[0001] Die Erfindung betrifft - entsprechend dem Oberbegriff des unabhängigen Anspruchs
1 - ein Textilsubstrat, welches wasserableitende Eigenschaften aufweist und Wolle
sowie zumindest eine weitere Faser umfasst. Derartige Substrate zeichnen sich durch
hervorragende Fähigkeit zur Aufnahme und Ableitung von Wasserdampf und Wasser aus.
Sie eignen sich besonders für Sitzbezüge, insbesondere Bezüge auf lange ohne Unterbrechung
benützten Sitzgelegenheiten wie in Autos und Bussen, in der Bahn und im Flugzeug sowie
für Bürostühle, Rollstühle etc.. Die gute Feuchtigkeitsableitung von der Gewebeoberfläche
verhilft dabei zu einem guten Sitzkomfort, weil sich der Sitzbezug auch nach längerem
Sitzen nicht feucht, sondern stets trocken anfühlt und somit ein "klimatisiertes Sitzen"
garantiert.
[0002] Aus EP 356 708, EP 455 848 bzw. EP 685 583 sind gattungsgemässe textile Substrate
bekannt, welche immer einen Anteil an natürlichen Fasern, insbesondere Wolle und Ramie,
offenbaren. Dieser Anteil an den natürlichen Fasern liegt dabei zwischen 65 und 85
Gew.-% Wolle und Ramie (EP 356 708), er beträgt mindestens 40 Gew.-% Wolle und mindestens
5 Gew.-% Ramie (EP 455 848) bzw. er umfasst mindestens 40 Gew.-% Wolle und mindestens
15 Gew.-% Ramie, stets aber von beiden zusammen mehr als 85 Gew.-% (EP 685 583).
[0003] Während EP 356 708 und EP 455 848 immer auch einen Anteil synthetischer Fasern voraussetzen
- sei dies zum Zweck der Wasserableitung oder der besseren Einfärbbarkeit - so offenbart
EP 585 583 ein textiles Substrat für Sitzbezüge, ein Gewebe, Gewirk oder Gestrick,
welches in der Kette ein Mischgarn aus 80 Gew.-% Wolle und 20 Gew.-% Ramie und im
Schuss Ramiefäden aufweist.
[0004] Anfänglich schien äusserst zweifelhaft, ob ein weitgehender oder sogar totaler Verzicht
auf synthetische Fasern nicht die gestalterischen Möglichkeiten des Stoffdesigners
zu stark einschränken und vor allem die hervorragenden Eigenschaften bekannter gattungsgemässer
Textilien bezüglich Wasseraufnahme und -ableitung beeinträchtigen würde. Das erste
Problem ist weniger gravierend und kann durch entsprechend angepasste Farbgebung umgangen
werden. Für den Flüssigkeitstransport erschien es jedoch für lange Zeit unabdingbar,
einen verhältnismässig hohen Anteil - mindestens 15 Gew.-% - synthetischer Fasern,
vorzugsweise Polyester, vorzusehen, da deren hydrophoben Eigenschaften für den Flüssigkeitstransport
über längere Strecken verantwortlich gemacht wurden. Überraschenderweise hatte es
sich jedoch gezeigt, dass die gleiche Funktion durch die Ramiefaser wahrgenommen wird,
wenn sie in ausreichender Konzentration - mindestens 15 Gew.-% - im Substrat vorliegt.
Dies war auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung - degummierte Ramie besteht im
wesentlichen aus Zellulose - nicht zu erwarten gewesen. Dass Ramie Wasser auch über
längere Strecken zu transportieren in der Lage ist, wurde auf eine starke Kapillarwirkung
zurückgeführt, welche darauf beruht, dass die Ramiefasern Röhren bilden, die im Inneren
zudem mit einer Längsrillung versehen sind. Folgerichtig entstand die Forderung nach
einem Gehalt von mindestens 15 Gew.-% Ramie in einem textilen Substrat, welches den
hohen Anforderungen an die Feuchtigkeitsableitung von der Gewebeoberfläche genügen
und einen guten Sitzkomfort garantieren soll.
[0005] Überraschenderweise hat es sich nun gezeigt, dass - falls die Ramiefasern weggelassen
und durch Viskosefasern ersetzt werden - trotzdem eine praktisch gleichwertige Feuchtigkeitsableitung
von der Gewebeoberfläche aufrecht erhalten werden kann.
