[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erstellung prognostizierter Verkehrsdaten
für Verkehrsinformationen.
[0002] Im Straßenverkehr können sich Verkehrszustände aufgrund unterschiedlicher Einflüsse
sehr schnell ändem. Resultierende Verkehrsstörungen, z.B. Staus, stellen dabei eine
Gefahr für nachfolgende Verkehrsteilnehmer dar. Über aktuelle Verkehrsmeldungen oder
auf streckenbezogenen Reisezeitverlusten basierende Routenempfehlungen werden den
Verkehrsteilnehmem solche Störungen, auch aus Sicherheitsgründen zur Unfallvermeidung,
zur Kenntnis gebracht.
[0003] Nun hat aber jedes System eine inhärente Reaktionszeit. So reagieren auch die Verkehrsinformationssysteme
und Verfahren, welche aus aktuellen Verkehrsmeßwerten, z.B. Geschwindigkeiten und
Verkehrsflüsse an Orten des Straßenverkehrsnetzes, Verkehrsinformationen wie z.B.
Verkehrsmeldungen und Reisezeitinformationen erzeugen, unterschiedlich schnell auf
Zustandsänderungen des Verkehrs, welche sich in den Verkehrsmeßwerten abzeichnen.
Hinzu kommen noch die Verzögerungszeiten der Meßsysteme sowie die Verzögerungen bei
der Übermittlung, der Meßwerte an die zu verarbeitenden nachgeschalteten Systeme.
Auch bei der Weitergabe der erzeugten Verkehrsinformationen an die Verkehrsteilnehmer
oder Service-Provider treten Laufzeiten und Verzögerungen auf.
[0004] Folglich ist die Aktualität von Verkehrsinformationen immer eingeschränkt, selbst
wenn sie auf Basis völlig aktueller Verkehrsmeßwerte berechnet worden sind. Es besteht
daher ein dringender Bedarf an aktuelleren Verkehrsinformationen, als sie heutzutage
angeboten werden können.
[0005] Die Aktualität der erzeugten Verkehrsinformationen kann dadurch gesteigert werden,
indem sie bis zu einem gewissen Grad prognostiziert werden. Damit lassen sich die
inhärenten Systemlaufzeiten und -reaktionszeiten reduzieren oder sogar völlig kompensieren.
[0006] Bei der Realisierung, dieser Zielsetzung bestehen folgende Probleme:
[0007] Die Verkehrslage wird aus Verkehrsmeßwerten bestimmt. Folglich sind diese Meßwerte
zu prognostizieren. Das Prognoseverfahren muß adaptiv arbeiten und geeignet beeinflußt
werden, um auf langsam oder auch schnell veränderliche Bedingungen entsprechend reagieren
zu können. Insbesondere muß es auch möglich sein,
die jeweils zu verwendenden Verkehrsdatenquelle situationsabhängig auswählen, bewerten
oder gar korrigieren zu können,
den zu erzielenden Prognosehorizont geeignet festlegen zu können, und zwar adaptiv
während der Laufzeit des Prognosesystems sowie
für eine mitlaufende Qualitätskontrolle die tatsächlich erzielte Prognosegüte fortlaufend
aktuell zu bestimmen.
[0008] Desweiteren
soll das Verfahren streckenunabhängig arbeiten, d.h. nicht auf Anschlußstellen
usw. angewiesen sein, diese aber bei Bedarf geeignet berücksichtigen.
Sind mehrere physikalische Meßgrößen einzubeziehen, die miteinander verkoppelt
sind, z.B. Geschwindigkeiten und Verkehrsflüsse,
sind Verkehrsmeßwerte unterschiedlicher Eigenschaften und Quellen, synchron getaktete
und asynchron bzw. ereignisindiziert auftretende, an festen bzw. variablen Orten erfaßte,
einzubeziehen und konsistent zu nutzen (Induktionsschleifen, Floatin, Car Data (FCD),
stationäre Erfassungssysteme).
[0009] Ganglinien oder historische Lastkurven, wie sie z.B. auch bei Energieversorgern Verwendung
finden, sind über vergleichbare Wochentage gemittelte Verläufe von Verkehrsmeßwerten
(v = Geschwindigkeit, d = Verkehrsdichte (Fahrzeuge/Wegstrecke), f = Verkehrsfluß
(Fahrzeuge/Zeit). Solche mittleren Funktionen über die Zeit sind aber nur bei gleichen
häufig sich wiederholenden Verkehrsereignissen geeignet, um Vorhersagen aufgrund der
Historie treffen zu können.
