(19)
(11) EP 1 134 525 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.09.2001  Patentblatt  2001/38

(21) Anmeldenummer: 01106637.0

(22) Anmeldetag:  16.03.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7F25J 3/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 17.03.2000 DE 10013075
09.03.2001 EP 01105924

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Rottmann, Dietrich, Dipl.-Ing.
    81737 München (DE)
  • Kunz, Christian, Dipl.-Ing.
    81479 München (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde AG Zentrale Patentabteilung Dr.-Carl-von-Linde-Strasse 6-14
82049 Höllriegelskreuth
82049 Höllriegelskreuth (DE)

   


(54) Verfahren zur Gewinnung von gasförmigem und flüssigem Stickstoff mit variablem Anteil des Flüssigprodukts


(57) Das Verfahren und die Vorrichtung dienen der Gewinnung von gasförmigem und flüssigem Stickstoff mit variablem Anteil des Flüssigprodukts durch Tieftemperaturzerlegung von Luft. Das Destilliersäulensystem weist eine Einzelsäule (4) auf. Einsatzluft (1) wird in einem Luftverdichter verdichtet, in einem Hauptwärmetauscher (2) abgekühlt und der Einzelsäule (4) zugeführt (3). Eine stickstoffreiche Fraktion (5, 7, 8) wird aus dem Destilliersäulensystem abgezogen und mindestens zu einem erstem Teil in einem Kreislaufverdichter (9) verdichtet. Der erste Teil (12, 13) der stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) wird stromabwärts des Kreislaufverdichters (9) dem Verflüssigungsraum eines Kondensator-Verdampfers (14) zugeführt und dort unter einem Druck kondensiert, der höher als der Betriebsdruck der Einzelsäule (4) ist. Hierbei wird stickstoffreiche Flüssigkeit (15, 16) gebildet. Eine flüssige sauerstoffangereicherte Fraktion (228, 231) aus dem Destilliersäulensystem wird im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) mindestens teilweise verdampft. Aus dem im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) gebildeten Dampf (232) wird ein erstes sauerstoffangereichertes Gas (234,) erzeugt, in die Einzelsäule (4) eingeleitet und dort als aufsteigender Dampf verwendet. Ein zweiter Teil (19, 20) der stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) wird zumindest zeitweise als gasförmiges Stickstoffprodukt abgezogen. Ein Teil (18) der stickstoffreichen Flüssigkeit (15, 16) aus dem Kondensator-Verdampfer (14) wird zumindest zeitweise als Flüssigprodukt abgezogen. Der Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) wird zumindest zeitweise unter einem Druck betrieben, der höher als der Betriebsdruck der Einzelsäule (4) ist. Ein zweites sauerstoffangereichertes Gas (221, 521) wird aus einer der Säulen (546) des Destilliersystems und/oder aus dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) entnommen, arbeitsleistend entspannt (23) und im Hauptwärmetauscher (2) angewärmt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1. Es dient zur Gewinnung von gasförmigem und flüssigem Stickstoff mit variablem Anteil des Flüssigprodukts durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Destilliersäulensystem, das eine Einzelsäule aufweist.

[0002] Einzelsäulenverfahren sind eine übliche Methode zur Erzeugung von Stickstoff. Sie weisen im Gegensatz zu Doppelsäulenverfahren nur eine Drucksäule (die Einzelsäule) auf und keine weitere Säule (Niederdrucksäule), die zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung eingesetzt und unter niedrigerem Druck als die Drucksäule betrieben wird. Dies schließt nicht aus, daß das Destilliersäulensystem über die Einzelsäule hinaus weitere Säulen aufweist, beispielsweise zur Gewinnung von besonders reinem Stickstoff oder Sauerstoff.

[0003] Das "Destilliersäulensystem" umfaßt die miteinander verbundenen Destilliersäulen, nicht jedoch die Wärmetauscher oder die Maschinen wie Verdichter oder Entspannungsmaschinen. Im einfachsten Fall wird das Destilliersäulensystem ausschließlich durch die Einzelsäule gebildet.

[0004] Unter "sauerstoffangereichert" wird hier ein Gemisch aus Luftgasen verstanden, das eine höhere Sauerstoffkonzentration als Luft hat, bis hin zu praktisch reinem Sauerstoff. In der Praxis handelt es sich beispielsweise um Fraktionen mit einem Sauerstoffgehalt von 25 bis 90 %, vorzugsweise 30 bis 80 %. (Alle Prozentangaben beziehen sich hier und im folgenden auf die molare Menge, soweit nichts anderes angegeben ist.)

[0005] Das Verfahren dient zur gleichzeitigen Gewinnung von gasförmigem und flüssigem Produktstickstoff, wobei der Flüssiganteil (molares Verhältnis zwischen flüssigem und gasförmigem Produktstickstoff) variabel sein kann. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten können also verschiedene stationäre Betriebszustände herrschen, zu denen ein unterschiedlich großer Anteil des Stickstoffprodukts in flüssiger Form gewonnen wird, im Extremfall kann dieser Anteil auch Null sein. Der Prozeß kann dann zwischen zwei Grenzfällen hin- und hergefahren werden, der maximalen Gasproduktion (MaxGAN-Fall) mit minimalem Flüssiganteil und der maximalen Flüssigproduktion (MaxLIN-Fall) mit maximalem Flüssiganteil und minimalem Gasanteil (gegebenenfalls ausschließlich flüssige Produktion von Stickstoff). Dabei kann auch jeder beliebige Wert des Flüssiganteils eingestellt werden, der zwischen den beiden Grenzwerten für minimalen und maximalen Flüssiganteil liegt.

[0006] Ein Verfahren mit einem Stickstoffkreislauf gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1 ist aus US 4400188 bekannt. Mit Stickstoff, der in einem Kreislaufverdichter auf über Säulendruck gebracht wurde, wird ein Kondensator-Verdampfer beheizt, der die Sumpfheizung der Einzelsäule darstellt. Verfahrenskälte wird durch eine übliche Restgasturbine erzeugt, die mit Gas aus einem weiteren Kondensator-Verdampfer, einem Kopfkondensator, betrieben wird. Solche Verfahren mit Stickstoffkreislauf sind energetisch günstiger als Einzelsäulenprozesse ohne Sumpfausheizung. Wegen des Kreislaufs kann auch bei diesem Prozeß grundsätzlich ein Flüssigstickstoffprodukt in variabler Menge erzeugt werden, auch wenn dies in der Druckschrift selbst nicht beschrieben ist. Allerdings stieße man bei einem derartigen Verfahren auf Schwierigkeiten, wollte man den Flüssigproduktanteil variieren. Erhöhte man zum Beispiel den Flüssiganteil, würde sich bei gleichbleibender Luftmenge die Sauerstoffkonzentration verringern und damit die Verdampfungstemperatur im Sumpf. Entsprechend niedriger müßte der Druck im Stickstoffkreislauf sein, der Kreislaufverdichter müßte also entsprechend nachgeregelt werden. Ohne die Veränderung des Kreislaufdrucks würde der Druck in der Säule steigen; in diesem Fall müßte der Austrittsdruck des Luftverdichters entsprechend angepaßt werden.

