[0001] Die Erfindung liegt auf dem Gebiet der Offenend-Spinnmaschinen (nachfolgend als OE-Spinnmaschinen
bezeichnet). Diese weisen eine Vielzahl von Arbeitsstellen auf, welche im unteren
Geschwindigkeitsbereich Fadengeschwindigkeiten bis rund 250 m/min (OE-Rotorspinnmaschinen)
und im oberen Geschwindigkeitsbereich Fadengeschwindigkeiten bis rund 500 m/min (OE-Luftspinn-
und OE-Friktionsspinnmaschinen) aufweisen. Die OE-Spinnmaschinen sind als sogenannte
Längsteilmaschinen mit einem zentralen Antrieb und Antriebsstangen für die Arbeitsstellen
ausgebildet. Jede Arbeitsstelle ist jeweils mit einer Spinneinheit und einer Spuleinrichtung
ausgerüstet. In den Spinneinheiten wird das in Spinnkannen vorgelegte Faserband zu
Fäden gesponnen, die auf den Spuleinrichtungen zu Kreuzspulen aufgewickelt werden.
Zwischen jeder Spinneinheit und Spuleinrichtung sind Abzugswalzen angeordnet.
[0002] Bei einem Fadenbruch wird mittels einer sogenannten Fadenendvorbereitung das Fadenende
für einen Ansetzvorgang vorbereitet. Damit der Ansetzer im gesponnenen Garn nicht
als Fehler ersichtlich ist, muss dieser bei ähnlichen Bedingungen, d.h. bei ähnlicher
Liefergeschwindigkeit, ähnlicher Garnfeinheit und ähnlicher Drehung, wie das normale
Garn erzeugt werden. Üblicherweise liegt die Anspinngeschwindigkeit bei etwa 60% bis
80% der normalen Liefergeschwindigkeit. Damit der angesponnenene Faden während des
Hochlaufs des Drallelements gleichbleibende Dicke und Drehung erhält, müssen Fasereinzug
und Fadenabzug im gleichen Mass hochlaufen wie das drehzahlerzeugende Organ.
[0003] Die Beschleunigung der Garnspulen, insbesondere grosser Garnspulen mit einem entsprechenden
Trägheitsmoment, stellt insbesondere bei hohen Liefergeschwindigkeiten hohe Anforderungen
an den zugeordneten Antrieb. Bei einer in der DE-A-196 36 395 beschriebenen Anspinnvorrichtung
wird bei der Behebung eines Fadenbruchs mittels eines die Spinnstellen versorgenden
Anspinnwagens zunächst eine definierte Fadenlänge von der Auflaufspule abgewickelt
und in einem zwischen der Fadenabzugseinrichtung und dem Wickelantrieb des Anspinnwagens
angeordneten Fadenspeicher zwischengespeichert. Anschliessend wird durch den Wickelantrieb
der Beschleunigungsvorgang der Anlaufspule so lange vor dem Anspinnzeitpunkt gestartet,
dass die Auflaufspule zum Zeitpunkt des Beginns des Fadenabzugs bereits eine vorbestimmte
Soll-Wickelgeschwindigkeit aufweist. Bei Erreichen dieser Soll-Wickelgeschwindigkeit
ist dann der Fadenspeicher wieder geleert.
[0004] Bei dieser Vorrichtung müssen die einzelnen Abläufe genau übereinstimmen, da sonst
bei Erreichen der Soll-Wickelgeschwindigkeit entweder der Fadenspeicher nicht vollständig
geleert oder die im Fadenspeicher gespeicherte Fadenlänge nicht ausreichen würde,
was beides einen Fadenbruch zur Folge hätte. Ausserdem muss im Fadenspeicher eine
genau vorgegebene Luftströmung erzeugt werden, damit die gespeicherte Fadenlänge geordnet
ablaufen kann und keine Schlaufen gebildet werden. Dazu kommt noch, dass für die sogenannte
Rückspeisung, das ist ein kontrolliertes Abspulen zum Suchen des Fadenendes, ein zusätzlicher
Antrieb notwendig ist.
