[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1. Es dient
zur Gewinnung von gasförmigem Stickstoff durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in
einem Destilliersäulensystem, das eine Einzelsäule aufweist.
[0002] Einzelsäulenverfahren sind eine übliche Methode zur Erzeugung von Stickstoff. Sie
weisen im Gegensatz zu Doppelsäulenverfahren nur eine Drucksäule (die Einzelsäule)
auf und keine weitere Säule (Niederdrucksäule), die zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung
eingesetzt und unter niedrigerem Druck als die Drucksäule betrieben wird. Dies schließt
nicht aus, daß das Destilliersäulensystem über die Einzelsäule hinaus weitere Säulen
aufweist, beispielsweise zur Gewinnung von besonders reinem Stickstoff oder Sauerstoff.
[0003] Das "Destilliersäulensystem" umfaßt die miteinander verbundenen Destilliersäulen,
nicht jedoch die Wärmetauscher oder die Maschinen wie Verdichter oder Entspannungsmaschinen.
Im einfachsten Fall wird das Destilliersäulensystem ausschließlich durch die Einzelsäule
gebildet.
[0004] Unter "sauerstoffangereichert" wird hier ein Gemisch aus Luftgasen verstanden, das
eine höhere Sauerstoffkonzentration als Luft hat, bis hin zu praktisch reinem Sauerstoff.
In der Praxis handelt es sich beispielsweise um Fraktionen mit einem Sauerstoffgehalt
von 25 bis 90 %, vorzugsweise 30 bis 80 %. (Alle Prozentangaben beziehen sich hier
und im folgenden auf die molare Menge, soweit nichts anderes angegeben ist.)
[0005] Ein Verfahren mit einem Stickstoffkreislauf gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1
ist aus US 4400188 bekannt. Mit Stickstoff, der in einem Kreislaufverdichter auf über
Säulendruck gebracht wurde, wird ein Kondensator-Verdampfer beheizt, der die Sumpfheizung
der Einzelsäule darstellt. Verfahrenskälte wird durch eine übliche Restgasturbine
erzeugt, die mit Gas aus einem weiteren Kondensator-Verdampfer, einem Kopfkondensator,
betrieben wird.
[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art
und eine entsprechende Vorrichtung anzugeben, das energetisch besonders günstig zu
betreiben ist.
[0007] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß ein zweites sauerstoffangereichertes Gas aus
dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers entnommen, arbeitsleistend entspannt
und im Hauptwärmetauscher angewärmt wird.
[0008] Vorzugsweise wird bei allen bisher genannten Ausführungsformen der Erfindung die
gesamte Rücklaufflüssigkeit für die Einzelsäule in dem Kondensator-Verdampfer erzeugt.
Es ist daher im allgemeinen nur ein einziger Kondensator-Verdampfer erforderlich.
[0009] Luftverdichter und Kreislaufverdichter können durch eine einzige Maschine gebildet
werden, nämlich durch eine Kombi-Maschine, bei der mehrere Ritzel auf eine Welle sitzen,
von denen einige den Luftverdichter und eines oder mehrere den Kreislaufverdichter
realisieren.
[0010] Der Kreislaufverdichter kann mindestens teilweise durch einen an die Restgasturbine
gekoppelten Verdichter gebildet werden, wobei mindestens ein Teil der bei der arbeitsleistenden
Entspannung des zweiten sauerstoffangereicherten Gases erzeugten mechanischen Energie
zur Verdichtung des ersten Teils und/oder des zweiten Teils der stickstoffreichen
Fraktion eingesetzt wird.
[0011] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung gemäß Patentanspruch 5.
[0012] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im folgenden anhand
eines in der Zeichnung schematisch dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert.
Bei dem Verfahren wird über eine Leitung 1 verdichtete und gereinigte Einsatzluft
herangeführt, die unter einem Druck von etwa 3,5 bar steht. (Luftverdichter und Luftreinigung
- beispielsweise mittels eines Molekularsiebs - sind in der Zeichnung nicht dargestellt.)
Die Luft wird in einem Hauptwärmetauscher 2 auf etwa Taupunkt abgekühlt und über Leitung
3 einer Einzelsäule 4 an einer Zwischenstelle zugeführt. Die Zwischenstelle liegt
beispielsweise 5 bis 20 theoretische beziehungsweise praktisch Böden oberhalb des
Sumpfs der Säule 4. Der Betriebsdruck am Sumpf der Einzelsäule beträgt in dem Beispiel
3,0 bar.