[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art und eine entsprechende Vorrichtung anzugeben, bei der neben dem gasförmigen Stickstoffprodukt eine variable Menge an Flüssigprodukt mit relativ geringem Aufwand gewonnen werden kann.

[0008] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß ein Teil der stickstoffreichen Flüssigkeit aus dem Kondensator-Verdampfer zumindest zeitweise als Flüssigprodukt abgezogen wird, der Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers unter einem Druck betrieben wird, der höher als der Betriebsdruck der Einzelsäule ist und ein zweites sauerstoffangereichertes Gas aus einer der Säulen des Destilliersäulensystems und/oder aus dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers entnommen, arbeitsleistend entspannt und im Hauptwärmetauscher angewärmt wird.

[0009] Das Flüssigprodukt kann direkt dem Verflüssigungsraum des Kondensator-Verdampfers entnommen werden. Vorzugsweise wird es allerdings zunächst entspannt und dabei entstehendes Flashgas abgetrennt. Die Phasentrennung kann beispielsweise in der Einzelsäule oder in einem separaten Abscheider durchgeführt werden.

[0010] Durch den erhöhten Druck auf der Verdampfungsseite des Kondensator-Verdampfers sind die Betriebsdrücke des Kondensator-Verdampfers und der Einzelsäule entkoppelt. Bei steigender Flüssigproduktion braucht dadurch der Druck auf der Verflüssigungsseite des Kondensator-Verdampfers (Stickstoffkreislauf) nicht verändert zu werden. Der Druck auf der Verdampfungsseite kann sich vielmehr - unabhängig vom Betriebsdruck der Einzelsäule - bei gleichbleibender Verdampfungstemperatur auf die geringere Sauerstoffkonzentration einstellen, ohne daß irgendwelche Verdichtungsmaschinen nachgeregelt werden müssen.

[0011] Das zweite sauerstoffangereicherte Gas, das zur arbeitsleistenden Entspannung vorgesehen ist, wird vorzugsweise wie das erste sauerstoffangereicherte Gas aus dem im Kondensator-Verdampfer gebildeten Dampf erzeugt. Die beiden sauerstoffangereicherten Gase weisen zum Beispiel dieselbe Zusammensetzung auf. Der Eintrittsdruck der arbeitsleistenden Entspannung ist nicht - wie sonst bei Restgasturbinen üblich - an den Einzelsäulen- beziehungsweise Kopfkondensatordruck gebunden, sondern vorzugsweise an den Verdampfungsdruck im Kondensator-Verdampfer. Daher kann der Eintrittsdruck der Turbine im Rahmen einer Erhöhung des Flüssigproduktanteils analog zum Verdampfungsdruck ansteigen. Durch die entsprechend erhöhte Enthalpiedifferenz bei der arbeitsleistenden Entspannung des zweiten sauerstoffangereicherten Gases wird die zusätzliche Kälte erzeugt, die für die erhöhte Produktverflüssigung notwendig ist. Auch die Steigerung der Restgasmenge erhöht die Kälteproduktion.

[0012] Insgesamt ergibt sich ein Prozeß zur Gewinnung von gasförmigem und flüssigem Stickstoff, bei dem der Flüssigproduktanteil auf sehr einfache Weise variiert werden kann. Der Flüssigproduktanteil kann beispielsweise 0 bis 20 %, vorzugsweise 0 bis 16 % des gesamten Stickstoffprodukts betragen, bei einer Gesamtproduktmenge an Stickstoff von beispielsweise 75 bis 0 %, vorzugsweise 75 bis 25 % der Luftmenge. Der Betriebsdruck im Sumpf der Einzelsäule beträgt beispielsweise 3 bis 8 bar, vorzugsweise 3 bis 5 bar. Die Druckdifferenz zwischen Verdampfungsseite des Kondensator-Verdampfers und unterem Abschnitt der Säule liegt bei beispielsweise 0 bis 5 bar, vorzugsweise 0 bis 3 bar.

[0013] Da das zweite sauerstoffangereicherte Gas im Endeffekt aus der Einzelsäule stammen muß, braucht es einen entsprechenden Druckerhöhungsschritt, der bei der Erfindung vorzugsweise im flüssigen Zustand vorgenommen wird, beispielsweise mittels einer Flüssigpumpe. Dazu wird eine sauerstoffangereicherte Flüssigkeit aus der Einzelsäule abgezogen und in flüssigem Zustand auf einen erhöhten Druck gebracht, wobei das zweite sauerstoffangereicherte Gas aus der resultierenden unter erhöhtem Druck befindlichen sauerstoffangereicherten Flüssigkeit erzeugt wird.

[0014] Insbesondere für den Fall, daß das Destilliersäulensystem lediglich eine Einzelsäule aufweist, bildet die sauerstoffangereicherte Flüssigkeit stromabwärts der Druckerhöhung die sauerstoffangereicherte flüssige Fraktion, die in den Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers eingeleitet wird. Die sauerstoffangereicherte Flüssigkeit wird beispielsweise durch die Sumpfflüssigkeit der Einzelsäule gebildet und mittels einer Pumpe auf mindestens den erhöhten Druck gebracht, unter dem der Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers steht. Das erste und das zweite sauerstoffangereicherte Gas, also der aufsteigende Dampf für die Einzelsäule und die arbeitsleistend zu entspannende Fraktion, werden hier unmittelbar durch Verdampfung der flüssigen Fraktion aus der Einzelsäule erzeugt.