[0005] Ausserdem ist es bei den bekannten Vorrichtungen in allen Fällen erforderlich, die
Spule nach einem Fadenbruch durch einen Mechanismus, beispielsweise einen sogenannten
Abhebemechanismus, von ihrem Antrieb zu entkoppeln, damit sie nach dem Fadenbruch
nicht weiter angetrieben wird und rotiert. Denn dabei würde die Oberfläche der Spule
verfilzen, was zu einer Qualitätsminderung führen würde, und es wäre auch die Suche
nach dem Fadenende erheblich erschwert.
[0006] Die zwischen der Spinneinheit und der Spulstelle angeordneten Abzugswalzen sind ebenfalls
von dem genannten zentralen Antrieb angetrieben. Hier besteht das Problem, dass die
Kraftübertragung auf die einzelnen Arbeitspositionen durch lange Stangen nicht nur
sehr aufwendig ist und erhebliche Ansprüche an das Aufstellen einer derartigen OE-Spinnmaschine
stellt (Nivellierung des Bodens und dergleichen), sondern dass die Maschinen hinsichtlich
des möglichen Spulenaufbaus sehr unflexibel sind.
[0007] Durch die Erfindung soll nun eine Vorrichtung zum Antreiben rotierbarer Organe einer
OE-Spinnmaschine angegeben werden, welche sich durch einen einfachen mechanischen
Aufbau und eine einfache Steuerung auszeichnet, und welche keinen Zusatzantrieb erfordert.
Ausserdem soll eine mit einem solchen Antrieb ausgerüstete OE-Spinnmaschine einfach
aufzustellen und im Spulenaufbau möglichst flexibel sein und es soll die Möglichkeit
der individuellen Abstimmung der Drehzahl der rotierbaren Organe der einzelnen Arbeitsstellen
oder Arbeitspositionen bestehen.
[0008] Die gestellte Aufgabe wird erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass für jedes der genannten
Organe ein motorischer Einzelantrieb vorgesehen ist.
[0009] Eine erste bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung ist dadurch
gekennzeichnet, dass die rotierbaren Organe durch direkt oder indirekt über Reibwalzen
antreibbare Spulen gebildet sind.
[0010] Eine zweite bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung ist dadurch
gekennzeichnet, dass die rotierbaren Organe durch im Fadenlauf zwischen der Spinneinheit
und der Spulstelle angeordnete Abzugswalzen gebildet sind. Vorzugsweise ist bei beiden
bevorzugten Ausführungsformen der Einzelmotor durch einen Schrittmotor gebildet.
[0011] Mit der erfindungsgemässen Lösung wird also für den Antrieb der Spulen und/oder der
Abzugswalzen ein motorischer Einzelantrieb vorgeschlagen. Ein solcher Einzelantrieb
hat beim Spulenantrieb den Vorteil, dass bei einem Fadenbruch die betreffende Spulstelle
abgestellt und zum Anspinnen einfach wieder gestartet werden kann, ohne dass ein Fadenspeicher
oder ein Abhebemechanismus erforderlich wäre. Ausserdem kann die Spule für die Rückspeisung
ohne jeden zusätzlichen Antrieb rückwärts angetrieben werden.
[0012] Bei den Abzugswalzen hat der Einzelantrieb den Vorteil, dass eine einfache individuelle
Abstimmung der Abzugsgeschwindigkeit möglich ist, dass die umständlichen langen Antriebsstangen
wegfallen, und dass die betreffenden OE-Spinnmaschinen ohne Zusatzaufwand aufgestellt
werden können.
[0013] Eine dritte bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung ist dadurch
gekennzeichnet, dass jeweils für eine Gruppe von Abzugswalzen ein Einzelantrieb vorgesehen
ist, wobei eine solche Gruppe mit einem gemeinsamen Antrieb jeweils nur einen kleinen
Teil der Arbeitsstellen der Spinnmaschine umfasst.
[0014] Eine vierte bevorzugte Ausführungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass beim Spulenantrieb
durch eine Reibwalze in der Beschleunigungsphase beim Anspinnen eine Erhöhung des
Anpressdrucks zwischen Spule und Reibwalze erfolgt.
[0015] Eine weitere bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung ist dadurch
gekennzeichnet, dass die Reibwalze eine für eine maximale Kraftübertragung geeignete
Oberflächenbeschaffenheit und/oder Oberflächenstruktur aufweist.
