(19)
(11) EP 1 126 058 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.08.2001  Patentblatt  2001/34

(21) Anmeldenummer: 00108205.6

(22) Anmeldetag:  14.04.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7D01H 4/50, D01H 4/52
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 17.02.2000 EP 00103190

(71) Anmelder: Schärer Schweiter Mettler AG
8812 Horgen (CH)

(72) Erfinder:
  • Schaad, Marc
    5600 Lenzburg (CH)
  • Kornmann, Ewald
    8810 Horgen (CH)

(74) Vertreter: Dittrich, Horst, Dr. 
Siemens Building Technologies AG, Cerberus Division, Alte Landstrasse 411
8708 Männedorf
8708 Männedorf (CH)

   


(54) Vorrichtung zum Antreiben rotierbarer Organe einer OE-Spinnmaschine


(57) Auf einer OE-Spinnmaschine sind bestimmte rotierbare Organe, insbesondere Spulen (7) und/oder im Fadenlauf zwischen der Spinneinheit und der Spulstelle angeordnete Abzugswalzen durch einen motorischen Einzelantrieb (2) angetrieben. Dabei kann der Antrieb der Abzugswalzen auch gruppenweise erfolgen, wobei eine Gruppe mit einem gemeinsamen Antrieb jeweils nur einen kleinen Teil der Arbeitsstellen der Spinnmaschine umfasst. Der motorische Einzelantrieb (2) ist vorzugsweise durch einen Schrittmotor gebildet. Die Spulen (7) können direkt oder über eine Reibwalze (3) antreibbar sein.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung liegt auf dem Gebiet der Offenend-Spinnmaschinen (nachfolgend als OE-Spinnmaschinen bezeichnet). Diese weisen eine Vielzahl von Arbeitsstellen auf, welche im unteren Geschwindigkeitsbereich Fadengeschwindigkeiten bis rund 250 m/min (OE-Rotorspinnmaschinen) und im oberen Geschwindigkeitsbereich Fadengeschwindigkeiten bis rund 500 m/min (OE-Luftspinn- und OE-Friktionsspinnmaschinen) aufweisen. Die OE-Spinnmaschinen sind als sogenannte Längsteilmaschinen mit einem zentralen Antrieb und Antriebsstangen für die Arbeitsstellen ausgebildet. Jede Arbeitsstelle ist jeweils mit einer Spinneinheit und einer Spuleinrichtung ausgerüstet. In den Spinneinheiten wird das in Spinnkannen vorgelegte Faserband zu Fäden gesponnen, die auf den Spuleinrichtungen zu Kreuzspulen aufgewickelt werden. Zwischen jeder Spinneinheit und Spuleinrichtung sind Abzugswalzen angeordnet.

[0002] Bei einem Fadenbruch wird mittels einer sogenannten Fadenendvorbereitung das Fadenende für einen Ansetzvorgang vorbereitet. Damit der Ansetzer im gesponnenen Garn nicht als Fehler ersichtlich ist, muss dieser bei ähnlichen Bedingungen, d.h. bei ähnlicher Liefergeschwindigkeit, ähnlicher Garnfeinheit und ähnlicher Drehung, wie das normale Garn erzeugt werden. Üblicherweise liegt die Anspinngeschwindigkeit bei etwa 60% bis 80% der normalen Liefergeschwindigkeit. Damit der angesponnenene Faden während des Hochlaufs des Drallelements gleichbleibende Dicke und Drehung erhält, müssen Fasereinzug und Fadenabzug im gleichen Mass hochlaufen wie das drehzahlerzeugende Organ.

[0003] Die Beschleunigung der Garnspulen, insbesondere grosser Garnspulen mit einem entsprechenden Trägheitsmoment, stellt insbesondere bei hohen Liefergeschwindigkeiten hohe Anforderungen an den zugeordneten Antrieb. Bei einer in der DE-A-196 36 395 beschriebenen Anspinnvorrichtung wird bei der Behebung eines Fadenbruchs mittels eines die Spinnstellen versorgenden Anspinnwagens zunächst eine definierte Fadenlänge von der Auflaufspule abgewickelt und in einem zwischen der Fadenabzugseinrichtung und dem Wickelantrieb des Anspinnwagens angeordneten Fadenspeicher zwischengespeichert. Anschliessend wird durch den Wickelantrieb der Beschleunigungsvorgang der Anlaufspule so lange vor dem Anspinnzeitpunkt gestartet, dass die Auflaufspule zum Zeitpunkt des Beginns des Fadenabzugs bereits eine vorbestimmte Soll-Wickelgeschwindigkeit aufweist. Bei Erreichen dieser Soll-Wickelgeschwindigkeit ist dann der Fadenspeicher wieder geleert.