[0015] Will man ein Sauerstoffprodukt erzeugen, dessen Reinheit höher als diejenige der Sumpffraktion der Einzelsäule ist, geht man im Rahmen der Erfindung folgendermaßen vor: Das Destilliersäulensystem weist zusätzlich zur Einzelsäule eine Reinsauerstoffsäule auf. Die sauerstoffangereicherte Flüssigkeit aus der Einzelsäule wird stromabwärts der Druckerhöhung auf die Reinsauerstoffsäule aufgegeben. Aus dem unteren Bereich der Reinsauerstoffsäule wird eine sauerstoffreiche Fraktion als gasförmiges und/oder flüssiges Produkt und/oder Zwischenprodukt abgezogen. Die flüssige sauerstoffangereicherte Fraktion, die dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers zugeleitet wird, stammt ebenfalls aus dem unteren Bereich der Reinsauerstoffsäule. Der im Kondensator-Verdampfer erzeugte Dampf wird in den unteren Bereich der Reinsauerstoffsäule eingeleitet und dort als aufsteigender Dampf verwendet. Das Kopfgas der Reinsauerstoffsäule dient dabei zu einem ersten Teil als Arbeitsgas der arbeitsleistenden Entspannung ("zweites sauerstoffangereichertes Gas") und zu einem zweiten Teil - nach entsprechender Druckverminderung - als aufsteigender Dampf in der Einzelsäule ("erstes sauerstoffangereichertes Gas"). Wegen der höheren Sauerstoffkonzentration auf der Verdampfungsseite des Kondensator-Verdampfers herrscht bei dieser Variante ein höherer Kreislaufdruck als bei Ausführungsformen, bei denen die Verdampfungsseite des Kondensator-Verdampfers mit Sumpfflüssigkeit der Einzelsäule beaufschlagt wird.

[0016] Vereinfacht gesagt wird oberhalb des Kondensator-Verdampfers ein zusätzlicher Stoffaustauschabschnitt - hier Reinsauerstoffsäule genannt - angeordnet, der unter dem erhöhten Druck betrieben wird. In diesem Stoffaustauschabschnitt wird die auf den erhöhten Druck gebrachte Flüssigkeit aus der Einzelsäule weiter an Sauerstoff angereichert und an leichterflüchtigen Komponenten abgereichert. Flüssigkeit und/oder Dampf vom Sumpf der Reinsauerstoffsäule können direkt als Sauerstoffprodukt abgezogen und/oder einem weiteren Arbeitsschritt zugeführt werden.

[0017] Der Kondensator-Verdampfer ist bei dieser Ausführungsform der Erfindung vorzugsweise unmittelbar im Sumpf der Reinsauerstoffsäule angeordnet, er kann aber auch in einem separaten Behälter untergebracht sein. Die Reinsauerstoffsäule ist vorzugsweise als reine Abtriebssäule ausgeführt und enthält beispielsweise 30 bis 50 vorzugsweise 35 bis 45 theoretische Böden.

[0018] Die sauerstoffreiche Fraktion kann in dem Destilliersäulensystem weiter gereinigt werden, indem sie einer Zusatzsäule zur Entfernung schwererflüchtiger Verunreinigungen zugeführt wird, aus deren oberem Bereich ein Reinsauerstoffprodukt abgezogen wird. Die sauerstoffreiche Fraktion wird dazu vorzugsweise vom Sumpf der Reinsauerstoffsäule oder vom Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers abgezogen. Der aufsteigende Dampf wird in der Zusatzsäule von schwererflüchtigen Komponenten befreit, die im Reinsauerstoffprodukt entsprechend abgereichert sind (beispielsweise weniger als 100 ppm, vorzugsweise weniger als 10 ppm an Verunreinigungen mit höherem Siedepunkt als Sauerstoff; es können Restgehalte bis etwa 1 ppb erreicht werden). Restflüssigkeit aus der Zusatzsäule kann in die Reinsauerstoffsäule oder den Kondensator-Verdampfer zurückgeleitet werden. Die Zusatzsäule ist vorzugsweise als reine Verstärkungssäule ausgeführt und enthält beispielsweise 10 bis 40 vorzugsweise 10 bis 30 theoretische Böden.

[0019] Rücklaufflüssigkeit für die Zusatzsäule wird vorzugsweise in einem Kopfkondensator erzeugt, in dem eine zweite sauerstoffangereicherte Flüssigfraktion aus dem unteren Bereich der Einzelsäule mindestens teilweise verdampft wird. Die zweite sauerstoffangereicherte Flüssigfraktion kann beispielsweise gemeinsam mit der auf die Reinsauerstoffsäule aufgegebenen sauerstoffangereicherten Flüssigkeit aus der Einzelsäule abgezogen und auf erhöhten Druck gebracht werden.

[0020] Vorzugsweise wird bei allen bisher genannten Ausführungsformen der Erfindung die gesamte Rücklaufflüssigkeit für die Einzelsäule und gegebenenfalls die Reinsauerstoffsäule in dem Kondensator-Verdampfer erzeugt. Es ist daher im allgemeinen nur ein einziger Kondensator-Verdampfer erforderlich, im Falle einer Zusatzsäule zwei.

[0021] Luftverdichter und Kreislaufverdichter können durch eine einzige Maschine gebildet werden, nämlich durch eine Kombi-Maschine, bei der mehrere Ritzel auf eine Welle sitzen, von denen einige den Luftverdichter und eines oder mehrere den Kreislaufverdichter realisieren.

[0022] Der Kreislaufverdichter kann mindestens teilweise durch einen an die Restgasturbine gekoppelten Verdichter gebildet werden, wobei mindestens ein Teil der bei der arbeitsleistenden Entspannung des zweiten sauerstoffangereicherten Gases erzeugten mechanischen Energie zur Verdichtung des ersten Teils und/oder des zweiten Teils der stickstoffreichen Fraktion eingesetzt wird.

[0023] Falls ein Stickstoffprodukt besonders hoher Reinheit erzeugt werden soll, ist es günstig, wenn das Destilliersäulensystem eine Reinstickstoffsäule aufweist, wobei eine Stickstofffraktion aus dem oberen Bereich der Einzelsäule in flüssigem Zustand auf die Reinstickstoffsäule aufgegeben wird und aus dem unteren Bereich der Reinstickstoffsäule ein Reinstickstoffprodukt abgezogen wird. Die Reinstickstoffsäule dient zur Abreicherung leichtflüchtiger Verunreinigungen aus dem Stickstoff, insbesondere von Helium, Neon und Wasserstoff. Das Sumpfprodukt der Reinstickstoffsäule ist praktisch frei von Helium, Neon und Wasserstoff (beispielsweise weniger als 10 ppb, vorzugsweise weniger als 5 ppb an leichter als Stickstoff flüchtigen Verunreinigungen) und kann in Gas- oder Flüssigform abgezogen werden. Die Reinstickstoffsäule wird vorzugsweise als reine Abtriebssäule (Strippsäule) betrieben und enthält beispielsweise 10 bis 20 vorzugsweise 10 bis 15 theoretische Böden.

