(19)
(11) EP 1 116 885 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
18.07.2001  Patentblatt  2001/29

(21) Anmeldenummer: 01100755.6

(22) Anmeldetag:  12.01.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7F04D 27/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 14.01.2000 DE 10001365

(71) Anmelder: MAN Turbomaschinen AG GHH BORSIG
46145 Oberhausen (DE)

(72) Erfinder:
  • Blotenberg, Wilfried
    46535 Dinslaken (DE)

(74) Vertreter: Glawe, Delfs, Moll & Partner 
Patentanwälte Postfach 26 01 62
80058 München
80058 München (DE)

   


(54) Verfahren und Einrichtung zum Regeln eines Turbokompressors zur Verhinderung des Pumpens


(57) Zum Verhindern des Pumpens eines Turbokompressors (K) wird ein am Kompressorauslass vorgesehenes Ablase- oder Umblaseventil (27) von einem Regler (R) gesteuert. Erfindungsgemäß wird das Eingangssignal für den Regler (R) in Abhängigkeit vom momentanen Durchfluss und Enddruck des Kompressors (K) so erzeugt, dass der Regler auf Arbeitspunktverschiebungen in Richtung zur Pumpgrenzlinie langsamer und auf Abeitspunktverschiebungen in entgegengesetzter Richtung schneller reagiert. Dies wird durch Anordnung eines asymmetrischen Verzögerungsgliedes oder eines Gradientensensors in der das Eingangssignal für den Regler (R) erzeugenden Schaltung erreicht.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Regeln eines Turbokompressors zum Verhindern des Pumpens, von der im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegebenen Art, sowie eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens.

[0002] Als Pumpen bezeichnet man bei Kompressoren das stoßweise oder periodische Rückströmen von Fördermedium von der Druck- zur Saugseite. Dieser Zustand tritt z.B. bei zu hohem Enddruck und/oder zu niedrigem Durchsatz ein. Im Kennfeld kann deshalb eine Pumpgrenzlinie definiert werden, die einen stabilen Kennfeldbereich von einem instabilen Bereich links der Pumpgrenzlinie trennt. Betrieb im instabilen Bereich links von der Pumpgrenzlinie ist unzulässig, da innerhalb kürzester Zeit gravierende Maschinenschäden eintreten können. Zur Vermeidung des Pumpens, d.h. des Betriebs im instabilen Bereich wird eine Pumpgrenzregelung eingesetzt, die ein Ventil am Kompressorauslass steuert, welches als Abblaseventil mit der Atmosphäre oder als Umblaseventil mit der Saugseite des Kompressors verbunden ist. Durch Öffnen des Ventils wird der Durchfluss durch den Kompressor so weit erhöht, dass der Arbeitspunkt stets innerhalb des stabilen Kennfeldbereichs verbleibt. Für eine solche Regelung wird im Kennfeld in einem Sicherheitsabstand von der Pumpgrenzlinie eine Regellinie (Abblase- oder Umblaselinie) definiert. Bei Annäherung des momentanen Arbeitspunktes an die Regellinie wird das Abblase- oder Umblaseventil (im Folgenden nur Abblaseventil genannt) mehr oder weniger geöffnet.

[0003] Genauer gesagt, arbeitet eine solche Regelung derart, dass der Sollwert für die Durchflussregelung aus dem Kompressordruck oder aus dem Druckverhältnis zwischen Austrittsdruck (Enddruck) und Eintrittsdruck, oder aus einer aus diesem Druckverhältnis hergeleiteten Größe ermittelt wird. Dieser Sollwert entspricht der Regellinie. Der gemessene Kompressoransaugdurchfluss wird mit dem Sollwert verglichen, und bei einer Abweichung erfolgt eine Verstellung des Abblaseventils. Sofern sich der Arbeitspunkt des Kompressors auf der Regellinie befindet, ist die Regeldifferenz des Pumpgrenzreglers null und das Abblaseventil verharrt in seiner Stellung. Überschreitet der Arbeitspunkt die Regellinie in Richtung Pumpgrenze, öffnet der Regler das Ventil weiter, befindet sich der Arbeitspunkt rechts von Regellinie, schließt der Regler das Ventil.

