[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Überlastsicherung eines mobilen Kranes.
Gesetzliche Bestimmungen fordern für alle mobilen Krane Überlastsicherungen. Entsprechend
der für die europäische Gemeinschaft geltenden EN 13000 wird beispielsweise eine Überlastsicherung
für mobile Krane gefordert, deren Tragfähigkeit größer als 1.000 Kilogramm oder deren
Lastmoment größer als 40.000 Nm ist. Mobile Krane sind beispielsweise Fahrzeugkrane,
Hafenmobilkrane, Raupenkrane, etc.
[0002] Es ist bereits bekannt, die für die Überlastsicherung notwendigen Abschaltkurven
für alle möglichen Rüstzustände des jeweiligen Mobilkranes vorzuberechnen und im Speicher
der Überlastsicherung abzulegen. Die Abschaltkurven werden dabei durch eine Anzahl
von Punkten dargestellt, die berechnet wurden. Zwischen diesen Punkten wird im Betrieb
interpoliert.
[0003] Da die abgelegten Kurven viel Speicherplatz benötigen, wird zur Einsparung von Speicherplatz
häufig auch zwischen verschiedenen Lastkurven interpoliert. Die Kurve, die dabei entsteht,
entspricht aber nicht mehr genau den Ergebnissen, die bei einer Berechnung mit den
durch die Vorschriften vorgegebenen Berechnungsmethoden erhalten würden. Wird der
Kran nun so betrieben, daß im Vergleich zu normgerecht berechneten Abschaltkurven,
die entsprechenden Werte überschritten werden, führt dies zu einem relativen Verlust
an Sicherheit. Werden die realen Abschaltkurven bei dieser Interpolation unterschritten,
wird der Mobilkran dagegen nicht optimal ausgenutzt.
[0004] Für die Berechnung und Anzeige von Lastausladung und beispielsweise Kranhöhe werden
meist vorberechnete Geometriedaten für jeden Rüstzustand gespeichert. Hier wird beispielsweise
ein kompletter Ausleger vereinfacht durch einen Vektor beschrieben. Mittels dieser
für die komplette Zurüstung gespeicherten Daten wird dann mittels der Trigonometrie
und den Daten von Positionssensoren die aktuelle Ausladung und andere für den Geräteführer
wichtige Informationen berechnet. Von dieser Verfahrensführung versprach man sich,
daß möglichst wenig Berechnungen durchgeführt werden müssen.
[0005] Soweit ein Mobilkran nur wenig unterschiedliche Rüstzustände aufweist, ist das bekannte
Verfahren, das sich der gespeicherten Kurven bedient, vergleichsweise problemlos anwendbar.
Nachteilig ist es hier immerhin, daß am Prüfstand des Mobilkranherstellers das Verhalten
des Kranes (Stichwort: Auslegereigengewicht) jeweils für jeden Kran justiert werden
muß, da die Bauteilegewichte in der Regel nicht in der Genauigkeit vorliegen, die
für die Berechnung der Überlastsicherung notwendig ist.
[0006] Speziell bei Raupenkranen besteht im Unterschied zu anderen Krantypen die Notwendigkeit,
eine sehr hohe Anzahl von möglichen Rüstzuständen bereit zu halten. Bei großen Kranen
können hier alternativ mehrere 10.000 Rüstzustände erreicht werden. Bei dem Liebherr-Raupenkran
LR 1250 ergeben sich mehr als 20.000 Rüstzustände. Aus dieser Vielzahl unterschiedlicher
Kombinatinsmöglichkeiten ist es ersichtlich, daß der Speicher für die Lastkurven im
Kran relativ groß wird und unter Umständen beim Hinzufügen eines einzigen neuen Rüstkriteriums
verdoppelt werden muß.
[0007] Um diesem Problem Herr zu werden, haben einige Hersteller Beschränkungen in der Kombinationsmöglichkeit
der Kranbauteile eingeführt. Das führt zu einer nicht gewünschten verminderten Flexibilität
des Kranes.
[0008] Wird bei der Ausrüstung des Kranes ein Bauteil geändert, so besteht bei dem bekannten
Verfahren der Nachteil, daß alle Lastkurven neu gerechnet werden müssen, was zu einer
häufig mehrwöchigen Neuberechnung führt. Dasselbe gilt für den Fall, daß der Kranbetreiber
einen Rüstzustand benötigt, der ursprünglich nicht vorgesehen war. Auch bei der Entwicklung
von Mobilkranen, d.h. beim Bau von Prototypen, bei dem die Bauteilegewichte im einzelnen
noch nicht so genau bekannt sind, ergeben sich Probleme bei den herkömmlichen Berechnungsverfahren.
[0009] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Überlastsicherung
eines mobilen Kranes, insbesondere eines Raupenkranes, zu schaffen, mit dem auch bei
einer Vielzahl von möglichen Rüstzuständen die jeweils aktuellen Abschaltwerte schnell
und genau ermittelbar sind.