[0024] Der Stickstoffkreislauf (erster Teil der stickstoffreichen Fraktion aus dem Destilliersäulensystem) kann entweder mit sehr reinem Gas aus dem unteren Bereich der Reinstickstoffsäule oder mit Kopfgas der Einzelsäule betrieben werden. Ebenso ist es möglich gasförmiges Druckprodukt (zweiter Teil der stickstoffreichen Fraktion aus dem Destilliersystem) helium- und neon-frei aus der Reinstickstoffsäule und/oder etwas weniger rein vom Kopf der Einzelsäule abzuziehen.

[0025] Die Reinstickstoffsäule weist vorzugsweise einen Sumpfverdampfer auf, wobei die Stickstofffraktion gasförmig aus der Einzelsäule entnommen und vor ihrer Aufgabe auf die Reinstickstoffsäule in dem Sumpfverdampfer verflüssigt wird. Durch diese Verfahrensweise ist kein weiteres Heizmittel für den Betrieb der Reinstickstoffsäule erforderlich. Der Betriebsdruck der Reinstickstoffsäule ist etwas geringer (beispielsweise um 0,5 bis 1,0 bar) als der Druck am Kopf der Einzelsäule. Die in dem Sumpfverdampfer verflüssigte Fraktion wird vor der Aufgabe auf die Reinstickstoffsäule auf deren Betriebsdruck entspannt.

[0026] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung gemäß Patentanspruch 12.

[0027] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im folgenden anhand von in den Zeichnungen schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Hierbei zeigen:
Figur 1
ein Verfahren und eine Vorrichtung mit innerhalb der Einzelsäule angeordnetem Kondensator-Verdampfer,
Figur 2
ein erstes Ausführungsbeispiel der Erfindung mit einer einzigen Säule und einem einzigen Kondensator-Verdampfer,
Figur 3
ein Ausführungsbeispiel der Erfindung mit Gewinnung von hochreinem Stickstoff,
Figur 4
eine Variante mit zwei Stickstoffprodukten unterschiedlicher Reinheit,
Figur 5
ein Verfahren, bei dem auch reiner Sauerstoff als Produkt gewonnen wird,
Figur 6
ein weiteres Ausführungsbeispiel mit Erzeugung von hochreinem Sauerstoff,
Figur 7
eine Abwandlung des Verfahrens der Figur 6 mit Innenverdichtung von hochreinem Sauerstoff,
Figur 8
ein Prozeß, bei dem gleichzeitig hochreiner Stickstoff und hochreiner Sauerstoff gewonnen werden,
Figur 9
eine Variante des Verfahrens von Figur 2 mit einer zweiten Turbine,
Figur 10
eine andere Abwandlung des in Figur 2 dargestellten Prozesses mit Turbinen-Booster und
Figur 11
ein Diagramm, das sich auf den Betrieb des Ausführungsbeispiels von Figur 2 bezieht.


[0028] Bei dem Verfahren von Figur 1 wird über eine Leitung 1 verdichtete und gereinigte Einsatzluft herangeführt, die unter einem Druck von etwa 3,5 bar steht. (Luftverdichter und Luftreinigung - beispielsweise mittels eines Molekularsiebs - sind in der Zeichnung nicht dargestellt.) Die Luft wird in einem Hauptwärmetauscher 2 auf etwa Taupunkt abgekühlt und über Leitung 3 einer Einzelsäule 4 an einer Zwischenstelle zugeführt. Die Zwischenstelle liegt beispielsweise 5 bis 20 theoretische beziehungsweise praktisch Böden oberhalb des Sumpfs der Säule 4. Der Betriebsdruck am Sumpf der Einzelsäule beträgt in dem Beispiel 3,0 bar.

[0029] Der Kopfstickstoff 5 (die "stickstoffreiche Fraktion") aus der Einzelsäule 4 enthält noch 1 ppm bis 1 ppb Sauerstoff und wird in einem Unterkühler 6 und (Leitung 7) weiter im Hauptwärmetauscher 2 auf etwa Umgebungstemperatur angewärmt. Der warme Kopfstickstoff 8 wird einem Kreislaufverdichter 9 zugeführt, der beispielsweise zwei bis drei Stufen aufweist. Hinter jeder Stufe des Kreislaufverdichters befindet sich eine Nach- beziehungsweise Zwischenkühlung zur Entfemung der Kompressionswärme, von denen jedoch in der schematischen Zeichnung nur die Nachkühlung 10 hinter der Endstufe dargestellt ist. Ein erster Teil 12 des auf einen Druck von 9,5 bar verdichteten Kopfstickstoffs 11 wird zum Hauptwärmetauscher 2 zurückgeführt, dort auf mehrere Kelvin oberhalb der Säulentemperatur abgekühlt und über Leitung 13 dem Verflüssigungsraum eines Kondensator-Verdampfers 14 zugeführt. Dort wird er unter etwa dem Austrittsdruck des Kreislaufverdichters 9 vollständig oder nahezu vollständig verflüssigt. Die dabei gebildete stickstoffreiche Flüssigkeit 15 wird im Unterkühler 6 unterkühlt und über Leitung 16 und Drosselventil 17 auf den Kopf der Einzelsäule aufgegeben. Ein Teil 18 der stickstoffreichen Flüssigkeit 16 kann als Flüssigstickstoffprodukt LIN abgezogen werden. Die Flüssigproduktion beträgt in dem Beispiel etwa 0 % der Luftmenge. In der Zeichnung wird der Flüssigstickstoff aus der Einzelsäule abgezogen, deren Kopf hier als Flashgasabscheider zwischen dem Drosselventil 17 und der Flüssigproduktentnahme 18 dient.

[0030] Ein zweiter Teil 19 des im Kreislaufverdichter 9 verdichteten Kopfstickstoffs 11 wird als gasförmiges Stickstoffprodukt unter Druck (DGAN) abgeführt. Altemativ oder zusätzlich kann ein Teil 20 des Druckstickstoffs aus einer Zwischenstufe des Kreislaufverdichters herausgeführt und bei einem Druck zwischen dem Betriebsdruck der Einzelsäule 4 und dem Enddruck des Kreislaufverdichters 9 als gasförmiges Druckstickstoffprodukt (DGAN') gewonnen werden. In beiden Fällen dient der Kreislaufverdichter 9 gleichzeitig als Produktverdichter.