[0004] Bei normaler Betriebsweise des Kompressors liegt der Arbeitspunkt des Kompressors deutlich rechts von der Regellinie (der Auslegungspunkt liegt typischerweise 20 bis 30% rechts davon) und das Abblaseventil ist völlig geschlossen. Bei einer Verschiebung des Arbeitspunktes aus diesem Betriebszustand heraus in Richtung Pumpgrenze beginnt ein herkömmlicher Regler erst dann zu öffnen, wenn der Istwert den Sollwert unterschreitet, das heißt wenn der Arbeitspunkt die Regellinie in Richtung Pumpgrenze überschritten hat.

[0005] Ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ist aus DE-2828124 C2 bekannt. Bei diesen bekannten Verfahren wird das Differenzsignal aus Sollwert und Istwert einmal unverzögert und parallel dazu verzögert einer Subtrahierstelle zugeführt, von der das Eingangssignal für den Regler abgegriffen wird. Dies hat den Vorteil, dass der Regelkreis auch schnelle, transiente Änderungen des Arbeitspunktes mit ausreichender Sicherheit verarbeiten kann. Die Wirkung des Systems ist die, dass dem Sollwert des Reglers ein zusätzliches Signal aufaddiert wird, das bei transienten Arbeitspunktverschiebungen eine Verschiebung der Regellinie derart bewirkt, dass bei einer Annäherung des Arbeitspunktes an die Regellinie der Sicherheitsabstand zwischen Pumpgrenze und Regellinie vergrößert wird und der Regler dadurch früher anspricht. Die Regellinie wird quasi dynamisch verschoben und wirksam ist eine neue "dynamische Regellinie". Dies hat zur Folge, dass der Sicherheitsabstand zwischen Regellinie und Stabilitätsgrenze unter transienten Bedingungen deutlich größer ist als unter stationären Bedingungen und der Kompressor in solchen kritischen Bedingungen deutlich besser geschützt ist.

[0006] Das bekannte Verfahren hat allerdings den Nachteil, dass zwar der Sicherheitsabstand bei transienten Arbeitspunktverschiebungen, die aus einem stationären Zustand heraus in Richtung Pumpgrenze erfolgen, vergrößert ist, dass aber der Regler den Änderungen nur verzögert, mit der am Verzögerungsglied eingestellten Zeitkonstante, folgen kann. Voll wirksam ist das bekannte Verfahren nur dann, wenn sich der Arbeitspunkt von einem stationären Betriebspunkt ausgehend in Richtung Pumpgrenze verschiebt. Dagegen wirkt das bekannte Verfahren bei Störungen, die zunächst eine Verschiebung des Arbeitspunktes weg von der Pumpgrenze und dann wieder in Richtung Pumpgrenze zur Folge haben, nur unbefriedigend. Bei der Bewegung des Arbeitspunktes weg von der Pumpgrenze wird die Regellinie zunächst transient nach links verschoben, mit der Tendenz, sich gemäß der eingestellten Zeitkonstante, das heißt normalerweise über mehrere Minuten hin, wieder auf den stationären Wert einzustellen. Erst wenn dieser Zustand abgeklungen ist, kann von einem neuen stationären Zustand ausgegangen werden, und das bekannte Verfahren kann seine volle Wirksamkeit zeigen. Bis zum Abklingen dieses transienten Zustands befindet sich die dynamische (dieses ist die wirksame) Regellinie links von der stationären Regellinie. Die Pumpgrenzregelung greift daher nur mit Verzögerung ein, da der Arbeitspunkt transient einen weiteren Weg Richtung Pumpgrenze zurücklegen muss, bis der Regler eingreift.

[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren und eine Einrichtung der bekannten Art so zu verbessern, dass der Vorteil der Vergrößerung des Sicherheitsabstands stets in vollem Umfang nutzbar ist, und zwar unabhängig davon, ob sich der Arbeitspunkt vor Beginn der Störung in einem stationären Betriebszustand befindet oder ob zuvor bereits transiente Arbeitspunktverschiebungen erfolgt sind.

[0008] Die erfindungsgemäße Lösung der Aufgabe ist im Anspruch 1 angegeben. Die weiteren Ansprüche beziehen sich auf weitere vorteilhafte Merkmale des erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. der Einrichtung zur seiner Durchführung.