[0010] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zur Überlastsicherung eines
mobilen Kranes nach der Merkmalskombination des Anspruchs 1 gelöst.
[0011] Entgegen dem Stand der Technik werden in dem dem Steuerechner des Kranes zugeordneten
Speicher keine Kipplastkurven mehr abgelegt, sonder Geometriedateien mit den physikalischen
Eigenschaften der Bauteile des Kranes. Bei entsprechender Auswahl des gewünschten
Rüstzustandes in einer Auswahlvorrichtung werden dann die entsprechenden Geometriedaten,
die dem Rüstzustand entsprechen, in einem physikalischen Simulationsmodell im Steuerrechner
zusammengestellt. Es werden nun die realen Meßdaten von kranseitigen Kraft- und Positionssensoren
ermittelt und hieraus werden auf dem Steuerrechner die geometrischen Daten, Schwerpunktsdaten
und -kräfte und anschließend die Abschaltwerte ermittelt. Bei Betrieb des Kranes wird
dieser dann ggf. bei Erreichen eines Abschaltwertes abgeschaltet.
[0012] Bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den sich an den Hauptanspruch
anschließenden Unteransprüchen.
[0013] So werden in einem ersten bevorzugten Ausführungsbeispiel im Speicher die bauteilebezogenen
Geometriedaten für jeden Bauteiletyp der Kranbauteile in zugeordneten Geometriedateien
abgelegt. Es wird also nicht mehr ein kompletter Ausleger erfaßt, sondern die Daten
der Auslegerzwischenstücke und der anderen Bauteiletypen werden in ihnen jeweils zugeordneten
Geometriedateien abgelegt. Dabei ist je eine Geometriedatei pro Bauteiletyp erforderlich.
In einer entsprechenden Krankonfigurationsdatei ist parallel die Anleitung abgelegt,
entsprechend der die Kranbauteile miteinander kombiniert werden können. Hier werden
die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Bauteiletypen zu kompletten
Auslegern oder Zurüstteilen erfaßt.
[0014] Gemäß einer anderen bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung wird in der Krankonfigurationsdatei
auch eine Vorwahlmöglichkeit für die Berechnung der Abschaltwerte eingegeben. Bei
diesen Vorwahlmöglichkeiten handelt es sich beispielsweise um eine Berechnungsvorschrift
für zulässige Traglasten gemäß der nationalen Gesetzgebung. So unterscheiden sich
die zulässigen Traglasten in den USA beispielsweise von denjenigen in Europa (entsprechend
der Norm EN 13000). Aufgrund des erfindungsgemäßen Verfahrens und der Ablage der entsprechenden
Berechnungsvorschrift kann das Ergebnis modular durch Zugriff auf die jeweiligen im
Speicher abgelegten Daten zusammengesetzt werden. Nach dem Stand der Technik war man
noch gezwungen, für jede unterschiedliche Berechnungsvorschrift, d.h. beispielsweise
jede unterschiedliche gesetzliche Vorschrift, einen neuen kompletten Satz von Traglastkurven
zu berechnen und in dem entsprechenden mobilen Kran abzulegen.
[0015] Vorteilhaft werden die im Steuerrechner berechneten Werte in einer Anzeige einer
Anzeigevorrichtung wiedergegeben. Bei dem vorliegenden Verfahren kann in dieser Anzeigevorrichtung
dabei nicht nur die zulässige Traglast und die entsprechende Grenzkurve, sondern gleichzeitig
quasi als "Abfallprodukt" des Simulationsmodells die Ist-Last, die Ausladung, die
Kranhöhe etc. Angezeigt werden.
[0016] Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, daß die Rüstinformationen
dem Geräteführer in der Auswahlvorrichtung auf einer Anzeigevorrichtung wiedergegeben
werden. Hier kann er sich also auf dem Bildschirm den Kran mit der Zurüstung zusammenstellen
wie er auch in der Realität zusammengebaut ist.
[0017] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung werden anhand eines in der Zeichnung
dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Die einzige Figur zeigt ein Blockschema
einer Ausführungsvariante der erfindungsgemäßen Überlastsicherung.
[0018] In dem Speicher 10 werden in den Geometriedateien 12 für jeden Bauteiletyp des Kranes,
d.h. insbesondere der Bauteiletyp der Zurüstung des Kranes, die Geometriedaten abgelegt.
In der Konfigurationsdatei 14 wird dann zum einen die Anleitung über die Art und Weise
abgelegt, wie die Kranbauteile miteinander kombiniert werden können. Die Krankonfigurationsdatei
14 enthält im hier dargestellten Ausführungsbeispiel auch Vorwahlmöglichkeiten, die
die Berechnung der Abschaltwerte beeinflussen. So kann hier die Berechnungsvorschrift
für zulässige Traglasten alternativ für die USA bzw. für Europa eingegeben werden.
Bei Auslieferung des entsprechenden Kranes in die USA muß dann nur die entsprechende
Berechnungsvorschrift bei der späteren Berechnung abgerufen werden.
