[0001] Die Erfindung betrifft eine Gehäusestruktur in Metallbauweise für den Laufschaufelbereich
von axial durchströmten Verdichter- und Turbinenstufen, gemäß dem Oberbegriff des
Patentanspruchs 1.
[0002] Für die strömungstechnischen Eigenschaften von Verdichter- und Turbinenstufen ist
es sehr wichtig, dass der Radialspalt zwischen den Laufschaufelspitzen und dem Gehäuse
möglichst klein und möglichst konstant gehalten wird. Dafür sollte die Gehäusestruktur
zunächst ausreichend formstabil und geometrisch genau sein. Thermische und mechanische
Einflüsse sollten die Geometrie möglichst wenig verändern. Mit dem zumeist heißen
Arbeitsgas sollte i.w. nur die Innenwand der Struktur beaufschlagt sein, Leckageverluste
durch die Struktur sind zu minimieren. Im instationären Betrieb ist es vorteilhaft,
wenn die insbesondere thermisch induzierte Maßänderungen der Gehäusestruktur zeitlich
und größenmäßig an diejenigen des beschaufelten Rotors angeglichen sind. Da sich mechanische
Kontakte zwischen den Schaufelspitzen und dem Gehäuse unter besonderen Belastungen
kaum vermeiden lassen, sollte die Innenwand der Gehäusestruktur zumindest schaufelspitzenseitig
verformbar/nachgiebig bzw. abradierbar ausgeführt sein.
Die EP-B-0 728 258 betrifft ein Deckbandsement einer Turbine, welches zusammen mit
gleichartigen Segmenten die Innenwand und einen Teil der Verbindungsstruktur zur Außenwand
einer Wandstruktur bildet. Infolge von Temperaturunterschieden zwischen Innen- und
gekühlter Außenseite der Segmente im Betrieb sowie infolge von unterschiedlichem Materialverhalten
des Grundmaterials und einer in der Regel vorhandenen Beschichtung tendieren die Segmente
dazu, ihre Krümmung zu verändern. Um zu verhindern, dass die Segmente dabei stellenweise
in die Laufbahn der Schaufelspitzen geraten, sind sie über eine spezielle, hakenartige
Geometrie an Vorder- und Hinterkante mit dem Außenbereich der Gehäusestruktur verbunden,
welche stellenweise eine Radialbewegung nach außen zulässt. Da die Innenkontur somit
häufig von der Kreisform mit Tendenz zur Polygonbildung abweicht, ist eine definierte
Spalthaltung schwierig. Die Abdichtung der spalt- und spielbehafteten Segmente ist
konstruktiv ebenfalls aufwendig.
[0003] Die EP-B-0 781 371 behandelt eine Anordnung zur dynamischen Kontrolle des Schaufelspitzenspiels
in Gasturbinen. Die Innenwand der Gehäusestruktur besteht aus radial nach außen beweglichen,
in Umfangsrichtung überlappenden, kreisbogenförmig gekrümmten Segmenten, deren Bewegung
radial nach innen durch eine ihre Vorder- und Hinterkante hakenartig einseitig haltende,
umlaufende Gehäusestruktur begrenzt wird. Die Segmente werden durch mechanische Federelemente
oder durch Gasdruck radial nach innen gegen Anschlag vorgespannt. Die Laufschaufeln
weisen spitzenseitig Keilflächen auf, welche bei schneller Rotation ein dynamisches
Gaspolster erzeugen, dessen Druck die Wandsegmente in einem definierten, kleinen Abstand
zu den Schaufelspitzen halten soll. Dabei muss sich ein Gleichgewicht zwischen innerer
Gaskraft und äußerer Federkraft einstellen, das die Segmente in Balance hält. Ein
solches System erscheint sehr störanfällig, schwer kalkulierbar und schwingungsgefährdet.
Die Haltestruktur der Segmente ist dem Arbeitsgas ausgesetzt und somit ggf. thermisch
hoch belastet, wobei sie auch eine erhebliche Wärmemenge zur Außenwand der Struktur
leitet.
Die EP-B-0 616 113 betrifft eine Gasturbine und ein Verfahren zur Montage einer Dichtung
in dieser Gasturbine. Aus dieser Patentschrift ist es u.a. bekannt, metallische Honigwaben
als Einlaufbeläge für Labyrinthdichtungen zu verwenden. Die Waben sind einseitig auf
einen flächigen, metallischen Träger gelötet, in der Regel in ringförmig geschlossener
Geometrie, wobei ihre Öffnungen schneidenartigen, ringförmigen Dichtspitzen zugewandt
sind. Das Verformungsverhalten der duktilen, dünnen, hochkant stehenden Wabenwände
beschleunigt einen ggf. erforderlichen Einlaufvorgang und schont die Dichtspitzen.
