(19)
(11) EP 1 154 674 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.11.2001  Patentblatt  2001/46

(21) Anmeldenummer: 01810057.8

(22) Anmeldetag:  22.01.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7H04R 25/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 02.02.2000 CH 2042000

(71) Anmelder: Bernafon AG
3018 Bern (CH)

(72) Erfinder:
  • Leber, Remo
    8608 Bubikon (CH)

(74) Vertreter: Frei, Alexandra Sarah 
Frei Patentanwaltsbüro Postfach 768
8029 Zürich
8029 Zürich (CH)

   


(54) Schaltung und Verfahren zur adaptiven Geräuschunterdrückung


(57) Die Schaltung zur adaptiven Geräuschunterdrückung ist Bestandteil eines digitalen Hörgeräts, bestehend aus zwei Mikrophonen (1, 2), zwei AD-Wandlern (3, 4), zwei Kompensationsfiltern (5, 6), zwei Verzögerungselementen (7, 8), zwei Subtrahierern (9, 10), einer Verarbeitungseinheit (11), einem DA-Wandler (13), einem Hörer (15) sowie den zwei Filtern (17, 18). Das Verfahren zur adaptiven Geräuschunterdrückung kann mit der angegebenen Schaltung realisiert werden. Die beiden Mikrophone (1, 2) liefern abhängig von ihrer räumlichen Anordnung oder ihrer Richtcharakteristik und abhängig vom Ort der akustischen Signalquellen unterschiedliche elektrische Signale (d1(t), d2(t)), die in den AD-Wandlern (3, 4) digitalisiert und mit den beiden fixen Kompensationsfiltern (5, 6) vorverarbeitet werden. Anschliessend folgen die symmetrisch übers Kreuz in Vorwärtsrichtung angeordneten Filter (17, 18) mit den adaptiven Filterkoeffizienten (w1, w2). Die Filterkoeffizienten (w1, w2) werden mit einem stochastischen Gradientenverfahren berechnet und in Echtzeit aufdatiert unter Minimierung einer aus Kreuzkorrelationstermen bestehenden quadratischen Kostenfunktion. Dadurch werden spektrale Unterschiede der Eingangssignale selektiv verstärkt. Bei geeigneter Platzierung der Mikrophone (1, 2) oder Auswahl der Richtungscharakteristiken kann somit das Signal-Rausch-Verhältnis von Ausgangssignalen (s1, s2) verglichen mit demjenigen der einzelnen Mikrophonsignale (d1(t), d2(t)) wesentlich erhöht werden. Vorzugsweise eines der verbesserten Ausgangssignale (s1, s2) wird in einer der Verarbeitungseinheiten (11, 12) der üblichen hörgerätespezifischen Verarbeitung unterzogen, zu einem der DA-Wandler (13, 14) geschickt und über einen der Hörer (15, 16) wieder akustisch ausgegeben. Bei der vorliegenden Erfindung nehmen vier zusätzliche Kreuzglied-Filter (19-22) eine signalabhängige Transformation der Ein- und Ausgangssignale (y1, y2; s1, s2) vor, und zur Aufdatierung der Filterkoeffizienten (w1, w2) werden nur die transformierten Signale verwendet. Dies ermöglicht eine schnell reagierende und trotzdem recheneffiziente Aufdatierung der Filterkoeffizienten (w1, w2) und verursacht im Gegensatz zu anderen Verfahren nur minimale hörbare Verzerrungen.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Schaltung und ein Verfahren zur adaptiven Geräuschunterdrückung gemäss den Oberbegriffen der unabhängigen Patentansprüche. Sie kommt beispielsweise in digitalen Hörgeräten zum Einsatz.

[0002] Das gesunde menschliche Hörsystem erlaubt es, sich während einer Unterhaltung in einer durch Lärm gestörten Schallsituation auf einen Gesprächspartner zu konzentrieren. Viele Hörgeräteträger hingegen leiden unter einer stark reduzierten Sprachverständlichkeit, sobald neben dem gewünschten Sprachsignal noch Störgeräusche vorhanden sind.

[0003] Viele Verfahren zur Störgeräuschunterdrückung sind vorgeschlagen worden. Sie lassen sich unterteilen in einkanalige Verfahren, welche nur ein Eingangssignal benötigen, und in mehrkanalige Verfahren, welche mittels mehrerer akustischer Eingänge die räumliche Information im akustischen Signal ausnutzen.