[0031] Der Kondensator-Verdampfer 14 ist in dem Beispiel von Figur 1 unmittelbar im Sumpf der Einzelsäule angeordnet. Auf seiner Verdampfungsseite verdampft die sauerstoffangereicherte Sumpfflüssigkeit der Einzelsäule 4 unter deren Betriebsdruck unter Bildung eines Dampfs mit einem Sauerstoffgehalt von etwa 80 %. Während ein erster Teil des im Kondensator-Verdampfer 14 erzeugten Dampfs in der Einzelsäule 4 aufsteigt ("erstes sauerstoffangereichertes Gas"), wird ein zweiter Teil 21 ("zweites sauerstoffangereichertes Gas") zum kalten Ende des Hauptwärmetauschers 2 geführt. Nach Anwärmung auf eine Zwischentemperatur strömt diese Fraktion über Leitung 22 zu einer Restgasturbine 23 und wird dort arbeitsleistend von etwa 3 bar auf etwa 1,5 bar entspannt. Das arbeitsleistend entspannte sauerstoffangereicherte Gas 24 wird im Hauptwärmetauscher 2 vollständig angewärmt und über Leitung 25 als unreines Sauerstoffprodukt UGOX abgegeben. Es kann als Regeneriergas in der nicht dargestellten Luftreinigung und/oder als gasförmiges Nebenprodukt verwendet und/oder in die Atmosphäre abgegeben werden. Die Turbine 23 kann über einen Bypass 26 geregelt werden. Eine kleine Flüssigkeitsmenge 27 wird kontinuierlich oder intermittierend als Spülflüssigkeit aus dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers 14 abgeführt.

[0032] Das Verfahren gemäß Figur 1 unterscheidet sich vom Stand der Technik gemäß US 4400188 durch die Art der Kälteerzeugung. Diese wird hier durch arbeitsleistende Entspannung eines sauerstoffangereicherten Gases 21 aus dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers 14 bewerkstelligt. Diese Maßnahme bewirkt zwar eine Vereinfachung der Apparatur, da nur noch ein einziger Kondensator-Verdampfer zum Betrieb der Einzelsäule 4 erforderlich ist, allerdings läßt sich damit allein noch nicht die angestrebte einfache Variation des Flüssigproduktanteils durchführen, wie es bei den Ausführungsbeispielen der Figuren 2 bis 10 der Fall ist.

[0033] Bei dem Verfahren und der Anlage von Figur 2 ist der Kondensator-Verdampfer 214 in einem eigenen Behälter außerhalb der Einzelsäule 4 angeordnet. Dies stellt im vorliegenden Fall nicht nur ein apparatives Detail dar, sondern ermöglicht verfahrenstechnisch die Abkopplung des Drucks im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers 214 vom Betriebsdruck der Einzelsäule 4. Die Sumpfflüssigkeit (die "flüssige sauerstoffangereicherte Fraktion") 228 wird hier mittels einer Pumpe 229 auf einen Druck von 4 bis 8 bar gebracht und unter diesem erhöhten Druck oder gegebenenfalls nach leichter Drosselung 230 über Leitung 231 in den Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers 214 eingeleitet. Der Dampf 232, der aus dem Kondensator-Verdampfer 214 unter diesem Druck abgezogen wird, strömt zu einem ersten Teil ("erstes sauerstoffangereichertes Gas") 233 unter Drosselung 234 zur Einzelsäule 4 zurück. Ein zweiter Teil ("zweites sauerstoffangereichertes Gas") 221 wird in Figur 2 analog zum Strom 21 von Figur 1 einer Restgasturbine 23 zugeführt, deren Eintrittsdruck jedoch etwas höher als beim Prozeß der Figur 1 ist.

[0034] Um die Verdampfung unter dem erhöhten Druck zu gewährleisten muß auch auf der Verflüssigungsseite des Kondensator-Verdampfers 214 ein entsprechend erhöhter Druck von etwa 9 bar herrschen, das heißt der Kreislaufverdichter 9 muß einen entsprechend höheren Enddruck aufweisen.

[0035] Der Vorteil der Abkoppelung des Kondensator-Verdampfers vom Betriebsdruck der Säule erschöpft sich nicht in einer etwas größeren Kälteleistung der Turbine 23, die eine Folge des höheren Eintrittsdrucks ist. Vielmehr kann durch diese Maßnahme die Flüssigproduktion (hier: ausschließlich flüssiger Stickstoff 18) mit relativ einfachen Mitteln in einem Bereich von etwa 0 bis 4,3 % der Einsatzluftmenge variiert werden. Das Umschalten zwischen den Betriebsfällen funktioniert folgendermaßen: Um beispielsweise maximale Flüssigproduktion zu erreichen, wird zunächst die Abgabe an gasförmigem Stickstoff (über Leitung 19 und/oder Leitung 20) reduziert, wobei der Kreislaufverdichter unverändert mit konstantem Durchsatz und konstantem Enddruck weiterläuft, ebenso wie der in den Zeichnungen nicht dargestellte Luftverdichter. Es wird also mehr Stickstoff zum Kondensator-Verdampfer 214 geführt und damit über Leitung 15/16 mehr Flüssigkeit auf die Einzelsäule 4 aufgegeben. Durch das erhöhte Rücklaufverhältnis in der Säule fällt die Sauerstoffkonzentration im Sumpf ab. Als Folge hiervon erhöht sich der Verdampfungsdruck der sauerstoffangereicherten Fraktion im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers von beispielsweise 3 bar im MaxGAN-Fall auf bis zu beispielsweise 6 bar im MaxLIN-Fall. Dies führt wiederum zur Erhöhung von Eintrittsdruck und Durchsatz an der Turbine 23. Hierdurch steht eine entsprechend erhöhte Kälteleistung für die angestrebte zusätzliche Produktverflüssigung zur Verfügung. Der in die Säule 4 zurückströmende Dampf 233 wird so abgedrosselt (234), daß der Betriebsdruck der Einzelsäule 4 konstant bleibt. Die Flüssigkeitsproduktion kann soweit erhöht werden, daß über die Leitungen 19 beziehungsweise 20 keinerlei gasförmiges Druckstickstoffprodukt mehr abgegeben wird, sondern der gesamte erzeugte Stickstoff über Leitung 18 als Flüssigprodukt gewonnen wird.