Die offene Struktur mit einer Vielzahl von Kammern erhöht die Dichtwirkung durch Strömungsumlenkung
und -verwirbelung. Vorzugsweise im Flugzeug- und Bootsbau werden sandwichartige Leichtbaustrukturen
verwendet, bei denen ein relativ dicker, leichter Kern mit einem hohen Leervolumenanteil,
z.B. ein Wabenkern, beidseitig mit dünnen, hochfesten, geschlossenen Wänden verbunden
und abgedeckt wird Bei Biegung einer solchen Struktur werden die Wände primär auf
Zug oder Druck in ihrer Ebene belastet, der Kern überträgt die Kräfte von Wand zu
Wand, insbesondere Schubkräfte. Die Wände sind bevorzugt in Faserverbundbauweise ausgeführt,
mit dem Kern verklebt und hinsichtlich ihrer Dicke und mechanischen Eigenschaften
zumindest vergleichbar.
[0004] Ausgehend von dem genannten Stand der Technik besteht die Aufgabe der Erfindung darin,
eine Gehäusestruktur in Metallbauweise für den Laufschaufelbereich von axial durchströmten
Verdichter- und Turbinenstufen zu schaffen, die sich durch eine hohe Maß- und Formgenauigkeit
unter wechselnden Betriebsbedingungen und Temperaturen, eine hohe mechanische Lastaufnahmefähigkeit,
eine gute thermische Isolationswirkung sowie eine minimale Arbeitsfluidleckage durch
die Struktur auszeichnet und durch besonders kleine, sich wenig ändernde Spalte zu
den Laufschaufelspitzen einen hohen Stufenwirkungsgrad bzw. eine hohe Stufenbelastung
ermöglicht.
[0005] Diese Aufgabe wird durch die in Anspruch 1 gekennzeichneten Merkmale gelöst, in Verbindung
mit den gattungsbildenden Merkmalen in dessen Oberbegriff.
Die Erfindung ist somit in der zwischen der segmentierten Innenwand und der geschlossenen,
tragenden Außenwand angeordneten Verbindungsstruktur und deren stoffschlüssiger Integration
zu sehen. Die Verbindungsstruktur ist als filigrane, leichte, praktisch den gesamten
Hohlraum zwischen Innen- und Außenwand einnehmende Hohlkammerstruktur ausgeführt -
beispielsweise als Honigwabenstruktur - und mit einer oder beiden Wänden durch Löten
verbunden. Durch die "quasi-flächige" Verbindung der Wände ist es möglich, die Formgenauigkeit
der tragenden Außenwand in allen Betriebszuständen der segmentierten Innenwand aufzuprägen.
Ein Verwölben bzw. "Polygonisieren" der Innenkontur lässt sich so vermeiden. Die Lötverbindung
ist durch ihren "flächigen Charakter" optimal hinsichtlich mechanischer Festigkeit
sowie Dauerhaftigkeit und hat keinen negativen Einfluss auf das Werkstoffgefüge. Andererseits
ist die filigrane Verbindungsstruktur elastisch genug, um thermische Dehnungen /Kontraktionen
der Innenwandsegmente in Umfangsrichtung ohne kritische Zwangskräfte zuzulassen. Die
Verbindungsstruktur wirkt thermisch isolierend, was durch ihren hohen Leervolumenanteil
bedingt ist und durch die Auswahl ihres Werkstoffes ebenfalls beeinflussbar ist Somit
nimmt die Innenwand etwa die meist hohe Temperatur des Arbeitsgases an, die Außenwand
kann deutlich kühler gehalten werden, was günstig für ihre mechanischen Eigenschaften
ist. Natürlich ist die Isolationswirkung auch gut für den thermodynamischen Wirkungsgrad
der Maschine. Die filigrane Verbindungsstruktur ist in Umfangs- und Axialrichtung
praktisch gasundurchlässig, so dass zusätzliche Dichtungsmaßnahmen entfallen. Die
Leckage durch die wenigen, kleinen Dehnfugen der Innenwand ist dabei ohne jede Bedeutung.
In den Unteransprüchen sind bevorzugte Ausgestaltungen der Gehäusestruktur gekennzeichnet.