[0016] Im folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen und der Zeichnungen
näher erläutert; es zeigt:
- Fig.1
- eine schematische Darstellung einer Spulstelle einer OE-Spinnmaschine,
- Fig. 2
- eines schematische Darstellung eines Fadenspanners; und
- Fig. 3a-3d
- Diagramme zur Funktionserläuterung.
[0017] Die in Fig. 1 dargestellte Spulstelle einer OE-Spinnmaschine ist als autonomes Spulkopfmodul
mit Einzelantrieben für die herzustellende Spule und die Fadenverlegung ausgebildet.
Das Spulkopfmodul besteht darstellungsgemäss aus einem abgewinkelten Träger 1, auf
dem im wesentlichen ein Antrieb 2 für eine Reibwalze 3, ein Antrieb 4 für einen Fadenverlegehebel
5 und eine Spulkopfsteuerung 6 angeordnet sind. Die Spulkopfsteuerung 6 ist an eine
nicht dargestellte Stromversorgung angeschlossen. Dieses Spulkopfmodul bildet eine
kompakte Baueinheit, die auf der vorgesehenen Textilmaschine, beispielsweise einer
OE-Spinnmaschine einfach montiert werden kann. Der Träger 1 kann so ausgebildet sein,
dass er neben seiner Funktion als Träger der einzelnen Teile des Spulkopfmoduls zusätzliche
Funktionen, wie beispielsweise Kühlung, übernimmt.
[0018] Die Reibwalze 3 ist für den kraftschlüssigen Antrieb einer Spule 7 vorgesehen, welche
zu diesem Zweck am Mantel der Reibwalze 3 aufliegt. Der Reibwalzenantrieb 2 ist vorzugsweise
so ausgebildet, dass sein Motor in den Hohlkörper der Reibwalze 3 integriert und die
Reibwalze auf der Motorwelle fixiert ist, was zu einer sehr kompakten Länge des Systems
Reibwalzenantrieb + Reibwalze führt. Ausserdem ist für die Reibwalze 3 wegen deren
Fixierung auf der Motorwelle keine eigene Lagerung erforderlich, was zu einer Einsparung
von Kosten führt. Ein weiterer Vorteil dieser Bauweise liegt darin, dass die Reibwalze
3 wegen der freien Zugänglichkeit des Spulkopfmoduls von der einen, darstellungsgemäss
der rechten, Seite einfach zu montieren ist. Der Motor des Reibwalzenantriebs 2 ist
vorzugsweise ein Schrittmotor.
[0019] Grundsätzlich kann für den Antrieb der Spule 7 anstatt der Reibwalze 3 eine motorisch
angetriebene Spindel verwendet werden, auf welche die Spule aufgesteckt wird. Ein
solcher Direktantrieb ist bei hohen und sehr hohen Spulgeschwindigkeiten vorteilhaft,
wogegen bei tieferen Spulgeschwindigkeiten, wie sie beispielsweise auf Rotorspinnmaschinen
die Regel sind, die Vorteile des Reibwalzenantriebs überwiegen. Diese Vorteile bestehen
hauptsächlich in tieferen Kosten und darin, dass bei der Reibwalze das Massenträgheitsverhältnis
von Antrieb zu Spule wesentlich kleiner ist als beim Direktantrieb, so dass Motoren
kleinerer Leistung eingesetzt werden können. Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch
die Verwendung eines Schrittmotors für den Reibwalzenantrieb, weil der Schrittmotor
gegenüber einem bürstenlosen Asynchronmotor bei tieferen Drehzahlen ein wesentlich
höheres Drehmoment aufweist.
[0020] Bei der Dimensionierung der Reibwalze ist darauf zu achten, dass deren Durchmesser
möglichst klein gehalten wird. Denn dann besteht zwischen Reibwalze 3 und Spule 7
eine Untersetzung, was sich auf das auf den Motor der Reibwalzenantriebs 2 wirkende
Trägheitsmoment günstig auswirkt. Dem Reibwalzenantrieb 2 und der Spule 7 ist je ein
Drehzahlsensor 8 bzw. 9 zugeordnet. Beide Drehzahlsensoren 8 und 9 sind an die Spulkopfsteuerung
6 angeschlossen und liefern dieser die aktuellen Drehzahldaten, aus denen unter anderem
die Fadenlänge und der Spulendurchmesser berechnet werden. Letzteres ist insbesondere
für die Realisierung von vom Spulendurchmesser abhängigen Wickelgesetzen (wilde Wicklung,
Präzisionswicklung, Stufenpräzisionswicklung) erforderlich.
