(19)
(11) EP 1 114 918 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.07.2001  Patentblatt  2001/28

(21) Anmeldenummer: 00811149.4

(22) Anmeldetag:  05.12.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7F01L 9/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 06.01.2000 EP 00810006

(71) Anmelder: Wärtsilä NSD Schweiz AG
8401 Winterthur (CH)

(72) Erfinder:
  • Wunder, Alfred Franz
    8442 Hettlingen (CH)
  • Hofer, Robert
    8353 Elgg (CH)

(74) Vertreter: Sulzer Management AG 
KS/Patente/0007 Zürcherstrasse 12
8401 Winterthur
8401 Winterthur (CH)

   


(54) Gaswechselsystem für eine Brennkraftmaschine und Verfahren zum Betreiben eines solchen


(57) Es wird ein Gaswechselsystem für eine Brennkraftmaschine vorgeschlagen mit einem hydraulisch betätigbaren Gaswechselventil (20), und einem ersten, mit dem Gaswechselventil (20) verbundenen Fluidsystem (30) für ein Arbeitsmedium zur Betätigung des Gaswechselventils (20). Das Gaswechselsystem umfasst ferner ein zweites Fluidsystem (40) für ein Hydraulikmedium, ein im zweiten Fluidsystem (40) vorgesehenes Hauptsteuerventil (50) zum Ansteuern des Gaswechselventils (20), sowie einen zwischen dem Hauptsteuerventil (50) und dem Gaswechselventil (20) angeordneten Medientrenner (70), der einerseits mit dem ersten Fluidsystem (30) verbunden ist und andererseits mit dem zweiten Fluidsystem (40) verbindbar ist.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Gaswechselsystem für eine Brennkraftmaschine sowie ein Verfahren zum Betreiben eines solchen Gaswechselsystems gemäss dem Oberbegriff des unabhängigen Anspruchs der jeweiligen Kategorie.

[0002] Aus der EP-A-0 539 320 ist eine Vorrichtung zum hydraulichen Betätigen eines Auslassventils einer Brennkraftmaschine bekannt. Der Ventilkörper des Auslassventils wird über einen Servokolben betätigt, der mit einer hydraulischen Steuereinrichtung verbunden ist. Die hydraulische Steuereinrichtung umfasst ein durch einen Elektromagneten betätigtes Vorsteuerventil, welches ein Steuerventil ansteuert. Ferner ist ein Hydraulikakkumulator vorgesehen, in welchem sich das Hydraulikmedium unter Druck befindet. Zum Öffnen des Auslassventils wird durch entsprechendes Ansteuern des Vorsteuerventils das Steuerventil in eine Stellung geschaltet, die eine Strömungsverbindung zwischen dem Hydraulikakkumulator und dem Servokolben öffnet, sodass der Servokolben durch das unter Druck befindliche Hydraulikmedium beaufschlagt wird und den Ventilkörper in die Offenstellung bewegt. Zum Schliessen des Auslassventils wird durch entsprechendes Ansteuern des Vorsteuerventils das Steuerventil in eine Stellung geschaltet, welche die Strömungsverbindung zwischen dem Hydraulikakkumulator und dem Servokolben verschliesst und welche gleichzeitig ein Abströmen des Hydraulikmediums und damit eine Druckentlastung des Servokolbens ermöglicht.

[0003] Auch wenn sich diese Vorrichtung in der Praxis bewährt hat, so haben sich doch Nachteile gezeigt. So ist es beispielsweise im Rahmen von Wartungs-, Inspektions- oder Reparaturarbeiten notwendig, den Zylinderdeckel zu demontieren, wozu das Hydrauliksystem geöffnet werden muss. Dadurch entsteht die beträchtliche Gefahr von Verschmutzungen des Hydrauliksystems, das üblicherweise mittels Feinfiltern sauber gehalten wird. Solche Verschmutzungen können zu Schäden insbesondere an den Vorsteuerventilen und den Steuerventilen führen, die erheblichen Reparaturaufwand verursachen können. Da üblicherweise sämtliche Zylinder des Motors an das gleiche Hydrauliksystem angeschlossen sind, besteht diese Verschmutzungsgefahr für alle Zylinder, selbst wenn nur ein Zylinderdeckel geöffnet werden muss. Zudem besteht die Gefahr, dass bei der Montage Leckagen auftreten können, welche das gesamte Hydrauliksystem des Motors betreffen, sodass der Motor nicht mehr gestartet werden kann.

[0004] Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es daher eine Aufgabe der Erfindung, ein Gaswechselsystem bzw. ein Verfahren zum Betreiben eines solchen vorzuschlagen, wobei die genannten Nachteile nicht mehr auftreten. Das Gaswechselsystem soll es also insbesondere ermöglichen, Reparatur- oder Wartungsarbeiten an einzelnen Zylindern durchzuführen, ohne dass dadurch die Gefahr einer Verschmutzung des Hydrauliksystems, insbesondere der Vorsteuer- und Steuerventile, entsteht.

[0005] Die diese Aufgabe in apparativer und verfahrenstechnischer Hinsicht lösenden Gegenstände der Erfindung sind durch die Merkmale des unabhängigen Anspruchs der jeweiligen Kategorie gekennzeichnet.

[0006] Erfindungsgemäss wird also ein Gaswechselsystem für eine Brennkraftmaschine vorgeschlagen mit einem hydraulisch betätigbaren Gaswechselventil, und mit einem ersten, mit dem Gaswechselventil verbundenen Fluidsystem für ein Arbeitsmedium zur Betätigung des Gaswechselventils. Das Gaswechselsystem umfasst ferner ein zweites Fluidsystem für ein Hydraulikmedium, ein im zweiten Fluidsystem vorgesehenes Hauptsteuerventil zum Ansteuern des Gaswechselventils, sowie einen zwischen dem Hauptsteuerventil und dem Gaswechselventil angeordneten Medientrenner, der einerseits mit dem ersten Fluidsystem verbunden ist und andererseits mit dem zweiten Fluidsystem verbindbar ist.

[0007] Durch die Massnahme, zwei Fluidsysteme vorzusehen, die über einen Medientrenner getrennt sind, ist es möglich, Reparatur- oder Wartungsarbeiten an einzelnen Zylindern durchzuführen, ohne dass dafür das zweite Fluidsystem mit den Hauptsteuerventilen geöffnet werden muss, sodass für dieses zweite Fluidsystem keine Verschmutzungs- oder Leckagegefahr besteht. Ferner ist es durch diese Massnahme möglich, jeden einzelnen Zylinder von der Brennkraftmaschine abzukoppeln, sodass eine Brennkraftmaschine mit n Zylindern mit beispielsweise (n-1) Zylindern weiter betreibbar bleibt, während an dem abgekoppelten Zylinder z. B. Reparaturarbeiten vorgenommen werden können.