[0004] Bei allen einkanaligen Verfahren konnte bislang keine relevante Verbesserung der Sprachverständlichkeit nachgewiesen werden. Es wird nur eine Verbesserung der subjektiv wahrgenommenen Signalqualität erreicht. Zudem versagen diese Verfahren beim praktisch wichtigen Fall, in welchem sowohl das Nutz- als auch das Störsignal Sprache ist (sogenannte Cocktailparty-Situation). Keines der einkanaligen Verfahren ist in der Lage, ein einzelnes Sprachsignal aus einem Gemisch selektiv hervorzuheben.

[0005] Bei den mehrkanaligen Verfahren zur Geräuschunterdrückung wird von der Annahme ausgegangen, dass sich die akustische Quelle, von welcher das Nutzsignal ausgesandt wird, vor dem Zuhörer befindet, während der Störschall aus anderen Richtungen einfällt. Diese einfache Annahme bewährt sich in der Praxis und kommt dem unterstützenden Lippenablesen entgegen. Die mehrkanaligen Verfahren lassen sich weiter unterteilen in fixe Systeme, welche eine feste vorgegebene Richtcharakteristik aufweisen, und adaptive Systeme, welche sich der momentanen Schallsituation anpassen.

[0006] Die fixen Systeme arbeiten entweder unter Verwendung von Richtmikrophonen, welche zwei akustische Eingänge aufweisen und ein von der Einfallsrichtung abhängiges Ausgangssignal liefem, oder unter Verwendung von mehreren Mikrophonen, deren Signale elektrisch weiterverarbeitet werden. Manuelles Umschalten erlaubt unter Umständen die Wahl zwischen verschiedenen Richtcharakteristiken. Solche Systeme sind auf dem Markt erhältlich und werden vermehrt auch in Hörgeräte eingebaut.

[0007] Von den zur Zeit in Entwicklung begriffenen adaptiven Systemen erhofft man sich, dass sie Störgeräusche abhängig von der momentanen Schallsituation optimal unterdrücken und damit die fixen Systeme übertreffen können. Ein Ansatz mit einem adaptiven direktionalen Mikrophon wurde in Gary W. Elko und Anh-Tho Nguyen Pong, "A Simple Adaptive First-Order Differential Microphone", 1995 IEEE ASSP Workshop on Applications of Signal Processing to Audio and Acoustics, New Paltz NY, vorgestellt. Dabei wird mit einem adaptiven Parameter die Form der Richtcharakteristik signalabhängig eingestellt. Damit kann ein einzelnes seitlich einfallendes Störsignal unterdrückt werden. Durch die Beschränkung auf einen einzigen adaptiven Parameter funktioniert das System nur in einfachen Schallsituationen mit einem einzigen Störsignal.

[0008] Zahlreiche Untersuchungen sind gemacht worden unter Verwendung von zwei Mikrophonen, die je an einem Ohr platziert sind. Bei diesen sogenannten adaptiven Beamformem werden Summen- und Differenzsignal der beiden Mikrophone als Input für ein adaptives Filter verwendet. Die Grundlagen für diese Art von Verarbeitung wurden von L. J. Griffiths und C. W. Jim, "An Alternative Approach to Linearly Constrained Adaptive Beamforming", IEEE Transactions on Antennas and Propagation, vol. AP-30 no. 1 pp. 27-34, Jan. 1982, publiziert. Diese Griffiths-Jim-Beamformer können auch mit mehr als zwei Mikrophoneingängen arbeiten. Störgeräusche können damit erfolgreich unterdrückt werden. Probleme bieten aber die in realen Räumen vorhandenen Raumechos. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass anstelle der Störsignale das Nutzsignal unterdrückt oder verzerrt wird.

[0009] In den letzten Jahren sind starke Fortschritte auf dem Gebiet der sogenannten blinden Signaltrennung gemacht worden. Eine gute Zusammenstellung der bisherigen Forschungsresultate findet sich in Te-Won Lee, "Independent Component Analysis, Theory and Applications", Kluwer Academic Publishers, Boston, 1998. Dabei geht man von einem Ansatz aus, wo M statistisch unabhängige Quellensignale von N Sensoren in unterschiedlichen Mischverhältnissen aufgenommen werden (M und N sind natürliche Zahlen), wobei die Übertragungsfunktionen von den Quellen zu den Sensoren unbekannt sind. Es ist das Ziel der blinden Signaltrennung, aus den bekannten Sensorsignalen die statistisch unabhängigen Quellensignale zu rekonstruieren. Dies ist prinzipiell möglich, wenn die Anzahl der Sensoren N mindestens der Anzahl Quellen M entspricht, d. h. N ≥ M. Viele verschiedene Algorithmen sind vorgeschlagen worden, wobei die meisten überhaupt nicht für eine effiziente Verarbeitung in Echtzeit geeignet sind.