[0009] Erfindungsgemäß ist die Zeitkonstante des Verzögerungsgliedes asymmetrisch gestaltet. Bei Arbeitspunktverschiebungen in Richtung Pumpgrenze wirkt das Verzögerungsglied so, wie im Stand der Technik beschrieben. Bei einer Verschiebung des Arbeitspunktes in Richtung weg von der Grenzlinie arbeitet das Verzögerungsglied dagegen mit einer deutlich kleineren Zeitkonstante. Dadurch ist gewährleistet, dass die Regellinie bei Arbeitspunktverschiebungen weg von der Grenzlinie nahezu unverzögert folgt, bei Verschiebung in Richtung Pumpgrenze dagegen mit der bekannten, deutlich langsameren Zeitkonstante.

[0010] Mit anderen Worten wird erfindungsgemäß die bekannte Pumpgrenzregelung für Turbokompressoren mit stationär eingestellter Regellinie, die in einem festen Abstand rechts von der Pumpgrenze wirksam ist, um eine dynamische Regellinie erweitert. Diese dynamische Regellinie ist derart implementiert, dass sie bei transienten Verschiebungen des Kompressorarbeitspunktes in Richtung Pumpgrenze die wirksame Lage der Regellinie verändert,und zwar derart, dass in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit der Annäherung des Arbeitspunktes an die Pumpgrenze die wirksame Regellinie nach rechts im Kennfeld in Richtung Arbeitspunkt verschoben wird mit der Folge, dass der Sicherheitsabstand zwischen Pumpgrenze und Regellinie vergrößert wird und demzufolge der Pumpgrenzregler frühzeitiger eingreift. Bei sehr schnellen Verschiebungen des Arbeitspunktes in Richtung Pumpgrenze wird die Regellinie z.B. um den halben Abstand zwischen Arbeitspunkt und der stationären Regellinie nach rechts verschoben, bei langsameren Arbeitspunktverschiebungen ist die Verschiebung der Regellinie geringer. Wird der Arbeitspunkt nur sehr langsam, das heißt über z.B. 1 Stunde in Richtung stationäre Regellinie verschoben, stimmt die dynamische Regellinie nahezu vollständig mit der stationären Regellinie überein.

[0011] Das erfindungsgemäße Regelverfahren eignet sich insbesondere für solche Anwendungen, in denen eine Regelgröße, insbesondere das Durchflusssignal, durch Strömungswirbel an der Messstelle stark verrauscht ist. Klassische PID-Regler mit differenzierenden Algorithmen versagen bei diesen Anwendungen, da der Differenzialanteil auf die Änderungsgeschwindigkeit der Regelgröße reagiert. Bei hochfrequenten (einige Hz) Signalstörungen mit Signalhüben von einigen Prozent sind differenzierende Regelalgorithmen unzulässig, da sie auch bei stationärem Maschinenbetrieb zu erheblichen Signaländerungen der Stellgröße führen. Sie würden auch bei stationärem Betrieb in der Nähe des Auslegungspunktes reagieren und ein völliges Schließen des Ventils bei stationärem Betrieb rechts von der Regellinie häufig verhindern. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist das Ventil aber im stationären Betrieb völlig geschlossen zu halten. Das erfindungsgemäße Verfahren bietet hier deutliche Vorteile, da es auch bei extrem stark verrauschter Regelgröße diesen nachteiligen Effekt nicht zeigt.

[0012] Ausführungsformen der Erfindung werden anhand der Zeichnung näher erläutert. Fig. 1-7 zeigen jeweils ein verein-fachtes Schema einer erfindungsgemäßen Einrichtung zur Regelung eines Turbokompressors zum Verhindern des Pumpens.

[0013] Gemäß Fig. 1 wird in der Saugleitung 1 eines Turbokompressors K durch Messfühler 3, 5, der Druck vor und hinter einer Drosselblende (nicht dargestellt) gemessen, woraus ein Messumformer 7 den Istwert für den saugseitigen Kompressordurchsatz V bildet. Am Kompressorausgang umfasst ein Messfühler 9 mit nachgeschaltetem Messumformer 11 den Istwert des Enddruckes P. Beide Istwerte V und P werden in einen Rechner 13 eingegeben. Der Rechner 13 ist mit einem Speicher versehen, in welchem der Verlauf einer stationären Regellinie (Abblaselinie) in dem beispielsweise durch P und V dargestellten Kompressorkennfeld, z.B. als Polygonzug, abgespeichert ist.

