[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zur Sicherung
eines Kraftfahrzeugs in Notfällen. Insbesondere betrifft die Erfindung ein Panikschließsystem
und -verfahren zum Schließen von motorisch betriebenen Fensterhebern und Schiebehebedächern.
[0002] Heutzutage verfügen Kraftfahrzeuge häufig über Fensterhebersysteme, mit denen Fenster
eines Kraftfahrzeugs mit einem Schalter geöffnet und geschlossen werden können. Es
können Situationen auftreten, in denen die im Fahrzeug befindlichen Personen sich
gegenüber Angriffen von außen durch ein schnelles Verschließen des Kraftfahrzeugs
schützen müssen. Dies kann beispielsweise bei kurzen Halteperioden an Verkehrsampeln
und bei zähfließendem oder stillstehendem Verkehr notwendig sein, weil derartige Situationen
zum Überfall auf Kraftfahrzeuge und zum Diebstahl darin befindlicher Wertgegenstände
ausgenutzt werden können.
[0003] Zum Verschließen der Türen in derartigen Situationen sind sogenannte "Lock-Unlock-Schalter"
bekannt. Durch einen derartigen Schalter kann eine zentrale Türverriegelung ausgelöst
werden, so daß die Fahrzeugtüren sowie gegebenenfalls die Verriegelungsvorrichtung
für den Kofferraum verschlossen werden. Da in einer derartigen Situation auch das
Verschließen der Fenster sowie des Schiebehebedachs erforderlich sein könnte, sind
bereits sogenannte Panikschließfunktionen bei motorisch betriebenen Fensterhebern
und Schiebehebedächern bekannt. Problematisch bei diesen bekannten Panikschließfunktionen
ist jedoch, daß der üblicherweise bei motorisch betriebenen Fensterhebern und Schiebehebedächern
vorgesehene Einklemmschutz außer Kraft gesetzt wird, wenn die Panikschließfunktion
betätigt wird.
[0004] So ist beispielsweise bei bisher bekannten Systemen der Einklemmschutz beim Fensterheber
bzw. Schiebehebedach im Automatikbetrieb (Tippbetrieb) sowie bei Betätigung in einer
ersten Raststellung (manuell) und bei der Komfortschließung beispielsweise über eine
Fernbedienung aktiv. Das heißt, im Einklemmfall reversiert die Scheibe automatisch
ganz oder teilweise nach unten. Bei dauernd gedrückter Schließ-Betätigungstaste in
einer zweiten Raststellung oder an einem mechanischen Anschlag wird die Panikschließfunktion
(Panik-Mode) aktiviert und der Einklemmschutz aufgehoben. Somit haben Fahrzeuginsassen
die Möglichkeit, durch manuelles Betätigen der Bedienschalter eine Notschließung der
Fenster und des Schiebehebedachs ohne Einklemmschutz zu bewirken. Dadurch besteht
insbesondere die Gefahr der Verletzung durch Einklemmen von Körperteilen. Aufgrund
der konstruktiven Beschaffenheit der Bedienschalter mit zwei Raststellungen in jede
Richtung (manuell oder durch Antippen öffnen und schließen) wird oft durch unbewußtes
Überdrücken und Halten des Schalters die Scheibe geschlossen. Daß in einem solchen
Fall der Einklemmschutz inaktiv ist, d.h. die Panikfunktion aktiv ist, ist dem oder
den Insassen meist nicht bekannt. Dadurch entstehen Gefahrensituationen für Insassen
und Passanten.
[0005] Eine bekannte Panikschließfunktion ist beispielsweise in der EP-A-856 629 offenbart.
Entsprechend dieser Druckschrift ist im Zugriffsbereich des Fahrers ein Bedienfeld
mit vier Schaltern vorgesehen, das mit einer Einklemmschutz-Vorrichtung für die Fenster
aller Türen in Wirkverbindung steht. Durch Betätigung eines Notschalters können sämtliche
Fensterheber unter Umgehung oder Abschaltung der Einklemmschutz-Vorrichtung gemeinsam
in ihre Schließposition gebracht werden. Somit weist auch diese Vorrichtung die vorstehend
beschriebenen Nachteile auf.
[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Panikschließsystem
und -verfahren zum Schließen von Fenstern und Schiebedächern in einem Kraftfahrzeug
zur Verfügung zu stellen. Insbesondere sollen dabei die mit den bekannten Systemen
verbundenen Nachteile und Gefahren für Personen vermieden werden. Diese Aufgabe wird
mit den Merkmalen der Patentansprüche gelöst.