[0006] Diese erfindungsgemässen Textilien bestehen zumindest weitgehend, vorzugsweise aber
ausschliesslich, aus Naturfasern und können deshalb in sehr umweltschonender Weise
entsorgt werden: Die erfindungsgemässen Textilien können zerkleinert, anschliessend
aufgehäuft und bei genügend hoher Feuchtigkeit und Temperatur gelagert werden; sie
verrotten vollständig und sind somit regelrecht kompostierbar.
[0007] In jedem Falle bildet die Entdeckung der Tatsache, dass Viskosefasern Wasser über
lange Strecken abführen, die Grundlage für eine überraschend einfache Lösung der Aufgabe,
ein alternatives textiles Substrat für Sitzbezüge zur Verfügung zu stellen, das nicht
nur äusserst komfortabel ist, indem es sich auch bei langdauernder, ununterbrochener
Benutzung unter schwierigen Bedingungen wie hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit
stets trocken anfühlt, sondern auch die Umwelt sehr wenig belastet, insbesondere gut
entsorgbar ist und unter geeigneten Bedingungen mit höchstens geringen entsorgungsbedürftigen
Rückständen verrottet. Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des unabhängigen Anspruchs
1 gelöst. Bevorzugte Weiterbildungen des erfindungsgemässen Textilsubstrats ergeben
sich aus den abhängigen Ansprüchen.
[0008] Das textile Substrat kann im übrigen auf verschiedene Weise, als Gewebe oder Gewirk
oder Gestrick, insbesondere auch als Raschel, Malimo oder Velours ausgebildet sein.
Solche beispielhaften Ausführungen sind in den Figuren schematisch dargestellt. Und
zwar zeigen, wobei die Schussrichtung jeweils horizontal verläuft,
- Fig. 1
- ein Gewebe,
- Fig. 2
- eine Schussraschel, und
- Fig. 3
- Malimo.
[0009] Das erfindungsgemässe Substrat besteht aus mindestens 40 Gew.-% Wolle und mindestens
30 Gew.-% Viskose, wobei die Summe der Anteile von Wolle und Viskose mehr als 80 Gew.-%
ausmacht. Im übrigen besteht das erfindungsgemässe Substrat vorzugsweise ausschliesslich
aus Stoffen, die verrotten oder zumindest toxikologisch und ökotoxikologisch unbedenklich
sind, so dass es ohne Einschränkung kompostierbar ist. Auch unter diesen Bedingungen
kann es im Hinblick auf verschiedenste Anforderungen ausgerüstet werden. Z. B. kann
es zur Verhinderung statischer Aufladung weniger als 5 Gew.-% Metallfasern oder Draht
enthalten. Werden diese Metallfäden entsprechend ausgewählt, so oxidieren sie unter
geeigneten Bedingungen und verrotten zusammen mit den übrigen Bestandteilen. Auch
die Verwendung von Elastic-Fasern ist durchaus möglich, da deren Anteil, wenn sie
nicht verrotten wie z. B. Lycra® (eingetragenes Warenzeichen der Firma Du Pont de
Nemours), sehr tief - auf weniger als 5 Gew.-% - gehalten werden oder sonst verrottendes
Material wie Naturkautschuk verwendet werden kann. Elastic-Fasern können z. B. in
das Substrat eingearbeitet sein, indem einzelne Fäden ganz aus derartigem Material
bestehen oder ein im wesentlichen aus Viskose bestehendes Garn, etwa im Schuss eines
Gewebes, mit Elastic-Fasern umzwirnt ist.
[0010] Obwohl synthetische Fasern wie Polyester, Polypropylen, Polyamid, Polyacryl oder
Aramid in geringen Anteilen nicht sonderlich störend sind, wird im Interesse uneingeschränkter
Kompostierbarkeit vorzugsweise auf sie verzichtet, so dass alle verwendeten Fasern
- von eventueller Beimischung von Metallfasern abgesehen - tierischer oder pflanzlicher
Herkunft sind. Neben Wolle eignet sich insbesondere Viskose, welche aus Buchenholz
gewonnen wurde und welche vorzugsweise zudem nach einem umweltfreundlichen Verfahren
mit einem flammhemmendem Wirkstoff versetzt wurde. Ebenfalls geeignet sind, an Stelle
der entsprechenden Viskose, Fasern, die aus anderen Pflanzen gewonnen wurden.