[0010] Verkehrssimulationsmodelle, z.B. Flußsimulationsrechnungen von Systemen partieller
Differentialgleichungen [Treiber, Helbing,: Numerical Simulation of Macroscopic Traffic
Equations, CISE 5, 89 (1999)], dienen der Prognose von Verkehrsmeßwerten bzgl. Orten
und Zeiten, an denen keine Meßwerte vorliegen.
[0011] Diese bekannten Verfahren alleine bieten keine Lösung für die dargestellten Probleme.
[0012] Aufgabe der Erfindung ist es daher die vorstehend genannten Probleme zu lösen und
ein Verfahren zu schaffen, das auf allen Straßentypen, sowohl inner- als auch außerorts
zur Prognose aktueller Verkehrsdaten einsetzbar ist. Es soll auch geeignet sein zur
Erstellung von Reisezeitprognosen, Verkehrsmeldungsprognosen, Umleitungsempfehlungen
sowie zur direkten Fahrzeugbeeinflussung und Verkehrslenkung, sowie für zahlreiche
andere Dienste.
[0013] Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
Weitere Ausbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
[0014] Nachfolgend soll die Erfindung in Zusammenhang mit den Zeichnungen erläutert werden.
Dabei zeigt:
- Fig. 1:
- ein Schema eines Systems zur adaptiven Regelung einer Verkehrsprognose durch fortlaufende
Bestimmung des Prognosefehlers über eine Rückkopplung mit Verzögerung und Soll-/Istvergleich.
δ0 steht dabei für die Impulsfunktion
- Fig. 2
- ein erweitertes System zur adaptiven Regelung einer Verkehrsprognose durch einen zweifach
kaskadierten Regelkreis mit zusätzlichem Soll-/Istabgleich auf Produktebene. δ0 steht dabei für die Impulsfunktion.
[0015] Je nach dem augenblicklichen Verkehrszustand an einem Ort des Verkehrsnetzes ist
eine Prognose mehr oder weniger tragfähig, da das Verkehrsgeschehen sich in kritischen
Berei-' chen des Gesamtsystems abspielen kann, in denen das "System" zunehmend chaotisch
reagieren kann. Plötzlich eintretende Unfälle können auch nur schwer vorher gesagt
werden. Das Prognosesystem wird in diesen Fällen fehlerhafte Werte liefern.
[0016] Die erreichbare Prognosegüte hängt damit von verschiedenen Faktoren ab. Das Prognoseverfahren
kann daher nicht losgelöst von der Prognosegüte arbeiten. Es ist also fortlaufend
die Prognosegüte zu bestimmen und dem eingesetzten Prognoseverfahren als rückkoppelnde
Stellgröße zur Verfügung zu stellen.
[0017] Die laufende Messung der Prognosegüte dient auch der ständigen Qualitätskontrolle,
um Situationen festzustellen, in denen die Prognose nicht oder nur unzureichend möglich
ist. Nimmt die Prognosegüte plötzlich ab, so ist dies in einigen Fällen nicht nur
ein Zeichen für einen schlagartigen Wechsel des inhärent chaotischen Systems, sondern
für einen unvorhersehbaren Störeinfluß auf das Verkehrssystem, z.B. in Form eines
Unfalls.
[0018] Es ist daher notwendig,
die eingesetzten Prognoseverfahren adaptiv an den jeweiligen Systemzustand anpassen
zu können,
den erreichbaren Prognosehorizont geeignet adaptiv festzulegen sowie
eine Prognosegüte zur Qualitätskontrolle fortlaufend zu ermitteln.
[0019] Das Verfahren ist in folgende Schritte gegliedert (Fig. 1):
1. Von verschiedenen Quellen eingehende Verkehrsdaten werden über ein Prognosesystem
für einen bestimmten Zeitraum gerechnet vom aktuellen Zeitpunkt t der Berechnung
der Prognose sowie einen gewissen Ortsbereich um Orte mit real vorliegenden Verkehrsdaten,
den zeitlich-örtlichen Prognosehorizont tp bzw. xp, vorhergesagt. Dabei bestehen die Verkehrsdaten im einfachsten Fall aus Verkehrsmeßwerten
aus dem Straßenverkehrsnetz, z.B. Verkehrsflüsse, -dichten oder -geschwindigkeiten.
Sie können aber auch daraus abgeleitete Werte enthalten, z.B. gefilterte Verkehrsmeßwerte.
2. Es wird die aktuell erreichte Prognosegüte bzw. der Prognosefehler durch Soll/Ist
Vergleich der prognostizierten Verkehrsdaten mit den nach Verstreichen des Prognosezeitraumes
aktuell ermittelten Verkehrsdaten während des Prognose- und Produktionsbetriebs laufend
aktuell bestimmt.