[0010] Als eine Untergruppe können diejenigen Algorithmen betrachtet werden, die anstelle der statistischen Unabhängigkeit nur Unkorreliertheit der rekonstruierten Quellensignale verlangen. Diese Ansätze sind von Henrik Sahlin, "Blind Signal Separation by Second Order Statistics", Chalmers University of Technology Technical Report No. 345, Göteborg, Schweden, 1998, eingehend untersucht worden. Er konnte nachweisen, dass die Forderung unkorrelierter Ausgangssignale für akustische Signale vollends genügt. So kann beispielsweise die Minimierung einer aus Kreuzkorrelationstermen bestehenden quadratischen Kostenfunktion mit einem Gradientenverfahren durchgeführt werden. Dabei werden Filterkoeffizienten schrittweise in Richtung des negativen Gradienten verändert. Ein solches Verfahren wird in Henrik Sahlin und Holger Broman, "Separation of Real World Signals", Signal Processing vol. 64 no. 1, pp. 103-113, Jan. 1998, beschrieben. Dort wird es für die Geräuschunterdrückung bei einem Mobiltelefon verwendet.

[0011] Es ist Aufgabe der Erfindung, eine Schaltung und ein Verfahren zur adaptiven Geräuschunterdrückung anzugeben, welche auf den bekannten Systemen aufbauen, diese aber in wesentlichen Eigenschaften übertreffen. Insbesondere soll mit möglichst geringem Aufwand ein optimales Konvergenzverhalten mit minimalen, unhörbaren Verzerrungen und ohne zusätzliche Signalverzögerung erreicht werden.

[0012] Die Aufgabe wird gelöst durch die Schaltung und das Verfahren, wie sie in den unabhängigen Patentansprüchen definiert sind.

[0013] Die vorliegende Erfindung gehört zur Gruppe von Systemen zur blinden Signaltrennung mittels Methoden zweiter Ordnung, d. h. mit dem Ziel zur Erreichung unkorrelierter Ausgangssignale. Im wesentlichen werden zwei Mikrophonsignale mittels blinder Signaltrennung in Nutzsignal und Störsignale getrennt. Ein konsistentes Verhalten am Ausgang kann erzielt werden, wenn das Signal-Rausch-Verhältnis eines ersten Mikrophons immer grösser ist als dasjenige eines zweiten Mikrophons. Dies kann entweder dadurch erreicht werden, dass das erste Mikrophon näher bei der Nutzquelle platziert wird als das zweite Mikrophon oder dadurch, dass das erste Mikrophon im Gegensatz zum zweiten Mikrophon eine auf die Nutzquelle ausgerichtete Richtcharakteristik besitzt.

[0014] Die Berechnung der dekorrelierten Ausgangssignale erfolgt unter Minimierung einer aus Kreuzkorrelationstermen bestehenden quadratischen Kostenfunktion. Dazu wird ein spezielles stochastisches Gradientenverfahren hergeleitet, in dem Erwartungswerte von Kreuzkorrelationen durch ihre Momentanwerte ersetzt werden. Dies hat eine schnell reagierende und recheneffiziente Aufdatierung der Filterkoeffizienten zur Folge.

[0015] Ein weiterer Unterschied zum allgemein bekannten Verfahren besteht darin, dass für die Aufdatierung der Filterkoeffizienten signalabhängig transformierte Versionen der Ein- und Ausgangssignale verwendet werden. Die Transformation mittels Kreuzglied-Filtem führt eine spektrale Glättung durch, so dass die Signalleistungen mehr oder weniger gleichmässig über das Frequenzspektrum verteilt werden. Dadurch werden bei der Aufdatierung der Filterkoeffizienten alle spektralen Anteile gleichmässig gewichtet unabhängig von der aktuell vorhandenen Leistungsverteilung. Dies erlaubt auch für reale akustische Signale mit nicht zu vemachlässigenden Autokorrelationsfunktionen eine verzerrungsarme Verarbeitung bei gleichzeitig befriedigendem Konvergenzverhalten.

