deflagration der Sprengladung 1 ausreichendes
Energieniveau erzeugen kann. Der von der weiteren Verstärkerladung 5 erzeugte Stimulus
liegt deutlich unter demjenigen der Verstärkerladung 3.
[0011] Zur Verdeutlichung wird auf die Fig. 3 verwiesen, die ein Diagramm der Reaktion R
eines Sprengstoffes in Abhängigkeit von der Höhe des Stimulus ST, der durch die Verstärkerladung
eingebracht wird, aufzeigt. Ein geringer Stimulus ST bis zur ersten gestrichelten
vertikalen Linie der Deflagrationsschwelle erzeugt beim Sprengstoff keine Reaktion.
Eine Erhöhung des Stimulus ST auf Werte zwischen den beiden gestrichelten vertikalen
Linien der Deflagrationsschwelle und der Detonationsschwelle löst im Sprengstoff eine
Deflagration aus. Das bedeutet, dass der Sprengstoff mit einer Reaktionsgeschwindigkeit
von etwa 2000 m/s abbrennt ohne eine detonative Blast-Wirkung zu erzeugen. Wird der
Stimulus ST über die Detonationsschwelle hinaus erhöht, so erfolgt die Detonation
des Sprengstoffes mit einer Reaktionsgeschwindigkeit von etwa 8000 m/s.
[0012] Die in Fig. 1 dargestellte weitere Verstärkerladung 5 ist beispielhaft als Hohlladung
ausgeführt. Vorteilhafterweise wird hierbei eine sogenannte EOD-(Explosive Ordnance
Disposal)-Hohlladung verwendet, die aufgrund ihrer Eigenschaften geeignet ist, eine
nichtdetonative Reaktion in der Sprengladung auszulösen. Dies wird dadurch erreicht,
dass die Stärke des von der Hohlladung erzeugten Stachels durch die Wahl des Kalibers
der Hohlladung so eingestellt wird. dass der damit erzeugte Stimulus ST entsprechend
dem Diagramm in Figur 3 im Bereich zwischen der Deflagrations- und der Detonationsschwelle
liegt. Eine weitere Möglichkeit der Anpassung kann durch die Vorschaltung von Metallplatten
oder ähnlich wirkenden Materialien erreicht werden, welche die Stachelwirkung so reduzieren,
dass in der Sprengladung nur die Deflagration ausgelöst wird. Im Fall einer Verstärkerladung,
die nicht als Hohlladung ausgeführt ist, besteht noch die Möglichkeit, den Durchmesser
der Verstärkerladung im Bereich des sogenannten kritischen Durchmessers zu wählen,
so dass die Verstärkerladung 5 selbst nur in Form einer Deflagration reagiert und
damit bei der Sprengladung 1 auch nur eine Deflagration auslöst.
[0013] In Fig. 2 ist beispielhaft der Ablauf einer Gefechtskopfzündung dargestellt, bei
der nur 40 % der Gesamtleistung des Gefechtskopfes zur Wirkung kommen sollen. Die
geometrische Anordnung der Sprengladung entspricht dabei der Darstellung in Fig. 1.