[0021] Der Fadenverlegehebel 5 sitzt auf einer Drehachse 10 und weist an seinem von der
Drehachse 10 entfernten Ende einen Fadenführungsschlitz 11 auf. Der aufzuspulende
Faden (nicht eingezeichnet) läuft von einer Vorratsspule oder von einem Herstellungs-
oder Bearbeitungsprozess über eine eine Steuerkurve bildende Bogenplatte 12, die in
der Zeichnung durch ihre Kontur angedeutet ist, durch den Fadenführungsschlitz 11
zur Spule 7. Die gegenseitige Lage von Fadenverlegehebel 5 und Bogenplatte 12 und
die Länge des Fadenführungsschlitzes sind so gewählt, dass der Faden bei der Bewegung
des Fadenverlegehebels 5 den Grund des Fadenführungsschlitzes 11 nicht berührt. Dadurch
ist gewährleistet, dass der Fadenverlauf von der Bogenplatte 12 bis zur Spule 7 immer
die gleiche, vom Durchmesser der Spule unabhängige, Geometrie aufweist. Anstatt der
Bogenplatte 12 kann auch eine gerade Führungsschiene verwendet werden.
[0022] Der Fadenverlegehebel 5 führt im Betrieb eine oszillierende, hin- und hergehende,
Bewegung aus und bewegt sich dabei nach den Gesetzmässigkeiten der Fadenaufwicklung
innerhalb eines Schwenkwinkels von etwa 30° bis 60°. Die den Fadenverlegehebel 5 tragende
Drehachse 10 ist in den Innenraum eines staubdicht verschlossenen Gehäuses (nicht
dargestellt) geführt, in welchem auf der Drehachse ein verzahntes Winkelsegment 13
sitzt, welches über ein Zahnpulli 14 des Verlegeantriebs 4 angetrieben ist. Der Motor
des Verlegeantriebs 4 ist vorzugsweise durch einen Schrittmotor gebildet. Bezüglich
des staubdicht verschlossenen Gehäuses wird auf die europäische Patentanmeldung Nr.
99 107 229.9 verwiesen.
[0023] Das Winkelsegment 13 und das Zahnpulli 14 weisen verschiedene Durchmesser auf, so
dass zwischen dem auf der Motorachse montierten Zahnpulli 14 und dem Winkelsegment
13 ein Untersetzungsverhältnis zwischen i=2 und i=20 besteht. Dadurch wirken die Massenträgheitsmomente,
die zum grössten Teil durch den Fadenverlegehebel 5 verursacht sind, auf die Motorwelle
nur noch mit einem Faktor 1/i
2 und es kann ein kostengünstiger Antriebsmotor mit relativ geringer Leistung eingesetzt
werden. Gleichzeitig verbessert sich bei Verwendung eines Schrittmotors für den Verlegeantrieb
4 die inkrementale Bewegung (Auflösegenauigkeit) des Fadenverlegehebels 5 um den Untersetzungsfaktor
i.
[0024] Mit dem Bezugszeichen 15 ist ein mechanischer Anschlag für den Fadenverlegehebel
5 bezeichnet, der als Referenzpunkt für die Position des Fadenverlegehebels 5 dient.
Dieser Referenzpunkt definiert die Ausgangsstellung des Fadenverlegehebels 5, relativ
zu der die für den jeweiligen Hub erforderlichen Schritte des durch einen Schrittmotor
gebildeten Motors des Verlegeantriebs 4 definiert werden. Eine Referenzierung muss
bei jeder neuen Inbetriebnahme des Spulkopfmoduls vorgenommen werden, ebenso immer
dann, wenn das Verlegeaggregat stromlos war oder der Schrittmotor seine Position verloren
hat.
