[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Gießen einer aus Leichtmetall bestehenden
Baueinheit mit einem verlorenen Gießkern, der aus einer von Infiltrationskanälen durchzogenen
Matrix besteht.
[0002] Mit der Erfindung soll insbesondere ein Bauteil für das Fahrwerk oder dem Antriebsstrang
eines Kraftfahrzeuges hergestellt werden. In dieser Anwendung müssen die Bauteile
möglichst leicht sein. Dadurch wird nämlich einerseits das Gesamtgewicht des Fahrzeuges
reduziert, was sich positiv u. a. auf den Kraftstoffverbrauch auswirkt, und andererseits
auch die sogenannte ungefederte Fahrwerksmasse minimiert, was einen positiven Einfluss
auf das Fahrverhalten und den Fahrkomfort bewirkt.
[0003] In der DE 195 01 508 C1 wird daher für das Fahrwerk eines Kraftfahrzeuges vorgeschlagen,
ein Bauteil mit einem verlorenen Kern aus Aluminium im Aluminiumdruckguss-Verfahren
herzustellen, wobei der verlorene Kern aus Aluminiumschaum bestehen soll.
[0004] Aus der DE 196 53 149 A1 ist ein Werkstück bekannt, das aus einem Leichtbau-Werkstoff
besteht. In dieser Schrift wird vorgeschlagen, den Kern nicht aus einem Aluminiumschaum
zu bilden, sondern aus Schaumkörpern von relativ großer Druckfestigkeit und feinporiger
bis grobporiger Struktur, die mittels einer formbestimmenden Verbindung zusammengehalten
werden. Die Schaumkörper können z. B. aus einem silikatischen Mineralschaum gebildet
werden. Mit der Rezeptur, die in der Schrift angegeben ist, erhält man Schaumkörper
mit einer Dichte von ca. 0,3 g/cm
3.
[0005] Die vorliegende Erfindung greift diese Überlegung auf. Es soll allerdings eine noch
höhere Festigkeit des Werkstückes in Leichtbauweise erzielt werden.
[0006] Es wird daher ein Verfahren zum Gießen einer aus Leichtmetall bestehenden Baueinheit,
die einen aus einer Matrix bestehenden verlorenen Kern besitzt, mit den folgenden
Phasen vorgeschlagen:
eine Andockphase, in der in den Zwischenraum zwischen dem Kern und einer den Kern
umgebenden Schale eine flüssige Schmelze eingebracht wird,
eine Infiltrationsphase, in der bei niedrigem Druck die Schmelze in einem noch flüssigen
Zustand in die Infiltrationskanäle der Randzone des Kernes eindringt,
eine Abkühlphase, in der die Schmelze in einen thixotropen Zustand übergeht, und
eine Druckphase, in der die thixotrope Schmelze unter Druck gesetzt wird, um eine
Erstarrungsporosität in dem Gusswerkstück zu vermeiden.
[0007] Mit einem solchen Verfahren wird erreicht, dass die Schmelze zumindest in die Randzone
des Gießkerns eindringt und der von der erstarrten Schmelze gebildete Gusskörper eine
durch den zellularen Aufbau (Matrix) selbsttragende Struktur aufweist. Durch die Erstarrung
der Schmelze in der äußeren Peripherie der Matrix des Gießkernes entsteht eine Makrotragstruktur,
die aus der Statik als Gewölbewirkung bekannt ist und den Abbau von Materialspannung
im Werkstoff bei Angriff eines von außen wirkenden Lastkollektives auf den Gusskörper
begünstigt.
[0008] Dies wird insbesondere auch dadurch erreicht, dass die Materialbereiche der Matrix,
die die Infiltrationskanäle begrenzen, aus einem leichten, aber dichten Material bestehen,
so dass diese Bereiche von der Schmelze nicht durchdrungen werden. Bei dem Material
kann es sich z. B. um einen silikatischen Schaum handeln.