Die vertikale gestrichelte Linie 7 stellt dabei die Grenze zwischen den detonativ
zu zündenden Sprengstoffanteil 1a und dem deflagrativ abbrennenden Sprengstoffanteil
1b dar. Da die Geschwindigkeit der Initiierung bei der Detonation etwa viermal so
hoch ist wie die Abbrandgeschwindigkeit der Deflagration, muss bei der Annäherung
des Gefechtskopfes an ein Ziel zuerst die die Deflagration auslösende Zündkette 4
gestartet werden. Erst nach einer Verzögerungszeit △t wird die Zündkette 2, die die
Detonation auslöst, initiiert. Die Zeitdifferenz △t ist charakterisiert durch die
Differenz der Laufzeiten t
V der Deflagrationsfront bis zur Grenzlinie 7 und der Laufzeit t
D der Detonationsfront bis zur Grenzlinie 7. Bei einem Beispiel eines Gefechtskopfes
mit einer Länge L = 1000 mm betragen die Laufzeiten bis zur Grenzlinie 7 bei der Deflagrationsfront
t
V = 300µs und bei der Detonationsfront t
D = 50µs. Somit ergibt sich die Zeitdifferenz △t zu 250µs. Um diese Zeitdifferenz △t
muss die Zündkette 2 verzögert gegenüber der weiteren Zündkette 5 ausgelöst werden,
um eine Reduzierung der Gefechtskopfleistung um 60% zu erreichen. In dieser Zeit fliegt
der Flugkörper, der den Gefechtskopf trägt, nur wenige Zentimeter weit, so dass der
Detonationszeitpunkt, der mit Hilfe der im Flugkörper integrierten Zündsensorik ermittelt
wird, davon nicht wesentlich beeinflußt wird.
[0014] Soll der Wert der von der Sprengladung abgegebenen Leistung kontinuierlich zwischen
0% und 100% eingestellt werden, muss gegebenenfalls die Detonation auch vor der Deflagration
eingeleitet werden. Es läßt sich in jedem Fall abhängig von dem Prozentsatz der gewünschten
Wirkung eine bestimmte Verzögerungszeit At bestimmen, mit der die Detonation nach
der Deflagration initiiert wird oder umgekehrt.
[0015] Die erfindungsgemäße Lösung erlaubt auch die Nachrüstung bestehender Gefechtsköpfe
mit einer Zündkette 5 zur Initiierung einer Deflagration. Wenn der Aufbau und die
räumliche Zugänglichkeit es erlauben, kann eine derartige Vorrichtung bei jedem existierenden
Gefechtskopf nachträglich an die Sprengladung angebaut werden. Das bestehende Zündsystem
wird dann um einen zweiten Zündausgang erweitert, dessen Zündsignal gegenüber dem
Zündsignal für die Detonationsauslösung entsprechend zeitversetzt ist.
1. Zündeinrichtung für einen Gefechtskopf mit einer Sprengladung (1), der eine Zündkette
(2) mit einer Verstärkerladung (3) zur detonativen Initiierung der Sprengladung enthält,
dadurch gekennzeichnet, dass
- eine weitere Zündkette (4) der Sprengladung (1) zugeordnet ist,
- die weitere Zündkette (4) mit einer weiteren Verstärkerladung (5) zur Auslösung
einer Deflagration der Sprengladung (1) ausgerüstet ist,
- die weitere Zündkette (4) zur ersten Zündkette (2) beabstandet (L) angeordnet ist.
2. Zündeinrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die erste (3) und die weitere Verstärkerladung (5) bezüglich ihrer Wirkrichtung
in großem Abstand (L) zueinander angeordnet sind.
3. Zündeinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die weitere Zündkette (2) in Abhängigkeit von den die Zündung auslösenden Signalen
zeitlich vor oder nach der Zündkette (4) der Sprengladung (1) ausgelöst wird.
4. Zündeinrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Zeitverzögerung (△t) zwischen den Auslösezeitpunkten der ersten und der
weiteren Zündketten in Abhängigkeit vom erfassten Ziel einstellbar ist.
5. Zündeinrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Verstärkerladung (5) der weiteren Zündkette (4) als Hohlladung ausgebildet
ist.
6. Zündeinrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Verstärkerladung (5) der weiteren Zündkette (4) energiedämpfende Mittel
vorgeschaltet sind
7. Zündeinrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Bemaßung der Verstärkerladung unter dem kritischen Durchmesser der Sprengladung
(1) gewählt ist.
8. Gefechtskopf mit einer Sprengladung, der eine Zündkette mit einer Verstärkerladung
zur detonativen Initiierung der Sprengladung enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die Sprengladung mit einer weiteren Zündkette (4), die eine weitere Verstärkerladung
(5) zur deflagrativen Auslösung der Sprengladung (1) enthält, nachrüstbar ist.