[0004] Bei dieser Vorrichtung müssen die einzelnen Abläufe genau übereinstimmen, da sonst bei Erreichen der Soll-Wickelgeschwindigkeit entweder der Fadenspeicher nicht vollständig geleert oder die im Fadenspeicher gespeicherte Fadenlänge nicht ausreichen würde, was beides einen Fadenbruch zur Folge hätte. Ausserdem muss im Fadenspeicher eine genau vorgegebene Luftströmung erzeugt werden, damit die gespeicherte Fadenlänge geordnet ablaufen kann und keine Schlaufen gebildet werden. Dazu kommt noch, dass für die sogenannte Rückspeisung, das ist ein kontrolliertes Abspulen zum Suchen des Fadenendes, ein zusätzlicher Antrieb notwendig ist.

[0005] Ausserdem ist es bei den bekannten Vorrichtungen in allen Fällen erforderlich, die Spule nach einem Fadenbruch durch einen Mechanismus, beispielsweise einen sogenannten Abhebemechanismus, von ihrem Antrieb zu entkoppeln, damit sie nach dem Fadenbruch nicht weiter angetrieben wird und rotiert. Denn dabei würde die Oberfläche der Spule verfilzen, was zu einer Qualitätsminderung führen würde, und es wäre auch die Suche nach dem Fadenende erheblich erschwert.

[0006] Die zwischen der Spinneinheit und der Spulstelle angeordneten Abzugswalzen sind ebenfalls von dem genannten zentralen Antrieb angetrieben. Hier besteht das Problem, dass die Kraftübertragung auf die einzelnen Arbeitspositionen durch lange Stangen nicht nur sehr aufwendig ist und erhebliche Ansprüche an das Aufstellen einer derartigen OE-Spinnmaschine stellt (Nivellierung des Bodens und dergleichen), sondern dass die Maschinen hinsichtlich des möglichen Spulenaufbaus sehr unflexibel sind.

[0007] Durch die Erfindung soll nun eine Vorrichtung zum Antreiben rotierbarer Organe einer OE-Spinnmaschine angegeben werden, welche sich durch einen einfachen mechanischen Aufbau und eine einfache Steuerung auszeichnet, und welche keinen Zusatzantrieb erfordert. Ausserdem soll eine mit einem solchen Antrieb ausgerüstete OE-Spinnmaschine einfach aufzustellen und im Spulenaufbau möglichst flexibel sein und es soll die Möglichkeit der individuellen Abstimmung der Drehzahl der rotierbaren Organe der einzelnen Arbeitsstellen oder Arbeitspositionen bestehen.

[0008] Die gestellte Aufgabe wird erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass für jedes der genannten Organe ein motorischer Einzelantrieb vorgesehen ist.

[0009] Eine erste bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung ist dadurch gekennzeichnet, dass die rotierbaren Organe durch direkt oder indirekt über Reibwalzen antreibbare Spulen gebildet sind.

[0010] Eine zweite bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung ist dadurch gekennzeichnet, dass die rotierbaren Organe durch im Fadenlauf zwischen der Spinneinheit und der Spulstelle angeordnete Abzugswalzen gebildet sind. Vorzugsweise ist bei beiden bevorzugten Ausführungsformen der Einzelmotor durch einen Schrittmotor gebildet.

[0011] Mit der erfindungsgemässen Lösung wird also für den Antrieb der Spulen und/oder der Abzugswalzen ein motorischer Einzelantrieb vorgeschlagen. Ein solcher Einzelantrieb hat beim Spulenantrieb den Vorteil, dass bei einem Fadenbruch die betreffende Spulstelle abgestellt und zum Anspinnen einfach wieder gestartet werden kann, ohne dass ein Fadenspeicher oder ein Abhebemechanismus erforderlich wäre. Ausserdem kann die Spule für die Rückspeisung ohne jeden zusätzlichen Antrieb rückwärts angetrieben werden.