[0019] In einer Auswahlvorrichtung 16 werden dann die gewünschten Rüstzustände vom Geräteführer
zusammengestellt. Hierzu dient ein hier nicht näher dargestellter Bildschirm, auf
dem der Kranführer mit einer entsprechenden Manipulationseinrichtung, die ebenfalls
nicht dargestellt ist, den Kran zusammenbauen, wie er der Realität entspricht.
[0020] Nach Beendigen der Eingabe der Rüstinformationen wird im Steuerrechner 18 mit Hilfe
der physikalischen Werte, die aus den Geometriedateien 12 zur Verfügung gestellt wird
und unter Berücksichtigung der Werte der Konfigurationsdatei 14 ein Simulationsmodell
des Kranes im Speicher des Steuerrechners aufgebaut. Über die Sensoren des Kranes
20, beispielsweis Winkelsensoren oder Kraftsensoren, wird dann das Simulationsmodell
so online, d.h. in Echtzeit, berechnet, daß es mit der aktuellen physikalischen Wirklichkeit
des Kranes übereinstimmt. Damit werden sämtliche Koordinaten und Kräfte und insbesondere
die Schwerpunktslagen der Bauteile berechnet. Gleichzeitig werden die Ist-Last, Ausladung,
Kranhöhe etc. des Kranes mitberechnet und ausgegeben. Wie bei 22 gezeigt, werden aus
den berechneten Daten weiterhin die Abschaltwerte der Überlastsicherung berechnet,
entsprechend denen der Kran in sonst an sich bekannter Art und Weise gesteuert wird.
Das bedeutet, daß der Kran bei Erreichen eines kritischen Wertes, d.h. eines Abschaltwertes,
automatisch abgeschaltet wird. Gleichzeitig können aber auch andere wichtige Daten
errechnet werden, wie beispielsweise der aktuelle Bodendruck, es kann auch erfaßt
werden, ob ein kritischer Festigkeitswert eines der verwendeten Bauteile durch eine
spezifisch aufgenommene Last oder ein vorübergehend auftretendes Lastmoment überschritten
würde. Bei Überschreiten eines derartigen Wertes kann durch eine entsprechend vorgesehende
Steuerung der Kran automatisch in eine sichere Position zurückgeführt werden.
[0021] Insgesamt sind die Einsatzmöglichkeiten des mobilen Krans wesentlich verbessert und
es wird bei der Kipplastberechnung nicht mehr mit interpolierten Werten gearbeitet.
Der aktuell berechnete Abschaltwert entspricht zu jederzeit den in den Vorschriften
festgelegten Methoden. Gleichzeitig sinkt der Aufwand bei der Änderung der Kranzurüstung
beträchtlich, da in den meisten Fällen sich nur die geometrischen Eigenschaften oder
das Gewicht der Kranbauteile ändert. Das heißt, daß entsprechend der erfindungsgemäßen
Verfahrensweise nur eine Geometriedatei ausgetauscht werden muß und alle Rüstkonfigurationen
des Krans, bei dem das geänderte Bauteil eingesetzt werden soll, sofort wieder richtig
berechnet werden. Darüber hinaus können aufgrund der erfindunggemäßen Verfahrensführung
gleiche Bauteile, die bei verschiedenen Krantypen eingesetzt werden, nur einmal in
der Konfigurationsdatei beschrieben werden. Diese Daten können dann auch auf einen
anderen Krantypen übernommen werden. Dies kommt häufig bei Raupenkränen vor.
1. Verfahren zur Überlastsicherung eines mobilen Kranes, insbesondere Raupenkranes,
gekennzeichnet durch folgende Schritte:
- Ablegen von bauteilebezogenen Geometriedaten in einem Speicher (10);
- Auswählen des gewünschten Rüstzustandes in einer Auswahlvorrichtung (16);
- Zusammenstellung eines physikalischen Simulationsmodells aus den ausgewählten Daten
in einem Steuerrechner (18);
- Eingabe von realen Meßdaten von kranseitigen Kraft- und Positionssensoren (20);
- Berechnung zunächst der geometrischen Daten, Schwerpunktsdaten und Kräfte und anschließend
der Abschaltwerte;
- ggf. Abschalten des Kranes bei Erreichen der Abschaltwerte.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß im Speicher (10) die bauteilebezogenen Geometriedaten für jeden Bauteiltyp der Kranbauteile
in zugeordneten Geometriedateien (12) abgelegt werden und daß die Anleitung über die
Art und Weise der Kombination der einzelnen Kranbauteile miteinander in einer Krankonfigurationsdatei
(14) abgelegt werden.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß in der Krankonfigurationsdatei (14) Vorwahlmöglichkeiten für die Berechnung der Abschaltwerte
eingegeben werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die im Steuerrechner (18) berechneten Werte in einer Anzeige einer Anzeigevorrichtung
(24) wiedergegeben werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Rüstinformationen in der Auswahlvorrichtung (16) auf einer Anzeigevorrichtung
wiedergegeben werden.