[0007] Entsprechend der vorliegenden Erfindung wird ein unbeabsichtigtes Auslösen der Panikfunktion
durch Überdrücken und Halten des Bedienschalters am Anschlag vermieden. Dies läßt
sich sowohl für Fahrzeuge, bei denen nur einige der Fenster motorisch betätigbar sind
wie auch bei Fahrzeugen, bei denen alle Fenster einschließlich Schiebehebedach automatisch
betätigbar sind, realisieren. Üblicherweise befinden sich in Fahrzeugen die Bedienstellen
für die Fenster in einem Schalterblock der Fahrertür sowie weitere Schalter an den
entsprechenden Türen der zu öffnenden Fenster sowie in der Nähe des Schiebehebedachs.
Das erfindungsgemäße Panikschließsystem und -verfahren ist vorzugsweise derart ausgebildet,
daß ein effektiver Einklemmschutz an allen motorisch betätigbaren Fenstern und Schiebehebedächern
erfolgt.
[0008] Die Erfindung geht dabei von dem Grundgedanken aus, daß der Einklemmschutz sowohl
in einem Standardzustand für normales Schließen als auch in einem modifizierten Zustand
für Panikschließen betreibbar ist. Dadurch kann das Verletzungsrisiko von im Fahrzeug
befindlichen Personen und Passanten stark reduziert werden. Auch bei fehlender Kenntnis
der Bedienungsanleitung bzw. der Funktionsweise der Betätigungseinrichtung können
für die Insassen sowie für die Passanten gefährliche Zustände effektiv vermieden werden.
Darüber hinaus bestehen gegenüber den bekannten Einklemmschutzsystemen keinerlei Funktionseinschränkungen,
d.h. potentielle Angreifer können ausgesperrt werden. Festgefrorene bzw. festsitzende
Scheiben können auch losgerissen werden. Ein weiterer Vorteil ist, daß für die Steuerungseinrichtung
kaum Änderungen der Hardware gegenüber den bekannten Systemen erforderlich sind. Somit
bleiben bei gesteigerter Sicherheit die Kosten für die Serienfertigung nahezu unverändert.
[0009] Das erfindungsgemäße Panikschließsystem und -verfahren wird nachstehend anhand einer
bevorzugten Ausführungsform unter Bezugnahme auf die Zeichnung beispielhaft beschrieben.
[0010] Fig. 1 zeigt ein Flußdiagramm der Schaltlogik des erfindungsgemäßen Panik-schließsystems
und -verfahrens. Das erfindungsgemäße System weist im wesentlichen mindestens eine
Betätigungseinrichtung, eine dem jeweiligen zu betätigenden Element (z. B. Fenster,
Schiebehebedach) zugeordnete Antriebseinrichtung und eine Steuerungseinrichtung auf.
[0011] Bei der Betätigungseinrichtung handelt es sich vorzugsweise um einen Schalter mit
einer ersten und einer zweiten Schaltraste. Die erste Schaltraste dient dabei zum
manuellen Betätigen des Fensters oder des Schiebehebedachs, wobei das sich zu betätigende
Element so lange in die gewünschte Richtung bewegt, wie der Schalter in der ersten
Rastposition gehalten wird. Wird der Schalter in die zweite Schaltraste getippt bzw.
kurzfristig gedrückt, so erfolgt ein automatisches Öffnen oder Schließen des zu betätigenden
Elements. Wird der Schalter allerdings in der zweiten Schaltraste (in Schließrichtung)
gehalten, so wird die Panikfunktion bzw. ein Panikschließen ausgelöst. Es ist ferner
bevorzugt, daß bei Auslösen der Panikfunktion mittels einer Betätigungseinrichtung
sämtliche zu betätigenden Elemente, d.h. alle Fenster sowie gegebenenfalls das Schiebehebedach
geschlossen werden. Es ist auch möglich, mit der Auslösung der Panikfunktion die Zentralverriegelung
für Türen und die Verriegelungsvorrichtung der Kofferraumklappe zu verriegeln.
[0012] Nachfolgend wird nun die Funktionsweise des erfindungsgemäßen Panikschließsystem
und -verfahrens beschrieben. Durch Halten des Betätigungsschalters in der zweiten
Rastposition (Überdrücken) wird nach Ablauf einer vorbestimmten Ansprechzeit t
A, die für die Tippfunktion erforderlich ist, die Panikfunktion aktiviert. Sämtliche
Fenster und Schiebehebedächer werden mit maximaler Geschwindigkeit geschlossen. Dabei
bleibt erfindungsgemäß der Einklemmschutz in modifizierter Form aufrecht erhalten.