[0008] In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Hauptsteuerventil einen Steuerkolben, der eine Offenstellung und eine Schliessstellung einnehmen kann, wobei im normalen Betrieb der Brennkraftmaschine die Offenstellung ein Öffnen des Gaswechselventils bewirkt und die Schliessstellung ein Schliessen des Gaswechselventils. Das Hauptsteuerventil umfasst ferner ein Federelement, welches so angeordnet ist, dass es den Steuerkolben mit einer in Richtung auf die Schliessstellung gerichteten Kraft beaufschlagt, das heisst, der Steuerschieber muss gegen die Kraft des Federelements in die Offenstellung bewegt werden. Herrscht im zweiten Fluidsystem kein Druck, so sorgt das Federelement dafür, dass der Steuerschieber in die Schliessstellung bewegt wird bzw. in dieser gehalten wird. Das Federelement erzeugt also eine Vorspannung in Richtung der Schliessstellung des Steuerkolbens. Dies hat den Vorteil, dass sich insbesondere beim Starten der Brennkraftmaschine, wenn sich der Druck im zweiten Fluidsystem am Aufbauen ist, ein unerwünschtes kurzfristiges Öffnen des Gaswechselventils wirkungsvoll vermeiden lässt.

[0009] Insbesondere für elektronisch bzw. elektrisch-hydraulisch gesteuerte Brennkraftmaschinen, die keine Steuerwelle im klassischen Sinne aufweisen, ist es vorteilhaft, im zweiten Fluidsystem des Gaswechselsystems ein elektromagnetisches Vorsteuerventil zum Vorsteuern des Hauptsteuerventils vorzusehen. Hierdurch ist es nämlich möglich, das Gaswechselventil mittels elektrischer bzw. elektronischer Steuerimpulse zu betätigen.

[0010] Ferner ist es vorteilhaft, wenn das Gaswechselventil einen Antriebskolben zur Betätigung des Gaswechselventils aufweist, welcher Antriebskolben als Stufenkolben ausgebildet ist. Durch diese Massnahme lässt sich nämlich hydraulische Energie einsparen.

[0011] Durch die Erfindung wird ferner ein Verfahren zum Betreiben eines Gaswechselsystems in einer Brennkraftmaschine vorgeschlagen, bei welchem Verfahren ein Gaswechselventil mittels eines ersten Fluidsystems durch ein Arbeitsmedium hydraulisch betätigt wird, wobei mittels eines zweiten Fluidsystems für ein Hydraulikmedium ein Hauptsteuerventil zum Ansteuern des Gaswechselventils betätigt wird, und wobei mittels eines zwischen dem Hauptsteuerventil und dem Gaswechselventil angeordneten Medientrenners, der einerseits mit dem ersten Fluidsystem verbunden ist und andererseits mit dem zweiten Fluidsystem verbindbar ist, eine Wirkverbindung zwischen dem ersten und dem zweiten Fluidsystem erstellt wird.

[0012] Aus den bereits vorne genannten Gründen ist es auch hinsichtlich des Verfahrens vorteilhaft, wenn ein Steuerkolben des Hauptsteuerventils durch ein Federelement mit einer Kraft beaufschlagt wird, die in Richtung auf eine Schliessstellung des Steuerkolbens gerichtet ist, welche Schliessstellung im normalen Betriebszustand der Brennkraftmaschine ein Schliessen des Gaswechselventils bewirkt.

[0013] Insbesondere für elektronisch bzw. elektrisch-hydraulisch gesteuerte Brennkraftmaschinen sind solche Ausgestaltungen des erfindungsgemässen Verfahrens vorteilhaft, bei welchen das Hauptsteuerventil mittels eines elektromagnetischen Vorsteuerventils mit einem magnetischen Schieber, der zwischen zwei Elektromagneten hin- und herschaltbar ist, vorgesteuert wird.

[0014] Gemäss einer bevorzugten Verfahrensführung werden zum Betätigen des Vorsteuerventils folgende Schritte durchgeführt:
  • einer der beiden Elektromagnete wird aktiviert,
  • der Beginn der Bewegung des magnetischen Schiebers wird detektiert; und
  • der Elektromagnet wird deaktiviert, sobald nach dem Beginn der Bewegung des magnetischen Schiebers eine Zeitspanne verstrichen ist, die vorzugsweise im wesentlichen der Schaltzeit des Vorsteuerventils entspricht.


[0015] Durch diese Massnahme ist sichergestellt, dass der jeweilige Elektromagnet nicht länger aktiviert ist als dies für einen sicheren Schaltvorgang notwendig ist. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Wärmeentwicklung im Vorsteuerventil und die Betriebssicherheit des Vorsteuerventils vorteilhaft.

[0016] Eine weitere vorteilhafte Massnahme besteht darin, vor dem Starten der Brennkraftmaschine das Vorsteuerventil durch einen Richtimpuls in eine definierte Stellung zu schalten, die vorzugsweise der Schliessstellung des Gaswechselventils entspricht. Hierdurch wird gewährleistet, dass es beim Starten der Brennkraftmaschine nicht zu ungewünschten Betätigungen des Gaswechselventils kommt.

[0017] Das erfindungsgemässe Gaswechselsystem und das erfindungsgemässe Verfahren eignen sich insbesondere für Grossdieselmotoren wie sie beispielsweise als Antriebsaggregate für Schiffe oder als Stationäranlagen zur Stromgewinnung eingesetzt werden. Im speziellen eignen sich das Gaswechselsystem und das Verfahren auch für solche Grossdieselmotoren, die auf rein elektronischem Wege bzw. elektrisch-hydraulisch gesteuert werden, also keine Steuerwelle für die Steuerung der Ventile und der Brennstoffeinspritzung aufweisen.

[0018] Weitere vorteilhafte Massnahmen und bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.

[0019] Im Folgenden wird die Erfindung sowohl in apparativer als auch in verfahrenstechnischer Hinsicht anhand von Ausführungsbeispielen und anhand der Zeichnung näher erläutert. In der schematischen, nicht massstäblichen Zeichnung zeigen:
Fig. 1:
eine teilweise schematische, teilweise geschnittene Darstellung eines Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Gaswechselsystems,
Fig. 1A:
ein Detail aus Fig. 1 in vergrösserter Darstellung,
Fig. 2:
einen Schnitt durch einen Grossdieselmotor,
Fig.3:
eine stark schematische Darstellung eines Vorsteuerventils, und
Fig. 4:
ein Diagramm zur Verdeutlichung der Betätigung des Vorsteuerventils.