[0025] Als Option kann das Spulkopfmodul mit einem den Durchgang des Fadenverlegehebels
5 durch die Hubmitte detektierenden Sensor ergänzt werden (siehe EP-A-0 453 622),
um die Länge des Hubs von der Hubmitte bis zu den Umkehrpunkten zu überwachen und
eine Korrektur allfälliger Fehler in der Hubbewegung zu ermöglichen. Dieser Sensor
kann beispielsweise durch einen auf dem Winkelsegment 13 angeordneten magnetischen
Geber und einen diesem zugeordneten, ortsfesten Abtaster gebildet sein. Bei Verwendung
eines Schrittmotors ist aber eine derartige Überwachung nicht erforderlich, weil höchstens
Schritte verloren gehen können, der programmierte Hub also nicht ganz erreicht würde.
Wenn auf eine Korrektur solcher Fehler verzichtet wird, kann das System im Open-Loop-Modus
betrieben werden. Das bedeutet, dass das System als kostengünstige Steuerung und nicht
als wesentlich teureres rückgekoppeltes Regelsystem ausgeführt ist.
[0026] Mit ein Grund für die Möglichkeit, das System im Open-Loop-Modus betreiben zu können,
ist die beschriebene Reduktion des auf die Motorwelle wirkenden Trägheitsmoments.
Denn diese Reduktion hat zur Folge, dass die Fadenverlegung rein mechanisch sehr robust
ist, so dass in der Regel die programmierten Hublängen auch eingehalten werden und
keine Abweichungen auftreten. Erst bei Aggregaten für höhere und höchste Geschwindigkeiten
empfiehlt es sich, das System als rückgekoppeltes Regelsystem auszuführen. In diesem
Fall ist es vorteilhaft, auf der Motorwelle des Motors des Antriebs 4 einen Winkelsensor
vorzusehen, um anhand der Winkelposition der Motorwelle die Hubposition des Fadenverlegehebels
5 zu bestimmen und bei Abweichungen zwischen Ist- und Sollwert den Motor entsprechend
nachzuregeln. Für noch höhere Geschwindigkeiten können Energiespeicher zur Beeinflussung
der Verzögerung und Beschleunigung des Fadenverlegehebels 5 bei seiner Bewegungsumkehr
vorgesehen sein. Bezüglich derartiger Energiespeicher wird auf die EP-A-0 838 422
verwiesen.
[0027] Das Winkelsegment 13 kann als Zahnradsegment ausgebildet sein und mit dem Zahnpulli
14 in direktem Eingriff stehen. Aus Verschleiss- und Dämpfungsgründen ist es jedoch
vorteilhaft, das Winkelsegment 13 nicht zu verzahnen, sondern mit einem Zahnriemen
zu bestücken, der mit dem Zahnpulli 14 in Eingriff steht. Vorzugsweise ist der Zahnriemen
nicht endlos sondern als Riemenstück ausgebildet, dessen Enden am Winkelsegment 13
befestigt sind. Bei sehr wenigen Doppelhüben des Fadenverlegehebels 5 pro Minute,
was beispielsweise bei Parallelspulern der Fall ist, kann auch ein direkt verzahntes
Winkelsegment 13 verwendet werden.
[0028] Die Geschwindigkeit des Schrittmotors des Verlegeantriebs 4 wird von der Spulkopfsteuerung
6 über den Hub derart verändert, dass eine konstante Fadengeschwindigkeit parallel
zur Achse der Spule 7 auch dann resultiert, wenn der Fadenverlegehebel 5 mit seinem
mit dem Fadenführungsschlitz 11 versehenen Ende eine Kreisbahn beschreibt. Die Geometrie
der Bogenplatte 12 kann so gewählt werden, dass bei konstanter Drehzahl des Fadenverlegeantriebs
4 eine konstante Geschwindigkeitskomponente des Fadens parallel zur Spulenachse resultiert.
[0029] Der Verlegeantrieb 4 kann auch ausserhalb des staubdichten Gehäuses angeordnet sein.
Zu diesem Zweck würde die Welle des Zahnpullis 14 eine Gehäusewand durchstossen, wobei
die Durchtrittsöffnung mit einem O-Ring abgedichtet wäre. Die Anordnung des Verlegeantriebs
4 ausserhalb des Gehäuses hat den Vorteil, dass die Motorwärme besser abgeführt werden
kann. Auch die Steuerelektronik kann ausserhalb des Gehäuses angeordnet sein, wobei
der Sensor für den Durchgang des Fadenverlegehebels 5 durch die Hubmitte durch die
Gehäusewand wirkt, was bei Wahl eines geeigneten Sensors, beispielsweise eines Hall-Effekt-Sensors,
und eines Kunststoffgehäuses kein Problem ist. Die Spulkopfmodule der OE-Spinnmaschine
sind über einen Bus 16 an eine Bus-Steuerung 17 angeschlossen, welche die Schnittstelle
zwischen den Spulkopfsteuerungen 6 und einem Leitrechner bildet. Die Bus-Steuerung
17 weist ein oder mehrere Bedien-Terminals 18 zur Ein- und Ausgabe von Daten auf.