[0012] Bei den Abzugswalzen hat der Einzelantrieb den Vorteil, dass eine einfache individuelle Abstimmung der Abzugsgeschwindigkeit möglich ist, dass die umständlichen langen Antriebsstangen wegfallen, und dass die betreffenden OE-Spinnmaschinen ohne Zusatzaufwand aufgestellt werden können.

[0013] Eine dritte bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung ist dadurch gekennzeichnet, dass jeweils für eine Gruppe von Abzugswalzen ein Einzelantrieb vorgesehen ist, wobei eine solche Gruppe mit einem gemeinsamen Antrieb jeweils nur einen kleinen Teil der Arbeitsstellen der Spinnmaschine umfasst.

[0014] Eine vierte bevorzugte Ausführungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass beim Spulenantrieb durch eine Reibwalze in der Beschleunigungsphase beim Anspinnen eine Erhöhung des Anpressdrucks zwischen Spule und Reibwalze erfolgt.

[0015] Eine weitere bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Reibwalze eine für eine maximale Kraftübertragung geeignete Oberflächenbeschaffenheit und/oder Oberflächenstruktur aufweist.

[0016] Im folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen und der Zeichnungen näher erläutert; es zeigt:
Fig.1
eine schematische Darstellung einer Spulstelle einer OE-Spinnmaschine,
Fig. 2
eines schematische Darstellung eines Fadenspanners; und
Fig. 3a-3d
Diagramme zur Funktionserläuterung.


[0017] Die in Fig. 1 dargestellte Spulstelle einer OE-Spinnmaschine ist als autonomes Spulkopfmodul mit Einzelantrieben für die herzustellende Spule und die Fadenverlegung ausgebildet. Das Spulkopfmodul besteht darstellungsgemäss aus einem abgewinkelten Träger 1, auf dem im wesentlichen ein Antrieb 2 für eine Reibwalze 3, ein Antrieb 4 für einen Fadenverlegehebel 5 und eine Spulkopfsteuerung 6 angeordnet sind. Die Spulkopfsteuerung 6 ist an eine nicht dargestellte Stromversorgung angeschlossen. Dieses Spulkopfmodul bildet eine kompakte Baueinheit, die auf der vorgesehenen Textilmaschine, beispielsweise einer OE-Spinnmaschine einfach montiert werden kann. Der Träger 1 kann so ausgebildet sein, dass er neben seiner Funktion als Träger der einzelnen Teile des Spulkopfmoduls zusätzliche Funktionen, wie beispielsweise Kühlung, übernimmt.

[0018] Die Reibwalze 3 ist für den kraftschlüssigen Antrieb einer Spule 7 vorgesehen, welche zu diesem Zweck am Mantel der Reibwalze 3 aufliegt. Der Reibwalzenantrieb 2 ist vorzugsweise so ausgebildet, dass sein Motor in den Hohlkörper der Reibwalze 3 integriert und die Reibwalze auf der Motorwelle fixiert ist, was zu einer sehr kompakten Länge des Systems Reibwalzenantrieb + Reibwalze führt. Ausserdem ist für die Reibwalze 3 wegen deren Fixierung auf der Motorwelle keine eigene Lagerung erforderlich, was zu einer Einsparung von Kosten führt. Ein weiterer Vorteil dieser Bauweise liegt darin, dass die Reibwalze 3 wegen der freien Zugänglichkeit des Spulkopfmoduls von der einen, darstellungsgemäss der rechten, Seite einfach zu montieren ist. Der Motor des Reibwalzenantriebs 2 ist vorzugsweise ein Schrittmotor.

[0019] Grundsätzlich kann für den Antrieb der Spule 7 anstatt der Reibwalze 3 eine motorisch angetriebene Spindel verwendet werden, auf welche die Spule aufgesteckt wird. Ein solcher Direktantrieb ist bei hohen und sehr hohen Spulgeschwindigkeiten vorteilhaft, wogegen bei tieferen Spulgeschwindigkeiten, wie sie beispielsweise auf Rotorspinnmaschinen die Regel sind, die Vorteile des Reibwalzenantriebs überwiegen. Diese Vorteile bestehen hauptsächlich in tieferen Kosten und darin, dass bei der Reibwalze das Massenträgheitsverhältnis von Antrieb zu Spule wesentlich kleiner ist als beim Direktantrieb, so dass Motoren kleinerer Leistung eingesetzt werden können. Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch die Verwendung eines Schrittmotors für den Reibwalzenantrieb, weil der Schrittmotor gegenüber einem bürstenlosen Asynchronmotor bei tieferen Drehzahlen ein wesentlich höheres Drehmoment aufweist.