[0009] Es hat sich herausgestellt, dass eine solche Matrix eine körperschalldämmende Wirkung
mit einer Tilgungseffizienz von bis zu 20 % im Bereich des Frequenzspektrums zwischen
80 und 800 Hz besitzt, so dass durch eine Kettenbildung von Fahrwerks- und Antriebstrangkomponenten
und nachfolgenden Karosserie-Strukturkomponenten mit inneren Schaumstrukturen eine
hinreichende Dämmwirkung ohne Verwendung von Tilgungsmassen erzielt werden kann.
[0010] Damit die Infiltrationskanäle von der Schmelze gut erreicht werden können, soll deren
Raumgröße mindestens drei- bis fünffach größer sein als die Kristallkörper des für
die Schmelze verwendeten Leichtmetalls.
[0011] Am einfachsten wird dies erreicht, wenn die Matrix aus einer größeren Anzahl mineralischer
Schaumkugeln besteht, die an den Kontaktflächen miteinander verklebt sind, also eine
dichte Kugelmatrix bilden. Vorzugsweise liegt der Durchmesser der Kugel zwischen 1
bis 8 mm. Die Verklebung erfolgt mit Hilfe eines geeigneten entgasungsarmen Bindemittels
für verlorene Gießkerne.
[0012] Das Befüllen der Infiltrationskanäle des Kerns erfolgt mit einer 100 % flüssigen
Schmelze, wobei der Infiltrationsfortschritt durch Überwachung des Druckes und der
Temperatur der Schmelze gesteuert wird. Durch die Infiltration und des hierfür notwendigen
Zeitraumes wird Wärme in die Matrix und die Umgebung abgegeben, so dass die Schmelze
in die thixotrope (halbfeste) Phase übergeht (Abkühlphase). Auch dieser Vorgang wird
mit Hilfe von Temperaturfühlern überwacht und gesteuert. An diese Phase schließt sich
eine Druckphase an, in der die halberstarrte Schmelze unter Druck gesetzt wird. Auf
diese Weise wird vermieden, dass das Gusswerkstück eine zu hohe Erstarrungsporosität
erhält.
[0013] Im Folgenden soll an einem Beispiel die Erfindung näher erläutet werden.
[0014] Der Gießkern oder auch Preform genannt besteht aus Mineralschaumkugeln, die im Wesentlichen
aus einem Silikat bestehen, dessen Temperaturbeständigkeit mindestens 700 °C beträgt.
Diese Kugeln werden mechanisch verdichtet und an den Kontaktstellen mit einem Bindemittel
miteinander verklebt. Die Kugeln weisen aufgrund ihrer Zusammensetzung eine Formbeständigkeit
bei isostatischen Drücken bis zu 1000 bar auf. Dadurch ist ihre Formbeständigkeit
während des gesamten Gießprozesses gewährleistet. Die Zwischenräume der Kugeln bilden
zusammenhängende durchgängige Infiltrationskanäle, deren Raumgröße mindestens drei-
bis fünfmal größer ist als der Durchmesser der Kristallkörper in der Metallschmelze.
[0015] Diese Preform wird in eine Gießform eingelegt, wobei durch Aufnahme- und Abstandshalter
an der Gießform bzw. an der Preform ein Spaltraum entsteht, der in der Andockphase
mit dem Werkstoff nämlich Magnesium oder Aluminium ausgefüllt bzw. umgossen wird.
[0016] Die Gießphase gliedert sich in drei Hauptphasen, nämlich der eben erwähnten Andock-,
der Infiltrations- und der Druckphase (Thixogießphase). In der Andockphase wird der
Spaltraum mit der flüssigen Schmelze praktisch drucklos vorgefüllt, wobei die Schmelze
eine Temperatur von ca. 630 °C aufweist.
