(19)
(11) EP 1 170 401 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.01.2002  Patentblatt  2002/02

(21) Anmeldenummer: 01113788.2

(22) Anmeldetag:  06.06.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C25D 5/02, C25D 3/66
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 16.06.2000 DE 10029837

(71) Anmelder: Degussa Galvanotechnik GmbH
73525 Schwäbisch Gmünd (DE)

(72) Erfinder:
  • Engert, Thomas
    73540 Heubach (DE)
  • Steinhilber, Gerhard
    73431 Aalen (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung von einseitig platinierten Platten und Streckmetallgittern aus Refraktärmetallen


(57) Die erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von einseitig platinierten Platten aus Refraktärmetallen, bei dem man Platten vorgegebener Abmessung aus Refraktärmetall Rücken an Rücken formschlüssig dicht mit einander verbindet, diese mittels Schmelzelektrolyse auf ihren freien Oberflächen mit Platin beschichtet und dann die Platten von einander trennt. Diese Platten können zu einseitig platinierten Streckmetallgittern verarbeitet werden.
Diese einseitig platinierten Platten aus Refraktärmetallen und die daraus gefertigten einseitig platinierten Streckmetallgitter können sehr vorteilhaft als Anoden in elektrolytischen und galvanischen Prozessen eingesetzt werden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von einseitig platinierten Platten und Streckmetallgittern aus Refraktärmetallen.

[0002] Mit Platin überzogene Platten oder Bleche aus Refraktärmetallen und daraus gefertigte Streckmetallgitter werden häufig als Anoden in elektrolytischen und galvanotechnischen Prozessen eingesetzt. Typische Einsatzgebiete sind etwa als Inertanoden bei der galvanischen Abscheidung von Metall- und Legierungsschichten, insbesondere bei der Erzeugung von dekorativen und/oder funktionellen Schichten aus Edelmetallen oder Edelmetallegierungen. Weitere Einsatzgebiete sind Elektroden für die elektrolytische Chromsäureherstellung aus Dichromat, für die Chromsäureaufbereitung (Oxidation von Cr3+ zu Cr6+), für die Cyanidoxidation, für die elektrolytische Metallrückgewinnung, für Elektrodialyse, kathodischen Korrosionsschutz etc.

[0003] Konventionelle Herstellungsmethoden für mit Platin überzogene Platten aus Refraktärmetallen beruhen auf dem Walzplattieren, bei dem ein- oder beidseitig dünne Platinfolien auf das Refraktärmetall aufgewalzt werden. Walzplattierte Bänder und Bleche können anschließend in an sich bekannter Weise zu Streckmetall verarbeitet werden, in dem die Platten mit Schnitten versehen und zu Streckmetallgittern ausgezogen werden. Das Verfahren setzt aus mechanischen und verarbeitungstechnischen Gründen eine Mindestdicke der Platinfolie von mindestens etwa 3µm voraus. Eine weitere Reduzierung der Dicke zwecks Einsparung an teuerem Platin ist nicht möglich.

[0004] Eine galvanische Abscheidung von Platin auf das Refraktärmetall ist grundsätzlich und in praktisch beliebig geringer Dicke möglich. Naturgemäß werden die in das galvanische Platinbad eingehängten Refraktärmetallplatten allseitig mit Platin überzogen. Für den Einsatz als Elektroden wäre jedoch eine einseitige Platinierung ausreichend, wodurch wiederum teueres Platin eingespart werden könnte. Eine wirksame partielle Abdeckung der Refraktärmetallplatten ist jedoch für den Einsatz unter den aggressiven Bedingungen in galvanischen Platinelektrolyten kaum möglich und wäre zudem mit erheblichem Material- und Arbeitsmehraufwand verbunden.

[0005] Die galvanische Beschichtung von refraktären Metallen aus wässrigen Elektrolyten ist aufgrund der spontanen Deckschichtbildung in wässrigen Lösungen äußerst schwierig. Durch vorhergehende Aufrauhung in aufwendigen Beizprozessen kann eine moderate Haftfestigkeit des Überzugs in erster Linie durch mechanische Haftung erzielt werden. Durch Wärmebehandlung in reduzierender Atmosphäre kann die Haftfestigkeit etwas gesteigert werden. Die Mitabscheidung von Wasserstoff während der Platinabscheidung bewirkt eine Versprödung der Platinschicht durch Einbau des Wasserstoffs in das Platin.

[0006] Die unzureichende Haftfestigkeit auf refraktären Metallen und die geringe Duktilität wässrig abgeschiedener Platinschichten schließt die Verwendung für Anwendungen mit starker mechanischer Belastung und Verformung, insbesondere bei der Herstellung von Streckmetall aus beschichteten Platten oder Blechen, praktisch aus.

