[0001] Die bekannten Stranggießkokillen, ob ausgebildet als Wanderkokille, wie beispielsweise
der 'Twin Roller' nach einem Bessemer-Patent aus dem 19. Jahrhundert, oder auch als
Standkokille, bestehen aus einer Kupferwand, die rückseitig mit Wasser über einen
Wasserverteilungskasten gekühlt wird.
[0002] Der Stand der Technik sowie dessen Mängel (wie in Figur 1 verdeutlicht), werden im
Folgenden beispielhaft an einer oszillierenden Standkokille (1) aufgezeigt, bei der
vorzugsweise Stahl mit einem SEN bzw. Tauchausguß (2) und Gießpulver (3) bzw. Gießschlacke
(3.1) zu Brammen der Dicke zwischen 150 und 30 mm und einer Breite von max. 3.300
mm mit Gießgeschwindigkeiten (4) bis max. 15 m/min gegossen wird.
[0003] Eine solche Kokille wird bisher mit einer Wasserkühlung von beispielsweise 4.000
- 8.000 l/min bei einer Strangbreite (5) von 1.600 mm und einem Druck zwischen 5 -
15 bar versorgt. Diese Wasserkühlung ist so aufgebaut, daß die Wassertemperatur T
Min am Eintritt in die Kokille (6) unabhängig von
* der Gießgeschwindigkeit (4),
* der Brammenbreite (5),
* der Kupferplattendicke (7),
* dem Gießpulver (3),
* der Gießschlacke (3.1)
* dem Wasserdruck (9) und
* der Oszillation (12)
konstant gehalten wird.
[0004] Das Kokillenkühlwasser (10) nimmt mit steigender Gießgeschwindigkeit eine höhere
Temperatur T
Mout (11) an. Die Temperaturdifferenz (13) zwischen der konstanten Einlauftemperatur (16)
und der variablen Auslauftemperatur (11) ist eine Funktion der oben genannten Einflußgrößen.
[0005] Betrachtet man das System beispielsweise unter der Annahme, daß alle Einflußgrößen
bis auf die Gießgeschwindigkeit konstant gehalten werden, so steigen mit größer werdender
Gießgeschwindigkeit von VC
1 (4.1) auf VC
2 (4.2) die Auslauftemperatur (11) oder die Temperaturdifferenz (13) und damit die
Kokillenhauttemperatur (14) von T
1 (14.1) auf T
2 (14.2) sowie die Energie unter der Energiekeule (15) von (15.1) auf (15.2) an.
[0006] Es ist also festzuhalten, daß mit sich ändernder Gießgeschwindigkeit (4) sowie sich
ändernden Einflußgrößen, die oben aufgezählt worden sind, sich die 'hot face'-Temperatur
(14) ändert, was zu sich ständig ändernder Schmierung der Strangschale (16) und des
Wärmestromes (17) in die Kokille führt. Diese sich ändernden Gießbedingungen führen
zu Störungen im Gießprozess sowie in der Strangoberfläche.
[0007] Beschreibt man den restlichen Wasserkreislauf, so wird das Wasser in einem Wärmetauscher
(18), der in seiner Leistung steuerbar ist, auf die gewünschte konstante Einlauftemperatur
(6) gekühlt und mit Hilfe einer Pumpenstation (19) mit einem gewünschten Druck (9)
der Kokille wieder zugeführt. Dieses Wasserkühlsystem läuft außerdem Gefahr, bei hohen
Gießgeschwindigkeiten von 10 - 15 m/min an der 'cold face' der Kokillenwand (20) zur
Gasfilmbildung zu gelangen, da der Verdampfungspunkt bei vorgegebenem Druck durch
eine zu hohe Temperatur im Wärmeübergangsbereich der Kupferwand überschritten wird.
[0008] Zu erwähnen ist, daß der Wärmetauscher (18) über einen Kühlturm (21) mit Pumpenstation
(21.1) gekühlt wird.
[0009] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Verfahren und eine
Vorrichtung zu schaffen, mit denen sich der Kokillen- bzw. Stranggießbetrieb verbessern
läßt.