[0013] Der Kopfstickstoff 5 (die "stickstoffreiche Fraktion") aus der Einzelsäule 4 enthält
noch 1 ppm bis 1 ppb Sauerstoff und wird in einem Unterkühler 6 und (Leitung 7) weiter
im Hauptwärmetauscher 2 auf etwa Umgebungstemperatur angewärmt. Der warme Kopfstickstoff
8 wird einem Kreislaufverdichter 9 zugeführt, der beispielsweise zwei bis drei Stufen
aufweist. Hinter jeder Stufe des Kreislaufverdichters befindet sich eine Nach- beziehungsweise
Zwischenkühlung zur Entfernung der Kompressionswärme, von denen jedoch in der schematischen
Zeichnung nur die Nachkühlung 10 hinter der Endstufe dargestellt ist. Ein erster Teil
12 des auf einen Druck von 9,5 bar verdichteten Kopfstickstoffs 11 wird zum Hauptwärmetauscher
2 zurückgeführt, dort auf mehrere Kelvin oberhalb der Säulentemperatur abgekühlt und
über Leitung 13 dem Verflüssigungsraum eines Kondensator-Verdampfers 14 zugeführt.
Dort wird er unter etwa dem Austrittsdruck des Kreislaufverdichters 9 vollständig
oder nahezu vollständig verflüssigt. Die dabei gebildete stickstoffreiche Flüssigkeit
15 wird im Unterkühler 6 unterkühlt und über Leitung 16 und Drosselventil 17 auf den
Kopf der Einzelsäule aufgegeben. Ein Teil 18 der stickstoffreichen Flüssigkeit 16
kann als Flüssigstickstoffprodukt LIN abgezogen werden. Die Flüssigproduktion beträgt
in dem Beispiel etwa 0 % der Luftmenge. In der Zeichnung wird der Flüssigstickstoff
aus der Einzelsäule abgezogen, deren Kopf hier als Flashgasabscheider zwischen dem
Drosselventil 17 und der Flüssigproduktentnahme 18 dient.
[0014] Ein zweiter Teil 19 des im Kreislaufverdichter 9 verdichteten Kopfstickstoffs 11
wird als gasförmiges Stickstoffprodukt unter Druck (DGAN) abgeführt. Alternativ oder
zusätzlich kann ein Teil 20 des Druckstickstoffs aus einer Zwischenstufe des Kreislaufverdichters
herausgeführt und bei einem Druck zwischen dem Betriebsdruck der Einzelsäule 4 und
dem Enddruck des Kreislaufverdichters 9 als gasförmiges Druckstickstoffprodukt (DGAN')
gewonnen werden. In beiden Fällen dient der Kreislaufverdichter 9 gleichzeitig als
Produktverdichter.
[0015] Der Kondensator-Verdampfer 14 ist in dem Beispiel von Figur 1 unmittelbar im Sumpf
der Einzelsäule angeordnet. Auf seiner Verdampfungsseite verdampft die sauerstoffangereicherte
Sumpfflüssigkeit der Einzelsäule 4 unter deren Betriebsdruck unter Bildung eines Dampfs
mit einem Sauerstoffgehalt von etwa 80 %. Während ein erster Teil des im Kondensator-Verdampfer
14 erzeugten Dampfs in der Einzelsäule 4 aufsteigt ("erstes sauerstoffangereichertes
Gas"), wird ein zweiter Teil 21 ("zweites sauerstoffangereichertes Gas") zum kalten
Ende des Hauptwärmetauschers 2 geführt. Nach Anwärmung auf eine Zwischentemperatur
strömt diese Fraktion über Leitung 22 zu einer Restgasturbine 23 und wird dort arbeitsleistend
von etwa 3 bar auf etwa 1,5 bar entspannt. Das arbeitsleistend entspannte sauerstoffangereicherte
Gas 24 wird im Hauptwärmetauscher 2 vollständig angewärmt und über Leitung 25 als
unreines Sauerstoffprodukt UGOX abgegeben. Es kann als Regeneriergas in der nicht
dargestellten Luftreinigung und/oder als gasförmiges Nebenprodukt verwendet und/oder
in die Atmosphäre abgegeben werden. Die Turbine 23 kann über einen Bypass 26 geregelt
werden. Eine kleine Flüssigkeitsmenge 27 wird kontinuierlich oder intermittierend
als Spülflüssigkeit aus dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers 14 abgeführt.