[0016] Für ein optimales Funktionieren der erfindungsgemässen Schaltung und des erfindungsgemässen Verfahrens können die Mikrophoneingänge mit Kompensationsfiltem aufeinander abgeglichen werden. Es wird eine einheitliche Normierungsgrösse für die Aufdatierung aller Filterkoeffizienten verwendet. Sie wird derart berechnet, dass immer nur eines der beiden Filter mit maximaler Geschwindigkeit adaptiert wird, je nachdem, ob zur Zeit gerade Nutzsignal oder Störsignale dominieren. Dieses Vorgehen ermöglicht korrekte Konvergenz sogar im singulären Fall, wo nur Nutzsignal oder nur Störsignale vorhanden sind.

[0017] Die vorliegende Erfindung unterscheidet sich wesentlich von allen bisher publizierten Systemen zur Geräuschunterdrückung, insbesondere durch das spezielle stochastische Gradientenverfahren, die Transformation der Signale für die Aufdatierung der Filterkoeffizienten sowie das Zusammenspiel von Kompensationsfiltem und Normierungseinheit bei der Steuerung der Adaptionsgeschwindigkeit.

[0018] Insgesamt weist das erfindungsgemässe System in einem sehr grossen Bereich von Signal-Rausch-Verhältnissen ein konsistentes Verhalten auf, d. h. das Signal-Rausch-Verhältnis wird immer verbessert und nie verschlechtert. Es kann somit optimal zur besseren Verständigung in schwierigen Schallsituationen beitragen.

[0019] Im folgenden wird die Erfindung anhand von Figuren detailliert beschrieben. Dabei zeigen in Blockdiagrammen:
Fig. 1
ein allgemeines System zur adaptiven Geräuschunterdrückung mittels der Methode der blinden Signaltrennung gemäss Stand der Technik,
Fig. 2
das erfindungsgemässe System,
Fig. 3
eine Detailzeichnung eines Kompensationsfilters des erfindungsgemässen Systems,
Fig. 4
eine Detailzeichnung eines Verzögerungselements des erfindungsgemässen Systems,
Fig. 5
eine Detailzeichnung eines Filters des erfindungsgemässen Systems,
Fig. 6
eine Detailzeichnung eines Kreuzglied-Filters des erfindungsgemässen Systems,
Fig. 7
eine Detailzeichnung eines Kreuzkorrelators des erfindungsgemässen Systems,
Fig. 8
eine Detailzeichnung einer Vorberechnungseinheit vom Typ V des erfindungsgemässen Systems,
Fig. 9
eine Detailzeichnung einer Vorberechnungseinheit vom Typ B des erfindungsgemässen Systems,
Fig. 10
eine Detailzeichnung einer Aufdatierungseinheit des erfindungsgemässen Systems,
Fig. 11
eine Detailzeichnung eines Kreuzglied-Dekorrelators des erfindungsgemässen Systems,
Fig. 12
eine Detailzeichnung einer Glättungseinheit des erfindungsgemässen Systems und
Fig. 13
eine Detailzeichnung einer Normierungseinheit des erfindungsgemässen Systems.


[0020] Ein allgemeines System zur adaptiven Geräuschunterdrückung mittels der Methode der blinden Signaltrennung, wie es aus dem Stand der Technik bekannt ist, ist in Figur 1 dargestellt. Zwei Mikrophone 1 und 2 liefern die elektrischen Signale d1(t) und d2(t). Die nachfolgenden AD-Wandler 3 und 4 ermitteln daraus digitale Signale zu den diskreten Zeitpunkten d1(n·T) und d2(n·T), in abgekürzter Schreibweise d1(n) und d2(n) oder d1 und d2. Dabei ist T=1/fs die Abtastperiode, fs die Abtastfrequenz und n ein fortlaufender Index. Es folgen Kompensationsfilter 5 und 6, die je nach Anwendung eine fixe Frequenzgangkorrektur auf den einzelnen Mikrophonsignalen vornehmen können. Die daraus resultierenden Eingangssignale y1 und y2 werden nun gemäss der Figur 1 sowohl zu Verzögerungselementen 7 und 8 als auch zu Filtern 17 und 18 geführt. Nachfolgende Subtrahierer 9 und 10 liefern Ausgangssignale s1 und s2.