[0007] Der vorliegenden Erfindung lag daher die Aufgabenstellung zugrunde, ein Verfahren aufzufinden und zu entwickeln, mit dem einseitig platinierte Bleche aus Refraktärmetallen hergestellt werden können, die außerdem geeignet sind, daß daraus Streckmetallgitter, etwa für die Anwendung als Elektroden in elektrolytischen und galvanischen Prozessen, gefertigt werden können.

[0008] Es wurde nun gefunden, daß dies erreicht werden kann, wenn man Platten vorgegebener Abmessung aus Refraktärmetall Rükken an Rücken formschlüssig dicht mit einander verbindet, diese mittels Schmelzelektrolyse auf ihren freien Oberflächen mit Platin beschichtet und dann die Platten von einander trennt.

[0009] In dem erfindungsgemäßen Verfahren erfolgt die formschlüssige dichte Verbindung der mit Platin zu beschichtenden Refraktärmetallplatten zweckmäßigerweise durch Verschraubung oder Schweißung im Randbereich der Platten. Die Platten besitzen am Anwendungszweck orientierte vorgegebene Abmessungen. Typisch sind etwa Platten mit den Abmessungen 400 x 600 mm. Zur Verschraubung von je zwei Platten wird im Randbereich deckungsgleich eine ausreichende Anzahl von Montagebohrungen gesetzt, durch die hindurch dann Montageschrauben geführt werden, um damit die Platten Rücken an Rücken mit einander zu verbinden. Bei einer Verbindung durch Schweißen können am Randspalt der zusammengefügten Platten punktuelle oder vollflächige Schweißungen gesetzt werden.

[0010] Als Refraktärmetalle kommen Titan, Zirkon, Hafnium, Vanadium, Niob, Tantal, Molybdän, Wolfram oder Legierungen dieser Metalle in Frage. Besonders bevorzugt ist Titan.

[0011] Vor der Verbindung der Platten und der Beschichtung kann es vorteilhaft sein, deren Oberflächen, insbesondere die mit Platin zu beschichtenden, von Oxiden zu befreien und zu aktivieren. Zweckmäßig ist Sandstrahlen und Beizen in Säure, beispielsweise einem Salpetersäure-Flußsäuregemisch.

[0012] Zur Beschichtung auf ihren freien Oberflächen mit Platin mittels Schmelzelektrolyse werden die montierten Plattenpaare in eine übliche, für schmelzelektrolytische Prozesse geeignete Galvanikanlage verbracht und dort als Kathode geschaltet. Die Platinierung wird in einer Schmelze aus Natriumcyanid und Kaliumcyanid bei Temperaturen zwischen 500 und 600 °C vorgenommen, wobei Bleche aus Reinplatin als lösliche Anoden den zu beschichtenden Platten aus Refraktärmetall gegengeschaltet sind. Der Schmelzelektrolyt besteht vorzugsweise aus ungefähr 50 Gew.% Natriumcyanid und ungefähr 50 Gew.% Kaliumcyanid und weist im Betrieb einen Platingehalt von etwa 0,5 bis 3 Gew.% auf. Es wird zweckmäßigerweise eine Stromdichte von 1 bis 5 A/dm2 eingestellt. Die zu erzielende Platinschichtdicke wird über die Stromdichte und die Zeitdauer des Beschichtungsvorganges gesteuert. Vorzugsweise werden Beschichtungsdicken von 0,5 bis 2,5 µm erzeugt. Im Einzelfall können ohne weiteres auch höhere Schichtdicken erzielt werden, etwa bis 10 µm.

[0013] Nach der Platinierung der Plattenpaare erfolgt die Trennung der Platten durch Lösen der Verschraubungen und/oder Abschneiden der Randbereiche.

[0014] Nach an sich bekannten und üblichen Reinigungs- und Trocknungsvorgängen liegen die gewünschten einseitig platinierten Platten oder Bleche aus Refraktärmetall vor und können ihrem Verwendungszweck oder der weiteren Bearbeitung zugeführt werden.

[0015] Ein nachfolgender Bearbeitungsvorgang kann sein, daß nach erfolgter Beschichtung die getrennten Platten zur oberflächlichen Oxidation der nicht mit Platin beschichteten Seiten bei 500 bis 650 °C in sauerstoffhaltiger Atmosphäre getempert werden. Die Dauer der Temperung kann typischerweise 1 bis 60 Minuten betragen. Dieser Vorgang bewirkt zum einen eine Passivierung der nichtplatinierten Seite, was für den Einsatz als Elektroden in elektrolytischen Prozessen wichtig ist, da ausschließlich die platinierte Seite Funktionsschicht sein soll. Durch die Temperung wird das Refraktärmetall auf der nicht beschichteten Seite oberflächlich oxidiert, wodurch zum anderen diese ein anderes, von der platinierten Seite deutlich verschiedenes Aussehen erhält. Im Falle von Titan als Basismaterial läßt sich eine ansprechende, gut erkennbare blaue Färbung der Nichtfunktionsseite erzielen. Hierdurch wird für die Praxis eine gute Unterscheidbarkeit von Funktionsseite und Nichtfunktionsseite einer entsprechenden Elektrode gewährleistet.