[0010] Eine unerwartete, für den Fachmann nicht selbstverständliche Lösung stellen die in
den Patentansprüchen beschriebenen Merkmale dar. Erfindungsgemäß läßt sich dabei ein
Kokillenkühlsystem erreichen, bei dem die Kokillenhauttemperatur 'hot face' (14) bei
wechselnden Gießbedingungen konstant und unter Kontrolle bleibt, um konstante Bedingungen
für das Gießpulver (3) und die Gießschlacke (3.1) sowie einen ungestörten Wärmestrom
(17) über die Gießbreite ohne eine Gasfilmbildung (Leidenfrost-Effekt) sicherzustellen.
[0011] In den Figuren 1 bis 3 ist der Stand der Technik sowie die erfinderische Lösung beispielhaft
für eine oszillierende Dünnbrammenkokille mit Gießgeschwindigkeiten bis zu 15 m/min
beschrieben.
Figur 1 stellt den Stand der Technik dar und wurde bereits im Detail beschrieben;
Figur 2 stellt die erfinderische Lösung beispielhaft für eine Dünnbramrne mit Gießgeschwindigkeiten
bis zu 15 m/min in Queransicht, Teilbild 2 a) und in Dickenrichtung, Teilbild 2 b)
dar;
Figur 3 stellt im Teilbild 3 a) sowohl den Verlauf der Einlauftemperatur der variablen
Wassereinlauftemperatur in Funktion von der Gießgeschwindigkeit bei konstanter Auslauftemperatur
(Erfindung) als auch die Wasserauslauftemperatur in Funktion von der Gießgeschwindigkeit
bei konstanter Einlauftemperatur (Stand der Technik) dar; und
[0012] Teilbild 3 b) stellt für die erfinderische Lösung die variable Einlauftemperatur
bei einer konstanten Auslauftemperatur von 40 oder 30 °C in Abhängigkeit von der Kupferplattendicke
für zwei unterschiedliche Gießpulver A und B dar.
[0013] In Figur 2 wird die erfinderische Lösung der Kokillenkühlung, die eine konstante
'hot face'-Temperatur (22) bei wechselnden Gießgeschwindigkeiten (4.1) und (4.2) und/oder
andere Parameter wie
* Brammenbreite (5),
* Kupferplattendicke (7),
* Gießpulver (3),
* Gießschlacke (3.1),
* Wasserdruck und
* Oszillation (12)
sicherstellt, wiedergegeben.
[0014] Das wesentliche Merkmal der Erfindung besteht darin, daß am Austritt des Kokillenwassers
aus der Kokille ein Zweiwegeventil (23) angeordnet ist, das mit Hilfe eines Temperaturmeßfühlers,
der auf eine kontrollierte konstante Temperatur (24) eingestellt wird, die Wasserverteilung
zwischen heißem Kokillenwasser (25) und (über einen Wärmetauscher (26)) gekühltem
Kokillenwasser (27) so vorgenommen wird, daß die Auslauftemperatur (24) beispielsweise
bei wechselnden Gießgeschwindigkeiten (4) konstant bleibt.
[0015] Mit dieser Umkehr der konstant zu haltenden Wassertemperatur von der Einlaufseite
auf die Auslaufseite der Kokille verändert sich die Wassereinlauftemperatur (28) ständig
mit wechselnden Gießparametern. Außerdem ist wesentlich, daß zwischen Kokillenwasserauslauf
(29) und Kokillenwassereinlauf. (30).eine möglichst kurze Verrohrung - bypass - (31)
angeordnet ist, die mit dem Kokillenkreislauf (27), der über den Wärmetauscher (26)
geführt wird, unmittelbar vor dem Kokillenwassereinlauf (30) in einem Knotenpunkt
(32) zusammengeführt wird. Zwischen dem Rohrknotenpunkt (31) und dem Kokilleneinlauf
(30) ist dann eine Pumpenstation (33) angeordnet.
[0016] In der Figur 3 a) ist nun die Funktion der erfinderischen Lösung, nämlich die Wassereinlauftemperatur,
T
Min (28) über der Gießgeschwindigkeit (4) bei konstanter Auslauftemperatur, T
Mout = const. = 40 °C (24) dargestellt. Diese Funktion läßt erkennen, daß die 'hot face'-Temperatur
(22) mit sich ändernder Gießgeschwindigkeit konstant sinkt.