[0020] Fig. 1 zeigt in einer teilweise schematischen, teilweise geschnittenen Darstellung ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Gaswechselsystems, das gesamthaft mit dem Bezugszeichen 10 bezeichnet ist. Es umfasst ein Gaswechselventil, das hier ein Auslassventil 20 eines Dieselmotors ist, ein erstes Fluidsystem 30 für ein Arbeitsmedium und ein zweites Fluidsystem 40 für ein Hydraulikmedium. Im zweiten Fluidsystem 40 ist ein Hauptsteuerventil 50, ein Vorsteuerventil (pilot valve) 60 und ein Hydraulikakkumulator 41 für das Hydraulikmedium vorgesehen. Zwischen dem Hauptsteuerventil 50 und dem Auslassventil 20 ist ein Medientrenner 70 vorgesehen, der einerseits mit dem ersten Fluidsystem 30 verbunden ist und andererseits mit dem zweiten Fluidsystem 40 verbindbar ist. Durch den Medientrenner 70 wird eine Wirkverbindung zwischen dem ersten und dem zweiten Fluidsystem realisiert.

[0021] In Fig. 1A sind das Hauptsteuerventil 50, das Vorsteuerventil 60 und der Medientrenner 70 in vergrösserter Darstellung gezeigt.

[0022] Im Folgenden wird auf das konkrete Anwendungsbeispiel Bezug genommen, dass das Gaswechselsystem 10 Teil eines elektronisch gesteuerten Grossdieselmotors 1 (Fig. 2) ist, der z. B. als Hauptantriebsaggregat eines Schiffes oder in einer Stationäranlage zur Stromgewinnung Verwendung finden kann. Zum besseren Verständnis zeigt Fig. 2 in einer schematischen Schnittdarstellung den Grossdieselmotor 1 mit einem seiner üblicherweise mehreren Zylinder 2. Der Grossdieselmotor 1 ist als langsam laufender Zweitakt-Kreuzkopf-Gossdieselmotor mit Längsspülung ausgestaltet und wird elektronisch bzw. elektrisch-hydraulisch gesteuert, das heisst er hat keine Steuerwelle im klassischen Sinne zur mechanisch-hydraulischen Steuerung des Gaswechsels und der Einspritzung.

[0023] Bei diesen Motoren sind die Hydrauliksysteme, mit denen die Einspritzung, der Gaswechsel und gegebenenfalls Hilfssysteme, wie das Anlasssystem, betrieben werden, mittels Vorsteuerventilen ansteuerbar, wobei die Vorsteuerventile mittels elektrischer Signale betätigt werden, die von einer Kontrollvorrichtung kommen. Diese Kontrollvorrichtung bestimmt mittels des Kurbelwinkels, der Drehzahl des Motors und eventuell weiterer Zustandsgrössen den jeweils optimalen Zeitraum sowie die jeweils optimale Brennstoffmenge für die Einspritzung bzw. die Zeitpunkte für das Öffnen und Schliessen der Auslassventile und sendet dementsprechend die elektrischen Steuersignale an die Vorsteuerventile, die daraufhin das zugehörige Hydrauliksystem betätigen. Durch diese sehr variable elektrisch-hydraulische Steuerung lässt sich die Einspritzung und der Gaswechsel in einfacher Weise und für alle Betriebszustände des Grossdieselmotors optimieren und an den jeweiligen Arbeitszyklus der Maschine anpassen, weil die mechanischen Zwangskopplungen zwischen den Stellungen der Kolben und den Betätigungselementen wie Einspritzpumpen oder Hubgeberpumpen nicht mehr vorhanden sind.

[0024] Der Grossdieselmotor 1 (Fig. 2) hat eine Kurbelwelle 3, welche über ein Kurbelwellenzahnrad 3a und ein mit diesem kämmendes Zahnrad 4 eine Hochdruckpumpe 5 antreibt, die den Brennstoff unter Hochdruck, z. B. bis zu 2000 bar, durch eine Leitung 6 in einen Brennstoffakkumulator 7 fördert, welcher ein hier nicht näher beschriebenes Einspritzsystem versorgt. Ferner ist eine ebenfalls von der Kurbelwelle 3 angetriebene Pumpe 8 vorgesehen, welche das Hydraulikmedium, beispielsweise ein Öl wie Hydrauliköl oder Steueröl, über eine Leitung 42 in den Hydraulikakkumulator 41 des zweiten Fluidsystems fördert. Natürlich können auch mehrere Hochdruckpumpen 5 zum Fördern des Brennstoffs und/oder mehrere Pumpen 8 zum Fördern des Hydraulikmediums vorgesehen sein.

[0025] Der Brennstoffakkumulator 7 und der Hydraulikakkumulator 41 sind jeweils als rohrähnliche Bauteile ausgebildet, die sich entlang des Motors erstrecken.

[0026] Ebenfalls dargestellt in Fig. 2 ist das Auslassventil 20 zum Abführen der Verbrennungsgase aus dem Zylinder 2. Die folgenden Erläuterungen des Gaswechselsystems beziehen sich nur noch auf einen Zylinder. Es versteht sich jedoch, dass für das Auslassventil jedes Zylinders jeweils ein Hauptsteuerventil 50, ein elektromagnetisches Vorsteuerventil 60 sowie ein Medientrenner 70 vorgesehen sind, wobei alle Hauptsteuerventile bzw. alle Vorsteuerventile nach dem Common-Rail-Prinzip an den Hydraulikakkumulator 41 angeschlossen sind und von diesem mit unter Druck stehendem Hydraulikmedium versorgt werden können. Dies ist in Fig. 1 durch die Pfeile mit dem Bezugszeichen Z angedeutet. Im Hydraulikakkumulator 41 befindet sich das Hydraulikmedium beispielsweise unter einem Druck von etwa 200 bar.

[0027] An den Hydraulikakkumulator 41 ist eine Zuführleitung 43 mit einem Absperrventil 44 angeschlossen. Hinter dem Absperrventil 44 verzweigt sich die Zuführleitung in einen Ast 43a, der mit dem Vorsteuerventil 60 verbunden ist, und einen Ast 43b, der mit einem Einlass 51 des Hauptsteuerventils 50 verbunden ist. Der Ausgang des Vorsteuerventils 60 ist über eine Leitung 65 mit einem Steuereinlass 52 des Hauptsteuerventils 50 verbunden.