[0011] Sehr günstig ist es, wenn das Substrat ein Mischgarn mit Wolle und Viskose umfasst,
vorzugsweise eines, das aus ca. 30-70 Gew.-% Wolle und 30-70 Gew.-% Viskose besteht.
Handelt es sich um ein Gewebe, so kann etwa die Kette oder der Schuss aus einem derartigen
Mischgarn bestehen, der Schuss bzw. die Kette hingegen aus anderem Material, z.B.
aus reiner Viskose bestehen oder Anteile anderer Materialien umfassen. Bei solchen
und anderen Substraten hat es sich als möglich und sogar günstig erwiesen, ausschliesslich
Wolle und Viskose zu verwenden und auf andere Beimischungen ganz zu verzichten, wenn
sie nicht wegen besonderer Anforderungen nötig sind.
[0012] So zeigt Figur 1 ein erfindungsgemässes Gewebe, gemäss einer ersten Ausführungsform,
dessen Kette 1 aus einem Mischgarn mit 60 Gew.-% Wolle und 40 Gew.-% Viskose gebildet
ist, während der Schuss 2 aus Viskosefäden besteht. Speziell bevorzugt wird ein entsprechendes
Gewebe, dessen Schuss abwechselnd aus einem Mischgarn mit 60 Gew.-% Wolle und 40 Gew.-%
Viskose und aus einem reinen Viskosegarn besteht. Insgesamt ergibt dies einen Anteil
an Wolle von etwa 50 Gew.-% und an Viskose von etwa 50 Gew.-%. Natürlich sind auch
andere Zusammensetzungen möglich wie weiter oben beschrieben. So kann bei einem erfindungsgemässen
textilen Substrat, bzw. Gewebe gemäss einer zweiten Ausführungsform, der Schuss 2
aus einem Mischgarn mit 30-70 Gew.-% Wolle und 30-70 Gew.-% Viskose gebildet sein,
während die Kette 1 aus Viskosefäden 2 besteht. Speziell bevorzugt wird dann ein entsprechendes
Gewebe, dessen Kette 1 abwechselnd aus einem Mischgarn mit 30-70 Gew.-% Wolle und
30-70 Gew.-% Viskose und aus einem reinen Viskosegarn besteht. In besonders bevorzugten
Fällen einer solchen Abwechslung von Mischgarn und reinem Viskosegarn - sei dies im
Schuss 2, gemäss der ersten Ausführungsform, oder in der Kette 1, gemäss der zweiten
Ausführungsform - reicht das Verhältnis von 1:1 bis 4:1, d.h. pro reinem Viskosegarn
werden bevorzugt 1 bis 4 Mischgarne eingesetzt. Geeignete Viskosefasern werden z.B.
unter dem Namen "Redesigned Viscose FR" von der Firma Lenzing AG, in A-4860 Lenzing,
Österreich vertrieben.
[0013] Tatsächlich konnten bei zwei verschiedenen Geweben aus je etwa 50 Gew.-% Wolle und
Viskose folgende Saugfähigkeiten im Steighöhenverfahren nach DIN 53924 gemessen werden,
wie sie für gut wasserableitende Substrate typisch ist:
| |
Gewebe 1 |
|
Gewebe 2 |
|
| |
1 Stunde |
3 Stunden |
1 Stunde |
3 Stunden |
| Kette |
17.0 cm |
> 25.0 cm |
17.9 cm |
> 25.0 cm |
| Schuss |
13.6 cm |
18.1 cm |
13.5 cm |
17.9 cm |
[0014] Einerseits werden feuerpolizeiliche Vorschriften für öffentliche Gebäude, wie Theater,
Schulen oder Sportstadien, aber auch für Hotels, Restaurants und Büros, ja sogar für
den privaten Wohnbereich immer strenger. Speziell strenge Massstäbe gelten auch in
Flugzeugen, Schiffen und anderen Transporteinrichtungen. Andrerseits wird immer mehr
verlangt, dass flammgeschützte Produkte auch umweltfreundlich produziert und entsorgt
werden müssen. Weil flammgeschützte Produkte meist im Widerspruch zur Umweltverträglichkeit
stehen, wählt man nur zu oft das "kleinere Übel" und beharrt einseitig auf dem Schutz
gegen Feuer.