[0014] Der Sollwert wird vorzugsweise errechnet auf der Grundlage der Enthalpiedifferenz (Förderhöhe) Δh des Kompressors nach der Formel

wobei
κ =
isentropischer Exponent
R =
Gaskonstante
T1 =
Temperatur am Kompressoreinlaß
P1 =
Druck am Kompressoreinlaß
P2 =
Druck am Kompressorauslaß


[0015] Der Kompressorauslaßdruck P2 kann zur Berechnung des Sollwertes dienen oder selbst der Sollwert sein, wenn alle anderen Parameter konstant sind.

[0016] Der Rechner 13 ermittelt aus der durch die Istwerte von V und P definierten Lage des Arbeitspunktes im Kennfeld relativ zur Regellinie einen Sollwert für den Durchsatz V.

[0017] Sollwert und Istwert werden einer Subtrahierstelle 17 zugeführt, die ein Differenzsignal xd (Regelabweichung) bildet. Das Differenzsignal xd wird einer weiteren Subtrahierstelle 19 einmal über einen Signalweg 21 unverzögert und einmal über ein Verzögerungsglied 23 verzögert zugeführt. Die an der Subtrahierstelle 19 gebildete Differenz aus dem unverzögerten und dem verzögerten Signal wird als Eingangssignal einem Regler R zugeführt, der gemäß einem in ihm implementierten Regelalgorithmus ein Stellsignal zum Steuern eines an der Ausgangsleitung des Kompressors K vorgesehenen Abblaseventils oder Umblaseventils 27 erzeugt, um die Pumpgrenzregelung in an sich bekannter Weise durchzuführen. Insoweit entspricht die beschriebene Anordnung dem aus DE-2828124 C2 bekannten Verfahren.

[0018] Das Verzögerungsglied 23 ist gemäß der Erfindung ein Verzögerungsglied erster Ordnung, das hinsichtlich seiner Zeitkonstanten asymmetrisch ausgebildet ist. Bei Verschiebungen des Arbeitspunktes nach links in Richtung auf die Pumpgrenzlinie G, d.h. wenn die zeitliche Änderung des an der Subtrahierstelle 17 gebildeten Differenzsignals xd eine positive Steigung hat, arbeitet das Verzögerungsglied 23 mit normaler Verzögerung. Wenn sich dagegen der Arbeitspunkt nach rechts, d.h. von der Pumpgrenzlinie G weg verschiebt, und somit die zeitliche Änderung des an der Subtrahierstelle 17 gebildeten Differenzsignals xd negatives Vorzeichen hat, arbeitet das Verzögerungsglied 23 mit einer deutlich kleineren Zeitkonstanten, typischerweise ca. 1 sec. Damit wird erreicht, dass der Regler R auch schnellen Änderungen des Arbeitspunktes, die von der Pumpgrenzlinie G weg gerichtet und daher "ungefährlich" sind, nahezu unverzögert folgen kann.

[0019] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird kein differenzierender Regler verwendet. Insbesondere ist der im Regler R implementierte Regelalgorithmus nicht differenzierend. Wie bereits erwähnt, kann ein differenzierender Regler nur dann verwendet werden, wenn die Eingangssignale weitgehend frei von Signalrauschen sind. Das ohne differenzierenden Regler arbeitende Verfahren gemäß der Erfindung kann auch dann verwendet werden, wenn die Eingangssignale einen starken Anteil von Signalrauschen aufweisen, wie er z.B. durch Wirbelbildung im Bereich der den Durchfluss erfassenden Messfühler 35 verursacht wird.