[0021] Es folgen Verarbeitungseinheiten 11 und 12, die je nach Anwendung eine beliebige lineare oder nichtlineare Nachverarbeitung vornehmen. Ihre Ausgangssignale u1 und u2 können über DA-Wandler 13 und 14 in elektrische Signale u1(t) und u2(t) umgewandelt und mittels Lautsprecher bzw. Hörer 15 und 16 hörbar gemacht werden.

[0022] Ziel der blinden Signaltrennung ist es, ausgehend von den Eingangssignalen y1 und y2 und mittels der Filter 17 und 18, möglichst statistisch unabhängige Ausgangssignale s1 und s2 zu erhalten. Für die jeweils nur kurzzeitig stationären akustischen Signale genügt die Forderung unkorrelierter Ausgangssignale s1 und s2. Für die Berechnung der optimalen Filterkoeffizienten w1 und w2 in den Filtern 17 und 18 werden wir eine Kostenfunktion minimieren. Es handelt sich um die nachfolgende aus Kreuzkorrelationstermen bestehende quadratische Kostenfunktion J. Der Operator* steht dabei für konjugiert komplex in Anwendungen, wo wir es mit komplexwertigen Signalen zu tun haben.



[0023] Die Kreuzkorrelationsterme lassen sich mit Hilfe der Ausgangssignale s1 und s2 ausdrücken. Der Operator E[] steht dabei für den Erwartungswert.



[0024] Die Ausgangssignale s1 und s2 lassen sich durch die Eingangssignale y1 und y2 und mittels der Filterkoeffizienten w1 und w2 ausdrücken. Dabei bezeichnen w1k die Elemente des Vektors w1 und w2k die Elemente des Vektors w2.





[0025] Für die Minimierung der Kostenfunktion J mittels eines Gradientenverfahrens müssen die Ableitungen bezüglich der Filterkoeffizienten w1 und w2 berechnet werden. Nach einigen Umformungen erhalten wir folgende Ausdrücke.





[0026] Für die Herleitung des erfindungsgemässen stochastischen Gradientenverfahrens müssen nun die Summationsgrenzen durch vom Koeffizientenindex abhängige Grenzen ersetzt werden. Dazu sind die nachfolgenden Substitutionen erforderlich.





[0027] Die Ableitungen können nun mit den modifizierten Summationsgrenzen ausgedrückt werden.





[0028] Beim Übergang vom normalen Gradienten zum stochastischen Gradienten werden Erwartungswerte durch Momentanwerte ersetzt. Dies wird beim erfindungsgemässen Verfahren für die Kreuzkorrelationsterme der Ausgangssignale s1 und s2 durchgeführt. Dabei werden die neusten verfügbaren Momentanwerte verwendet gemäss der nachfolgenden Beziehung.



[0029] Durch Einsetzen der Momentanwerte vereinfacht sich die Berechnung der Ableitungen und wir erhalten die nachfolgenden Beziehungen. Die Zwischengrössen v1, b1, v2 und b2 ermöglichen eine vereinfachte Schreibweise und ebenfalls eine vereinfachte Berechnung, da in jedem diskreten Zeitpunkt von jeder Grösse jeweils nur ein neuer Wert berechnet werden muss. Durch diese neuartige Vorgehensweise erzielen wir im erfindungsgemässen Verfahren eine erhebliche Reduktion des Rechenaufwands.













[0030] Das Aufdatieren der Filterkoeffizienten w1 und w2 erfolgt nun in Richtung des negativen Gradienten. Dabei ist µ die Schrittweite. Man erhält eine dem bekannten LMS-Algorithmus (Least Mean Square) ähnliche Beziehung. Die zwei Terme pro Koeffizient sind nur deshalb nötig, weil wir beim Momentanwert die jeweils neusten Schätzwerte verwendet haben. Dies ist sinnvoll, wenn wir ein schnell reagierendes Verhalten erreichen wollen.





[0031] Um ein gleichmässiges Verhalten bei variierenden Signalleistungen zu erhalten, formulieren wir eine normierte Version für die Aufdatierung der Filterkoeffizienten w1 und w2. Die Normierungsgrösse muss proportional zum Quadrat einer Leistungsgrösse p1 bzw. p2 sein. Dabei ist β die Adaptionsgeschwindigkeit.