[0017] Dagegen läßt das Teilbild 3 a) die demgegenüber völlig andere Situation der bekannten
Kühlungen erkennen. Hier steigt mit der Gießgeschwindigkeit bei konstanter Einlauftemperatur
(6) die Auslauftemperatur (11) und damit die 'hot face'-Temperatur (14), womit die
oben beschriebenen Nachteile sich im Vergleich gut erkennen lassen.
[0018] Das Teilbild 3 b) stellt nun für unterschiedliche Kupferplattendicken (7) die sich
ändernde Einlauftemperatur (28) für die Fälle der konstanten Auslauftemperaturen (24)
von 40 °C (24.1) und 30 °C (24.2) und den Gießpulvem A oder B bei konstanten Prozeßdaten
wie
* der Gießgeschwindigkeit von 6 m/min,
* der Gießbreite von 1.200 mm und
* der max. Gießbreite von 1.600 mm sowie
* dem Druck von 12 bar und
* der Wassermenge von 6.000 l/min
dar.
[0019] Die Funktion läßt im Falle der erfinderischen Lösung erkennen, daß für konstante
Auslauftemperaturen (24.1) und (24.2) oder 'hot face'-Temperaturen (22) und sich ändernden
Kupferplattendicken (7) sowie Gießpulver A und B die Einlauftemperatur T
Min (28) funktional verändert wird.
[0020] Die Erfindung macht deutlich, daß mit Einführung eines Thermostaten (24) auf die
Kokillenwasserauslaufseite zum Ausregeln eines Zweiwegeventils (23) die 'hot face'-Temperatur
der Kokillenplatte unabhängig von den Gießbedingungen konstant gehalten werden kann.
Diese Lösung stellt sicher, daß der Wärmestrom über die Kokillenbreite ungestört und
konstant bleibt, daß die Gießpulverschmierung konstant bleibt, die Standzeit der Kokillenplatten
über ihre Hauttemperatur (22) kontrollierter bleibt sowie die besten Bedingungen für
die Strangoberfläche selbst bei hohen Gießgeschwindigkeiten von bis zu 15 m/min gegeben
sind.
Bezugszeichen
[0021]
- 1
- Kokille, oszillierende Standkokille
- 2
- Tauchausguß, SEN
- 3
- Gießpulver
- 3.1
- Gießschlacke
- 4
- Gießgeschwindigkeit, VC
- 4.1
- VC1
- 4.2
- VC2, VC1 < VC2
- 5
- Gießbreite
- 5.1
- max. Gießbreite
- 6
- konstante Kokillenkühlwassereinlauftemperatur TMin = const.
- 7
- Kupferplattendicke
- 7.1
- max. Kupferplattendicke
- 8.
- halbe Gießdicke
- 8.1
- Strangmitte
- 9
- Wasserdruck
- 10
- Kokillenkühlwasser
- 11
- Kokillenkühlwasserauslauftemperatur, TMout = variabel, TMin < TMout
- 12
- Oszillation, Frequenz, Hubhöhe, Oszillationsform
- 13
- Temperaturdifferenz zwischen TMout(11) und TMin= const. (6)
- 14
- Kokillenhauttemperatur, 'hot face'; variabel
- 14.1
- 'hot face'-Temperatur, T1 bezogen auf VC1 (4.1)
- 14.2
- 'hot face'-Temperatur, T2 bezogen auf VC2 (4.2), T2
- 15
- Energiekeule, Form der Energieverteilung über die Kokillenhöhe
- 15.1
- Energiekeule bei VC1 (4.1)
- 15.2
- Energiekeule bei VC2 (4.2)
- 16
- Strangschale
- 17
- Wärmestrom von Strangmitte (8.1) in die Kokille (1)
- 18
- leistungsvariabler Wärmetauscher
- 19
- Pumpenstation für den inneren und geschlossenen Kühlwasserkreislauf
- 20
- 'cold face' der Kokillenwand, wasserzugewandte Kokillenkupferplatte
- 21
- Kühlturm, offener Kühlkreislauf
- 21.1
- Pumpenstation
- 22
- konstante 'hot face'-Temperatur, erfinderische Lösung T-Invention
- 22.1
- 'hot face'-Temperatur T1-Inv., bezogen auf VC1 (4.1)
- 22.2
- 'hot face'-Temperatur T2-Inv., bezogen auf VC2 (4.2), T1-Inv. = T2-Inv.