[0020] In allgemeinerer Betrachtung kann der zwischen den Summierern 17 und 19 liegende, das asymmetrische Verzögerungsglied 23 enthaltende Schaltungszweig als "Gradientensensor" betrachtet werden, mit dem die Richtung und Geschwindigkeit von Arbeitspunktverschiebungen zur Pumpgrenze hin oder von ihr weg erfasst werden. Die Wirkungsweise kann dann wie folgt beschrieben werden: Im Speicher 13 ist die stationäre Regellinie als Polygonzug eingegeben. Im Summierer 17 wird die Differenz aus stationärer Regellinie (Sollwert für die Pumpgrenzregelung) und dem aktuellen Durchfluss des Kompressors gebildet. Diese (aktuelle) Regeldifferenz wird dem Regler R aufgeschaltet, der seinen Ausgang gemäss dem implementierten Regelalgorithmus ändert. Ferner wird aus der aktuellen Regeldifferenz mittels des Gradientensensors 23 und des Summierers 19 eine virtuelle Regeldifferenz als Summe aus der Differenz aus stationärer Regellinie und aktuellen Durchfluss und dem Ausgangssignal des gradienten Sensors 23 gebildet. Diese virtuelle Regeldifferenz wird dem Regler R als zusätzliche Eingangsgröße aufgeschaltet. Hierdurch ergibt sich eine virtuelle Regellinie die eine transiente Arbeitspunktverschiebung mit einer eingestellten Zeitkonstante (typischerweise 20 bis 60 Sekunden) folgt. Nach abdingen dieser Zeitkonstante stimmt die virtuelle Regellinie mit der stationären Regellinie überein.

[0021] Für den Gradientensensor, der in Fig. 1 durch das Glied 23 repräsentiert wird, sind verschiedene Ausgestaltungen möglich, die nachstehend erläutert werden.

[0022] Gemäß Fig. 2 enthält der gestrichelt umrahmte, als Gradientensensor wirksame Schaltungsteil 40 einen Integrierer 32, dessen Ausgangssignal auf den Eingang rückgekoppelt ist und mittels eines Summiergliedes 30 dem Eingangssignal des Integrierers 32 mit negativen Vorzeichen hinzu addiert wird. Die Zeitkonstante des Integrierers 32 ändert sich an Abhängigkeit von der Bewegung des Arbeitspunktes.

[0023] Fig. 3 zeigt eine Ausführungsform, bei der durch einen zusätzlichen Funktionsgeber 41 (z.B. Polygongenerator) eine zusätzliche dynamische Regellinie vorgegeben wird, zusätzlich zu der durch den Funktionsgeber oder Rechner 13 vorgegebenen stationären Regellinie. Die dynamische Regellinie 41 wird gebildet aus den gleichen Eingangsgrößen wie die stationäre Regellinie 13, allerdings verschiebt ein "Gradientensensor" 40 mit nachgeschaltetem Summierer 19 die dynamische Regellinie um einen Anteil, um den sich die Differenz aus stationärer Regellinie und aktuellem Kompressordurchfluss, gebildet im Summierer 17, dynamisch ändert. Der Gradientensensor merkt sich den stationären Abstand zwischen stationärer Regellinie und aktuellem Kompressoransaugdurchfluss und addiert diese Größe der dynamischen Regellinie 41 auf. Im Summierer 18 wird die Differenz aus dynamischer Regellinie und aktuellem Ansaugdurchfluss gebildet und als Regeldifferenz dem Regler R aufgeschaltet, der seinerseits das Abblase-/Um-blaseventil entsprechend verstellt. Der Gradientensensor ist derart ausgebildet, dass er die dynamische Regellinie nur in Richtung größerer Durchflüsse verschiebt, das heißt zur sicheren Seite für den Kompressor.

[0024] Erfindungsgemäß folgt bei einer transienten Verschiebung des Arbeitspunktes weg von der Pumpgrenze der Gradientensensor dem neuen Abstand zwischen Arbeitspunkt und Regellinie unverzögert. In Richtung auf die Regellinie zu folgt der Ausgang des Gradientensensors zeitlich verzögert, das heißt langsam, und bewirkt dadurch ein kontinuierliches Einschwingen in den stationären Zustand.

[0025] Fig. 4 zeigt eine mögliche Ausgestaltung des "Gradientensensors", so wie er in den Block 40 von Fig. 3 eingefügt ist. Einem rückgekoppelten Integrierer 32 ist ein asymmetrischer Begrenzer 31 vorgeschaltet. Das Ausgangssignal des Integrierers 32 ist auf den Summierer 30 am Eingang mit negativem Vorzeichen aufgeschaltet. Der asymmetrische Begrenzer 31 ist derart eingestellt, dass er Eingangssignale, die durch eine Bewegung des Kompressorarbeitspunktes in Richtung Pumpgrenze erzeugt werden, auf sehr kleine Werte, z.B. 0,02, begrenzt. Eingangssignale, die einer Verschiebung des Kompressorarbeitpunktes weg von der Pumpgrenze entsprechen, werden kaum begrenzt, z.B. durch eine Grenze von 1.