[0032] Das bis hierher beschriebene System zur adaptiven Geräuschunterdrückung mittels der Methode der blinden Signaltrennung genügt wegen der nicht zu vemachlässigenden Autokorrelationsfunktion realer akustischer Signale noch nicht, um in realistischer Umgebung eine verzerrungsarme Verarbeitung bei gleichzeitig befriedigendem Konvergenzverhalten zu erzielen. Das System kann verbessert werden, wenn die Aufdatierung der Filterkoeffizienten w1 und w2 nicht direkt auf den Eingangssignalen y1 und y2 und den Ausgangssignalen s1 und s2, sondern auf transformierten Signalen basiert.

[0033] Das erfindungsgemässe System gemäss Figur 2 verwendet vier Kreuzglied-Filter 19, 20, 21 und 22 zur signalabhängigen Transformation der Ein- und Ausgangssignale. Für die schnelle signalabhängige Transformation erweisen sich die aus der Sprachsignalverarbeitung bekannten Kreuzglied-Filterstrukturen als besonders geeignet. Sie werden dort für die lineare Prädiktion eingesetzt.

[0034] Für die Ermittlung der Koeffizienten k der Kreuzglied-Filter sind zwei Kreuzglied-Dekorrelatoren 31 und 32 und eine Glättungseinheit 33 vorhanden. Die Kreuzglied-Dekorrelatoren ermitteln je einen Koeffizientenvektor k1 und k2 basierend auf den Eingangssignalen y1 und y2. In der Glättungseinheit werden die beiden Koeffizientenvektoren gemittelt und zeitlich geglättet als Koeffizientenvektor k an die Kreuzglied-Filter weitergegeben.

[0035] Im Gegensatz zum bekannten System von Fig. 1 basieren im erfindungsgemässen System alle Berechnungen zur Aufdatierung der Koeffizienten auf den transformierten Ein- und Ausgangssignalen y1M, y2M, s1M und s2M. Zwei Kreuzkorrelatoren 23 und 24 berechnen die benötigten Kreuzkorrelationsvektoren r1 und r2. Die Vorberechnungseinheiten 25, 26, 27 und 28 ermitteln die Zwischengrössen v1, v2, b1 und b2. Die Aufdatierungseinheiten 29 und 30 ermitteln die modifizierten Filterkoeffizienten w1 und w2 und stellen sie den Filtern 17 und 18 zur Verfügung.

[0036] In der Normierungseinheit 34 wird eine für die Aufdatierung der Filterkoeffizienten w1 und w2 gemeinsame Normierungsgrösse p berechnet. Die optimale Wahl der Normierungsgrösse p zusammen mit der richtigen Einstellung der Kompensationsfilter 5 und 6 gewährleisten ein sauberes und eindeutiges Konvergenzverhalten des erfindungsgemässen Verfahrens.

[0037] Im folgenden wird eine spezielle Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ausgehend von Figur 2 ausführlicher beschrieben. Die Mikrophone 1 und 2, die AD-Wandler 3 und 4, die DA-Wandler 13 und 14 sowie die Hörer 15 und 16 werden in der Betrachtung als ideal angenommen. Die Charakteristiken der realen akustischen und elektrischen Wandler können in den Kompensationsfiltem 5 und 6 bzw. in den Verarbeitungseinheiten 11 und 12 berücksichtigt und allenfalls kompensiert werden. Für die AD-Wandler 3 und 4 und die DA-Wandler 13 und 14 gelten die nachfolgenden Beziehungen. Dabei bezeichnen T und fs die Abtastperiode bzw. Abtastfrequenz und der Index n den diskreten Zeitpunkt.







[0038] Die Kompensationsfilter 5 und 6 sind gemäss Figur 3 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Struktur entspricht einem allgemeinen rekursiven Filter der Ordnung K. Die Koeffizienten b1k, a1k, b2k und a2k werden so gesetzt, dass sich der mittlere Frequenzgang eines Eingangs an den anderen Eingang angleicht. Dabei wird vorzugsweise über alle möglichen Orte von akustischen Signalquellen bzw. über alle möglichen Einfallsrichtungen gemittelt.







[0039] Die Verzögerungselemente 7 und 8 sind gemäss Figur 4 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die notwendigen Verzögerungszeiten D1 und D2 hängen vor allem vom Abstand der beiden Mikrophone und der bevorzugten Schalleinfallsrichtung ab. Kleine Verzögerungszeiten sind wünschenswert, da damit auch die Gesamtverzögerungszeit des Systems verringert wird.







[0040] Für die Subtrahierer 9 und 10 gelten die nachfolgenden Beziehungen.