Wird ein Einklemmen erkannt, so reversiert das betroffene Fenster oder Schiebehebedach
nur um eine gegenüber dem Standardeinklemmschutz erheblich verkürzte Strecke S
REV und nicht komplett (bzw. um eine Strecke von z.B. etwa 200 mm in einigen Ausführungen).
Dem Hindernis bzw. Angreifer wird somit die Möglichkeit gegeben, sich aus der Gefahrenzone
zu entfernen, aber nicht mehr weiter ins Fahrzeuginnere einzudringen. Entsprechend
der vorliegenden Erfindung muß nun der Betätigungsschalter bewußt losgelassen werden
und innerhalb eines Zeitfensters t
ZF erneut betätigt werden. Erfolgt eine Betätigung innerhalb dieses Zeitfensters t
ZF so werden die Fenster und das Schiebehebedach ohne jeglichen Einklemmschutz mit maximaler
Kraft und Geschwindigkeit geschlossen. Erfolgt innerhalb des Zeitfensters t
ZF keine erneute Aktivierung der Panikfunktion, d.h. dauerndes Halten des Schalters
in der zweiten Rastposition, so ist der Einklemmschutz wieder im Normalzustand und
somit voll aktiv. Erfolgt außerhalb des Zeitfensters t
ZF jedoch wiederum eine Folgebetätigung mit der die Panikfunktion aktiviert wird so
ist der modifizierte Einklemmschutz aktiv. In einer bevorzugten Ausführungsform ist
zur zusätzlichen Sicherheit vorgesehen, die Panikfunktion ab einer vorbestimmten Fahrzeuggeschwindigkeit
(z.B. 16 km/h), die mittels einer Fahrzeuggeschwindigkeitserfassungseinrichtung ermittelt
wird, zu sperren.
[0013] In der derzeit bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung beträgt die
Reversierstrecke S
REV bei modifiziertem Einklemmschutz etwa 10 mm und das Zeitfenster T
ZF 4 Sekunden.
[0014] Im Folgenden wird die Funktionsweise des erfindungsgemäßen Paniksystems und -verfahrens
gegenüber dem Stand der Technik nochmals anhand eines konkreten Beispiels beschrieben.
In diesem Beispiel will der Fahrer die hintere Scheibe schließen und betätigt den
entsprechenden Schalter an der Fahrertür. Beim Stand der Technik kommt es vor, daß
der Fahrer den Schalter gedrückt hält, um die Scheibe zu schließen. Dabei hält er
den Schalter unbewußt auf mechanischem Anschlag (zweite Rastposition) und aktiviert
deshalb die Panikfunktion. Gemäß dem Stand der Technik schließt dabei die Scheibe
ohne Einklemmschutz mit voller Kraft. Dabei kann es zu Verletzungen kommen, weil eine
Person beispielsweise eine Hand aus dem Fenster streckt und das Fenster mit voller
Kraft zufährt und die Hand eingeklemmt werden kann. Entsprechend der vorliegenden
Erfindung schließt bei gleicher Situation die Scheibe mit Einklemmschutz mit maximaler
Geschwindigkeit. Auch in diesem Fall kann der Fahrer übersehen, daß eine Person eine
Hand aus dem Fenster streckt. Allerdings wird erfindungsgemäß ein Einklemmen automatisch
erkannt und die Scheibe reversiert um 10 mm und bleibt stehen. Die Person erschrickt
und zieht die Hand zurück. Sollte der Fahrer davon nichts mitbekommen und den Schalter
weiter in der zweiten Rastposition halten, so bleibt das Fenster trotzdem stehen.
Für den Fall, daß der Fahrer innerhalb des Zeitfensters von 4 Sekunden den Taster
bewusst losläßt und dann erneut drückt und ihn in der zweiten Raststellung hält, schließt
das Fenster ohne Einklemmschutz mit voller Kraft. Betätigt der Fahrer den Schalter
allerdings erst nach dem Zeitfenster von 4 Sekunden erneut, so schließt das Fenster
wieder mit Einklemmschutz.
[0015] Demgemäß bietet das erfindungsgemäße Panikschließsystem und -verfahren gegenüber
dem Stand der Technik erhebliche Sicherheitsvorteile.
1. Panikschließsystem insbesondere für in Kraftfahrzeugen vorgesehene, motorisch betriebene
Fensterheber und/oder Schiebehebedächer mit mindestens einer Betätigungseinrichtung,
einer dem jeweiligen zu betätigenden Element zugeordneten Antriebseinrichtung und
einer Steuerungseinrichtung, wobei die Steuerungseinrichtung eine Einklemmschutz-Vorrichtung
aufweist, die für normales Schließen einen Standard-Einklemmschutz und für Panikschließen
einen modifizierten Einklemmschutz hat.
