[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen mehrpoligen Schutzschalter für ein mehrphasiges
Netz (Mehrleiternetz) mit Neutralleiter (N-Leiter) oder mit kombiniertem Neutral-
und Schutzleiter (PEN-Leiter).
[0002] In mehrphasigen Netzen, z. B. in einem Drehstromnetz, mit hohem Oberwellengehalt
kann eine Überlastung des Neutralleiters auftreten. So wurde festgestellt, dass durch
den zunehmenden Anteil von elektronisch geregelten Geräten, wie beispielsweise Computer-
oder PC-Netzteile, auch der Oberwellenanteil im entsprechenden Netz ansteigt. Während
bei unverzerrten sinusförmigen Strömen im Neutralleiter die Stromsumme stets Null
ergibt, erfolgt bei der dritten Oberwelle eine Addition der über die Phasenleitungen
des Netzes fließenden Außenleiterströme. Dieser Oberwellenanteil wiederum kann dazu
führen, dass der Neutralleiterstrom das √3-fache oder 1,7-fache des Außenleiterstroms
erreichen oder übersteigen kann.
[0003] Überstromschutzeinrichtungen in Form sogenannter Schutzschalter in den Außenleitern
sind daher in Extremfällen nicht in der Lage, den Neutralleiter zu schützen. Demzufolge
kann dieser bei unzulässig hohen Belastungsströmen thermisch zerstört werden, obwohl
in den Phasen- oder Außenleitern die zulässigen Nennströme nicht überschritten werden.
In solchen Fällen ist eine allpolige Absicherung erforderlich.
[0004] Handelt es sich um reine Neutralleiter, so wird durch den Einsatz eines geschützten
Pols, z.B. eines vierpoligen Leitungsschutz- oder Leitungsschalters, eine thermische
Überlastung des an den N-Pol angeschlossenen Neutralleiters (N-Leiter) sicher abgeschaltet.
Demgegenüber ist eine Abschaltung oder Auftrennung eines kombinierten Schutz- und
Neutralleiters (PEN-Leiter) aus Sicherheitsgründen unzulässig. Auch dürfen in manchen
Netzen die Neutralleiter nicht geschaltet werden.
[0005] Zur Lösung dieses Problems ist es möglich, die Phasenströme um beispielsweise 50%
zu reduzieren. Eine derartige Reduzierung der Phasenströme mit der Folge vergleichsweise
kleiner Bemessungsströme beim Überstromschutzorgan als für die Leitung zulässig, bedeuten
aber eine ineffektive Nutzung des Leiterquerschnitts. Auch ist denkbar, den Leiterquerschnitt
des Neutralleiters bzw. des kombinierten Schutz- und Neutralleiters zu vergrößern.
Diese Maßnahmen sind jedoch bereits aufgrund deren Ineffektivität äußerst unerwünscht.
[0006] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen mehrpoligen Schutzschalter
anzugeben, der unter Vermeidung der genannten Nachteile einen sicheren Schutz auch
des Neutralleiters bzw. des kombinierten Schutz- und Neutralleiters ermöglicht.
[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch die Merkmale des Anspruchs 1. Dazu
ist für ein mehrphasiges Netz ein entsprechend mehrpoliger Schutzschalter vorgesehen,
bei dem derjenige Pol prinzipiell keine Unterbrechungsstelle aufweist, über den der
N-Leiter bzw. PEN-Leiter angeschlossen ist und der dessen Strom führt. Dieser N- bzw.
PEN-Pol erkennt jedoch mittels entsprechender Stromerfassungsorgane einen unzulässigen
Überstrom und bewirkt über eine Kopplung mit den Phasenpolen deren Auslösung. Der
N- bzw. PEN-Pol umfasst daher eine mit der jeweiligen Abschalteinrichtung der weiteren
Phasenpole gekoppelte Auslöseeinrichtung, die den N- bzw. PEN-Pol nicht oder unterbrechungsfrei
schaltet. Im Überlastfall des N- oder PEN-Leiters werden somit die Phasenpole, nicht
aber der N- bzw. PEN-Pol aufgetrennt.
[0008] Dabei ist der N- bzw. PEN-Pol hinsichtlich dessen Aufbaus grundsätzlich den übrigen
Phasenpolen gleich. Dies verringert aufgrund des Gleichteilekonzeptes den fertigungstechnischen
Aufwand erheblich. In diesem Fall ist in vorteilhafter Ausgestaltung vorgesehen, dass
der Schaltkontakt der Abschalteinrichtung des N- bzw. PEN-Pols mittels beispielsweise
eines Drahtstückes überbrückt ist. Dadurch wird erreicht, dass auch im Auslösefalle
bei Überlast des N- bzw. PEN-Leiters dieser unterbrechungsfrei bleibt. Infolge der
Kopplung der Auslöse- und/oder Abschalteinrichtungen sowohl der Phasenpole als auch
des N- bzw. PEN-Pols erfolgt somit ein zuverlässiger Schutz des N- bzw. PEN-Leiters,
ohne diesen vom Netz zu trennen. Dadurch können die verwendeten Leiterquerschnitte
maximal genutzt werden. Außerdem können Standardbaugruppen und -komponenten auch für
den N- bzw. PEN-Pol verwendet werden.