[0016] Kälte wird hier durch arbeitsleistende Entspannung eines sauerstoffangereicherten
Gases 21 aus dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers 14 bewerkstelligt.
1. Verfahren zur Gewinnung von gasförmigem Stickstoff durch Tieftemperaturzerlegung von
Luft in einem Destilliersäulensystem, das eine Einzelsäule (4) aufweist, wobei bei
dem Verfahren
• Einsatzluft (1) in einem Luftverdichter verdichtet, in einem Hauptwärmetauscher
(2) abgekühlt und der Einzelsäule (4) zugeführt (3) wird,
• eine stickstoffreiche Fraktion (5, 7, 8) aus dem Destilliersäulensystem abgezogen
und mindestens zu einem erstem Teil in einem Kreislaufverdichter (9, 1063) verdichtet
wird,
• der erste Teil (12, 13) der stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) stromabwärts des
Kreislaufverdichters (1063, 9) dem Verflüssigungsraum eines Kondensator-Verdampfers
(14) zugeführt und dort unter einem Druck kondensiert wird, der höher als der Betriebsdruck
der Einzelsäule (4) ist, wobei stickstoffreiche Flüssigkeit (15, 16) gebildet wird,
• eine flüssige sauerstoffangereicherte Fraktion (228, 231) aus dem Destilliersäulensystem
im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) mindestens teilweise verdampft
wird,
• aus dem im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) gebildeten Dampf (232)
ein erstes sauerstoffangereichertes Gas (234, 533) erzeugt, in die Einzelsäule (4)
eingeleitet und dort als aufsteigender Dampf verwendet wird und
• ein zweiter Teil (19, 20, 1064) der stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) zumindest
zeitweise als gasförmiges Stickstoffprodukt abgezogen wird,
dadurch gekennzeichnet, daß
• ein zweites sauerstoffangereichertes Gas (221, 521) aus dem Verdampfungsraum des
Kondensator-Verdampfers (14) entnommen, arbeitsleistend entspannt (23) und im Hauptwärmetauscher
(2) angewärmt wird.
2. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die gesamte Rücklaufflüssigkeit für die Einzelsäule (4) in dem Kondensator-Verdampfer
(14, 514) erzeugt wird.
3. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß Luftverdichter und Kreislaufverdichter (9) durch eine einzige Maschine gebildet werden.
4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein Teil der bei der arbeitsleistenden Entspannung (23) des zweiten sauerstoffangereicherten
Gases (221, 521) erzeugten mechanischen Energie zur Verdichtung (1063) des ersten
Teils und/oder des zweiten Teils der stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) eingesetzt
wird.
5. Vorrichtung zur Gewinnung von gasförmigem Stickstoff durch Tieftemperaturzerlegung
von Luft mit einem Destilliersäulensystem, das eine Einzelsäule (4) aufweist, und
mit
• einem Luftverdichter,
• einer Einsatzluftleitung (1, 3), die von dem Luftverdichter durch einen Hauptwärmetauscher
(2) in die Einzelsäule (4) führt,
• einem Kreislaufverdichter (9, 1063) zur Verdichtung des ersten Teils einer stickstoffreichen
Fraktion (5, 7, 8) aus dem Destilliersäulensystem,
• einer Kreislaufleitung (12, 13), die vom Austritt des Kreislaufverdichters (1063,
9) zu dem Verflüssigungsraum eines Kondensator-Verdampfers (14) führt wird,
• Mitteln (228, 231) zur Zuführung einer flüssigen sauerstoffangereicherten Fraktion
aus dem Destilliersäulensystem zum Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14),
• Mitteln zur Erzeugung eines ersten sauerstoffangereicherten Gases (234, 533) aus
dem im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) gebildeten Dampf (232) und
zu dessen Einleitung in die Einzelsäule (4) und mit
• einer Gasproduktleitung zum Abziehen eines zweiten Teils (19, 20, 1064) der stickstoffreichen
Fraktion (5, 7, 8) als gasförmiges Stickstoffprodukt,
gekennzeichnet durch
• eine Entspannungsmaschine (23) zur arbeitsleistenden Entspannung eines zweiten sauerstoffangereicherten
Gases (221, 521) aus dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14).