2. Panikschließsystem nach Anspruch 1, wobei die Betätigungseinrichtung einen Schalter
mit einer ersten Schalterraste zum manuellen Betätigen des zu betätigenden Elements
und einer zweiten Schaltraste aufweist, wobei der Schalter derart ausgebildet ist,
daß durch Tippen in die zweite Schaltraste eine automatische Betätigung des zu betätigenden
Elements erfolgt und durch Halten in der zweiten Schaltraste die Panikfunktion ausgelöst
wird.
3. Panikschließsystem nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Einklemmschutzvorrichtung derart
ausgebildet ist, daß bei Betätigung einer Betätigungseinrichtung sämtliche zu betätigenden
Elemente geschlossen werden.
4. Panikschließsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei beim Standard-Einklemmschutz
das zu betätigende Element, an dem ein Einklemmen erkannt wurde, vollständig oder
zumindest um eine Strecke von 50 mm reversiert.
5. Panikschließsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei der modifizierte Einklemmschutz
derart ausgebildet ist, daß beim Erkennen eines Einklemmens beim Panikschließen mindestens
das zu schließende Element, an dem das Einklemmen erkannt wurde, um eine Strecke von
weniger als 50 mm, vorzugsweise etwa 10 mm, reversiert.
6. Panikschließsystem nach Anspruch 5, wobei der modifizierte Einklemmschutz derart ausgebildet
ist, daß nach dem Erkennen des Einklemmens beim Panikschließen ein in der Steuerungseinrichtung
vorgesehener Timer ein Zeitfenster (tZF) startet, innerhalb dem bei erneuter Betätigung der Betätigungseinrichtung zum Panikschließen
die gesamte Einklemmschutz-Vorrichtung außer Betrieb gesetzt wird und die zu schließenden
Elemente ohne Einklemmschutz vollständig schließen.
7. Panikschließsystem nach Anspruch 6, wobei die Einklemmschutz-Vorrichtung derart ausgebildet
ist, daß außerhalb des Zeitfensters (tZF) und bei Betätigung des Panikschließens erneut der modifizierte Einklemmschutz anspricht.
8. Panikschließsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei die Steuerungseinrichtung
mit einer Fahrzeuggeschwindigkeitserfassungseinrichtung verbunden ist und derart ausgebildet
ist, daß ab einer bestimmten Fahrzeuggeschwindigkeit von vorzugsweise größer als 16
km/h die Panikfunktion außer Betrieb gesetzt wird.
9. Panikschließverfahren insbesondere für in Kraftfahrzeugen vorgesehene, motorisch betriebene
Fensterheber und/oder Schiebehebedächer mit den Schritten:
(a) Erfassen einer Panikschließanforderung; und
(b) Deaktivieren eines für normales Schließen vorhandenen Standard-Einklemmschutzes
und Aktivieren eines für Panikschließen vorgesehenen modifizierten Einklemmschutzes.
10. Verfahren nach Anspruch 9, wobei beim Panikschließen bei Betätigung einer Betätigungseinrichtung
sämtliche zu betätigenden Elemente geschlossen werden.
11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, wobei beim Standard-Einklemmschutz das zu betätigende
Element vollständig oder zumindest um eine Strecke von 50 mm reversiert wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 11, wobei beim Erkennen eines Einklemmens
beim Panikschließen der modifizierte Einklemmschutz das zu schließende Element, an
dem das Einklemmen erkannt wurde, um eine Strecke von weniger als 50 mm, vorzugsweise
etwa 10 mm reversiert.
13. Verfahren nach Anspruch 12, wobei beim modifizierten Einklemmschutz nach dem Erkennen
des Einklemmens beim Panikschließen ein Timer ein Zeitfenster (tZF) startet, innerhalb dem bei erneuter Betätigung der Betätigungseinrichtung zum Panikschließen
die gesamte Einklemmschutz-Vorrichtung außer Betrieb gesetzt wird und die zu schließenden
Elemente ohne Einklemmschutz vollständig geschlossen werden.
14. Verfahren nach Anspruch 13, wobei außerhalb des Zeitfensters tZF und bei Betätigung des Panikschließens erneut der modifizierte Einklemmschutz anspricht.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 14, wobei ab einer vorbestimmten Fahrzeuggeschwindigkeit
von vorzugsweise größer als 16 km/h die Panikfunktion außer Betrieb gesetzt wird.