[0036] Um den umgekehrten Fall, die maximale Druckgasproduktion mit einer Flüssigproduktion von beispielsweise 0 % der Einsatzluftmenge, zu erreichen wird genau umgekehrt verfahren. Der Kondensator-Verdampfer 214 wird dann verdampfungsseitig mit einem Druck gefahren, der etwa 0,2 bar höher als der Druck am Sumpf der Einzelsäule ist; die beiden Drücke können im Extremfall auch gleich sein. In dieser Verfahrensweise ergibt sich dennoch eine Energieeinsparung von etwa 30 % gegen über einem Standard-Stickstoffgenerator. Der (nicht dargestellte) Luftverdichter und der Kreislaufverdichter 9 werden bei der Erfindung vorzugsweise in einer Kombi-Maschine zusammengefaßt und mit einem gemeinsamen Antrieb versehen. Die Kennlinie des Apparats kann vollautomatisch zwischen den oben erwähnten extremen Betriebsfällen und jedem dazwischenliegenden Fall hin- und hergefahren werden, ohne daß die Verdichtungsmaschinen (Luftverdichter und Kreislaufverdichter) nachgeregelt werden müssen. Angepaßt werden müssen lediglich die Restgasturbine und die Menge des gasförmigen Produktstickstoffs.

[0037] Die Figuren 3 bis 8 zeigen, wie sich das erfindungsgemäße Verfahren auf eine Gewinnung von reinem Sauerstoff, hochreinem Sauerstoff und/oder hochreinem Stickstoff erweitern läßt.

[0038] Figur 3 entspricht weitgehend Figur 2. Das Verfahren und die Vorrichtung von Figur 3 weisen jedoch zusätzlich eine Reinstickstoffsäule 335 mit Sumpfverdampfer 336 auf. Kopfstickstoff 337 aus der Einzelsäule 4 (Betriebsdruck hier: etwa 3 bar am Kopf) wird in dem Sumpfverdampfer 336 mindestens teilweise kondensiert und über Leitung 338 nach Drosselung 339 auf etwa 2,5 bar auf den Kopf der Reinstickstoffsäule 335 aufgegeben. Aus der Flüssigkeit, die in der Säule 335 herabfließt, werden leichterflüchtige Komponenten, insbesondere Helium, Neon und Wasserstoff abgestrippt, die mit einem Spülgas 340 abgezogen werden. Im Sumpf fällt hochreiner Stickstoff an, der noch etwa 0,1 ppm an Verunreinigungen enthält. Er bildet zu einem ersten Teil das Flüssigstickstoffprodukt 318. Der Rest wird über Leitung 342 abgezogen, bildet die "stickstoffreiche Fraktion" und wird dem Kreislaufverdichter 9 zugeführt. Die in dem Kondensator-Verdampfer 214 erzeugte stickstoffreiche Flüssigkeit 316 wird teilweise über Leitung 343 auf den Kopf der Reinstickstoffsäule 335 aufgegeben. Diese Flüssigstickstoffmenge am Kopf der Reinstickstoffsäule 335 entspricht exakt der LIN-Produktmenge 318. Die Menge 388 wird im Sumpfverdampfer 336 gegen sich selbst verdampft.

[0039] In Figur 4 wird der Kreislaufverdichter 9 abweichend von Figur 3 nicht direkt mit Gas aus der Reinstickstoffsäule 335 gespeist, sondern vom Kopfgas 442 der Einzelsäule 4, welches hier die "stickstoffreiche Fraktion" bildet. In diesem Fall enthält also das Druckstickstoffprodukt 19, 20 noch leichtflüchtige Verunreinigungen wie Helium und Neon. Der Kopfstickstoff, der als Einsatz für die Reinstickstoffsäule 335 und als Heizmittel für deren Sumpfverdampfer 435 dient, wird mit im Kreislauf geführt und stromaufwärts des Kondensator-Verdampfers 214 über Leitung 437 abgezweigt. Die Reinstickstoffsäule 335 kann daher unter einem höheren Druck als die Einzelsäule betrieben werden, beispielsweise bei 8 bar. Zusätzlich zu dem oder den Druckstickstoffprodukten 19, 20 und dem hochreinen Flüssigstickstoffprodukt 318 kann am Sumpf der Reinstickstoffsäule 335 ein weiteres gasförmiges Druckstickstoffprodukt 444, 445 (UPDGAN) mit besonders hoher Reinheit gewonnen werden. Vom Kopf der Reinstickstoffsäule 335 wird eine Restfraktion 446 abgezogen und beispielsweise gemeinsam mit dem Abgas der Turbine 23 im Hauptwärmetauscher 2 angewärmt.

[0040] Das Verfahren und die Anlage von Figur 5 dienen der Gewinnung von zusätzlichem Sauerstoff einer Reinheit von 99,5 bis 99,9999 %, vorzugsweise 99,5 bis 99,9 %, der argonfrei ist (1 ppm Argon oder weniger). Dazu ist oberhalb des aus den Figuren 2 bis 4 bekannten Kondensator-Verdampfers 514 ein Stoffaustauschabschnitt um Umfang von 30 bis 60 theoretischen beziehungsweise praktischen Böden angeordnet, der eine Reinsauerstoffsäule 546 bildet. Die Sumpfflüssigkeit der Einzelsäule 4 wird nicht unmittelbar zum Kondensator-Verdampfer 514 geführt, sondern auf den Kopf der Reinsauerstoffsäule 546 aufgegeben. Beim Durchströmen dieser Säule reichert sie sich weiter an Sauerstoff an. Die "flüssige sauerstoffangereicherte Fraktion" wird hier durch die Sumpfflüssigkeit der Reinsauerstoffsäule 546 gebildet.

[0041] Das Kopfgas 532 der Reinsauerstoffsäule 546 von Figur 5 bildet zu einem ersten Teil das "erste sauerstoffangereicherte Gas" 533 und zu einem zweiten Teil das "zweite sauerstoffangereicherte Gas" 521. Die beiden Fraktionen werden wie bei den oben beschriebenen Ausführungsbeispielen der Einzelsäule beziehungsweise der arbeitsleistenden Entspannung 23 zugeführt. Vom Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers 514, der in dem Beispiel im Sumpf der Reinsauerstoffsäule untergebracht ist, wird über die Leitungen 547 und 548 ein gasförmiges Sauerstoffprodukt GOX abgezogen, das reiner als die erste sauerstoffangereicherte Gasfraktion 532 ist.