[0015] Weil es nun dank des erfindungsgemässen Textilsubstrats möglich ist - in Kombination
mit Wolle - Viskose als vollwertigen Ersatz für Ramie zu verwenden, ergibt sich ein
weiterer Vorteil aus der Tatsache, dass es gelungen ist, die Viskosefasern mit einem
flammhemmenden Mittel auf umweltfreundliche Weise zu imprägnieren und damit ein Textilsubstrat
zu schaffen, das frei von Stoffen ist, welche die Umwelt belasten könnten. Der aus
den erfindungsgemässen Textilsubstraten gewonnene Kompost kann somit auch dann unbedenklich
z.B. im Garten verwendet werden, wenn es sich vormals um flammhemmende Textilien gehandelt
hatte.
[0016] Es ist somit erstmals gelungen, ein textiles Substrat für Sitzbezüge zu schaffen,
welches:
- äusserst komfortabel ist, indem es sich auch bei langdauernder ununterbrochener Benutzung
unter schwierigen Bedingungen wie hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit stets
trocken anfühlt;
- eine so gute Flammhemmung aufweist, dass die Brandschutzvorschriften für Sitzbezüge
weltweit erfüllt werden;
- die Umwelt in Bezug auf die Toxizität und die Ökotoxizität weder durch die Produktion
noch durch die Entsorgung belastet.
[0017] Die mit einem flammhemmenden Mittel imprägnierten Textilien erfüllen alle entsprechenden
Sicherheitsanforderungen der Auto-, Luftfahrt- bzw. Transportindustrie bzw. der jeweiligen,
gesetzgebenden Staaten. Einer weitestgehenden Verwendung solcher erfindungsgemässer
Substrate als Sitzüberzüge, Innenraumauskleidungen in öffentlichen Gebäuden, in Automobilen,
Flugzeugen und Eisenbahnzügen etc. aber auch andere Ausrüstungs- bzw. Dekorgegenstände
im öffentlichen, gewerbsmässigen oder privaten Gebrauch steht nichts mehr im Wege.
Zudem gelangen Experten immer häufiger zu der Einsicht, dass ein besseres Sitzklima
in den Automobilen die Sicherheit im Strassenverkehr verbessern kann.
[0018] Figuren 2 und 3 zeigen weitere typische Substrate, Figur 2 Schussraschel und Figur
3 Malimo, die gleichfalls in einer der oben beschriebenen Weisen zusammengesetzt sein
können.
1. Textilsubstrat, welches wasserableitende Eigenschaften aufweist und Wolle sowie zumindest
Viskosefasern umfasst,
dadurch gekennzeichnet,
• dass die Kette (1) bzw. der Schuss (2) ein Mischgarn aus 30-70 Gew.-% Wolle und 30-70
Gew.-% Viskose umfasst und
• dass der Schuss (2) bzw. die Kette (1) abwechselnd ein Mischgarn aus 30-70 Gew.-% Wolle
und 30-70 Gew.-% Viskose bzw. ein Garn aus 100 Gew.-% Viskose umfasst.
2. Textilsubstrat nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
• dass die Kette (1) bzw. der Schuss (2) ein Mischgarn aus 60 Gew.-% Wolle und 40 Gew.-%
Viskose umfasst und
• dass der Schuss (2) bzw. die Kette (1) abwechselnd ein Mischgarn aus 60 Gew.-% Wolle und
40 Gew.-% Viskose bzw. ein Garn aus 100 Gew.-% Viskose umfasst.
3. Textilsubstrat nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, der Schuss (2) bzw. die Kette (1) abwechselnd ein Mischgarn bzw. ein reines Viskosegarn
in einem Verhältnis von 1:1 bis 4:1 umfasst.
4. Textilsubstrat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es 40-70 Gew.-% Wolle und 30-60 Gew.-% Viskose umfasst.
5. Textilsubstrat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es ein Velours, Gewebe, Gewirk oder Gestrick, insbesondere Raschel oder Malimo umfasst.
6. Textilsubstrat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es weniger als 5 Gew.-% Elastic-Fasern und/oder Metall und/oder synthetische Fasern
enthält.
7. Textilsubstrat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Viskosefasern mit einem flammhemmenden Mittel imprägniert sind.
8. Textilsubstrat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es ausschliesslich aus Materialien besteht, die unter Umweltbedingungen bei genügend
hoher Feuchtigkeit und Temperatur verrotten bzw. die toxikologisch und ökotoxikologisch
unbedenklich sind.