[0026] Die Wirkung soll an einem Beispiel erläutert werden. Angenommen sei eine Verschiebung des Kompressorarbeitspunktes in Richtung Pumpgrenze, z.B. derart, dass der Arbeitspunkt nahezu sprungförmig aus einem Arbeitspunkt im Abstand von 20% von der Regellinie in einen Punkt im Abstand von 10% von der Regellinie springt. Auf Grund der Vereinbarung "Regeldifferenz xd = Sollwert minus Istwert" bedeutet dies eine Änderung der Regeldifferenz xd von -0,2 auf -0,1. Der Ausgang des Integrierers 32 beträgt vor Beginn der Störung -0,2, der Eingang des Summierers 30 springt von -0,2 auf - 0,1. Der Ausgang des Summierers 30 beträgt +0,1. Da der Begrenzer 31 positive Werte auf maximal 0,02 begrenzt, erhält der Integrier ein Eingangssignal von 0,02 und integriert dadurch mit einer Zeitkonstanten von 50 Sekunden. Erst nach Abklingen dieser Einschwingzeit stimmt der Ausgang des Integrierers 32 mit seinem Eingang überein. Im Summierer 19 wird die Differenz aus Eingang des Summierers 30 und Ausgang des Integrierers gebildet und der dynamischen Regellinie aufgeschaltet. Im stationären Zustand ist der Ausgang des Summierers 19 null, bei transienten Verschiebungen des Arbeitspunkts in Richtung Pumpgrenze nimmt der Ausgang des Summierers 19 transient einen positiven Wert an, dessen Amplitude proportional zur Größe der Arbeitspunktverschiebung sowie proportional zur Geschwindigkeit der Arbeitspunktverschiebung ist.

[0027] Verschiebt sich der Arbeitspunkt weg von der Regellinie, greift die untere Grenze des Begrenzers 31 und der Integrierer folgt mit kleiner Zeitkonstante, z.B. 1 Sekunde. Der Gradientensensor ist somit in dieser Richtung nahezu wirkungslos. Allerdings hat dies den Vorteil, dass der Integrierer sehr schnell den neuen stationären Wert annimmt. Verändert sich der Arbeitspunkt transient, z.B. zunächst von -0,2 auf -0,3, um dann auf -0,1 zu gehen, folgt erfindungsgemäß der Ausgang des Integrierers sehr schnell auf - 0,3. Die volle Dynamik des Systems steht damit zur Verfügung. Bei einer Methode nach dem Stand der Technik würde der Integrierer der Änderung von -0,2 auf -0,3 mit der gleichen Zeitkonstanten folgen, wie in die andere Richtung. Bei kurzer Aufeinanderfolge beider Störungen würde die Bewegung weg von der Regellinie quasi ignoriert.

[0028] Fig. 5 zeigt eine weitere Ausgestaltung des Gradientensensors 40. Statt des Begrenzers 32 werden zwei Verstärker 33 und 34 verwendet, deren Ausgänge über einen Umschalter 35 auf den Integrierer 31 geschaltet sind. Die Verstärker sind auf unterschiedliche Verstärkungsfaktoren eingestellt, der Verstärker 33 z.B. auf 0,02 und der Verstärker 34 auf 1. Der Umschalter 35 ist durch einen Differenzierer oder einen Vorzeichenbildner 36 gesteuert und schaltet, je nach Vorzeichen des Eingangs auf den einen oder anderen Verstärker um. Dadurch ist sichergestellt, dass bei einer Arbeitspunktverschiebung in Richtung Pumpgrenze eine kleine Verstärkung und damit eine große Zeitkonstante wirksam ist und bei einer Verschiebung in Richtung weg von der Pumpgrenze eine große Verstärkung, das heißt kleine Zielkonstante.

[0029] Eine weitere Ausgestaltung zeigt Fig. 6. Hier wird statt des Begrenzers 31 ein Integrierer 32 mit parameteradaptierbarer Zeitkonstante verwendet. Je nach Änderungsrichtung des Eingangssignals wird die Zeitkonstante des Integrierers über den Adaptionsblock 37 zwischen einem großen und einem kleinen Wert umgeschaltet.

