(19)
(11) EP 1 110 899 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.06.2001  Patentblatt  2001/26

(21) Anmeldenummer: 99811213.0

(22) Anmeldetag:  24.12.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B66B 1/46
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(71) Anmelder: INVENTIO AG
CH-6052 Hergiswil (CH)

(72) Erfinder:
  • Schuster, Kilian, El-Ing. ETH
    CH-6275 Ballwil (CH)
  • Friedli, Paul, Dr.sc. tech.
    CH-5453 Remetschwil (CH)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zur berührungslosen Eingabe von Fahrbefehlen bei Aufzügen


(57) Die Erfindung betrifft eine Aufzugsanlage, bei der Fahrbefehle durch von einem Fahrgast (1) auszuführende bestimmte Bewegungen oder Gesten eingegeben werden können. Insbesondere rollstuhlgebundene Personen erhalten damit die Möglichkeit, Ihnen verbliebene Restbewegungsfähigkeit zur Benutzung einer Aufzugsanlage einzusetzen. Beispielsweise ist eine Zielrufeingabe in der Art vorgesehen, dass mit dem Rollstuhl eine Drehung ausgeführt werden muss, wobei das gewählte Zielstockwerk von der Grösse des Drehwinkels und der Richtung der Drehung abhängt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens zur berührungslosen Eingabe von Fahrbefehlen bei Aufzügen.

[0002] Mit der EP-A- 0 699 617 ist eine Aufzugsanlage bekannt geworden, bei welcher ein vom Fahrgast mitzuführender Informationsgeber im Kreditkartenformat vorgesehen ist, der eine Antenne, eine Sende- und Empfangseinheit und einen Identifikationscode aufweist. Auf den Stockwerken sind Erkennungsvorrichtungen angeordnet, die über ein elektromagnetisches Feld mit den Informationsgebern korrespondieren. Nach einer Anfrage der Erkennungsvorrichtung sendet der Informationsgeber den Identifikationscode des Aufzugsbenutzers, was zur Folge hat, dass ein Zugriff auf eine in einem Speicher abgelegte Information über das Zielstockwerk des Aufzugsbenutzer stattfindet. Eine derartige Aufzugsanlage bietet also unter anderem den Vorteil, dass durch den mitgeführten Informationsgeber der Aufzugssteuerung ohne persönliches Dazutun des betreffenden Fahrgastes selbsttätig das gewünschte Fahrziel übermittelt wird. Will der Fahrgast jedoch zu einem anderen als zu dem gespeicherten Zielstockwerk, so muss er sein neues Fahrziel mittels einer auf den Stockwerken angeordneten Eingabeeinrichtung von Hand eingeben, was besonders für behinderte Fahrgäste, die nicht in der Lage sind eine Eingabe von Hand vorzunehmen ein Nachteil ist.

[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde ein Verfahren und eine Vorrichtung der eingangs genannten Art vorzuschlagen, die diesen Nachteil nicht aufweisen und insbesondere für rollstuhlgebundene Personen geeignet sind.

[0004] Diese Aufgabe wird durch die in den Patentansprüchen 1 und 7 angegebene Erfindung gelöst. Die Lösung der Aufgabe besteht insbesondere darin, dass von einem Fahrgast auszuführende vorgebbare Bewegungen erfasst und als Fahrbefehle gewertet werden. Vorteilhaft ist eine gestikulative Eingabe von Fahrbefehlen unter Auswertung von erfasster Bildinformation. Ist eine Auswertung mit differenzierender Interpretation von Bewegungsmustern vorgesehen, so kann bei Aufzügen etwa eine Unterscheidung betreffend der Anforderung einer Aufzugsfahrt und/oder deren Parameter, wie beispielsweise Fahrtrichtung und Fahrziel, ermöglicht werden. Bewegungsmuster, welche eine derartige Interpretation erlauben lassen sich etwa durch Arme, Beine oder Gesichtsmuskeln ausführen oder können durch Hilfsmittel, z.B. einen Rollstuhl, unterstützt sein und in Kombination ausgeführt werden.