[0006] Die Erfindung wird anschließend anhand der Figuren noch näher erläutert. Dabei zeigen
in vereinfachter, nicht maßstäblicher Darstellung:
Figur 1 einen Teillängsschnitt durch einen Verdichter im Bereich eines Leit- und eines
Laufschaufelkranzes,
Figur 2 zwei nebeneinander gezeichnete Teilquerschnitte durch zwei unterschiedliche
Gehäusestrukturen, und
Figur 3 drei nebeneinander gezeichnete Teilschnitte durch drei verschiedene Hohlkammerstrukturen.
[0007] Die Gehäusestruktur gemäß Figur 1 ist Teil eines Axialverdichters, der von links
nach rechts durchströmt werden soll. Man erkennt den radial äußeren Teil einer Leitschaufel
21 sowie einer -deckbandlosen- Laufschaufel 20. Die Außenwand 3 der Gehäusestruktur
erstreckt sich über beide Schaufelbereiche, wobei die Aufhängung der Leitschaufel
21 formschlüssig, d.h. konventionell ist. Die erfindungsgemäße Gehäusestruktur 1 befindet
sich in der Figur rechts, d.h. im Bereich der Laufschaufel 20, und umfasst eine Innenwand
5, eine Hohlkammerstruktur 10 sowie den der Innenwand 5 gegenüberliegenden Teil der
Außenwand 3, d.h. den rechten Teil bis zum Flansch. Die Innenwand 5 ist zur Schonung
der Laufschaufelspitzen beim Anstreifen mit einem Einlaufbelag 9 versehen. Die Innenwand
5 einschließlich des Einlaufbelages 9 ist segmentiert, d.h. sie weist über den Umfang
verteilt mehrere, zumindest vorwiegend axial verlaufende Dehnfugen 7 auf (siehe Fig.
2). Die Gehäusestruktur 1 stellt ein integrales Gebilde mit stoffschlüssiger Verbindung
seiner Elemente 3, 5 und 10 dar. Die Hohlkammerstruktur 10 ist dabei mit der Außenwand
3 und mit der Innenwand 5 verlötet. Es ist ebenso möglich, die Hohlkammerstruktur
mit einer der beiden Wände einstückig zu fertigen und danach mit der anderen Wand
zu verlöten.
[0008] Figur 2 zeigt zwei unterschiedliche, erfindungsgemäße Gehäusestrukturen 1,2 im Teilquerschnitt,
auf der rechten bzw. linken Seite einer vertikalen, strichpunktierten Linie in der
Mitte der Zeichnung. Die rechte Gehäusestruktur 1 entspricht derjenigen aus Figur
1, wobei eine durch die Innenwand 5 und den Einlaufbelag 9 verlaufende Dehnfuge 7
zu erkennen ist.
Die linke Gehäusestruktur 2 unterscheidet sich von der rechten zunächst dadurch, dass
ihre Innenwand 6 über die gesamte Dicke aus einem von den Schaufelspitzen problemlos
verformbaren bzw. abtragbaren Material besteht. Dieses kann ein poröses Metall ohne
oder mit Einlagerungen von Kunststoff, Graphit oder anderen Stoffen sein, beispielsweise
in Form einer gesinterten Struktur. Die Außenwand 4 und die Hohlkammerstruktur 11
weisen keine Besonderheiten gegenüber den entsprechenden Positionen 3 und 10 auf.
Allerdings ist als spezielle, konstruktive Maßnahme ein sogenanntes "Casing Treatment"
erkennbar, welches bei Verdichtern die Aerodynamik verbessern kann im Sinne einer
Erhöhung des Wirkungsgrades bzw. der Pumpgrenze. Zu diesem Zweck ist die Innwand 6
mit gleichmäßig über den Umfang verteilten, geometrisch definierten Durchbrüchen 8
versehen. In der Hohlkammerstruktur 11 wirken Aussparungen 19 mit den Durchbrüchen
8 zusammen und bilden Rezirkulationskammern für einen Teil der Verdichterströmung
im Schaufelspitzenbereich. In axialer Richtung erstrecken sich die Durchbrüche 8 und
Aussparungen 19 stromaufwärts bis vor die Schaufeleintrittskanten, stromabwärts enden
sie hinter der axialen Schaufelmitte und vor den Schaufelaustrittskanten. Dies ist
dem Fachmann geläufig und daher nicht gesondert dargestellt. Die Aussparungen in der
Hohlkammerstruktur müssen nicht zwingend radial bis zur Außenwand reichen. Es ist
denkbar, die teilweise ausgesparte Hohlkammerstruktur mit einem Füllmaterial einzuebnen,
d.h. strömungstechnisch zu glätten. Es kann auch günstig sein, die Längsmittelebenen
der Durchbrüche und Aussparungen nicht radial, sondern in Umfangsrichtung geneigt
zu orientieren. All dies ist für den Fachmann auch ohne gesonderte Darstellung klar.