[0041] Für die Verarbeitungseinheiten 11 und 12 gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Funktionen f1() und f2() stehen für beliebige lineare oder nichtlineare Funktionen ihrer Argumente. Sie ergeben sich aufgrund der üblichen hörgerätespezifischen Verarbeitung.





[0042] Die Filter 17 und 18 sind gemäss Figur 5 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Filterordnungen N1 und N2 ergeben sich aus einem Kompromiss zwischen erzielbarem Effekt und dem Rechenaufwand.







[0043] Die Kreuzglied-Filter 19, 20, 21 und 22 sind gemäss Figur 6 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Filterordnung M kann recht klein gewählt werden.



























[0044] Die Kreuzkorrelatoren 23 und 24 sind gemäss Figur 7 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Konstanten g und h, die das Zeitverhalten der gemittelten Kreuzkorrelationen bestimmen, sollten den Filterordnungen N1 und N2 angepasst sein. Die Konstanten L1 und L2 bestimmen, wie viele Kreuzkorrelationsterme in den nachfolgenden Berechnungen jeweils berücksichtigt werden.









[0045] Die Vorberechnungseinheiten vom Typ V 25 und 26 sind gemäss Figur 8 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Normierung wurde so gewählt, dass die Zwischengrössen v1 und v2 dimensionslos sind.





[0046] Die Vorberechnungseinheiten vom Typ B 27 und 28 sind gemäss Figur 9 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Normierung wurde so gewählt, dass die Zwischengrössen b1 und b2 dimensionslos sind.





[0047] Die Aufdatierungseinheiten 29 und 30 sind gemäss Figur 10 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Adaptionsgeschwindigkeit β kann dem gewünschten Konvergenzverhalten entsprechend gewählt werden.





[0048] Die Kreuzglied-Dekorrelatoren 31 und 32 sind gemäss Figur 11 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Kreuzglied-Dekorrelatoren berechnen die für eine Dekorrelation ihrer Eingangssignale benötigten Koeffizientenvektoren k1 und k2.













[0049] Die Glättungseinheit 33 ist gemäss Figur 12 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Die Konstanten f und I werden so gewählt, dass die gemittelten Koeffizienten k den gewünschten geglätteten Verlauf bekommen.





[0050] Die Normierungseinheit 34 ist gemäss Figur 13 aufgebaut und es gelten die nachfolgenden Beziehungen. Es werden zuerst die vier Leistungen von y1M, y2M, s1M und s2M berechnet und daraus wird die Normierungsgrösse p ermittelt.











[0051] Die bevorzugte Ausführungsform kann problemlos auf einem handelsüblichen Signalprozessor programmiert oder in einer integrierten Schaltung realisiert werden. Dazu müssen alle Variablen geeignet quantisiert und die Operationen auf die vorhandenen Architekturblöcke hin optimiert werden. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Behandlung der quadratischen Grössen (Leistungen) und den Divisionsoperationen. Abhängig vom Zielsystem gibt es dazu optimierte Vorgehensweisen. Diese sind aber an und für sich nicht Gegenstand der vorliegenden Erfindung.


Ansprüche

1. Schaltung zur Berechnung von zwei dekorrelierten digitalen Ausgangssignalen (s1, s2) aus zwei korrelierten digitalen Eingangssignalen (y1, y2), beinhaltend zwei symmetrisch übers Kreuz in Vorwärtsrichtung angeordnete Filter (17, 18) mit adaptiven Filterkoeffizienten (w1, w2), zwei Verzögerungselemente (7, 8) und zwei Subtrahierer (9, 10) zur Berechnung der Ausgangssignale (s1, s2) im Zeitbereich aus den Eingangssignalen (y1, y2) unter Minimierung einer aus Kreuzkorrelationstermen bestehenden quadratischen Kostenfunktion, dadurch gekennzeichnet, dass die Schaltung vier Kreuzglied-Filter (19-22) zur signalabhängigen Transformation der Ein- und Ausgangssignale (y1, y2; s1, s2) enthält und dass alle Recheneinheiten zur Aufdatierung der Filterkoeffizienten (w1, w2) den Kreuzglied-Filtern (19-22) nachgeschaltet sind.
 
2. Schaltung nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch zwei Kreuzkorrelatoren (23, 24), vier Vorberechnungseinheiten (25-28) und zwei Aufdatierungseinheiten (29, 30) zur schnell reagierenden und recheneffizienten Aufdatierung der Filterkoeffizienten (w1, w2).
 