[0020] Bei der Dimensionierung der Reibwalze ist darauf zu achten, dass deren Durchmesser möglichst klein gehalten wird. Denn dann besteht zwischen Reibwalze 3 und Spule 7 eine Untersetzung, was sich auf das auf den Motor der Reibwalzenantriebs 2 wirkende Trägheitsmoment günstig auswirkt. Dem Reibwalzenantrieb 2 und der Spule 7 ist je ein Drehzahlsensor 8 bzw. 9 zugeordnet. Beide Drehzahlsensoren 8 und 9 sind an die Spulkopfsteuerung 6 angeschlossen und liefern dieser die aktuellen Drehzahldaten, aus denen unter anderem die Fadenlänge und der Spulendurchmesser berechnet werden. Letzteres ist insbesondere für die Realisierung von vom Spulendurchmesser abhängigen Wickelgesetzen (wilde Wicklung, Präzisionswicklung, Stufenpräzisionswicklung) erforderlich.

[0021] Der Fadenverlegehebel 5 sitzt auf einer Drehachse 10 und weist an seinem von der Drehachse 10 entfernten Ende einen Fadenführungsschlitz 11 auf. Der aufzuspulende Faden (nicht eingezeichnet) läuft von einer Vorratsspule oder von einem Herstellungs- oder Bearbeitungsprozess über eine eine Steuerkurve bildende Bogenplatte 12, die in der Zeichnung durch ihre Kontur angedeutet ist, durch den Fadenführungsschlitz 11 zur Spule 7. Die gegenseitige Lage von Fadenverlegehebel 5 und Bogenplatte 12 und die Länge des Fadenführungsschlitzes sind so gewählt, dass der Faden bei der Bewegung des Fadenverlegehebels 5 den Grund des Fadenführungsschlitzes 11 nicht berührt. Dadurch ist gewährleistet, dass der Fadenverlauf von der Bogenplatte 12 bis zur Spule 7 immer die gleiche, vom Durchmesser der Spule unabhängige, Geometrie aufweist. Anstatt der Bogenplatte 12 kann auch eine gerade Führungsschiene verwendet werden.

[0022] Der Fadenverlegehebel 5 führt im Betrieb eine oszillierende, hin- und hergehende, Bewegung aus und bewegt sich dabei nach den Gesetzmässigkeiten der Fadenaufwicklung innerhalb eines Schwenkwinkels von etwa 30° bis 60°. Die den Fadenverlegehebel 5 tragende Drehachse 10 ist in den Innenraum eines staubdicht verschlossenen Gehäuses (nicht dargestellt) geführt, in welchem auf der Drehachse ein verzahntes Winkelsegment 13 sitzt, welches über ein Zahnpulli 14 des Verlegeantriebs 4 angetrieben ist. Der Motor des Verlegeantriebs 4 ist vorzugsweise durch einen Schrittmotor gebildet. Bezüglich des staubdicht verschlossenen Gehäuses wird auf die europäische Patentanmeldung Nr. 99 107 229.9 verwiesen.

[0023] Das Winkelsegment 13 und das Zahnpulli 14 weisen verschiedene Durchmesser auf, so dass zwischen dem auf der Motorachse montierten Zahnpulli 14 und dem Winkelsegment 13 ein Untersetzungsverhältnis zwischen i=2 und i=20 besteht. Dadurch wirken die Massenträgheitsmomente, die zum grössten Teil durch den Fadenverlegehebel 5 verursacht sind, auf die Motorwelle nur noch mit einem Faktor 1/i2 und es kann ein kostengünstiger Antriebsmotor mit relativ geringer Leistung eingesetzt werden. Gleichzeitig verbessert sich bei Verwendung eines Schrittmotors für den Verlegeantrieb 4 die inkrementale Bewegung (Auflösegenauigkeit) des Fadenverlegehebels 5 um den Untersetzungsfaktor i.

[0024] Mit dem Bezugszeichen 15 ist ein mechanischer Anschlag für den Fadenverlegehebel 5 bezeichnet, der als Referenzpunkt für die Position des Fadenverlegehebels 5 dient. Dieser Referenzpunkt definiert die Ausgangsstellung des Fadenverlegehebels 5, relativ zu der die für den jeweiligen Hub erforderlichen Schritte des durch einen Schrittmotor gebildeten Motors des Verlegeantriebs 4 definiert werden. Eine Referenzierung muss bei jeder neuen Inbetriebnahme des Spulkopfmoduls vorgenommen werden, ebenso immer dann, wenn das Verlegeaggregat stromlos war oder der Schrittmotor seine Position verloren hat.

