(19)
(11) EP 1 110 671 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.06.2001  Patentblatt  2001/26

(21) Anmeldenummer: 00811168.4

(22) Anmeldetag:  08.12.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B24D 3/06, B24D 18/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 20.12.1999 CH 237499

(71) Anmelder: REISHAUER AG.
CH-8304 Wallisellen (CH)

(72) Erfinder:
  • Gerl, Rolf
    9322 Egnach (CH)

(74) Vertreter: Münch, Otto, Dipl.-Ing. et al
Isler & Pedrazzini AG, Patentanwälte, Postfach 6940
8023 Zürich
8023 Zürich (CH)

   


(54) Abricht-, Hon und Schleifwerfzeug


(57) in eine durch einen Deckel (3) verschlossene Negativform (1) werden Hartstoffschneidkörner (5) an der peripheren Innenfläche (4) angenickelt. Die Negativform (1) enthält ausser der Aussenkontur (4) auch die Flächen für die Aufnahmebohrung (7) und die Anschlagflächen (7') des herzustellenden Werkzeugs. Anschliessend wird der Innenraum der Negativform (1) vollständig mit einer mit Feststoffpartikeln (8) versetzten Vergussmasse (6) gefüllt und diese ausgehärtet. Die Form (1) wird durch Zerspanen oder Ätzen entfernt. Durch dieses Verfahren lassen sich kostengünstig und rationell mit Hartstoffschneidkörnern beschichtete Werkzeuge herstellen.




Beschreibung


[0001] Werkzeuge, die auf ihrer Arbeitsfläche mit einer Schicht aus Hartstoffschneidkörnern wie beispielsweise CBN oder Diamant versehen sind, finden als Schleif-, Hon-, Trenn- oder Abrichtwerkzeuge unter der Bezeichnung CBN-Schleifscheibe oder -Schleifschnecke, CBN-Honrad, Trennscheibe, Formabricht- oder Profilabrichtrolle, Diamantabrichtzahnrad etc. in vielen Fertigungsbereichen zunehmend Verwendung. Insbesondere in den Anwendungsfällen, in denen sie als Profilschleifscheibe, Profilabrichtrolle oder Abrichtzahnrad eingesetzt werden, sind an die topologische Genauigkeit ihrer Schneidoberfläche hohe Anforderungen gestellt. Weil eine Nachbearbeitung der mit Hartstoffschneidkörnern besetzten Schneidoberflächen nur begrenzt und mit hohem Aufwand möglich ist, werden solche Werkzeuge vielfach im sogenannten Umkehrverfahren hergestellt, wobei das Werkzeug, ausgehend von einer genau gefertigten Negativform, von Aussen, d.h. der umfangseitigen Hartstoffschneidkörnerschicht, nach innen zur Werkzeugaufnahmebohrung aufgebaut wird.

[0002] In DE 37 26 855 A1 wird der Aufbau des Werkzeugs und die Verfahrensweise bei der Werkzeugherstellung am Beispiel einer Abrichtprofilrolle beschrieben. Die Herstellung des Metallrings mit den Hartstoffschneidkörnern auf dessen Peripherie ist zwar in dieser Schrift nicht dargelegt. Es handelt sich dabei jedoch um ein bekanntes Verfahren. Der Ring entsteht durch galvanisches Einnikkeln der an der umfangseitigen Innenwandung der Negativform anliegenden Hartstoffschneidkörner. In diesen Ring wird ein vorzugsweise aus gehärtetem Stahl gefertigter Grundkörper mit genau bearbeiteter Bohrung und stirnseitiger Anschlagfläche eingesetzt, der zur Aufnahme des Werkzeugs auf der Werkzeugspindel dient. Nach exakter Zentrierung des Grundkörpers zum Zentrum der Negativform mittels einer geeigneten Vorrichtung werden der die Hartstoffschneidkörner tragende äussere Metallring und der Grundkörper durch Ausgiessen des Zwischenraums mit bei niedriger Temperatur verflüssigbarem Metall, z.B. einer Wismut-Zinnlegierung, oder einem selbstaushärtenden reinen oder mit Feststoffpartikeln versetzten giessbaren Kunststoff zu einer Einheit miteinander verbunden. Bei sehr hohen Genauigkeitsanforderungen ist es vielfach notwendig, die Bohrung und die stirnseitige Anschlagfläche des Grundkörpers nach dem Vergiessen vor der Entfernung der Negativform nachzuschleifen, um den geforderten Rund- und Planlauf der Werkzeugschneidoberfläche zur Werkzeugspindel sicherzustellen.