[0005] Die mit der Erfindung erzielten Vorteile sind darin zu sehen, dass die für die Kommunikation des Fahrgastes mit dem Aufzug vorgeschlagene gestikulative Eingabe für Inhalte mit geringem Informationsgehalt sehr natürlich ist. Die zugrunde liegende Fähigkeit zur willentlichen Beeinflussung des eigenen Körpers, d.h. der verbliebenen Restbewegungsfähigkeit, ist für den psychischen Zustand hier betrachteter behinderter Passagiere derart bedeutend, dass etwa deren Erhaltung beziehungsweise Unterstützung bei schwer behinderten Personen höchste Priorität zukommt.

[0006] Vorteilhafter Weise erhalten mit der erfindungsgemässen gestikulativen Eingabe somit auch Personen, welche aufgrund irgendwelcher Behinderungen nicht in der Lage sind einen Aufzugsruf mittels Druckknöpfen einzugeben, die Möglichkeit ohne fremde Hilfe einen Aufzug zu benutzen. Die gestikulative Eingabe ermöglicht es ferner, jeweils eine dem Menschen angepasste Kommunikationsform anzuwenden, so dass diese als angenehm und komfortabel wahrgenommen wird. Die Rufeingabe erfolgt berührungslos, weshalb keine speziell dafür ausgebildeten Hilfsmittel, wie z.B. der im Stand der Technik beschriebene Informationsgeber, seitens des Benutzers erforderlich sind.

[0007] In Weiterbildung der Erfindung sind mögliche Fahrziel einer Aufzugsanlage als örtliche Bereiche im Vorraum zum Aufzug definiert und entsprechend markiert. Als Bewegungsmuster zur Zieleingabe an die Aufzugsanlage erkannt und gewertet wird, wenn sich der Passagier jeweils an die entsprechend markierte Stelle begibt.

[0008] Im folgenden sind zwei bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1
ein Blockdiagramm der erfindungsgemässen Vorrichtung gemäss einer ersten Ausführung,
Fig. 2a-2d
schematisch in vier Schritten den Ablauf einer gestikulativen Rufeingabe gemäss der ersten Ausführung,
Fig. 3a
eine Stockwerksansicht einer erfindungsgemässen Vorrichtung gemäss einer zweiten Ausführung bei gestikulativer Rufeingabe,
Fig. 3b
die Stockwerkansicht gemäss Fig. 3a bei Kabinenzuteilung.


[0009] In den Fig. 1 bis 2d ist mit 1 ein rollstuhlgebundener Fahrgast 1 bezeichnet, der sich zum Zwecke einer Zielrufeingabe auf einem Stockwerk, in einem definierten und markierten, örtlichen Eingabebereich 2 befindet. Hierbei können eine oder mehrere Initialrichtungen festgelegt werden, welche als Bezugsrichtungen dienen und aus welchen in den Eingabebereich 2 einzufahren ist. In dem in den Fig. 2a bis 2d dargestellten Beispiel ist eine Initialrichtung 3 festgelegt.

[0010] Die Zielrufeingabe erfolgt, wie beispielsweise die Fig. 2b zeigt, indem der Fahrgast 1 mit dem Rollstuhl eine Drehung ausführt, wobei eine inkrementale Zielfestlegung dadurch erfolgt, dass jede Drehung des Rollstuhls im Uhrzeigersinn 4 über einen bestimmten Minimalwinkel ein Stockwerk weiter nach oben und jede Drehung entgegen dem Uhrzeigersinn 5 ein Stockwerk weiter nach unten bedeuten. Wird eine bestimmte Zeit in gedrehter Richtung verweilt, so wird bis zur Rückkehr in Initialrichtung eine fortlaufende Inkrementierung, beziehungsweise Dekrementierung, des Zielstockwerkes veranlasst.

[0011] Die Erfassung der Drehung 4,5, bzw der optischen Situation erfolgt nach Fig.1 mittels einer Videokamera 6 örtlich aufgelöst, wobei diese Informationen in diskreten Zeitintervallen einer an sich bekannten Mustererfassungseinheit 7 zur Verfügung gestellt werden. Die Aufgabe der Mustererfassungseinheit 7 liegt in der Extraktion der relevanten bewegten Bildelemente von den unbewegten, statischen Elementen. Dies geschieht im wesentlichen durch Differentation nach der Zeit, was praktisch durch Differenzenbildung der zeitdiskreten Bildinformationen erfolgt und ein Bewegungs-Vektorfeld zum Resultat hat. Die extrahierten Bewegungselemente werden einer Bewegungs- und Positionsermittlungseinheit 8 zugeführt, in welcher durch approximierende Methoden eine Rekonstruktion der Bewegungssequenzen im Bild ausgeführt wird. Dies wird einer Bewertung unterzogen, mittels welcher darüber entschieden wird, ob und welche der registrierten Bewegungen einem Körper der vorausgesetzten Struktur (z.B. Rollstuhl) entsprechen. Es folgt die Entscheidung, ob der vorbestimmte Minimalwinkel bei der Drehung 4,5 überschritten wird oder nicht, beziehungsweise eine translatorische Bewegung in Initialrichtung 3 erfolgt.