[0030] Fig. 7 zeigt eine weitere Ausführungsform, deren Gradientensensor 40 einen speziellen strukturumschaltbaren Integrierer NFI 32 verwendet. Über einen Steuereingang, der mit dem Ausgang des Differenzierers 36 beschaltet ist, schaltet der Integrierer zwischen den beiden Betriebsarten Integrieren und Nachführen um. Verschiebt sich der Arbeitspunkt des Kompressors in Richtung Pumpgrenze, schaltet der Differenzierer DIF 36 den Integrierer 32 in die Betriebsart Integrieren. Der Integrierer folgt mit seiner eingestellten Zeitkonstanten (typischerweise z.B. 50 Sekunden) der Änderung des Eingangssignals zum Summierer 30. Verschiebt sich der Arbeitspunkt dagegen weg von der Pumpgrenze, schaltet der Differenzierer 36 den Integrierer 32 in die Betriebsart Nachführen. Der Ausgang des Integrierers folgt ohne jegliche Zeitverzögerung dem zweiten Eingang, das heißt dem Ausgang des Summierers 17. Sobald sich der Arbeitspunkt wieder in Richtung Pumpgrenze bewegt, schaltet der Differenzierer 36 den Integrierer 32 wieder in die Betriebsart Integrieren. Der Ausgang des Integrierers folgt aus diesem Zustand mit seiner eingestellten Zeitkonstanten dem neuen Wert.

[0031] Auch diese Wirkung sei an dem nachstehenden Beispiel erläutert. Verändert sich der Arbeitspunkt transient, z.B. zunächst von -0,2 auf -0,3, um dann auf -0,1 zu gehen, folgt erfindungsgemäß der Ausgang des Integrierers sehr schnell auf -0,3. Da der Differenzierer 36 die Verschiebung weg von der Pumpgrenze, das heißt Änderung der Regeldifferenz xd von -0,2 auf -0,3, feststellt, wird der Integrierer während dieses Vorgangs in Betriebsart Nachführen stets den gleichen Wert annehmen wie die Regeldifferenz, sprich das Ausgangssignal des Summierers 17. Der Ausgang des Summierers 19 ist stets null und der Gradientensensor damit bei einer Arbeitsverschiebung weg von der Pumpgrenze wirkungslos.

[0032] Bewegt sich dagegen der Arbeitspunkt in Richtung Pumpgrenze, das heißt ändert sich die Regeldifferenz xd von -0,3 auf -0,1, erkennt der Differenzierer 36 die Richtungsänderung und schaltet den Integrierer in die Betriebsart Integrieren. Der Ausgang des Integrierers 32 folgt der Eingangsgröße mit der eingestellten Zeitkonstanten (z.B. 50 Sekunden). Hierdurch wird dem Addierer 18 transient eine positive Größe aufaddiert, die die gleiche Wirkung hat wie die beschriebene dynamische Regellinie.

[0033] Die volle Dynamik des Systems steht damit zur Verfügung, da der Gradientensensor bereits mit Beginn der Arbeitspunktverschiebung aus der xd = -0,3 Position heraus wirksam ist. Bei einem System nach dem Stand der Technik würde der Gradientensensor bei schnell aufeinander folgenden Vorgängen erst bei einer Regeldifferenz von -0,2 die Regellinie in Richtung weg von der Pumpgrenze verschieben. Bei kurzer Aufeinanderfolge beider Störungen würde die Bewegung weg von der Regellinie quasi ignoriert.

[0034] Die in den Fig. 4-7 darstellten Ausführungsvarianten des Gradientensensors 40 können auch bei der Ausführungsform gemäß Fig. 2 verwendet werden. Es braucht lediglich in der Anordnung gemäß Fig. 2 der aus dem Integrierer 32 und Summierer 30 bestehende Gradientensensor 40 durch einen der Gradientensensoren 40 gemäß Fig. 4-7 ersetzt zu werden. Von einer gesonderten zeichnerischen Darstellung und Beschreibung solcher Anordnungen wird hier abgesehen. Der Vorteil der Anordnung gemäß Fig. 2 gegenüber der gemäß Fig. 3 und ihren Varianten gemäß Fig. 4-7 liegt darin, dass nur ein Funktionsgeber 13 (Polygongenerator) für die Abbildung der stationären Regellinie erforderlich ist, während ein Funktionsgeber 41 für die dynamische Regellinie weggelassen wird und die dynamische Regellinie nur noch virtuell existiert, da sie jeweils als Abstand zwischen der stationären Regellinie und dem aktuellen Arbeitspunkt berechnet wird.