[0030] Der Einsatz des beschriebenen Spulkopfmoduls mit der elektronisch gesteuerten Fadenverlegung
zusammen mit der Reibwalze, wobei Fadenverlegung und Reibwalze individuell angetrieben
sind, ermöglicht unter anderem:
- Alle bekannten Wickelgesetze, wie wilde Wicklung mit Bildverhütung, Präzisionswicklung
und Stufenpräzisionswicklung.
- Eine höhere Spulendichte infolge von Präzisionswicklung (geschlossenes Windungsverhältnis)
oder Stufenpräzisionswicklung (geschlossenes Windungsverhältnis).
- Eine konstantere Spulendichte für Färbespulen durch Präzisionswicklung (offenes Windungsverhältnis)
oder Stufenpräzisionswicklung (offenes Windungsverhältnis).
- Einen in Grenzen frei wählbaren Spulenhub, insbesondere frei wählbare Spulenhöhe,
Hubvariation (Reduzierung der Spulenkantenhärte), Hubverkürzung (Reduzierung von Fallfäden),
Hubverlegung (Reduzierung der Spulenkantenhärte).
- Eine frei wählbare Spulengeometrie (zylindrische, konische, bikonische Spulen).
- Bildung einer Fadenreservewicklung.
- Freie Positionierung einer Endwulstwicklung innerhalb der Spule.
- Exakte Fadenlängenmessung.
- Kompensation der Schlepplänge.
[0031] Ein weiterer Vorteil des Einzelantriebs der Spule 7 besteht darin, dass die Spule
nach Erreichen des gewünschten Durchmessers oder der eingestellten Fadenlänge durch
den Einzelantrieb garnschonend abgebremst wird und zum Abheben der Spule keine spezielle
Zuzsatzmechanik erforderlich ist.
[0032] Die Spule 7 wird auf einer Spulenhülse aufgewickelt, die auf eine Spindel aufgesteckt
ist, welche ihrerseits auf einem mit dem Maschinengestell drehbar verbundenen Hebelarm
verbunden ist. Zur Aufrechterhaltung eines konstanten Anpressdrucks zwischen Spule
7 und Reibwalze 3 sind zwischen dem Spulkopfmodul und dem genannten Hebelarm wirkende
Anpressmittel (nicht dargestellt) vorgesehen. Die Anpressmittel können so ausgebildet
sein, dass zur Minimierung der Dauer der Beschleunigungsphase während der Beschleunig
beim Anspinnen der Anpressdruck der Spule 7 auf die Reibwalze 3 erhöht und dadurch
die Kraftübertragung verbessert wird. Alternativ oder zusätzlich kann eine Verbesserung
der Kraftübertragung durch entsprechende Wahl und Ausbildung der Oberfläche der Reibwalze
3 erfolgen, indem diese beispielsweise eine geriffelte oder mit Längsrinnen versehene
oder eventuell eine gewindeähnliche Struktur aufweist.
[0033] Damit nach einem Ansetzvorgang der Faden mit konstanter Spannung aufgewickelt wird,
kann gemäss Fig. 2 ein Fadenspanner vorgesehen sein. Dieser ist durch eine quer zum
Faden F verstellbare Walze 19 gebildet, welche zwischen den im Fadenlauf nach der
Spinneinheit vorgesehenen Abzugswalzen 20 und einer unmittelbar vor dem Fadenverlegehebel
5 angeordneten Fadenführer 21 (siehe Bogenplatte 12, Fig. 1) angeordnet ist. Der Fadenspanner
19 befindet sich während des Spinnprozesses in der gestrichelt eingezeichneten Schwenkstellung
ausserhalb der Bahn des Fadens F und wird beim Ansetzen in die mit vollen Linien eingezeichnete
Stellung geschwenkt.