[0012] In einer der Bewegungs- und Positionsermittlungseinheit 8 nachgeordneten Interpretationseinheit 9 wird beispielsweise basierend auf folgender Entscheidungssequenz das Zielstockwerk extrahiert, wobei

I. dW die durch die Bewegungs- und
   Positionsermittlung ermittelte Drehung darstellt als

dW=1:CW = im Uhrzeigersinn,

dW=-1:CCW = im Gegenuhrzeigersinn,

dW=0:keine Drehung.

II. while dW = 0 do // Warten auf Drehung end

III. Z = current floor //Zielstockwerk = momentane Pos.
   while dW <> 0 do // bis wieder in Initialrichtung
      if dW > 0 // CW
         Z = Z + 1 // 1 Stock höher
      elseif dW < 0 // CCW
         Z = Z - 1 // 1 Stock tiefer end
      display (Z) // Ziel anzeigen
      delay (1) // Verzögerung end.



[0013] Das momentane Ziel Z wird auf einer Anzeigetafel 10 (Fig.2a) angezeigt. Das momentane Ziel Z kann ebenso in anderer Weise optisch, akustisch oder auch kombiniert erfolgen.

[0014] Der Interpretationseinheit 9 ist eine Rufeinheit 11 nachgeschaltet, die einerseits mit einer Aufzugssteuerung +. Basierend auf einer gültigen Zielspezifikation durch die Interpretationseinheit 9 wird durch die Aufzugsteuerung eine Beförderungsmöglichkeit evaluiert und der Rufeinheit 11 zur Anzeige 10 zurückgemeldet (Fig.2c). Erfolgt daraufhin innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls eine durch die Bewegungs- und Positionseinheit 8 erfasste Weiterfahrt in Initialrichtung 3, so wird der Aufzugsruf bestätigt und dem Passagier quittiert (Fig.2d). Die Anzeige 10 dient der Rückmeldung der erfassten Bewegung und allenfalls der Mitteilung der für die Fahrt zugeteilten Kabine (Fig.2c).

[0015] Es liegt im Rahmen der Erfindung andere Bewegungsmuster als die im vorstehend beschriebenen Beispiel genannte kreisförmige Rollstuhlbewegung, und andere Erfassungsmittel - beispielsweise Infrarotkameras - zu verwenden. Es ist weiterhin auch möglich die vorgeschlagene gestikulative Eingabe mit anderen Eingabeelementen zu kombinieren.

[0016] In Fig. 3a ist eine Stockwerksansicht einer zweiten Ausführung der erfindungsgemässen gestikulativen Rufeingabe für eine Aufzugsanlage gezeigt. Die möglichen Fahrziele der Aufzugsanlage sind als örtliche Bereiche 12,13,14 im Vorraum 15 zum Aufzug definiert und markiert. Dies kann in Form einer geeignete Lichtprojektion, als aufscheinender Bodenbelag oder dergleichen Kennzeichnung ausgebildet sein. Zur Eingabe seines Wunschziels begibt sich der Passagier an die entsprechend markierte Stelle 12,13,14. Diese kann ein einzelnes Fahrziel oder einen ganzen Zielbereich repräsentieren. Wie bei dem Ausführungsbeispiel zuvor, werden sich in diesen Bereichen befindende Passagiere 16 mittels entsprechender Überwachungseinrichtungen, z.B. einer Kamera 17 in der Stockwerksdecke 18, erfasst und ein entsprechender Aufzugsruf ausgelöst.