Ansprüche

1. Verfahren zum Regeln eines Turbokompressors zur Verhinderung des Pumpens,
bei dem ein Differenzsignal (xd) aus einem laufend erfassten Istwert einer Betriebsgröße des Kompressors (K) und einem von der Lage des Arbeitspunktes im Kennfeld abhängigen Sollwert erzeugt wird und aus dem Differenzsignal (xd) unter Verwendung eines Verzögerungsgliedes ein Eingangssignal für einen Regler (R) erhalten wird, der ein vom Kompressorauslass abzweigendes Ventil (24) steuert,
dadurch gekennzeichnet, dass das Differenzsignal (xd) in Abhängigkeit von seiner Änderungsrichtung (Zunahme oder Abnahme) mit unterschiedlichen Zeitkonstanten verzögert wird derart, dass der Regler (R) auf Arbeitspunktverschiebungen in Richtung zur Pumpgrenzlinie langsamer und auf Arbeitspunktverschiebungen in entgegengesetzter Richtung schneller reagiert.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Differenzsignal einmal über das Verzögerungsglied und einmal unverzögert einer Subtrahierstelle (19) zugeführt wird, von der das Eingangssignal für den Regler (R) abgenommen wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Verzögerung des Verzögerungsgliedes bei von der Pumpgrenzlinie weg gerichteten Arbeitspunktverschiebungen im Wesentlichen oder nahezu Null ist.
 
4. Einrichtung zum Regeln eines Turbokompressors zur Verhinderung des Pumpens, mit Messgebern (3,5) zur Erfassung des Istwertes einer oder mehrerer für den Arbeitspunkt des Kompressors (K) charakteristischer Betriebsgrößen, einem Sollwertgeber (13) mit vorgegebenem Verlauf und einer Regellinie (A) im Kompressorkennfeld, einem Differenzglied (17) zum Erzeugen eines Differenzsignals (xd) aus Sollwert und Istwert, einem Regler (R), der ein Stellsignal für ein Ventil (27) am Kompressorauslass erzeugt, und einer mit dem Differenzsignal (xd) beaufschlagten, ein Verzögerungsglied (23) enthaltenden Schaltung zur Erzeugung des Eingangssignals für den Regler (R),
dadurch gekennzeichnet, dass das Verzögerungsglied (23) ein asymmetrisches Verzögerungsglied ist, dessen Verzögerung bei einer Änderung des Differenzsignals (xd), die einer Verschiebung des Arbeitspunktes in Richtung zur Pumpgrenzlinie (G) entspricht, größer ist als bei einer Änderung des Differenzsignals (xd) in entgegengesetzter Richtung.
 
5. Einrichtung zum Regeln eines Turbokompressors zur Verhinderung des Pumpens, mit Messgebern (3,5) zur Erfassung des Istwertes einer oder mehrerer für den Arbeitspunkt des Kompressors (K) charakteristischer Betriebsgrößen, einem Sollwertgeber (13) mit vorgegebenem Verlauf und einer Regellinie (A) im Kompressorkennfeld, einem Differenzglied (17) zum Erzeugen eines Differenzsignals (xd) aus Sollwert und Istwert, einem Regler (R), der ein Stellsignal für ein Ventil (27) am Kompressorauslass erzeugt,
dadurch gekennzeichnet, dass sie einen Gradientensensor (40) enthält, der die Größe und Richtung der Änderung des Differenzsignals (xd) erfasst, und dass das Ausgangssignal des Gradientensensors (40) einen Funktionsgeber (41) steuert, in welchem eine dynamische Regellinie gespeichert ist, wobei die Summe aus dem Ausgangssignal des Funktionsgebers (41) und dem Istwert des Kompressordurchsatzes (V) dem Regler (R) als Eingangssignal zugeführt ist.
 




Zeichnung