[0034] Der in Zusammenhang mit dem Antrieb der Reibwalze 3 des Spulkopfmoduls (Fig. 1) beschriebene
Einzelantrieb kann auch bei den Abzugswalzen 20 eingesetzt werden, die bisher für
die gesamte Spinnmaschine von einem zentralen Antrieb durch lange Stangen angetrieben
sind. Dieser Einzelantrieb, der im wesentlichen dem Antrieb 2 der Reibwalze 3 des
Spulkopfmoduls entspricht, ist vorzugsweise ebenfalls durch einen Schrittmotor gebildet.
Der Einzelantrieb der Abzugswalzen erhöht nicht nur die Flexibilität der OE-Spinnmaschine
und vereinfacht deren Aufstellung, sondern er reduziert auch die Anzahl der Komponenten
des Ansetzautomaten. Die Sollgeschwindigkeiten der Abzugswalzen sind von einem oder
mehreren Bedienterminals 18 (Fig. 1) einzeln oder gemeinsam vorgebbar. Entsprechend
ist es auch möglich, die Abzugswalzen nicht einzeln sondern gruppenweise anzutreiben,
wobei gruppenweise bedeutet, dass die Anzahl der von einem gemeinsamen Antrieb angetriebenen
Abzugswalzen deutlich kleiner ist als die Anzahl der Abzugswalzen pro Maschinenseite.
[0035] Der in Fig. 2 dargestellte Fadenspanner ist von der Art, wie er bei heutigen OE-Rotorspinnmaschinen
zur Fadenlängenkompensation bei der Herstellung konischer Spulen verwendet wird. Bei
solchen Spulen, die beispielsweise in der Strickerei und Wirkerei verbreitet eingesetzt
werden, muss für einen Fadenlängenausgleich gesorgt werden, da in Abhängigkeit von
Spulenteilung, Konizität und Fadenführerposition unterschiedlich viel Garn pro Umdrehung
benötigt wird. Der Garnlauf wird durch einen oszillierend antreibbaren Fadenführer
geregelt, der durch eine Feder oder durch Gewichtskraft vorgespannt ist oder durch
einen motorischen Antrieb gesteuert bewegt wird. Eine andere Möglichkeit besteht in
der Verwendung von Schablonen, die durch ihre Form den Garnweg verlängern oder verkürzen.
Durch diese Schablonen ist aber die Spulenform vorgegeben, so dass bei einem Wechsel
der Konizität eine mechanische Umrüstung der Maschine erfolgen muss.
[0036] Während der in Fig. 2 dargestellte Fadenspanner den Faden nur beim Ansetzen und damit
relativ selten kontaktiert, wird bei der Herstellung konischer Spulen der Faden ständig
an dem genannten Fadenführer umgelenkt. Abgesehen von dem für die Verstellung des
Fadenführers erforderlichen mechanischen und elektrischen Aufwand, hat diese permanente
Umlenkung des Fadens zur Folge, dass der Faden durch den unterschiedlichen Umschlingungswinkel
am Fadenführer mit entsprechend unterschiedlicher Fadenspannung auf die Spule aufgewickelt
wird. Diese unterschiedliche Fadenspannung verursacht eine inhomogene Dichteverteilung
der Spule, was bei der Weiterverarbeitung zu Problemen führen kann.
[0037] Mit dem in Fig. 1 dargestellten Spulkopfmodul kann die Kompensation der Fadenlänge
bei der Herstellung konischer Spulen auf einfache Art gelöst werden, indem die Drehzahl
der Spule in Abhängigkeit von der momentanen Position des Fadenverlegehebels variabel
gehalten wird. Fig. 3a zeigt eine leere Hülse mit den ersten Garnlagen, Fig. 3b eine
konische Spule, wobei als Verlegeart eine Wilde Wicklung angedeutet ist, und die Fig.
3c und 3d zeigen mögliche Drehzahlverläufe. In Fig. 3c bezeichnet die x-Achse die
mittlere und die Kurve K die effektive Drehzahl einer leeren Spule zu Beginn einer
Spulenreise. In Fig. 3d bezeichnet die x-Achse die mittlere und die Kurve K' die effektive
Drehzahl einer vollen Spule, bei Stufen- und Stufenpräzisionswicklung.