[0017] Die Erfassung des Zielrufs wird von der Aufzugssteuerung eingeplant, wobei eine Zuteilung auf einen Aufzug zu diesem Zeitpunkt nicht zwingend zu erfolgen braucht. Die Erfassung des Zielrufs an sich und das Eintreffen einer Aufzugskabine 19 werden dem Passagier verdeutlicht, in dem der Zielbereich 14 der eingetroffenen Kabine 19 entweder durch ein akustisches Signal mitgeteilt oder aber optisch, z.B. durch Aufleuchten, Farbwechsel des entsprechenden markierten Eingabebereichs 14 und/ oder einer herkömmlichen Anzeigetafel 20 angezeigt werden. Letztere Kabinenzuteilung ist in der Stockwerkansicht gemäss Fig. 3b dargestellt. Sollte das Fahrziel eines Passagiers aufgrund des angewählten Zielbereiches nicht eindeutig sein, so kann in der Kabine die Möglichkeit zur genauen Zielspezifikation anhand von Rufknöpfen zur Verfügung gestellt werden.

[0018] Es versteht sich, dass das Verfahren auch für andere Anwendungen eingesetzt werden kann, wie z.B. für die Steuerung von Lastenaufzügen aufgrund der gezielten Bewegung anderer Transportmittel, Anforderung von Aufzügen für Servicepersonal usw. durch bestimmte Bewegungsformen sowie die Registrierung von Eingaben aufgrund der Augenausrichtung bezüglich einer Eingabetabelle.

Bezugszeichenliste



[0019] 

1. rollstuhlgebundener Fahrgast

2. örtlicher Eingabebereich

3. Initialrichtung

4. Rechtsdrehung (Uhrzeigersinn)

5. Linksdrehung (Gegenuhrzeigersinn)

6. Videokammera

7. Mustererfassungseinrichtung

8. Positionsermittelungseinheit

9. Interpolationseinheit

10. Anzeigetafel

11. Rufeinheit

12,13,14 örtlicher Eingabebereich

15. Vorraum

16. Passagier

17. Kamera

18. Stockwerksdecke

19. Aufzugkabine, eingetroffen

20. Anzeigetafel




Ansprüche

1. Verfahren zur berührungslosen Eingabe von Fahrbefehlen bei Aufzügen,
dadurch gekennzeichnet, dass von einem Fahrgast auszuführende vorgebbare Bewegungen erfasst und als Fahrbefehle gewertet werden.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Auswertung von erfasster Bildinformation vorgesehen ist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass eine differenzierende Interpretation von Bewegungsmustern zum Erkennen unterschiedlicher Fahrbefehle vorgesehen ist.
 
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass eine zeitliche Differentation von Bildfolgen zur Erkennung einzelner Bewegungsmuster erfolgt.
 
5. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass dass eine gestikulative Rufeingabe mindestens ein erstes und ein letztes unterschiedliches charakteristisches Bewegungsmuster zu einer Ermittlung von Fahrparametern für den Aufzug umfasst, wobei jeweils das letzte Bewegungsmuster zur Bestätigung der Rufeingabe dient.
 
6. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass eine inkrementelle Zielfestlegung vorgesehen ist.
 
7. Vorrichtung zur berührungslosen Eingabe von Fahrbefehlen beim Aufzügen, mit

- einer Überwachungseinrichtung zum kontinuierlichen Überwachen eines örtlichen Eingabebereichs auf Eintreten eines rufeingaberelevanten Ereignisses,

- einer Erfassungseinrichtung zum Erfassen eines rufeingaberelevanten Ereignisses,

- einer Auswerteeinrichtung zum Ermitteln einer Fahrtanforderung anhand des erfassten rufeingaberelevanten Ereignisses,

- Einrichtungen zum Erzeugen und Weiterleiten eines Fahrtanforderungssignals an eine Aufzugssteuerung,

dadurch gekennzeichnet,
dass opto-elektronische Mittel (6,7,8,9,11,17) zum Erfassen des rufeingaberelevanten Ereignisses (3,4,5) vorgesehen sind.
 
8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass Mittel (6,7,8,9,11,17) zum Erfassen von einem Fahrgast (1,16) ausgeführter vorgebbarer Bewegungsmuster (3,4,5) vorgesehen sind.
 
9. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel (6,7,8,9,11,17) zum Erfassen von einem Fahrgast (1,16) ausgeführter vorgebbarer Bewegungsmuster (3,4,5) eine VIDEO-Kamera (6,17) umfassen.
 




Zeichnung













Recherchenbericht