[0009] Figur 3 zeigt beispielhaft drei verschiedene Hohlkammerstrukturen 12,13 und 14 in
Schnitten parallel zur Innen- bzw. Außenwand der Gehäusestruktur. Links ist eine Honigwabenstruktur
mit gleichseitigen, sechseckigen Waben zu sehen, deren zusammenhängende Wandelemente
15 somit geometrisch gleich groß sind und in 120°-Winkeln zueinander stehen.
Die mittlere Struktur 13 weist rechteckige Kammern auf, welche von kleineren Wandelementen
16 und größeren Wandelemente 17 in rechtwinkliger Anordnung begrenzt werden.
Die rechte Struktur 14 ähnelt der linken Struktur 12, jedoch haben bei 14 die Hohlkammern
eine runde - statt einer sechseckigen - Form. Somit ergeben sich Wandelemente 18 mit
örtlich unterschiedlicher Dicke. Die Hohlkammerstruktur 14 kann beispielsweise durch
mechanisches oder elektrochemisches Bohren in einem zunächst dickwandigen Vollmaterial
erzeugt werden. Bezogen auf die erfindungsgemäße Gehäusestruktur kann auf diese Weise
die innere oder äußere Wand einstückig mit der Hohlkammerstruktur gefertigt werden,
wobei die jeweils andere Wand durch Löten integriert wird. Die filigraneren Strukturen
12 und 13 werden eher separat aus Blechstreifen, Streckmetall o. ä. gefertigt.
1. Gehäusestruktur in Metallbauweise für den Laufschaufelbereich von axial durchströmten
Verdichter- und Turbinenstufen, insbesondere in Gasturbinentriebwerken, mit einer
kreisringförmig geschlossenen, mechanisch stabilen Außenwand, mit einer über ihren
Umfang mehrfach durch Dehnfugen unterbrochenen, d.h. segmentierten, sowie in geringem
radialem Abstand zu den Laufschaufelspitzen stehenden Innenwand und mit einer zumindest
in radialer Richtung lastübertragenden Verbindungsstruktur zwischen Innen- und Außenwand,
dadurch gekennzeichnet,
dass als Verbindungsstruktur eine sich zumindest über den Großteil der einander zugewandten
Oberflächenbereiche von Innen- (5,6) und Außenwand (3,4) erstreckende, vielfach unterteilte
Hohlkammerstruktur (10,11,12,13,14) mit einer Vielzahl von dünnen, hochkant auf der
Innen- (5,6) und Außenwand (3,4) sowie zueinander im Winkel stehenden, zumindest mehrheitlich
direkt zusammenhängenden Wandelementen (15,16,17,18) angeordnet ist und
dass die Hohlkammerstruktur (10,11,12,13,14) mit der Innen- (5,6) und/oder mit der Außenwand
(3,4) durch Löten verbunden ist.
2. Gehäusestruktur nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die segmentierte Innenwand (5) schaufelseitig mit einer Beschichtung in Form eines
von den Laufschaufelspitzen bei Kontakt mechanisch verformbaren bzw. abtragbaren Einlaufbelages
(9) versehen ist.
3. Gehäusestruktur nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die segmentierte Innenwand (6) vollständig, d.h. in ihrem gesamten Materialquerschnitt,
als Einlaufbelag ausgeführt ist, vorzugsweise in Gestalt eines porösen Metallkörpers
ohne oder mit Einlagerungen aus einem anderen Material, wie Kunststoff oder Kohlenstoff.
4. Gehäusestruktur nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die segmentierte Innenwand (6), abgesehen von den vorwiegend axial verlaufenden Dehnfugen
(7), mit über ihren Umfang verteilten, geometrisch definierten Durchbrüchen (8) versehen
ist, wobei die Hohlkammerstruktur (11) im Bereich der Durchbrüche (8) zurückgesetzt
bzw. ausgespart (19) ist.
5. Gehäusestruktur nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Hohlkammerstruktur (12) als Honigwabenstruktur ausgeführt ist.
6. Gehäusestruktur nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Hohlkammerstruktur (14) als integraler Bestandteil der Innen- (5,6) oder der
Außenwand (3,4) durch abtragende Fertigung erzeugt ist, z.B. durch Fräsen, Bohren
oder elektrochemisches Abtragen.