[0016] Ein weiterer Bearbeitungsvorgang ist, daß die Platten mit Schnitten versehen und zu einseitig platinierten Streckmetallgittern ausgezogen werden. Die Herstellung von Streckmetallen ist an sich bekannt und braucht hier im einzelnen nicht weiter erläutert zu werden. Typische Abmessungen der Maschen sind etwa 10 x 5 x 1 x 1 mm. Bei der Anwendung als Elektroden in Form von Streckmetallgittern ist es zweckmäßig, den Tempervorgang zur Passivierung und Kennzeichnung der Nichtfunktionsseite nach der Fertigung des Streckmetallgitters vorzunehmen. Die Streckmetallgitter können dann je nach Anwendungserforderniss zugeschnitten und/oder zu entsprechenden Elektrodengeometrien geformt werden.

[0017] Unabhängig von der Platineinsparung durch Schichtdickenverringerung gegenüber konventionellem Walzplattieren ermöglicht das erfindungsgemäße Verfahren eine Platineinsparung von etwa 70% gegenüber einer allseitigen galvanischen Beschichtung von Streckmetallgittern und von etwa 48% gegenüber einer allseitigen galvanischen Beschichtung von massiven Refraktärmetallplatten. Die Platinierung aus der Schmelzelektrolyse verleiht der Platinschicht, insbesondere bei der bestimmungsgemäßen einseitigen Beschichtung, eine ausgezeichnete Haftfestigkeit. Diese zeigt sich insbesondere bei starken mechanischen Belastungen wie Biegebeanspruchungen und Zug- und Streckvorgängen, wie sie bei der Herstellung von Streckmetallgittern typisch sind.

[0018] Fig. 1 zeigt in Vergrößerung einen Ausschnitt aus einem erfindungsgemäß hergestellten, einseitig platinierten Titan-Streckmetallgitter. Deutlich ist die rißfreie, fest mit dem Basismaterial Titan (dunkel) vebundene Platinauflage (hell) zu erkennen.

[0019] Die erfindungsgemäß hergestellten, einseitig platinierten Platten aus Refraktärmetallen und die daraus gefertigten einseitig platinierten Streckmetallgitter können sehr vorteilhaft als Anoden in elektrolytischen und galvanischen Prozessen eingesetzt werden.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von einseitig platinierten Platten aus Refraktärmetallen, dadurch gekennzeichnet, daß man Platten vorgegebener Abmessung aus Refraktärmetall Rücken an Rücken formschlüssig dicht mit einander verbindet, diese mittels Schmelzelektrolyse auf ihren freien Oberflächen mit Platin beschichtet und dann die Platten von einander trennt.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die formschlüssige dichte Verbindung der Refraktärmetallplatten durch Verschraubung oder Schweißung im Randbereich erfolgt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Trennung der Platten durch Abschneiden der Randbereiche erfolgt.
 
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß als Refraktärmetalle Titan, Zirkon, Hafnium, Vanadium, Niob, Tantal, Molybdän, Wolfram oder Legierungen dieser Metalle verwendet werden.
 
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Beschichtung mit Platin in einer Schmelze aus Natriumcyanid und Kaliumcyanid bei Temperaturen zwischen 500 und 600 °C erfolgt, wobei Bleche aus Reinplatin als lösliche Anoden den zu beschichtenden Platten aus Refraktärmetall gegengeschaltet sind.
 
6. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß nach erfolgter Beschichtung die getrennten Platten zur oberflächlichen Oxidation der nicht mit Platin beschichteten Seiten bei 500 bis 650 °C in sauerstoffhaltiger Atmosphäre getempert werden.
 
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Platten anschließend mit Schnitten versehen und zu einseitig platinierten Streckmetallgittern ausgezogen werden.
 
8. Verwendung der einseitig platinierten Bleche aus Refraktärmetallen gemäß den Ansprüchen 1 bis 6 als Anoden in elektrolytischen und galvanischen Prozessen.
 
9. Verwendung der einseitig platinierten Streckmetallgittern aus Refraktärmetallen gemäß Anspruch 7 als Anoden in elektrolytischen und galvanischen Prozessen.
 




Zeichnung