[0017] In der sich anschließenden Infiltrationsphase hat die Schmelze eine Temperatur von
610 - 620 °C. Sie ist damit weiterhin flüssig und ihr Zustand liegt noch über der
Liquiduslinie. Indem von außen Druck auf die Schmelze ausgeübt wird, dringt sie in
die äußeren Infiltrationskanäle zwischen den Kugeln ein und füllt auf diese Weise
zumindest die äußeren Bereiche der Infiltrationskanäle der Preform. Mittels einer
Überwachung des Schmelzevolumens (= Gießkolbenposition), kann dabei die Tiefe der
Randzone des Gießkerns, die mit der Schmelze gefüllt werden soll, gesteuert werden.
Außerdem sinkt die Temperatur der Schmelze, so dass sie in die thixotrope Phase übergeht,
also in einen halbfesten Zustand. Auch dies wird mittels eines Thermometers überwacht,
um den Beginn der Druckphase als dynamisches Steuerungsmerkmal einleiten zu können.
[0018] Mit dem Ende der Infiltrations- und Abkühlphase wird der Druck auf den Gießkolben
erhöht, so dass der Druck in der thixotropen Schmelze steigt. Dadurch wird die Schmelze
verdichtet und die Erstarrungsporosität der Schmelze vermieden. Diese abschließende
Phase wird Druckphase oder Verdichtungsphase genannt.
[0019] Sobald der Druck am Ende dieser Phase wieder abgesenkt wird, ist der Gießprozess
insgesamt abgeschlossen. Insbesondere durch den letzten Schritt erhält das Gussteil
eine sehr gute Konturenschärfe, die der gewünschten Endkontur entspricht, so dass
das Werkstück nicht mehr nachbearbeitet werden muss. Lediglich das Angießsystem muss
durch eine spanende oder schneidende Bearbeitung entfernt werden.
1. Verfahren zum Gießen einer aus Leichtmetall bestehenden Baueinheit mit einem verlorenen
Gießkern, der aus einer von Infiltrationskanälen durchzogenen Matrix besteht,
mit einer Andockphase, in der in den Zwischenraum zwischen dem Kern und einer den
Kern umgebenden Schale die flüssige Schmelze eingebracht wird,
mit einer Infiltrationsphase, in der bei niedrigem Druck die Schmelze im noch flüssigen
Zustand in die Infiltrationskanäle der Randzone des Kernes eindringt,
mit einer Abkühlphase, in der die Schmelze in einen thixotropen Zustand übergeht,
und
mit einer Druckphase, in der die thixotrope Schmelze unter Druck gesetzt wird, um
eine Erstarrungsporosität in dem Gusswerkstück zu vermeiden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Materialbereiche der Matrix, die die Infiltrationskanäle begrenzen, aus einem
leichten, aber dichten Material bestehen, so dass diese Bereiche von der Schmelze
nicht durchdrungen werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Raumgröße der Infiltrationskanäle im Kern, mindestens drei- bis fünffach größer
ist als der Durchmesser der Kristallkörper des für die Schmelze verwendeten Leichtmetalls.
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Matrix aus mineralischen Schaumkugeln besteht, die an den Kontaktflächen miteinander
verklebt sind.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Durchmesser der Kugeln zwischen 1 und 8 mm beträgt.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in der Infiltrationsphase die Temperatur der Schmelze gerade so hoch ist, dass diese
zu 100 % flüssig ist.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Gießvorgang insbesondere in der Infiltrationsphase mit einem Druck- und Temperatursensor
überwacht wird.
8. Gießkern insbesondere für die Verwendung in einem Verfahren nach den vorhergehenden
Ansprüchen, dadurch gekennzeichnet, dass der Gießkern eine von Infiltrationskanälen durchzogene Matrix bildet, wobei die Materialbereiche
der Matrix, von einem leichten aber dichten Material gebildet sind.
9. Gießkern nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Gießkern eine Matrix bildet, die aus mineralischen Schaumkugeln besteht, die
an den Kontaktflächen miteinander verklebt sind.
10. Gießkern nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Spalte zwischen den Schaumkugeln Infiltrationskanäle bilden, deren Raumgröße
drei- bis fünffach größer ist als die Kristallkörper des Materials, das für die Schmelze
eingesetzt ist.