[0025] Als Option kann das Spulkopfmodul mit einem den Durchgang des Fadenverlegehebels 5 durch die Hubmitte detektierenden Sensor ergänzt werden (siehe EP-A-0 453 622), um die Länge des Hubs von der Hubmitte bis zu den Umkehrpunkten zu überwachen und eine Korrektur allfälliger Fehler in der Hubbewegung zu ermöglichen. Dieser Sensor kann beispielsweise durch einen auf dem Winkelsegment 13 angeordneten magnetischen Geber und einen diesem zugeordneten, ortsfesten Abtaster gebildet sein. Bei Verwendung eines Schrittmotors ist aber eine derartige Überwachung nicht erforderlich, weil höchstens Schritte verloren gehen können, der programmierte Hub also nicht ganz erreicht würde. Wenn auf eine Korrektur solcher Fehler verzichtet wird, kann das System im Open-Loop-Modus betrieben werden. Das bedeutet, dass das System als kostengünstige Steuerung und nicht als wesentlich teureres rückgekoppeltes Regelsystem ausgeführt ist.

[0026] Mit ein Grund für die Möglichkeit, das System im Open-Loop-Modus betreiben zu können, ist die beschriebene Reduktion des auf die Motorwelle wirkenden Trägheitsmoments. Denn diese Reduktion hat zur Folge, dass die Fadenverlegung rein mechanisch sehr robust ist, so dass in der Regel die programmierten Hublängen auch eingehalten werden und keine Abweichungen auftreten. Erst bei Aggregaten für höhere und höchste Geschwindigkeiten empfiehlt es sich, das System als rückgekoppeltes Regelsystem auszuführen. In diesem Fall ist es vorteilhaft, auf der Motorwelle des Motors des Antriebs 4 einen Winkelsensor vorzusehen, um anhand der Winkelposition der Motorwelle die Hubposition des Fadenverlegehebels 5 zu bestimmen und bei Abweichungen zwischen Ist- und Sollwert den Motor entsprechend nachzuregeln. Für noch höhere Geschwindigkeiten können Energiespeicher zur Beeinflussung der Verzögerung und Beschleunigung des Fadenverlegehebels 5 bei seiner Bewegungsumkehr vorgesehen sein. Bezüglich derartiger Energiespeicher wird auf die EP-A-0 838 422 verwiesen.

[0027] Das Winkelsegment 13 kann als Zahnradsegment ausgebildet sein und mit dem Zahnpulli 14 in direktem Eingriff stehen. Aus Verschleiss- und Dämpfungsgründen ist es jedoch vorteilhaft, das Winkelsegment 13 nicht zu verzahnen, sondern mit einem Zahnriemen zu bestücken, der mit dem Zahnpulli 14 in Eingriff steht. Vorzugsweise ist der Zahnriemen nicht endlos sondern als Riemenstück ausgebildet, dessen Enden am Winkelsegment 13 befestigt sind. Bei sehr wenigen Doppelhüben des Fadenverlegehebels 5 pro Minute, was beispielsweise bei Parallelspulern der Fall ist, kann auch ein direkt verzahntes Winkelsegment 13 verwendet werden.

[0028] Die Geschwindigkeit des Schrittmotors des Verlegeantriebs 4 wird von der Spulkopfsteuerung 6 über den Hub derart verändert, dass eine konstante Fadengeschwindigkeit parallel zur Achse der Spule 7 auch dann resultiert, wenn der Fadenverlegehebel 5 mit seinem mit dem Fadenführungsschlitz 11 versehenen Ende eine Kreisbahn beschreibt. Die Geometrie der Bogenplatte 12 kann so gewählt werden, dass bei konstanter Drehzahl des Fadenverlegeantriebs 4 eine konstante Geschwindigkeitskomponente des Fadens parallel zur Spulenachse resultiert.