[0009] In einer alternativen Ausführungsform weist der N- bzw. PEN-Pol eine schaltkontaktlose
Abschalteinrichtung auf. Bei dieser Ausführungsform ist der N- bzw. PEN-Pol hinsichtlich
der übrigen Abschalt- und Auslösekomponenten zu den übrigen Polen des Schutzschalters
gleichartig aufgebaut, wobei lediglich der Schaltkontakt oder die Kontaktstelle entfällt.
[0010] Anstelle der schaltkontaktlosen Ausführung kann auch eine Variante vorgesehen sein,
bei der der Schaltkontakt dauerhaft geschlossen ist. Ein ebenso wie bei den anderen
Polen vorgesehenes Schaltschloss ist dann mit diesem Schaltkontakt des N- bzw. PEN-Pols
nicht gekoppelt, während dieses Schaltschloss mit den Schaltschlössern der übrigen
Pole des Schutzschalters gekoppelt ist.
[0011] Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, dass mittels
eines mehrpoligen Schutzschalters oder Schutzschaltgerätes, insbesondere eines Leitungsschutzschalters,
bei dem ein dem Neutralleiter oder dem kombinierten Schutz- und Neutralleiter zugeordneter
N- bzw. PEN-Pol zwar direkte oder indirekte Auslösemechanismen aufweist, selbst aber
nicht trennt, ein zuverlässiger Schutz durch Ausschalten der übrigen Phasenströme
bewirkt wird. Dabei wird die Schutzwirkung bezüglich des Neutralleiters bzw. des kombinierten
Schutz- und Neutralleiters aufrechterhalten, indem bei Überlast und somit im Auslösefall
der N- oder PEN-Pol ungeschaltet oder infolge der Überbrückung eines vorhandenen Schaltkontaktes
unterbrechungsfrei oder unterbrechungslos geschaltet wird.
[0012] Der mehrpolige Schutzschalter eignet sich daher insbesondere für Mehrleiternetze,
in denen der neutrale Leiter geschützt, aber nicht geschaltet werden soll, z.B. für
2- und 3-polige Schutzschalter. Er eignet sich auch als Auslöseeinrichtung im N- bzw.
PEN-Pol eines Schutzschalters mit erhöhten oder erniedrigten Auslösewerten bei entsprechend
angepassten Leiterquerschnitten, z.B. für Leitungen mit halbem Neutralleiterquerschnitt.
[0013] Eine bevorzugte Ausführung des N- bzw. PEN-Pols des Schutzschalters weist lediglich
einen thermischen Auslöser, ein Schaltschloss und entsprechende Mitnehmer zur Auslösung
der übrigen Phasenpole auf. Vorteilhaft ist auch eine Ausführung als Fehlerstrom-Schalter
(FI- oder DI-Schalter), insbesondere auch in Kombination mit einem Leitungsschutzschalter,
mit nicht geschaltetem N-Pol.
[0014] Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand einer Zeichnung näher
erläutert. Darin zeigen:
- FIG 1
- schematisch einen vierpoligen Schutzschalter eines Dreiphasennetzes mit gebrücktem
Schaltkontakt im N-bzw. PEN-Pol, und
- FIG 2
- einen mehrpoligen Schutzschalter gemäß FIG 1 mit einem schaltkontaktlosen N- bzw.
PEN-Pol.
[0015] Einander entsprechende Teile sind in beiden Figuren mit den gleichen Bezugszeichen
versehen.
[0016] Der mehrpolige Schutzschalter 1 für ein Drehstromnetz mit den Phasen- oder Außenleitern
L1 bis L3 und dem Neutralleiter N bzw. dem kombinierten Schutz- und Neutralleiter
PEN weist je Pol P1 bis P4 eine Auslöseeinrichtung mit einem elektromagnetischen Auslöser
2 und einem thermischen Auslöser 3 sowie eine Abschalteinrichtung mit einem Schaltkontakt
4 und einem Schaltschloss 5 auf. Der N- bzw. PEN-Pol P4 gemäß der Ausführungsform
nach FIG 1 weist ein parallel zum Schaltkontakt 4 angeordnetes Überbrückungselement
6, z. B. eine Leiter- oder Drahtbrücke, auf.
[0017] Bei der Ausführungsform gemäß FIG 2 weist der N- bzw. PEN-Pol P4 keinen Schaltkontakt
auf. Alternativ kann jedoch ebenfalls ein Schaltkontakt vorgesehen sein, wobei dieser
dann dauerhaft geschlossen ist. Das entsprechende Schaltschloss 5 dieses Pols P4 ist
mit dem dauerhaft geschlossenen Schaltkontakt dann mechanisch nicht gekoppelt.