[0003] Mit dem heute verwendeten Umkehrverfahren lassen sich sehr genaue Werkzeuge herstellen. Die Vielzahl der Fertigungsoperationen und die langen Badzeiten für das Einnickeln der Hartstoffschneidkörner verursachen jedoch lange Fertigungszeiten und hohe Fertigungskosten, durch die die Wirtschaftlichkeit der Prozesse beschränkt wird, in denen sie heute Verwendung finden.

[0004] Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, für den beschriebenen Verwendungszweck ein Werkzeug und ein Verfahren zu dessen Herstellung vorzuschlagen, welche kürzere Fertigungszeiten und niedrigere Herstellkosten ermöglichen. Erfindungsgemäss wird diese Aufgabe durch ein Werkzeug und ein Herstellverfahren mit den Merkmalen gemäss den Patentansprüchen gelöst.

[0005] Dabei werden unter Beibehaltung der hohen Form-, Rundlauf und Planlaufgenauigkeit des zur Feinbearbeitung wie Schleifen und Honen oder zum Abrichten von Schleifscheiben, Schleifschnecken und Honrädern eingesetzten Werkzeugs die Herstellungszeit und die Herstellkosten erfindungsgemäss dadurch gesenkt, dass die auf die innere Wandung der Negativform aufgebrachten Hartstoffschneidkörner nicht in einer galvanisch erzeugten Metallschicht vollständig eingenickelt sondern nach nur kurzzeitigem Annickeln in einer selbstaushärtenden Vergussmasse gebunden werden, welcher Feststoffpartikel aus Metall, Glas, Kohlenstofffasern, Mineralien oder anderen geeigneten Materialien beigemengt werden können, und dass der gesamte Zwischenraum zwischen der umfangseitigen inneren Wandung und der den Aufnahmesitz und die Anlagestirnflächen bildenden Innenkontur der Negativform mit Vergussmasse gefüllt wird, wodurch sich der Herstellaufwand des Werkzeugs um die Herstellung, das genaue Positionieren und dass Vergiessen eines metallischen Grundkörpers reduziert.

[0006] Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Zeichnungen am Beispiel einer Profilabrichtrolle näher beschrieben. Darin zeigen
Figur 1
einen Achsschnitt der erfindungsgemässen Negativform mit Profilabrichtrolle,
Figur 2
die in Figur 1 eingekreiste Einzelheit, vergrössert dargestellt, und
Figur 3
eine Variante zu Figur 2 mit angenickelten Hartstoffschneidkörnern


[0007] In dem hier gewählten Ausführungsbeispiel der Erfindung ist die Negativform 1 des Werkzeugs 2 ein direkt oder im Umkehrverfahren hergestellter topfförmiger Metallkörper, der mit einem Deckel 3 verschlossen ist. Die Innenkontur der Negativform 1 entspricht in ihrem Querschnitt dem umfang-, stirn- und bohrungseitigen Konturverlauf des Werkzeugachsschnitts. Der Grund 11 des Hohlraums der Negativform 1, der Mantel 12 des zentralen zylindrischen Zapfens 13 sowie die Innenseite 14 des Deckels 3 sind mit einer elektrisch isolierenden Beschichtung versehen. Im geschlossenen Innenraum befinden sich beispielsweise eine oder mehrere ringförmige Elektroden 15, die über einen isolierten Leiter 20 an den einen Pol einer Gleichstromquelle 17 angeschlossen sind, deren anderer Pol über den Schalter 16 mit der Negativform 1 verbunden ist.