[0029] Der Verlegeantrieb 4 kann auch ausserhalb des staubdichten Gehäuses angeordnet sein. Zu diesem Zweck würde die Welle des Zahnpullis 14 eine Gehäusewand durchstossen, wobei die Durchtrittsöffnung mit einem O-Ring abgedichtet wäre. Die Anordnung des Verlegeantriebs 4 ausserhalb des Gehäuses hat den Vorteil, dass die Motorwärme besser abgeführt werden kann. Auch die Steuerelektronik kann ausserhalb des Gehäuses angeordnet sein, wobei der Sensor für den Durchgang des Fadenverlegehebels 5 durch die Hubmitte durch die Gehäusewand wirkt, was bei Wahl eines geeigneten Sensors, beispielsweise eines Hall-Effekt-Sensors, und eines Kunststoffgehäuses kein Problem ist. Die Spulkopfmodule der OE-Spinnmaschine sind über einen Bus 16 an eine Bus-Steuerung 17 angeschlossen, welche die Schnittstelle zwischen den Spulkopfsteuerungen 6 und einem Leitrechner bildet. Die Bus-Steuerung 17 weist ein oder mehrere Bedien-Terminals 18 zur Ein- und Ausgabe von Daten auf.

[0030] Der Einsatz des beschriebenen Spulkopfmoduls mit der elektronisch gesteuerten Fadenverlegung zusammen mit der Reibwalze, wobei Fadenverlegung und Reibwalze individuell angetrieben sind, ermöglicht unter anderem:
  • Alle bekannten Wickelgesetze, wie wilde Wicklung mit Bildverhütung, Präzisionswicklung und Stufenpräzisionswicklung.
  • Eine höhere Spulendichte infolge von Präzisionswicklung (geschlossenes Windungsverhältnis) oder Stufenpräzisionswicklung (geschlossenes Windungsverhältnis).
  • Eine konstantere Spulendichte für Färbespulen durch Präzisionswicklung (offenes Windungsverhältnis) oder Stufenpräzisionswicklung (offenes Windungsverhältnis).
  • Einen in Grenzen frei wählbaren Spulenhub, insbesondere frei wählbare Spulenhöhe, Hubvariation (Reduzierung der Spulenkantenhärte), Hubverkürzung (Reduzierung von Fallfäden), Hubverlegung (Reduzierung der Spulenkantenhärte).
  • Eine frei wählbare Spulengeometrie (zylindrische, konische, bikonische Spulen).
  • Bildung einer Fadenreservewicklung.
  • Freie Positionierung einer Endwulstwicklung innerhalb der Spule.
  • Exakte Fadenlängenmessung.
  • Kompensation der Schlepplänge.


[0031] Ein weiterer Vorteil des Einzelantriebs der Spule 7 besteht darin, dass die Spule nach Erreichen des gewünschten Durchmessers oder der eingestellten Fadenlänge durch den Einzelantrieb garnschonend abgebremst wird und zum Abheben der Spule keine spezielle Zuzsatzmechanik erforderlich ist.

[0032] Die Spule 7 wird auf einer Spulenhülse aufgewickelt, die auf eine Spindel aufgesteckt ist, welche ihrerseits auf einem mit dem Maschinengestell drehbar verbundenen Hebelarm verbunden ist. Zur Aufrechterhaltung eines konstanten Anpressdrucks zwischen Spule 7 und Reibwalze 3 sind zwischen dem Spulkopfmodul und dem genannten Hebelarm wirkende Anpressmittel (nicht dargestellt) vorgesehen. Die Anpressmittel können so ausgebildet sein, dass zur Minimierung der Dauer der Beschleunigungsphase während der Beschleunig beim Anspinnen der Anpressdruck der Spule 7 auf die Reibwalze 3 erhöht und dadurch die Kraftübertragung verbessert wird. Alternativ oder zusätzlich kann eine Verbesserung der Kraftübertragung durch entsprechende Wahl und Ausbildung der Oberfläche der Reibwalze 3 erfolgen, indem diese beispielsweise eine geriffelte oder mit Längsrinnen versehene oder eventuell eine gewindeähnliche Struktur aufweist.

[0033] Damit nach einem Ansetzvorgang der Faden mit konstanter Spannung aufgewickelt wird, kann gemäss Fig. 2 ein Fadenspanner vorgesehen sein. Dieser ist durch eine quer zum Faden F verstellbare Walze 19 gebildet, welche zwischen den im Fadenlauf nach der Spinneinheit vorgesehenen Abzugswalzen 20 und einer unmittelbar vor dem Fadenverlegehebel 5 angeordneten Fadenführer 21 (siehe Bogenplatte 12, Fig. 1) angeordnet ist. Der Fadenspanner 19 befindet sich während des Spinnprozesses in der gestrichelt eingezeichneten Schwenkstellung ausserhalb der Bahn des Fadens F und wird beim Ansetzen in die mit vollen Linien eingezeichnete Stellung geschwenkt.