[0028] Fig. 3 zeigt in einer stark schematisierten Darstellung ein Ausführungsbeispiel des Vorsteuerventils 60, das als bistabiles elektromagnetisches 3/2-Wegeventil in Schieberbauart ausgebildet ist. Das Vorsteuerventil 60 umfasst einen in einem Gehäuse 61 verschiebbar angeordneten magnetischen Ventilschieber 62, der als Hohlzylinder mit einer zentralen Entlastungsbohrung 621 ausgestaltet ist. Im Gehäuse 61 ist ein Zuführkanal 63, ein Rücklaufkanal 64 und ein Verbraucherkanal 66 vorgesehen. Die zentrale Entlastungsbohrung 621 ist über Querbohrungen 641 mit dem Rücklaufkanal verbunden. Der Zuführkanal 63 ist mit dem Ast 43a der Zuführleitung 43 verbunden, der Rücklaufkanal 64 mit einer Leitung 47, die zu einem Rückführsystem 49 für das Hydraulikmedium führt und der Verbraucherkanal 66 mit der Leitung 65, die zum Steuereinlass 52 des Hauptsteuerventils 50 führt.

[0029] Mittels zweier Elektromagnete 67a,67b ist der magnetische Ventilschieber 62 zwischen zwei Stellungen hin- und herschaltbar, wobei in der ersten Stellung des Ventilschiebers 62, welche in Fig. 3 dargestellt ist, eine Strömungsverbindung zwischen dem Zuführkanal 63 und dem Verbraucherkanal 66 geöffnet ist. In der zweiten Stellung ist der Verbraucherkanal 66 mit dem Rücklaufkanal 64 verbunden.

[0030] Damit das Vorsteuerventil 60 möglichst schnell von der einen in die andere Stellung schalten kann, also eine kleine Totzeit aufweist, haben die Elektromagnete 67a,67b eine sehr geringe Induktivität, was sich durch eine möglichst geringe Anzahl von Windungen und die Verwendung von Werkstoffen mit geringen Wirbelstromverlusten für die Spulenkörper erzielen lässt. Die Schaltzeit, das heisst die Zeit, die zum Umschalten des Vorsteuerventils 60 von der einen in die andere Stellung benötigt wird, beträgt beispielsweise nur etwa eine halbe Millisekunde. Zudem ist diese Schaltzeit in sehr gutem Masse konstant, das heisst reproduzierbar. Auf die Ansteuerung des Vorsteuerventils 60 wird weiter hinten noch eingegangen.

[0031] Das Hauptsteuerventil 50 weist einen Steuerkolben 56 auf, der eine Offenstellung und eine in Fig. 1 bzw. in Fig. 1A dargestellte Schliessstellung einnehmen kann. Wie weiter hinten noch erläutert, bewirkt im normalen Betrieb des Motors 1 die Offenstellung ein Öffnen und die Schliessstellung ein Schliessen des Auslassventils 20. Das Hauptsteuerventil 50 umfasst ferner eine erste und eine zweite Verbindung 53 bzw. 54, über welche das Hauptsteuerventil 50 mit dem Medientrenner 70 verbunden ist, sowie eine Rückströmoffnung 55, durch welche das Hydraulikmedium aus dem Hauptsteuerventil 50 in die mit einem Absperrventil 45 versehene Leitung 47 abströmen kann. Diese Leitung 47 ist mit dem Rückführsystem 49 für das Hydraulikmedium verbunden. Das Hauptsteuerventil 50 ist hier also ein 4/2-Wegeventil.

[0032] Der Steuerkolben 56 wird durch ein Federelement 57 belastet, welches so angeordnet ist, dass die Federkraft den Steuerkolben 56 in seine Schliessstellung zu bewegen versucht bzw. in der Schliessstellung zu halten sucht. Durch diese Vorspannung ist es gewährleistet, dass der Steuerkolben 56 im druckfreien Zustand, das heisst wenn er nicht mit unter Druck befindlichem Hydraulikmedium beaufschlagt wird, die Schliessstellung einnimmt bzw. in dieser verbleibt. Der Steuerkolben 56 muss also gegen die Kraft des Federelements 56 in die Offenstellung bewegt werden. Bei dem hier beschriebenen Ausführungsbeispiel ist das Federelement 57 als Spiralfeder ausgebildet, die sich einerseits auf der darstellungsgemäss oberen Stirnfläche des Steuerkolbens 56 abstützt und andererseits am Gehäuse des Hauptsteuerventils 50. Die von dem Federelement 57 beaufschlagte Stirnfläche des Steuerkolbens 57 ist über eine zentrale Bohrung mit der Rückströmöffnung 55 verbunden, wenn sich der Steuerkolben in der Schliessstellung befindet, sodass dann Hydraulikmedium, welches in den Raum zwischen dieser Stirnfläche und dem Gehäuse eingedrungen ist, abströmen kann.

[0033] Der Medientrenner 70 umfasst einen in einem Gehäuse 73 angeordneten Trennkolben 72, dessen eine -darstellungsgemäss obere- Stirnfläche 721 einen Raum 71 für das Arbeitsmedium des ersten Fluidsystems begrenzt. Die beiden Verbindungen 53, 54 mit dem Hauptsteuerventil 50 münden beide darstellungsgemäss unterhalb der oberen Stirnfläche 721 des Trennkolbens in den Medientrenner 70. Der Trennkolben 72 trennt somit das Arbeitsmedium des ersten Fluidsystems von dem Hydraulikmedium des zweiten Fluidsystems. Darstellungsgemäss oberhalb der Stirnfläche 721 ist der Raum 71 des Medientrenners 70 über eine Öffnung 74 mit dem ersten Fluidsystem 30 verbunden.

[0034] Das erste Fluidsystem für das Arbeitsmedium umfasst eine Druckleitung 31, welche die Öffnung 74 des Medientrenners 70 mit dem Auslassventil 20 verbindet, sowie eine Zuführung 32 für das Arbeitsmedium, welche einerseits über ein Absperrventil 33 und ein Rückschlagventil 34 mit der Druckleitung 31 verbunden ist und andererseits mit einer nicht dargestellten Pumpe, welche das Arbeitsmedium in die Zuführung 32 fördert.

[0035] Als Arbeitsmedium ist beispielsweise ein Schmieröl oder ein Motorenöl geeignet, das z. B. dem Schmierölsystem des Grossdieslmotors 1 entnommen wird. Das Arbeitsmedium im ersten Fluidsystem 30 und das Hydraulikmedium im zweiten Fluidsystem 40 können die gleiche Substanz sein, beispielsweise Öl, das für beide Fluidsysteme 30,40 dem gleichen Ölvorrat des Grossdieselmotors 1 entnommen wird. Da jedoch das zweite Fluidsystem 40 die bezüglich Verschmutzungen empfindlicheren Komponenten enthält, wird das Öl, welches in das zweite Fluidsystem 40 eingebracht wird, feiner gefiltert bzw. gereinigt als das Öl, welches in das erste Fluidsystem eingebracht wird. Natürlich ist es auch möglich, als Arbeitsmedium im ersten Fluidsystem 30 eine vom Hydraulikmedium im zweiten Fluidsystem 40 verschiedene Substanz zu verwenden.