[0008] Auf der umfangseitigen Innenfläche 4 der Negativform 1 liegen die Hartstoffschneidkörner 5. Der Innenraum der Negativform 1 ist ausgefüllt mit selbst aushärtender giessbarer, mit Feststoffpartikeln 8 versetzter Vergussmasse 6, welche die Hartstoffschneidkörner 5 bindet und stützt und zugleich die stirnund bohrungsseitige Werkzeugaufnahme 7, 7' bildet.

[0009] Die Zusammensetzung der Vergussmasse 6 und die Art und Grösse der beigemengten Feststoffpartikel 8 sind so gewählt, dass die Festigkeit, die Wärmebeständigkeit und der Aushärteverzug der Belastung bzw. den Genauigkeitsanforderungen des Werkzeugs optimal entsprechen. Als Vergussmasse 6 sind zum Beispiel ein 2-Komponenten-Kunstharz und Keramik geeignet. Die beigemengten Feststoffpartikel 8 sind vorzugsweise Metallspäne, Glassplitter, Korundkörner, Keramikpartikel oder Mineralien wie beispielsweise Silikate oder Borate mit unterschiedlichen Korngrössen und Kornformen. Durch gezielte Abstimmung der Anteile an Feststoffpartikel 8, deren Material, Form, Grösse und Verteilung zu den Anteilen an giessbarem Kunststoff lassen sich gewünschte Eigenschaften wie Formstabilität, mechanische Festigkeit und Temperaturbeständigkeit optimal einstellen. Durch die Verwendung unterschiedlicher Partikelgrössen können Zwischenräume zwischen grösseren Partikel durch kleinere gefüllt werden, wodurch eine hohe Formstabilität und Festigkeit erreicht wird. Als Hartstoffschneidkörner 5 eignen sich zum Beispiel Diamant-, CBN- oder Korundkörner. Die Bohrungen 9, 10 dienen der Zuführung der flüssigen Vergussmasse 6 zum Innenraum der Negativform 1.

[0010] Bei einer ersten Variante, die sich vor allem für kostengünstige Hartstoffschneidkörner eignet, zum Beispiel solchen aus Korund, werden die Schneidkörner 5 in einer solchen Menge in den Hohlraum der um ihre Achse 18 rotierenden Negativform 1 eingefüllt, dass die Hartstoffschneidkörner 5 mindestens die ganze Innenfläche 4 der Negativform 1 bedecken. Die Schichtdicke wird dabei je nach Innenkontur 4 unterschiedlich sein. Die rotierende Negativform 1 wird anschliessend über die Bohrungen 9, 10 mit flüssiger Vergussmasse 6 gefüllt, wobei der Hohlraum zum Beispiel vorgängig evakuiert wird. Die Vergussmasse wird ausgehärtet. Bei dieser Variante sind die Elemente 15, 16, 17 nicht erforderlich.

[0011] Bei teuren Hartstoffschneidkörnern zum Beispiel aus Diamant oder CBN werden die Schneidkörner 5 ebenfalls in der obigen Menge eingefüllt und die Form 1 1 um ihre Achse 18 gedreht. Anschliessend wird ein nickelhaltiger Elektrolyt durch die Bohrungen 9, 10 eingefüllt. Der Schalter 16 wird eingeschaltet, und die peripheren Körner 5 werden an die Innenfläche 4 mit einer dünnen Nickelschicht 19 angenickelt. Darauf wird der Deckel 3 geöffnet, und alle ausser den angenickelten Schneidkörnern 5 sowie der Elektrolyt werden ausgeschüttet. Der Deckel wird wieder geschlossen, und durch die Bohrungen 9, 10 wird die Vergussmasse 6 in der obigen Art eingefüllt. Die Rotation ist bei diesem Verfahrensschritt nicht unbedingt erforderlich.

[0012] Statt des Annickelns kann diese Methode auch verwendet werden, indem die Innenfläche 4 der Negativform 1 vorgängig mit einem Haftmittel gleichmässig beschichtet wird.

[0013] Für das Annickeln der Schneidkörner 5 an die Innenfläche 4 kommt statt der Elektrolyse auch ein chemisches Abscheiden von Metallen an dieser Innenfläche 4 in Frage.