[0034] Der in Zusammenhang mit dem Antrieb der Reibwalze 3 des Spulkopfmoduls (Fig. 1) beschriebene Einzelantrieb kann auch bei den Abzugswalzen 20 eingesetzt werden, die bisher für die gesamte Spinnmaschine von einem zentralen Antrieb durch lange Stangen angetrieben sind. Dieser Einzelantrieb, der im wesentlichen dem Antrieb 2 der Reibwalze 3 des Spulkopfmoduls entspricht, ist vorzugsweise ebenfalls durch einen Schrittmotor gebildet. Der Einzelantrieb der Abzugswalzen erhöht nicht nur die Flexibilität der OE-Spinnmaschine und vereinfacht deren Aufstellung, sondern er reduziert auch die Anzahl der Komponenten des Ansetzautomaten. Die Sollgeschwindigkeiten der Abzugswalzen sind von einem oder mehreren Bedienterminals 18 (Fig. 1) einzeln oder gemeinsam vorgebbar. Entsprechend ist es auch möglich, die Abzugswalzen nicht einzeln sondern gruppenweise anzutreiben, wobei gruppenweise bedeutet, dass die Anzahl der von einem gemeinsamen Antrieb angetriebenen Abzugswalzen deutlich kleiner ist als die Anzahl der Abzugswalzen pro Maschinenseite.

[0035] Der in Fig. 2 dargestellte Fadenspanner ist von der Art, wie er bei heutigen OE-Rotorspinnmaschinen zur Fadenlängenkompensation bei der Herstellung konischer Spulen verwendet wird. Bei solchen Spulen, die beispielsweise in der Strickerei und Wirkerei verbreitet eingesetzt werden, muss für einen Fadenlängenausgleich gesorgt werden, da in Abhängigkeit von Spulenteilung, Konizität und Fadenführerposition unterschiedlich viel Garn pro Umdrehung benötigt wird. Der Garnlauf wird durch einen oszillierend antreibbaren Fadenführer geregelt, der durch eine Feder oder durch Gewichtskraft vorgespannt ist oder durch einen motorischen Antrieb gesteuert bewegt wird. Eine andere Möglichkeit besteht in der Verwendung von Schablonen, die durch ihre Form den Garnweg verlängern oder verkürzen. Durch diese Schablonen ist aber die Spulenform vorgegeben, so dass bei einem Wechsel der Konizität eine mechanische Umrüstung der Maschine erfolgen muss.

[0036] Während der in Fig. 2 dargestellte Fadenspanner den Faden nur beim Ansetzen und damit relativ selten kontaktiert, wird bei der Herstellung konischer Spulen der Faden ständig an dem genannten Fadenführer umgelenkt. Abgesehen von dem für die Verstellung des Fadenführers erforderlichen mechanischen und elektrischen Aufwand, hat diese permanente Umlenkung des Fadens zur Folge, dass der Faden durch den unterschiedlichen Umschlingungswinkel am Fadenführer mit entsprechend unterschiedlicher Fadenspannung auf die Spule aufgewickelt wird. Diese unterschiedliche Fadenspannung verursacht eine inhomogene Dichteverteilung der Spule, was bei der Weiterverarbeitung zu Problemen führen kann.

[0037] Mit dem in Fig. 1 dargestellten Spulkopfmodul kann die Kompensation der Fadenlänge bei der Herstellung konischer Spulen auf einfache Art gelöst werden, indem die Drehzahl der Spule in Abhängigkeit von der momentanen Position des Fadenverlegehebels variabel gehalten wird. Fig. 3a zeigt eine leere Hülse mit den ersten Garnlagen, Fig. 3b eine konische Spule, wobei als Verlegeart eine Wilde Wicklung angedeutet ist, und die Fig. 3c und 3d zeigen mögliche Drehzahlverläufe. In Fig. 3c bezeichnet die x-Achse die mittlere und die Kurve K die effektive Drehzahl einer leeren Spule zu Beginn einer Spulenreise. In Fig. 3d bezeichnet die x-Achse die mittlere und die Kurve K' die effektive Drehzahl einer vollen Spule, bei Stufen- und Stufenpräzisionswicklung.