[0036] Das Auslassventil 20 umfasst einen Ventilkörper 21, welcher je nach seiner Stellung die Verbindung zwischen dem Brennraum des Zylinders 2 und einer Abführleitung, die den Brennraum mit dem Abgassystem verbindet, öffnet oder verschliesst. Ferner umfasst das Auslassventil 20 einen Antriebskolben 22, welcher den Ventilkörper 21 betätigt. Der Ventilkörper 21 wird durch eine Luftfeder 23 in seiner in Fig. 1 dargestellten Schliessstellung gehalten. Darstellungsgemäss oberhalb des Antriebskolbens 22 mündet die Druckleitung 31 in das Auslassventil 20, sodass die Stirnfläche des Antriebskolbens 22 von dem Arbeitsmedium mit Druck beaufschlagbar ist.

[0037] Die elektronische Kontrollvorrichtung zur Steuerung des Grossdieselmotors umfasst beispielsweise eine Zentraleinheit 90 für die Gesamtsteuerung des Grossdieselmotors und jeweils ein Steuermodul 91 für jeden Zylinder, mit welchem die zylinderspezifischen Funktionen gesteuert werden. Die Steuermodule 91 der einzelnen Zylinder sind über Datenbusse mit der Zentraleinheit 90 verbunden. Die Zentraleinheit 90 ist ferner mit einem nicht dargestellten Winkelgeber (shaft encoder) verbunden, mit dem die Drehzahl der Kurbelwelle 3 sowie der Kurbelwinkel und somit die jeweiligen Kolbenstellungen bestimmbar sind. Aus Sicherheitsgründen sind üblicherweise zwei autonome Winkelgeber vorgesehen. Der Winkelgeber ist mit der Kurbelwelle 3 antriebsverbunden. Für jeden Winkelgeber ist noch ein Referenzgeber vorgesehen, um den Synchronismus zwischen der Kurbelwelle 3 und dem Winkelgeber zu überwachen. Mit Hilfe der vom Winkelgeber empfangenen Signale und gegebenenfalls noch anderen Daten, ermittelt die Zentraleinheit 90 den momentanen und den gewünschten Betriebszustand des Grossdieselmotors 1 und übergibt die notwendigen Informationen an die einzelnen Steuermodule 91. Diese bestimmen unter Berücksichtigung der momentanen Last und der momentanen Drehzahl die günstigsten Einspritzzeiten und -mengen für die einzelnen Zylinder sowie die Betätigungszeitpunkte für die Gaswechselventile, also z. B. die Auslassventile 20, und senden dementsprechend die elektrischen Steuersignale an die jeweiligen Vorsteuerventile, die daraufhin die Einspritzung und den Gaswechsel steuern. Die Verbindungen zwischen dem Steuermodul 91 und dem Vorsteuerventil 60 sind in Fig. 1 nicht dargestellt.

[0038] Im Folgenden wird nun die Funktionsweise des Gaswechselsystems 10 erläutert, wobei auf den normalen Betriebszustand des Grossdieselmotors 1 Bezug genommen wird. Es wird davon ausgegangen, dass sich der Ventilkörper 21 des Auslassventils 20 und der Steuerkolben 56 des Hauptsteuerventils 50 jeweils in ihrer in Fig. 1 bzw. Fig. 1A dargestellten Schliessstellung befinden, und dass sich der Trennkolben 72 des Medientrenners 70 in seiner Ausgangslage - darstellungsgemäss am unteren Anschlag - befindet. Die Druckleitung 31 sowie der Raum 71 oberhalb des Trennkolbens 72 sind mit dem Arbeitsmedium gefüllt.

[0039] Soll nun das Auslassventil 20 geöffnet werden, so gibt das Steuermodul 91 dieses Zylinders 2 ein entsprechendes elektrisches Signal an das Vorsteuerventil 60. Dieses schaltet daraufhin in die in Fig. 1 gezeigte Stellung und öffnet eine Strömungsverbindung zwischen dem Ast 43a und der Leitung 65, sodass das Hydraulikmedium aus dem Hydraulikspeicher 41 zum Steuereinlass 52 des Hauptsteuerventils 50 strömt und die Unterseite des Steuerkolbens 56 mit Druck beaufschlagt. Dieser wird folglich gegen die Kraft des Federelements 57 darstellungsgemäss nach oben bewegt, verschliesst dadurch zunächst die Rückströmöffnung 55 und öffnet dann den Einlass 51. Der Steuerkolben 56 befindet sich nun in seiner Offenstellung. In der Offenstellung des Steuerkolbens 56 ist der Raum unterhalb des Trennkolbens 72 über den Ast 43b, den Einlass 51 und die zweite Verbindung 54 mit dem Hydraulikakkumulator 41 verbunden, sodass das Hydraulikmedium die darstellungsgemässe Unterseite des Trennkolbens 72 mit Druck beaufschlagt. Dadurch bewegt sich der Trennkolben 72 nach oben. Diese Bewegung wird durch das Arbeitsmedium in der Druckleitung 31, welches als hydraulische Stange wirkt, auf den Antriebskolben 22 des Auslassventils übertragen. Aufgrund der Druckbeaufschlagung durch das Arbeitsmedium bewegt der Antriebskolben 22 den Ventilkörper 21 gegen die Kraft der Luftfeder 23 in die Offenstellung.

[0040] Zum Schliessen des Auslassventils 20 schaltet das Vorsteuerventil 60 aufgrund eines elektrischen Steuersignals in seine zweite Stellung, in welcher es die Strömungsverbindung zwischen dem Hydraulikakkumulator 41 und der Leitung 65 verschliesst, sodass die Unterseite des Steuerkolbens 56 nicht mehr mit dem Hydraulikakkumulator 41 verbunden ist. Durch die Kraft des Federelements 57 bewegt sich der Steuerkolben 56 darstellungsgemäss nach unten, verschliesst dabei den Einlass 51, wodurch die Strömungsverbindung zwischen dem Hydraulikakkumulator 41 und der Unterseite des Trennkolbens 72 verschlossen wird, und öffnet die Rückströmöffnung 55 des Hauptsteuerventils 50. Das Hauptsteuerventil 50 befindet sich nun in seiner Schliessstellung, in welcher eine Strömungsverbindung zwischen der ersten Verbindung 53 und der Rückströmöffnung 55 geöffnet ist, sodass das Hydraulikmedium aus dem Raum unterhalb des Trennkolbens 72 über die erste Verbindung 53 und die Leitung 47 in das Rückführsystem 49 abströmen kann.