[0042] In Figur 6 ist darüber hinaus eine Zusatzsäule 649 vorgesehen, die zur Abtrennung von schwererflüchtigen Komponenten wie Kohlenwasserstoffen, Krypton und/oder Xenon aus dem gasförmigen Sumpfprodukt 650 der Reinsauerstoffsäule 546 dient. Sie wird unter demselben Druck wie die Reinsauerstoffsäule 546 betrieben und weist einen Kopfkondensator 651 auf, der mit einem Teil 652 der in der Pumpe 629 auf Druck gebrachten Sumpfflüssigkeit 628 der Einzelsäule 4 gekühlt wird. Dabei entstehender Dampf 653 wird dem Abgas der Turbine 23 beigemischt. Über Leitung 654 kann hier ebenfalls eine Spülung vorgenommen werden. Die Sumpfflüssigkeit 655 der Zusatzsäule 649 wird zum Sumpf der Reinsauerstoffsäule 546 zurückgeleitet. Am Kopf der Zusatzsäule 649 fällt hochreiner Sauerstoff mit einem Gesamtgehalt von 1 ppm an Restverunreinigungen an. Er wird zu eine ersten Teil 647, 648 als gasförmiges und zu einem zweiten Teil 656 als flüssiges Hochreinprodukt abgegeben.

[0043] Figur 7 zeigt, wie der gasförmige hochreine Sauerstoff mittels Innenverdichtung unter einem Druck abgegeben werden kann, der höher als der Betriebsdruck der Zusatzsäule 649 ist und beispielsweise etwa 8 bar beträgt. Hier wird das gesamte Hochreinprodukt über Leitung 756 flüssig abgezogen, in einer Pumpe 757 auf den erhöhten Druck gebracht. Mindestens ein Teil 758 wird unter diesem Druck im Hauptwärmetauscher 2 verdampft und bei 759 als hochreines Drucksauerstoffprodukt abgeführt.

[0044] In Figur 8 sind die Reinstickstoffsäule 335 aus Figur 3 und die beiden Säulen 546 und 649 der Figur 6 gemeinsam verwirklicht, so daß Stickstoff und Sauerstoff gleichzeitig als hochreine Produkte UPDGAN, UPGOX gewonnen werden können.

[0045] Für die Produktion weiter erhöhter Flüssigkeitsmengen können alle bisher beschriebenen Ausführungsformen durch eine zweite Turbine 961 ergänzt werden, in der ein Teil 960 des im Kreislaufverdichter komprimierten Kreislaufstickstoffs arbeitsleistend entspannt wird. Dies ist in Figur 9 beispielhaft dargestellt, die ansonsten Figur 2 entspricht. Dieser Teil wird bei einer Zwischentemperatur aus dem Hauptwärmetauscher abgeführt, die gleich der Eintrittstemperatur der ersten Turbine 23 oder höher oder niedriger ist. Der entspannte Stickstoff 962 wird in den Kreislauf zurückgespeist.

[0046] Während bei den bisherigen Ausführungsbeispielen die Restgasturbine 23 an einen Generator oder an eine andere Bremsvorrichtung zur Abführung mechanischer Energie gekoppelt ist, treibt sie in Figur 10 direkt einen Booster 1063 an, der dem extern angetriebenen Kreislaufverdichter vorgeschaltet ist und diesem einen Teil der Verdichtungsarbeit abnimmt, ohne von außen eingebrachte Energie zu verbrauchen. Figur 10 ist ansonsten mit Figur 2 identisch. Je nach Größe der Anlage kann es bei jedem der geschilderten Ausführungsvarianten sinnvoll sein, einen derartiger Turbinen-Booster einzusetzen. In Figur 10 ist außerdem die optionale Entnahme eines Stickstoffprodukts 1064 unter dem Austrittsdruck des Boosters 1063 gezeigt.

[0047] Ein wesentlicher Aspekt der Erfindung besteht in einer flexiblen Betriebsweise der Anlage hinsichtlich des Flüssigproduktanteils. Das Diagramm von Figur 11 dient zur Verdeutlichung dieser Möglichkeiten, den Prozeß von Figur 2 mit unterschiedlichen oder variierenden Produktspezifikationen zu fahren, und zwar - in dem hier dargestellten Beispiel - bei konstantem Betrieb des Luftverdichters (9.400 Nm3/h bei 3.4 bar Austrittsdruck) und des Kreislaufverdichters 9 (15.200 Nm3/h bei 9,5 bar Austrittsdruck).

[0048] Nach links ist dabei die Menge gasförmigen Stickstoffprodukts in Nm3/h aufgetragen, die über die Leitung 19 abgezogen wird (die in Figur 2 gestrichelt gezeichnete Leitung 20 wird bei dem Beispiel nicht benutzt). Nach oben sind folgende Parameter aufgetragen:
+
Sauerstoffkonzentration im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers 214 in [mol% · 10]
Δ
Druck im Verdampfungsraum des Kondensators in [bar · 100]
Mengenstrom durch Turbine 23 in [Nm3/h /10]
LIN-Produktmenge über Leitung 18 in [Nm3/h]


[0049] Das Diagramm zeigt die Erhöhung der Flüssigproduktmenge (unter Kurve) von knapp über Null (links) auf 400 Nm3/h. Dabei steigen der Druck im Kondensator-Verdampfer und der Turbinenstrom an, während die Sauerstoffkonzentration im Kondensator und die Menge an gasförmigem Produktstickstoff sinken. Der Betriebsdruck der Säule innerhalb der Säule bleibt dabei konstant.


Ansprüche

1. Verfahren zur Gewinnung von gasförmigem und flüssigem Stickstoff mit variablem Anteil des Flüssigprodukts durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Destilliersäulensystem, das eine Einzelsäule (4) aufweist, wobei bei dem Verfahren

• Einsatzluft (1) in einem Luftverdichter verdichtet, in einem Hauptwärmetauscher (2) abgekühlt und der Einzelsäule (4) zugeführt (3) wird,

• eine stickstoffreiche Fraktion (5, 7, 8) aus dem Destilliersäulensystem abgezogen und mindestens zu einem erstem Teil in einem Kreislaufverdichter (9, 1063) verdichtet wird,

• der erste Teil (12, 13) der stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) stromabwärts des Kreislaufverdichters (1063, 9) dem Verflüssigungsraum eines Kondensator-Verdampfers (14) zugeführt und dort unter einem Druck kondensiert wird, der höher als der Betriebsdruck der Einzelsäule (4) ist, wobei stickstoffreiche Flüssigkeit (15, 16) gebildet wird,

• eine flüssige sauerstoffangereicherte Fraktion (228, 231) aus dem Destilliersäulensystem im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) mindestens teilweise verdampft wird,