[0018] Die Schaltschlösser 5 der Pole P1 bis P4 sind einerseits untereinander gekoppelt,
was durch die gestrichelte Wirkungslinie 7 angedeutet ist. Andererseits sind die Schaltschlösser
5 mit den Auslösern 2 und/oder 3 mechanisch gekoppelt, was durch die gestrichelten
Wirkungslinien 8 angedeutet ist. Ferner sind bei den Phasenpolen P1 bis P3 die Schaltschlösser
5 mit dem jeweiligen Schaltkontakt 4 gekoppelt.
[0019] Im Überlastfall des Neutralleiters N bzw. des kombinierten Schutz- und Neutralleiters
PEN wird eine Überlastung des N-bzw. PEN-Pols mittels des thermischen Auslösers 3
für Überlast und/oder mittels des elektromagnetischen Auslösers 2 für Kurzschluss
erfasst, und das in diesem Pol P4 mit den Auslösern 2,3 gekoppelte Schaltschloss 5
wird ausgelöst. Die Auslösung des Schaltschlosses 5 des N- bzw. PEN-Pols P4 bewirkt
infolge der Kopplung dessen Auslöseeinrichtung 2,3 mit den Abschalteinrichtungen 4,5
der Phasenpole eine Auslösung der übrigen Phasenpole P1 bis P4, so dass deren Schaltkontakte
4 geöffnet werden und eine Abschaltung vom Netz L
n erfolgt.
[0020] Dabei erfolgt eine Abschaltung des N- bzw. PEN-Pols lediglich indirekt, indem die
übrigen Phasenpole P1 bis P3 infolge der Kopplung deren Abschalteinrichtungen 4,5
mit der Auslöseeinrichtung 2,3 des Pols P4 ausgeschaltet werden, während der N-bzw.
PEN-Pol P4 aufgrund der Überbrückung des Schaltkontaktes 4 dieses Pols P4 auch im
Auslösefall unterbrechungsfrei ist. Somit bleibt die Schutzwirkung des N- bzw. PEN-Pols
erhalten.
[0021] Im Gegensatz dazu ist der PEN- bzw. N-Pol P4 des Schutzschalters 1 gemäß FIG 2 lediglich
Schutz- oder Auslöseorgan, während dieser Pol P4 selbst nicht geschaltet wird. Wesentliche
Komponente des nicht oder unterbrechungsfrei geschalteten N- bzw. PEN-Pols P4 ist
daher die Auslöseeinrichtung 2,3 zur Stromerfassung und Weiterleitung des Auslösesignals
an die mit diesem Pol P4 gekoppelten Phasenpole P1 bis P3.
[0022] Gegenüber dieser Variante gemäß FIG 2 bietet die Ausführungsform gemäß FIG 1 den
Vorteil, dass bei dem dortigen mehrpoligen Schutzschalter 1 praktisch identische Schaltgeräte
oder Pole P1 bis P4 eingesetzt werden können. Dabei ist lediglich der an den Neutralleiter
N oder an den kombinierten Schutz- und Neutralleiter PEN anzuschließende Pol P4 mit
dem Element 6 zur Überbrückung dessen Schaltkontaktes 4 zu versehen. Eine derartige
Nachrüstung des für den N- bzw. PEN-Pols P4 vorgesehenen Schaltgerätes ist fertigungstechnisch
in besonders einfacher Art und Weise durchführbar.
1. Mehrpoliger Schutzschalter (1) für ein mehrphasiges Netz (Ln) mit Neutralleiter (N) oder mit kombiniertem Neutral- und Schutzleiter (PEN), dadurch gekennzeichnet, dass ein dem Neutralleiter (N) zugeordneter N-Pol (P4) bzw. ein dem Neutral- und Schutzleiter
(PEN) zugeordneter PEN-Pol (P4) eine mit einer Abschalteinrichtung (4,5) des oder
jedes Phasenpols (Pn) gekoppelte Auslöseeinrichtung (2,3) umfaßt, die den N- bzw. PEN-Pol (P4) nicht oder
unterbrechungsfrei schaltet.
2. Mehrpoliger Schutzschalter nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der N- bzw. der PEN-Pol (P4) eine Abschalteinrichtung (4,5) mit überbrücktem Schaltkontakt
(4) aufweist.
3. Mehrpoliger Schutzschalter nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der N- bzw. der PEN-Pol (P4) eine schaltkontaktlose Abschalteinrichtung (5) aufweist.
4. Mehrpoliger Schutzschalter nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Auslöseeinrichtung des N- bzw. PEN-Pols (P4) einen thermischen Auslöser (3) oder
einen thermischen Auslöser (3) und einen elektromagnetischen Auslöser (2) umfasst.
5. Mehrpoliger Schutzschalter nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Pol (Pn, P4) ein mit den weiteren Polen (Pn, P4) gekoppeltes Schaltschloss (5) umfasst.
6. Schutzschaltgerät für den N- oder PEN-Pol eines mehrphasigen Netzes (LN), mit einer an Abschalteinrichtungen (4,5) weiterer Phasenpole (PN) ankoppelbaren Auslöseeinrichtung (2,3), wobei im Überlastfall keine oder eine unterbrechungslose
Abschaltung des N- bzw. PEN-Pols (P4) erfolgt.