[0041] Aufgrund der Luftfeder 23 des Auslassventils 20 wird der Antriebskolben 22 darstellungsgemäss nach oben gedrückt und verdrängt dabei das Arbeitsmedium in die Druckleitung 31. Das Auslassventil 20 schliesst. Durch das in die Druckleitung 31 verdrängte Arbeitsmedium wird der Trennkolben 72 des Medientrenners 70 darstellungsgemäss nach unten gedrückt und verdrängt dabei Hydraulikmedium von seiner Unterseite über den Steuerkolben 56 des Hauptsteuerventils 50 in das Rückführsystem 49. Durch die Wirkung der Luftfeder 23 wird der Trennkolben 72 nahezu in seine definierte - in Fig. 1 bzw. Fig. 1A dargestellte - Ausgangsstellung gebracht. Wegen einer ständigen Entlüftung (nicht dargestellt) - beispielsweise mittels im Auslassventil 20 vorgesehener Entlüftungsbohrungen - geht ständig etwas Arbeitsmedium aus der als hydraulische Stange wirkenden Druckleitung 31 verloren. Diese Entlüftung ist während der Öffnungsphase des Auslassventils 20 verschlossen, vorzugsweise selbsttätig durch die Stellung des Antriebskolbens 22. Während der Zeit bis zum nächsten Schalten des Gaswechselventils 20 wird das durch die Entlüftung und durch Leckageverluste verlorengegangene Arbeitsmedium über die Zuführung 32 und das Rückschlagventil 34 ersetzt, wodurch der Trennkolben 72 vollständig in seine Ausgangsstellung bewegt wird.

[0042] Der Medientrenner 70 mit dem Trennkolben 72 hat die Funktion, das zweite Fluidsystem 40 mit dem saubereren Hydraulikmedium von dem ersten Fluidsystem 30 mit dem üblicherweise stärker verschmutzten und weniger fein gefilterten Arbeitsmedium so zu trennen, dass zum einen eine Wirkverbindung zwischen dem ersten und dem zweiten Fluidsystem besteht, und dass zum anderen ein Eindringen von Arbeitsmedium in das zweite Fluidsystem wirkungsvoll unterbunden wird. Im normalen Betrieb ist es gewährleistet, dass unterhalb des Trennkolbens 72 ein grösserer Druck herrscht als oberhalb des Trennkolbens, sodass das Arbeitsmedium nicht an dem Trennkolben vorbei in das zweite Fluidsystem eindringen kann. Andererseits ist aber ein Leckagestrom von Hydraulikmedium aus dem zweiten Fluidsystem 40 an dem Trennkolben 72 vorbei in das erste Fluidsystem 30 möglich. Dies ist jedoch nicht störend, da die Anforderungen bezüglich der Reinheit an das erste Fluidsystem 30 geringer sind.

[0043] Ferner wird durch den Trennkolben 72 die Bewegung des Ventilkörpers 21 des Auslassventils 20 im Bereich der Endstellungen, also gegen Ende seiner jeweiligen Bewegung, gedämpft.

[0044] In einer bevorzugten Ausführungsform ist der Antriebskolben 22 des Gaswechselventils 20 als Stufenkolben ausgebildet. Wie in Fig. 1 gezeigt umfasst der Antriebskolben 22 einen grösseren Kolben 22a und einen konzentrisch im grösseren Kolben 22a verschiebbar angeordneten kleineren Kolben 22b. Hierdurch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass beim Öffnen des Auslassventils 20 zunächst eine grössere Kraft notwendig ist, um den Ventilkörper 21 gegen den Druck der Verbrennungsgase im Brennraum und gegen den Druck der Luftfeder 23 zu öffnen. Nachdem sich der Druck der Verbrennungsgase schon teilweise abgebaut hat, ist nur noch eine kleinere Kraft notwendig, um den Ventilkörper 21 vollständig in die Offenstellung zu bringen, bzw. in der Offenstellung zu halten. Beim Öffnen des Auslassventils 20 bewegen sich der grosse und der kleine Kolben 22a,22b zunächst gemeinsam darstellungsgemäss abwärts gegen den im Zylinder 2 herrschenden Druck. Nach einem vorgebbaren Ventilhub läuft der grössere Kolben 22a gedämpft gegen einen Anschlag 24 und bewegt sich folglich nicht mehr weiter. Der verbleibende Rest des Ventilhubs, für den nur noch eine kleinere Kraft benötigt wird, wird dann durch den kleineren Kolben 22b bewirkt, der sich im jetzt feststehenden grösseren Kolben 22a weiter abwärts bewegt. Durch diese Ausgestaltung des Antriebskolbens 22 als Stufenkolben kann in erheblichem Masse, beispielsweise etwa 30%, hydraulische Energie eingespart werden.

[0045] An einem Grossdieselmotor 1 ohne Steuerwelle ist die Korrelation zwischen der Stellung der Kurbelwelle 3 und dem Öffnungs- bzw. Schliesszeitpunkt der Auslassventile nicht mehr zwangsläufig gegeben. Dass Auslassventil 20 umfasst daher zwei Sensoren, z. B. Wegmessgeber 25, welche einen mit dem Ventilkörper 21 fest verbundenen Messkegel 26 abtasten, um die Bewegung bzw. die Lage des Ventilkörpers 21 zu detektieren. Das Messsignal der Wegmessgeber 25 wird über nicht dargestellte Signalleitungen an die elektronische Kontrollvorrichtung übermittelt, sodass dieser die tatsächlichen Öffnungs- und Schliesszeitpunkte bekannt sind. Anhand der Messignale der Sensoren 25 kann die Kontrollvorrichtung erkennen, ob die Gaswechselventilbewegungen den Sollwerten entsprechen und bei auftretenden Fehlern Gegenmassnahmen einleiten, beispielsweise den betreffenden Zylinder durch Deaktivierung der Brennstoffeinspritzung abschalten. Aus Redundanzgründen sind zwei Sensoren 25 vorgesehen.

[0046] Mit Hilfe der elektronischen Kontrollvorrichtung kann somit jeder beliebige Öffnungs- und Schliesszeitpunkt des Auslassventils 20 vorgegeben werden, wobei wegen möglicher Totzeitunterschiede der Vorsteuerventile 60, Schwankungen des Hydraulikdrucks, Schwankungen des Drucks der Luftfeder 23 und wegen unterschiedlicher Reibungseinflüsse im gesamten Gaswechselsystemm 10 vorzugsweise eine Regelung der Öffnungs- und Schliesszeitpunkte vorgenommen wird.