- 23
- Zweiwegeventil
- 23.1
- Thermostat bestehend aus 23 und 24
- 24
- Temperaturmeßfühler mit konstanter Wassertemperatur; TMout = const.
- 24.1
- konstante Auslauftemperatur bei beispielsweise 40 °C
- 24.2
- konstante Auslauftemperatur bei beispielsweise 30 °C
- 25
- heißes Kokillenwasser mit konstanter Temperatur TMout (24)
- 26
- Wärmetauscher, ausgelegt für 'worst case' max. Gießgeschwindigkeit, max. Gießbreite
(5.1), max. Kupferplattendicke (7.1)
- 27
- gekühlter Kokillenkühlwasserkreislauf
- 28
- Wassereinlauftemperatur, TMin = variabel
- 29
- Kokillenwasserauslauf
- 30
- Kokillenwassereinlauf
- 31
- kurze Verrohrung - bypass - zwischen Kokillenauslauf (29) und Kokilleneinlauf (30)
- 32
- Kostenpunkt für 'bypass' (31) und gekühlten Kokillenkühlwasserkreislauf (27)
- 33
- Pumpenstation zwischen Knotenpunkt (32) und Kokillenwassereinlauf (30)
1. Verfahren zur thermischen Kontrolle der dem Stahl zugewandten Kupferplatte einer Stranggießgkokille,
für unterschiedliche Gießgeschwindigkeiten, Kupferplattendicken, Gießformate, Wassermengen
und Wasserdrücke,
dadurch gekennzeichnet,
* daß eine wählbare Kokillenkühlwassertemperatur am Kokillenauslauf, unabhängig von der
Gießgeschwindigkeit konstant gehalten wird, die Kokillenauslauftemperatur mit Hilfe
einer Kurzverrohrung zwischen dem Kokillenauslauf und dem Kokilleneinlauf und eines
Zweiwegeventils mit Abzweigverrohrung für eine Teilmenge des Kokillenauslaufwassers
auf einen Wärmetauscher gemessen und geregelt wird, und
* das heiße Kokillenauslaufwasser mit dem gekühlten Kokillenauslaufwasser gemischt
wird und in Abhängigkeit von den Gießbedingungen temperaturkontrolliertes Kokilleneinlaufwasser,
geregelt in Wassermenge und Wasserdruck, mittels Pumpstation so durch die Kokille
getrieben wird, daß das Kokillenwasser am Kokillenausgang eine konstante Temperatur
aufweist.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß eine oszillierende Standkokille eingesetzt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Tauchausguß und Gießpulver eingesetzt werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß mit einer Gießgeschwindigkeit bis max. 15 m/min gegossen wird.
5. Verfahren nach einem Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß Brammen der Abmessung 150 - 30 mm x max. 3.300 mm gegossen werden.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Schmalseiten und Breitseiten einer Brammenkokille separat behandelt werden.
7. Vorrichtung zur thermischen Kontrolle der dem Stahl zugewandten Kupferplatte einer
Stranggiegkokille, für unterschiedliche Gießgeschwindigkeiten, Kupferplattendicken,
Gießformate, Wassermengen und Wasserdrücke, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens
nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
* daß eine Temperaturmessung am Kokillenauslauf (24),
* ein Zweiwegeventil (23) zur Verteilung des Kokillenauslaufwassers,
* eine Kurzverrohrung, bypass, (31) zwischen Zweiwegeventil (23) und Knotenpunkt (32)
für bypass und gekühlten Kokillenkühlwasserkreislauf (27) unmittelbar vom Kokillenwassereinlauf
(30) und
* ein Knotenpunkt (32) unmittelbar vor der Pumpenstation (33) zwischen Knotenpunkt
(32) und Kokillenwassereinlauf (30)
vorgesehen sind.
8. Vorrichtung nach Anspruch 7,
gekennzeichnet durch,
eine Gießgeschwindigkeit bis max. 15 m/min.
9. Vorrichtung nach Anspruch 7 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß am Kokillenausgang (29) ein Thermostat (23.1), bestehend aus Temperaturmeßfühler
(24) und Zweiwegeventil (23), angeordnet ist.
10. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 9,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Thermostat (23.1) separat für Breitseiten und Schmalseiten einer Brammen-, Vorblock-
oder Beam Blank-Kokille vorgesehen ist.