[0038] Das Spulkopfmodul benötigt weder eine mechanische Fadenlängenkompensation noch eine
Schablone; die unterschiedliche Fadenlänge pro Spulenumdrehung wird vielmehr durch
eine entsprechende Variation der Drehzahl der Spule 7 ausgeglichen, so dass die Fadenspannung
immer innerhalb gewisser Grenzen liegt. Die Variation der Drehzahl der Spule 7 und
damit der Drehzahl des Antriebs 2 der Reibwalze 3 erfolgt in Abhängigkeit von der
momentanen Position des Fadenverlegehebels 5. Die Drehzahl der Spule 7 wird mit dem
Drehzahlsensor 9 kontrolliert und eventuelle Unterschiede zwischen der gemessenen
Drehzahl und deren Sollwert werden über die Steuerung 6 ausgeregelt. Wenn kein Sensor
9 für die Drehzahl der Spule 7 vorhanden ist, dann kann für die Drehzahl der Spulendurchmesser
ausgewertet werden. Die Regelung des Antriebs 2 der Reibwalze 3 kann entweder elektronisch
oder über die Stromversorgung des Antriebsmotors erfolgen.
[0039] Die beschriebene Fadenlängenkompensation durch Variation der Spulendrehzahl ist nicht
auf OE-Spinnmasachinen beschränkt, sondern kann auch bei anderen Textilmaschinen,
wie beispielsweise Spulmaschinen, Zwirnmaschinen, Fachmaschinen oder Sengmaschinen,
angewendet werden. Ebenso kann das in Fig. 1 dargestellte Spulkopfmodul auch auf anderen
Textilmaschinen, wie beispielsweise Spulmaschinen oder Zwirnmaschinen, eingesetzt
werden.
1. Vorrichtung zum Antreiben rotierbarer Organe (7, 20) einer OE-Spinnmaschine, dadurch
gekennzeichnet, dass für jedes der genannten Organe ein motorischer Einzelantrieb
(2) vorgesehen ist.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der motorische Einzelantrieb
(2) durch einen Schrittmotor gebildet ist.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die rotierbaren Organe
durch direkt oder indirekt über Reibwalzen (3) antreibbare Spulen (7) gebildet sind.
4. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die rotierbaren Organe
durch im Fadenlauf zwischen der Spinneinheit und der Spulstelle angeordnete Abzugswalzen
(20) gebildet sind.
5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass jeweils für eine Gruppe
von Abzugswalzen (20) ein Einzelantrieb vorgesehen ist, wobei eine solche Gruppe mit
einem gemeinsamen Antrieb jeweils nur einen kleinen Teil der Arbeitsstellen der Spinnmaschine
umfasst.
6. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass beim Spulenantrieb durch
eine Reibwalze (3) in der Beschleunigungsphase beim Anspinnen eine Erhöhung des Anpressdrucks
zwischen Spule (7) und Reibwalze (3) erfolgt.
7. Vorrichtung nach Anspruch 3 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Reibwalze (3)
eine für eine maximale Kraftübertragung geeignete Oberflächenbeschaffenheit und/oder
Oberflächenstruktur aufweist.
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3, 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass der
Durchmesser der Reibwalze (3) so gewählt ist, dass für den motorischen Einzelantrieb
(2) eine möglichst optimale Kombination von Drehzahl und erforderlichem Moment erzielt
wird.
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3, 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass bei
Erreichen des gewünschten Spulendurchmessers oder der gewünschten aufgespulten Fadenlänge
eine Abbremsung der Spule (7) durch den motorischen Einzelantrieb (2) erfolgt.
10. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Drehrichtung
des motorischen Einzelantriebs (2) wählbar ist.
11. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Drehzahl der Spule (7)
in Abhängigkeit von der Fadenspannung geregelt ist.
12. Vorrichtung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Fadenspannung anhand
der momentanen Position des Fadenverlegehebels (5) bestimmt und die Drehzahl der Spule
(7) über die Speisung des Antriebsmotors oder durch eine elektronische Steuerung (6)
geregelt wird.
13. Vorrichtung nach Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, dass ein Sensor (9)
für die Überwachung der Drehzahl und/oder die Berechnung des Durchmessers der Spule
(7) vorgesehen ist.