[0047] Aufgrund der beiden Fluidsysteme 30,40 zur hydraulischen Betätigung des Gaswechselventils 20, welche durch den Medientrenner 70 getrennt sind, ist es möglich, den Zylinderdeckel des Zylinders 2 zu öffnen, ohne dass dafür das zweite Fluidsystem 40 geöffnet werden muss. Da zudem das Hydrauliksystem für den Zylinder 2 mittels der Absperrventile 33,44,45 gegenüber dem übrigen Motor abgesperrt werden kann, ist es möglich, einen n-Zylindermotor mit einer reduzierten Anzahl von Zylindern, beispielsweise mit (n-1) Zylindern weiter zu betreiben. Somit können an einzelnen Zylindern Reparatur- oder Wartungsarbeiten durchgeführt werden, ohne dass dafür der Grossdieselmotor 1 abgeschaltet werden muss.

[0048] Eine weitere vorteilhafte Massnahme zur Erhöhung der Betriebssicherheit besteht darin, im Auslassventil 20 Tellerfedern 27 vorzusehen, welche es verhindern, dass der Ventilkörper 21 bzw. die mit ihm verbundenen Teile ungebremst in einen mechanischen Anschlag laufen. Bei dem hier beschriebenen Ausführungsbeispiel sind die Tellerfedern 27 so angeordnet, dass der mit dem Ventilkörper 21 fest verbundene Messkegel 26 bei einer Öffnungsbewegung auf die Tellerfedern 27 auflaufen kann. Sollte das Auslassventil 20 aus irgendeinem Grunde nicht vollständig schliessen, so steht auch der Antriebskolben 22 nicht in seiner in Fig. 1 dargestellten Schliessstellung. Wenn nun beim nächsten Öffnen des Auslassventils 20 der Trennkolben 72 die volle Menge Arbeitsmedium in die Druckleitung 31 fördert, würde das Auslassventil 20, bzw. der Ventilkörper 21 ungebremst mit hoher Geschwindigkeit in einen Anschlag laufen. Aufgrund der grossen Bewegungsenergie des mit viel Masse behafteten Ventilkörpers 21 könnte dies zu einem ernsthaften Schaden führen. Um dem vorzubeugen, sind die Tellerfedern 27 vorgesehen, in welche der Messkegel 26 hineinläuft und welche die Bewegungsenergie aufnehmen, sodass der Ventilkörper 21 abgebremst wird.

[0049] Aufgrund der bereits erwähnten ständigen Entlüftung, die beispielsweise zwischen der Druckleitung 31 und dem Antriebskolben 22 vorgesehen ist, und die nur während der Öffnungsphase des Auslassventils 20 verschlossen ist, sowie der unvermeidbaren Leckageverluste sorgt die Luftfeder 23 dafür, dass bei einer Störung des Hydrauliksystems das Gaswechselventil 20 nach einiger Zeit selbsttätig schliesst. Gleiches gilt auch für den Fall, dass der Grossdieselmotor 1 still steht, selbst dann, wenn sich das Vorsteuerventil 60 in der Stellung befindet, die im normalen Betriebszustand ein Öffnen des Auslassventils 20 zur Folge hat.

[0050] Ein besonderer Vorteil des hier beschriebenen Ausführungsbeispiels ist darin zu sehen, dass das Federelement 57 im Hauptsteuerventil 50 den Steuerkolben 56 in Richtung seiner Schliessstellung vorspannt, also eine Kraft auf den Steuerkolben 56 ausübt, die so gerichtet ist, dass sie den Steuerkolben 56 in seine Schliessstellung zu bewegen bzw. in der Schliessstellung zu halten versucht. Bei fehlendem Druck im Hydraulikakkumulator 41 z. B. vor dem Starten des Grossdieselmotors 1 ist somit gewährleistet, dass sich der Steuerkolben 56 in seiner Schliessstellung befindet. Durch diese Massnahme lässt es sich verhindern, dass es beim Druckaufbau im Hydraulikakkumulator 41 oder beim Starten des Grossdieselmotors zu einem kurzfristigen, unerwünschten Öffnen des Auslassventils 20 kommt, bei dem Startluft aus dem Zylinder 2 entweichen könnte.

[0051] Im Folgenden wird nun noch eine bevorzugte Vorgehensweise für die Betätigung des Vorsteuerventils 60 anhand von Fig. 4 beschrieben. Zur elektrischen Betätigung des Vorsteuerventils 60 ist ein Ventiltreiber (valve driver) vorgesehen, der beispielsweise in das Steuermodul 91 integriert ist, und der die Elektromagneten 67a, 67b (Fig. 3) durch Strombeaufschlagung aktivieren kann. Soll das Vorsteuerventil 60 beispielsweise aus der in Fig. 3 dargestellten Offenstellung in die Schliessstellung geschaltet werden, so erhält der Ventiltreiber zum richtigen Zeitpunkt einen Steuerimpuls von dem Steuermodul 91. Aufgrund dieses Steuerimpulses speist der Ventiltreiber einen Magnetisierungsstrom in die Spule des entsprechenden Elektromagneten - hier des Elektromagneten 67b - ein. Fig. 4 zeigt den Verlauf des Magnetisierungsstroms I in Abhängigkeit von der Zeit t. Zur Zeit ta schaltet der Ventiltreiber der Magnetisierungsstrom I ein und aktiviert dadurch den Elektromagnet 67b. Mittels eines geeigneten Sensors wird der Zeitpunkt tb erfasst, zu welchem magnetische Schieber 62 beginnt, sich zu bewegen. Als Sensor zur Detektion des Beginns der Bewegung des magnetischen Schiebers 62 kann insbesondere die Spule des nicht aktivierten Elektromagneten 67a dienen. Durch die Bewegung des Schiebers 62 wird nämlich in dieser Spule eine Spannung induziert, die detektierbar ist, und im Ventiltreiber als Bewegungsbeginn registriert wird. Nachdem der Beginn der Bewegung detektiert wurde, wartet der Ventiltreiber noch eine vorgebbare Zeitspanne Δt ab und schaltet dann den Magnetisierungsstrom I zum Zeitpunkt tc ab, wodurch der Elektromagnet 67b deaktiviert wird. Die Zeitspanne Δt wird vorzugsweise derart gewählt, dass sie im wesentlichen der Schaltzeit des Vorsteuerventils 60 entspricht, also beispielsweise etwa eine halbe Millisekunde. Nachdem der Magnetisierungsstrom für die Spule 67b abgeschaltet ist, verharrt der magnetische Schieber 62 aufgrund seiner magnetischen Remanenz am Elektromagnet 67b, hier also in seiner Schliessstellung, bis das Vorsteuerventil 60 durch eine Aktivierung des anderen Elektromagneten 67a in seine Offenstellung geschaltet wird.

[0052] Durch die Massnahme, den Magnetisierungsstrom abzuschalten, sobald nach dem Beginn der Bewegung des magnetischen Schiebers 62 die Zeitspanne Δt verstrichen ist, wird die für das zuverlässige Schalten des Vorsteuerventils benötigte Bestromung optimiert, wodurch einer Überhitzung oder einem Schaden des Vorsteuerventils 60 vorgebeugt wird.