[0038] Das Spulkopfmodul benötigt weder eine mechanische Fadenlängenkompensation noch eine Schablone; die unterschiedliche Fadenlänge pro Spulenumdrehung wird vielmehr durch eine entsprechende Variation der Drehzahl der Spule 7 ausgeglichen, so dass die Fadenspannung immer innerhalb gewisser Grenzen liegt. Die Variation der Drehzahl der Spule 7 und damit der Drehzahl des Antriebs 2 der Reibwalze 3 erfolgt in Abhängigkeit von der momentanen Position des Fadenverlegehebels 5. Die Drehzahl der Spule 7 wird mit dem Drehzahlsensor 9 kontrolliert und eventuelle Unterschiede zwischen der gemessenen Drehzahl und deren Sollwert werden über die Steuerung 6 ausgeregelt. Wenn kein Sensor 9 für die Drehzahl der Spule 7 vorhanden ist, dann kann für die Drehzahl der Spulendurchmesser ausgewertet werden. Die Regelung des Antriebs 2 der Reibwalze 3 kann entweder elektronisch oder über die Stromversorgung des Antriebsmotors erfolgen.

[0039] Die beschriebene Fadenlängenkompensation durch Variation der Spulendrehzahl ist nicht auf OE-Spinnmasachinen beschränkt, sondern kann auch bei anderen Textilmaschinen, wie beispielsweise Spulmaschinen, Zwirnmaschinen, Fachmaschinen oder Sengmaschinen, angewendet werden. Ebenso kann das in Fig. 1 dargestellte Spulkopfmodul auch auf anderen Textilmaschinen, wie beispielsweise Spulmaschinen oder Zwirnmaschinen, eingesetzt werden.


Ansprüche

1. Vorrichtung zum Antreiben rotierbarer Organe (7, 20) einer OE-Spinnmaschine, dadurch gekennzeichnet, dass für jedes der genannten Organe ein motorischer Einzelantrieb (2) vorgesehen ist.
 
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der motorische Einzelantrieb (2) durch einen Schrittmotor gebildet ist.
 
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die rotierbaren Organe durch direkt oder indirekt über Reibwalzen (3) antreibbare Spulen (7) gebildet sind.
 
4. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die rotierbaren Organe durch im Fadenlauf zwischen der Spinneinheit und der Spulstelle angeordnete Abzugswalzen (20) gebildet sind.
 
5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass jeweils für eine Gruppe von Abzugswalzen (20) ein Einzelantrieb vorgesehen ist, wobei eine solche Gruppe mit einem gemeinsamen Antrieb jeweils nur einen kleinen Teil der Arbeitsstellen der Spinnmaschine umfasst.
 
6. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass beim Spulenantrieb durch eine Reibwalze (3) in der Beschleunigungsphase beim Anspinnen eine Erhöhung des Anpressdrucks zwischen Spule (7) und Reibwalze (3) erfolgt.
 
7. Vorrichtung nach Anspruch 3 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Reibwalze (3) eine für eine maximale Kraftübertragung geeignete Oberflächenbeschaffenheit und/oder Oberflächenstruktur aufweist.
 
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3, 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Durchmesser der Reibwalze (3) so gewählt ist, dass für den motorischen Einzelantrieb (2) eine möglichst optimale Kombination von Drehzahl und erforderlichem Moment erzielt wird.
 
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3, 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass bei Erreichen des gewünschten Spulendurchmessers oder der gewünschten aufgespulten Fadenlänge eine Abbremsung der Spule (7) durch den motorischen Einzelantrieb (2) erfolgt.
 
10. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Drehrichtung des motorischen Einzelantriebs (2) wählbar ist.
 
11. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Drehzahl der Spule (7) in Abhängigkeit von der Fadenspannung geregelt ist.
 
12. Vorrichtung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Fadenspannung anhand der momentanen Position des Fadenverlegehebels (5) bestimmt und die Drehzahl der Spule (7) über die Speisung des Antriebsmotors oder durch eine elektronische Steuerung (6) geregelt wird.
 
13. Vorrichtung nach Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, dass ein Sensor (9) für die Überwachung der Drehzahl und/oder die Berechnung des Durchmessers der Spule (7) vorgesehen ist.
 




Zeichnung