[0014] Um unerwünschte Hohlräume im Werkzeugkörper zu vermeiden und die der Vergussmasse 6 beigemischten Feststoffpartikel 8 untereinander zu einer stabilen Anlage zu bringen, wird die mit Vergussmasse gefüllte Negativform 1 geschleudert und/oder gerüttelt und/oder unter Vakuum gesetzt.

[0015] Nach dem Aushärten der Vergussmasse 6 wird die Negativform beispielsweise durch Zerspanen und Abätzen entfernt und bei Bedarf die Aufnahmebohrung des Werkzeugs durch eine geeignete Nachbearbeitung auf das geforderte Mass gebracht. Allfällige Angussreste an den Zuführstellen der Vergussmasse 6 in den Innenraum der Negativform 1 werden mittels spanendem Abtrag entfernt.


Ansprüche

1. Werkzeug zum Schleifen, Honen oder Trennen oder zum Abrichten von Schleif-, Hon- oder anderen Feinbearbeitungswerkzeugen mit einer Aufnahmebohrung (7) und stirnseitigen Anlageflächen (7') zur Aufspannung auf einer Werkzeugspindel oder einen Werkzeugspanndorn, dadurch gekennzeichnet, dass der gesamte Werkzeugkörper einschliesslich der Aufnahmebohrung (7) und der stirnseitigen Anlageflächen (7') aus ausgehärteter Vergussmasse (6) besteht, in die zumindest an der Peripherie (4) Hartstoffschneidkörner (5) eingebettet sind.
 
2. Werkzeug nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Vergussmasse (6) aus einer Mischung aus Kunstharz oder Keramik und Feststoffpartikeln (8) besteht.
 
3. Werkzeug nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die der Vergussmasse (6) beigemischten Feststoffpartikel (8) unterschiedliche Form und Grösse aufweisen.
 
4. Werkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Feststoffpartikel (8) Mineralien, insbesondere Silikate und Borate sind.
 
5. Werkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Werkzeugkörper aus Vergussmasse (6) mit zonenweise unterschiedlicher Zusammensetzung besteht.
 
6. Werkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Hartstoffschneidkörner auf der Arbeitsoberfläche des Werkzeugs zusätzlich durch eine galvanisch oder chemisch erzeugte Metallschicht (19) gebunden sind.
 
7. Verfahren zur Herstellung des Werkzeugs nach einem der Ansprüche 1 bis 6 mittels einer Negativform (1), deren umfangseitige Innenkontur (4) das Negativ der umfangsseitigen Aussenkontur des Werkzeugs darstellt, dadurch gekennzeichnet, dass die zur Herstellung des Werkzeugs verwendete Negativform (1) mit einem Deckel (3) verschlossen wird, dass der so gebildete Hohlraum neben der umfangseitigen Aussenkontur auch die Konturen der Aufnahmebohrung und der Stirnseiten des Werkzeugs (2) enthält und dass zur Bildung des Werkzeugkörpers der gesamte Hohlraum der Negativform (1) mit Vergussmasse (6) gefüllt wird.
 
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Negativform (1) während des Einfüllens der Vergussmasse (6) rotiert.
 
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Negativform (1) nach dem Einfüllen der Vergussmasse (6) geschleudert und/oder gerüttelt und/oder unter Vakuum gesetzt wird.
 
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Hartstoffschneidkörner (5) an der umfangseitigen Innenfläche (4) der Negativform (1) vor deren Auffüllen mit Vergussmasse (6) mittels einer galvanisch oder chemisch erzeugten Metallschicht (19) gebunden werden.
 
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass dem aus der Negativform (1) und dem Deckel (3) gebildeten Hohlraum in zeitlicher Aufeinanderfolge Vergussmasse (6) mit unterschiedlicher Zusammensetzung zugeführt wird.
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass dem aus der Negativform (1) und dem Deckel (3) gebildeten Hohlraum zur Bildung der Aussenzone des Werkzeugs Vergussmasse zugeführt wird, die mit Hartstoffschneidkörnern 5 versetzt ist.
 
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufnahmebohrung (7) und die stirnseitigen Anlageflächen (7') des Werkzeugs mittels eines geeigneten Feinbearbeitungsverfahrens, vorzugsweise Schleifen oder Läppen, nachbearbeitet werden.
 




Zeichnung