[0053] Aus Sicherheitsgründen wird dem Ventiltreiber ferner eine maximale Bestromungsdauer vorgegeben. Spätestens zu einem Zeitpunkt td wird der Magnetisierungsstrom automatisch abgeschaltet (in Fig. 4 gestrichelt dargestellt), unabhängig davon, ob eine Bewegung des Ventilschiebers 62 detektiert wurde oder nicht. Folglich ist die maximale Zeit, während der ein Strom in der Spule des Elektromagneten fliessen kann, nämlich (td-ta), vorgegeben, sodass auch beim Auftreten von Fehlern eine Überhitzung des Vorsteuerventils 60 ausgeschlossen ist.

[0054] Die hier beschriebene Vorgehensweise für die Betätigung des Vorsteuerventils 60 ist nicht auf die Vorsteuerventile der Gaswechselventile beschränkt, sondern eignet sich in sinngemäss gleicher Weise für alle elektromagnetischen Vorsteuerventile der Brennkraftmaschine, also beispielsweise auch für die Vorsteuerventile des Einspritz- und des Anlasssystems.

[0055] Eine weitere bevorzugte Massnahme besteht darin, vor dem Starten des Grossdieselmotors 1 das Vorsteuerventil 60 durch einen Richtimpuls in eine definierte Stellung zu schalten, die vorzugsweise der Schliessstelung des Gaswechselsystems entspricht. So besteht z. B. nach längerem Stillstand des Motors die Möglichkeit, dass sich die Vorsteuerventile in nicht definierten oder unbekannten Stellungen befinden, weil es sich um bistabile Ventile handelt. Um dann beim Starten ein ungewolltes Betätigen des Gaswechselventils 20 zu vermeiden, gibt die elektronische Kontrollvorrichtung einen Richtimpuls an die Ventiltreiber, welche daraufhin die Vorsteuerventile in eine definierte Stellung schalten, die im Falle des Gaswechselsystems vorzugsweise die Schliessstellung ist.


Ansprüche

1. Gaswechselsystem für eine Brennkraftmaschine mit einem hydraulisch betätigbaren Gaswechselventil (20), und mit einem ersten, mit dem Gaswechselventil (20) verbundenen Fluidsystem (30) für ein Arbeitsmedium zur Betätigung des Gaswechselventils (20), gekennzeichnet durch ein zweites Fluidsystem (40) für ein Hydraulikmedium, ein im zweiten Fluidsystem (40) vorgesehenes Hauptsteuerventil (50) zum Ansteuern des Gaswechselventils (20), sowie einen zwischen dem Hauptsteuerventil (50) und dem Gaswechselventil (20) angeordneten Medientrenner (70), der einerseits mit dem ersten Fluidsystem (30) verbunden ist und andererseits mit dem zweiten Fluidsystem (40) verbindbar ist.
 
2. Gaswechselsystem nach Anspruch 1, bei welchem das Hauptsteuerventil (50) einen Steuerkolben (56) umfasst, der eine Offenstellung und eine Schliessstellung einnehmen kann, wobei im normalen Betrieb der Brennkraftmaschine die Offenstellung ein Öffnen des Gaswechselventils (20) bewirkt und die Schliessstellung ein Schliessen des Gaswechselventils (20).
 
3. Gaswechselsystem nach Anspruch 2, bei welchem das Hauptsteuerventil (50) ein Federelement (57) umfasst, welches so angeordnet ist, dass es den Steuerkolben (56) mit einer in Richtung auf die Schliessstellung gerichteten Kraft beaufschlagt.
 
4. Gaswechselsystem nach einem der vorangehenden Ansprüche, mit einem im zweiten Fluidsystem (40) vorgesehenen elektromagnetischen Vorsteuerventil (60) zum Vorsteuern des Hauptsteuerventils (50).
 
5. Gaswechselsystem nach einem der vorangehenden Ansprüche, bei welchem das Gaswechselventil (20) einen Antriebskolben (22) zur Betätigung des Gaswechselventils (20) aufweist, welcher Antriebskolben (22) als Stufenkolben (22a,22b) ausgebildet ist.
 
6. Verfahren zum Betreiben eines Gaswechselsystems in einer Brennkraftmaschine, bei welchem ein Gaswechselventil (20) mittels eines ersten Fluidsystems (30) durch ein Arbeitsmedium hydraulisch betätigt wird, dadurch gekennzeichnet, dass mittels eines zweiten Fluidsystems (40) für ein Hydraulikmedium ein Hauptsteuerventil (50) zum Ansteuern des Gaswechselventils (20) betätigt wird, und dass mittels eines zwischen dem Hauptsteuerventil (50) und dem Gaswechselventil (20) angeordneten Medientrenners (70), der einerseits mit dem ersten Fluidsystem (30) verbunden ist und andererseits mit dem zweiten Fluidsystem (40) verbindbar ist, eine Wirkverbindung zwischen dem ersten und dem zweiten Fluidsystem (30,40) erstellt wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, bei welchem ein Steuerkolben (56) des Hauptsteuerventils (50) durch ein Federelement (57) mit einer Kraft beaufschlagt wird, die in Richtung auf eine Schliessstellung des Steuerkolbens (56) gerichtet ist, welche Schliessstellung im normalen Betriebszustand der Brennkraftmaschine ein Schliessen des Gaswechselventils (20) bewirkt.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 oder 7, bei welchem das Hauptsteuerventil (50) mittels eines elektromagnetischen Vorsteuerventils (60) mit einem magnetischen Schieber (62), der zwischen zwei Elektromagneten (67a,67b) hin- und herschaltbar ist, vorgesteuert wird.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei zum Betätigen des Vorsteuerventils (60)

- einer der beiden Elektromagnete (67a,67b) aktiviert wird,

- der Beginn der Bewegung des magnetischen Schiebers (62) detektiert wird; und

- der Elektromagnet (67a,67b) deaktiviert wird, sobald nach dem Beginn der Bewegung des magnetischen Schiebers eine Zeitspanne (Δt) verstrichen ist, die vorzugsweise im wesentlichen der Schaltzeit des Vorsteuerventils entspricht.


 
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, bei welchem vor dem Starten der Brennkraftmaschine das Vorsteuerventil (60) durch einen Richtimpuls in eine definierte Stellung geschaltet wird, die vorzugsweise der Schliessstellung des Gaswechselventils (20) entspricht.
 
11. Grossdieselmotor mit einem Gaswechselsystem gemäss einem der Ansprüche 1-5 oder betrieben mit einem Verfahren gemäss einem der Ansprüche 6-10.
 




Zeichnung