• aus dem im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) gebildeten Dampf (232) ein erstes sauerstoffangereichertes Gas (234, 533) erzeugt, in die Einzelsäule (4) eingeleitet und dort als aufsteigender Dampf verwendet wird und

• ein zweiter Teil (19, 20, 1064) der stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) zumindest zeitweise als gasförmiges Stickstoffprodukt abgezogen wird,

dadurch gekennzeichnet, daß

• ein Teil (18) der stickstoffreichen Flüssigkeit (15,16) aus dem Kondensator-Verdampfer (14) zumindest zeitweise als Flüssigprodukt abgezogen wird,

• der Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) zumindest zeitweise unter einem Druck betrieben wird, der höher als der Betriebsdruck der Einzelsäule (4) ist und

• ein zweites sauerstoffangereichertes Gas (221, 521) aus einer der Säulen (546) des Destilliersystems und/oder aus dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) entnommen, arbeitsleistend entspannt (23) und im Hauptwärmetauscher (2) angewärmt wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine sauerstoffangereicherte Flüssigkeit (228, 528) aus der Einzelsäule (4) abgezogen und in flüssigem Zustand auf einen erhöhten Druck gebracht (229) wird, wobei das zweite sauerstoffangereicherte Gas (232, 221, 521) aus der resultierenden unter erhöhtem Druck befindlichen sauerstoffangereicherten Flüssigkeit (231) erzeugt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die sauerstoffangereicherte Flüssigkeit (231) stromabwärts der Druckerhöhung (229) die sauerstoffangereicherte flüssige Fraktion bildet, die in den Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) eingeleitet wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Destilliersäulensystem eine Reinsauerstoffsäule (546) aufweist, wobei die sauerstoffangereicherte Flüssigkeit (231) stromabwärts der Druckerhöhung (229) auf die Reinsauerstoffsäule (546) aufgegeben wird und aus dem unteren Bereich der Reinsauerstoffsäule (546) eine sauerstoffreiche Fraktion (547) abgezogen wird, wobei die flüssige sauerstoffangereicherte Fraktion, die dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (514) zugeleitet wird, aus dem unteren Bereich der Reinsauerstoffsäule (546) stammt und wobei im Kondensator-Verdampfer (514) erzeugter Dampf in den unteren Bereich der Reinsauerstoffsäule (546) eingeleitet und dort als aufsteigender Dampf verwendet wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Destilliersäulensystem eine Zusatzsäule (649) zur Entfernung schwererflüchtiger Verunreinigungen aufweist, wobei die sauerstoffreiche Fraktion (650) aus der Reinsauerstoffsäule (546) in die Zusatzsäule (649) eingeleitet wird und ein Reinsauerstoffprodukt (647, 656, 756, 758, 759) aus dem oberen Bereich der Zusatzsäule (649) abgezogen wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Zusatzsäule (649) einen Kopfkondensator (651) aufweist, der mit einer zweiten sauerstoffangereicherten Flüssigfraktion (652) aus dem unteren Bereich der Einzelsäule (4) mindestens teilweise verdampft wird.
 
7. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die gesamte Rücklaufflüssigkeit für die Einzelsäule (4) und gegebenenfalls die Reinsauerstoffsäule (546) in dem Kondensator-Verdampfer (14, 514) erzeugt wird.
 
8. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß Luftverdichter und Kreislaufverdichter (9) durch eine einzige Maschine gebildet werden.
 
9. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein Teil der bei der arbeitsleistenden Entspannung (23) des zweiten sauerstoffangereicherten Gases (221, 521) erzeugten mechanischen Energie zur Verdichtung (1063) des ersten Teils und/oder des zweiten Teils der stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) eingesetzt wird.
 
10. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Destilliersäulensystem eine Reinstickstoffsäule (335) aufweist, wobei eine Stickstofffraktion (338, 437) aus dem oberen Bereich der Einzelsäule (4) in flüssigem Zustand auf die Reinstickstoffsäule (335) aufgegeben wird und aus dem unteren Bereich der Reinstickstoffsäule (335) ein Reinstickstoffprodukt (318, 444, 445) abgezogen wird.
 
11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Reinstickstoffsäule (335) einen Sumpfverdampfer (336, 435) aufweist, wobei die Stickstofffraktion (437) gasförmig aus der Einzelsäule (4) entnommen und vor ihrer Aufgabe (338, 339) auf die Reinstickstoffsäule (335) in dem Sumpfverdampfer (336, 435) verflüssigt wird.
 
12. Vorrichtung zur Gewinnung von gasförmigem und flüssigem Stickstoff mit variablem Anteil des Flüssigprodukts durch Tieftemperaturzerlegung von Luft mit einem Destilliersäulensystem, das eine Einzelsäule (4) aufweist, und mit

• einem Luftverdichter,

• einer Einsatzluftleitung (1, 3), die von dem Luftverdichter durch einen Hauptwärmetauscher (2) in die Einzelsäule (4) führt,

• einem Kreislaufverdichter (9, 1063) zur Verdichtung des ersten Teils einer stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) aus dem Destilliersäulensystem,

• einer Kreislaufleitung (12, 13), die vom Austritt des Kreislaufverdichters (1063, 9) zu dem Verflüssigungsraum eines Kondensator-Verdampfers (14) führt wird,

• Mitteln (228, 231) zur Zuführung einer flüssigen sauerstoffangereicherten Fraktion aus dem Destilliersäulensystem zum Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14),

• Mitteln zur Erzeugung eines ersten sauerstoffangereicherten Gases (234, 533) aus dem im Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) gebildeten Dampf (232) und zu dessen Einleitung in die Einzelsäule (4) und mit

• einer Gasproduktleitung zum Abziehen eines zweiten Teils (19, 20,1064) der stickstoffreichen Fraktion (5, 7, 8) als gasförmiges Stickstoffprodukt,

gekennzeichnet durch

• eine Flüssigproduktleitung (15, 16), die mit dem Verflüssigungsraum des Kondensator-Verdampfers (14) verbunden ist, durch

• die Anordnung des Kondensator-Verdampfers (14) innerhalb eines von der Einzelsäule (4) getrennten Behälters und durch

• eine Entspannungsmaschine (23) zur arbeitsleistenden Entspannung eines zweiten sauerstoffangereicherten Gases (221, 521) aus einer der Säulen (546) des Destilliersystems und/oder aus dem Verdampfungsraum des Kondensator-Verdampfers (14).


 




Zeichnung






















Recherchenbericht