3. Schaltung nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch zwei Kreuzglied-Dekorrelatoren (31, 32), die der Statistik der beiden Eingangssignale (y1, y2) folgen, und eine Glättungseinheit (33) zur Berechnung von gemittelten und geglätteten Koeffizienten (k) für die Kreuzglied-Filter (19-22).
 
4. Schaltung nach einem der Ansprüche 1-3, gekennzeichnet durch eine Normierungseinheit (34), die eine für die Aufdatierung der Filterkoeffizienten (w1, w2) optimale Normierungsgrösse (p) berechnet.
 
5. Vorrichtung zur adaptiven Geräuschunterdrückung in akustischen Eingangssignalen, beinhaltend zwei Mikrophone (1, 2) und zwei AD-Wandler (3, 4) zur Wandlung der akustischen Eingangssignale in zwei digitale Eingangssignale (y1, y2), eine Schaltung zur Verarbeitung der digitalen Eingangssignale (y1, y2) in digitale Ausgangssignale (s1, s2), mindestens einen DA-Wandler (13, 14) und mindestens einen Lautsprecher bzw. Hörer (15, 16) zur Wandlung der digitalen Ausgangssignale (s1, s2) in akustische Ausgangssignale, dadurch gekennzeichnet, dass die Schaltung zur Verarbeitung der digitalen Eingangssignale (y1, y2) in digitale Ausgangssignale (s1, s2) eine Schaltung nach einem der Ansprüche 1-4 ist.
 
6. Vorrichtung nach Anspruch 5, gekennzeichnet durch mindestens ein Kompensationsfilter (5, 6) zur Angleichung des mittleren Frequenzgangs eines Mikrophons (1) an den mittleren Frequenzgang des anderen Mikrophons (2).
 
7. Verfahren zur Berechnung von zwei dekorrelierten digitalen Ausgangssignalen (s1, s2) aus zwei korrelierten digitalen Eingangssignalen (y1, y2), ausführbar mittels einer Schaltung nach einem der Ansprüche 1-4, wobei mittels zweier symmetrisch übers Kreuz in Vorwärtsrichtung angeordneter Filter (17, 18) mit adaptiven Filterkoeffizienten (w1, w2), zwei Verzögerungselementen (7, 8) und zwei Subtrahierern (9, 10) die dekorrelierten Ausgangssignale (s1, s2) aus den Eingangssignalen (y1, y2) unter Minimierung einer aus Kreuzkorrelationstermen bestehenden quadratischen Kostenfunktion im Zeitbereich ermittelt werden, dadurch gekennzeichnet, dass mittels vier Kreuzglied-Filter (19-22) eine signalabhängige Transformation der Ein- und Ausgangssignale (y1, y2; s1, s2) vorgenommen wird und zur Aufdatierung der Filterkoeffizienten (w1, w2) nur die transformierten Signale (y1M, y2M; s1M, s2M) verwendet werden.
 
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass zwei Kreuzglied-Dekorrelatoren (31, 32) der Statistik der beiden Eingangssignale (y1, y2) folgen und eine Glättungseinheit (33) die gemittelten und geglätteten Koeffizienten (k) für die Kreuzglied-Filter (19-22) berechnet.
 
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass in einer Normierungseinheit (34) eine für die Aufdatierung der Filterkoeffizienten (w1, w2) optimale Normierungsgrösse (p) berechnet wird.
 
10. Verfahren zur adaptiven Geräuschunterdrückung in akustischen Eingangssignalen, wobei die akustischen Eingangssignale in digitale Eingangssignale (y1, y2) gewandelt werden, die digitalen Eingangssignale (y1, y2) in digitale Ausgangssignale (s1, s2) verarbeitet werden und die digitalen Ausgangssignale (s1, s2) in akustische Ausgangssignale gewandelt werden, dadurch gekennzeichnet, dass zur Verarbeitung der digitalen Eingangssignale (y1, y2) in digitale Ausgangssignale (s1, s2) ein Verfahren nach einem der Ansprüche 7-9 angewendet wird.
 
11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass zur Wandlung der akustischen Eingangssignale zwei Mikrophone (1, 2) verwendet werden und der mittlere Frequenzgang eines Mikrophons (1) mittels mindestens eines Kompensationsfilters (5, 6) dem mittleren Frequenzgang des anderen Mikrophons (2) angeglichen wird.
 




Zeichnung