3. Der gemessene Prognosefehler wird über eine Rückkopplung als Stellgröße zur adaptiven
Anpassung des eingesetzten Prognoseverfahrens als auch des anvisierten Prognosehorizontes
verwendet. Über eine Rückkopplung wird das Prognoseverfahren also laufend adaptiv
gesteuert.
Bei größer werdendem Prognosefehler wird dann der Prognosehorizont für das eingesetzte
Simulationsverfahren entsprechend verringert und umgekehrt. Ebenso kann die Auswahl
der für die Prognose zu verwendenden Verkehrsdatenquellen über den Prognosefehler
gesteuert werden. Zusätzlich wird der Prognosefehler als Qualitätsmaß den prognostizierten
Verkehrsdaten hinzugefügt, um nachfolgenden verarbeitenden Systemen eine Bewertung
bzw. Auswahl zu ermöglichen.
4. der Prognosefehler wird fortlaufend ausgegeben zur Qualitätskontrolle der Prognose.
Er dient auch als Indikator für einen plötzlich aufgetretenen Störfall. Ebenso werden
gemittelte Verläufe von historischen Verkehrsmeßwerten (Ganglinien) in der Nähe eines
erkannten Störfalls korrigiert, z.B. die Flußwerte an stromabwärtigen Detektorstandorten
verringert.
5. die prognostizierten Verkehrsdaten werden sodann Verkehrsinformationssystemen zugeleitet,
die dann die üblichen Verkehrsinformationen erzeugen, nur aktueller auf Basis der
aktuelleren prognostizierten Datenbasis.
[0020] Der Soll-/Ist Vergleich der prognostizierten mit den aktuellen Verkehrsdaten wird
über ein Ähnlichkeitsmaß vorgenommen, das zum aktuellen Zeipunkt mit einer örtlichen
Umgebung, die Abweichungen der Daten voneinander bewertet. Dies kann z.B. über eine
Korrelation oder eine Abstandsmetrik geschehen. Im Verfahren wird als Abstandsmetrik
die mittlere quadratische Abweichung

zwischen prognostizierten und aktuellen Verkehrsdaten in einer lokalen Umgebung,
dr und ds von z.B.
x
p = 500m und t
1 = -4 min respektive verwendet. Die lokale Glättung der prognostizierten Verkehrsdaten
und der gegenwärtigen Verkehrsdaten wird über eine Ortsinterpolation vorgenommen.
Die Gewichtsfunktion g(u,v) als Integrationskern wird für größere betragsmäßige Abweichungen
x - r bzw. t - s kleiner und sorgt damit für die lokale Bewertung der Abweichungen
bzgl. x und t. Sie kann z.B. eine Gaußfunktion sein oder auch einfach zu 1 gesetzt
werden, was einem Rechteckfenster entspricht.
[0021] Zusätzlich wird das Verfahren erweitert durch eine laufende Erzeugung eines Maßes
für die Prognosegüte auf Ebene der Produkte (Verkehrsmeldungen und Reisezeiten) (Fig.
2). Diese wird als zusätzliche Qualitätskontrolle und auch als Stellgröße verwendet.
Es ergibt sich damit ein geregelter variabler Prognosehorizont durch zweifach kaskadierten
mittelbaren oder unmittelbaren Regelkreis. Prinzipiell kann auch nur der äußere Regelkreis
für eine Qualitätskontrolle bzw. -auswertung betrieben werden.
[0022] Die Messung der Prognosegüte kann auch im Nachhinein, also "offline", auf Basis archivierter
Meßdaten oder Produkte (archivierte Verkehrsmeldungen und Reisezeiten) für eine Qualitätsauswertung
erfolgen, um Situationen festzustellen, in denen die Prognose nicht oder nur unzureichend
möglich war.
Zur Bestimmung der Prognosegüte für die Produktdaten (äußerer Soll-/Ist-Vergleich
in Figur 2) werden Ähnlichkeitsmaße für Verkehrsmeldungen eingesetzt.
1. Verfahren zur Erstellung prognostizierter Verkehrsdaten für Verkehrsinformationen,
dadurch gekennzeichnet,
- dass aus Verkehrsdaten, die aus verschiedenen Quellen stammen, Verkehrsdaten in einem
Prognoseverfahren für einen Ort und eine Zeit als Prognosehorizont vorhergesagt werden,
- dass die aktuell erreichte Prognosegüte bzw. der Prognosefehler durch Soll/Ist Vergleich
der prognostizierten Verkehrsdaten mit den nach Verstreichen des Prognosezeitraumes
aktuell ermittelten Verkehrsdaten während des Prognose- und Produktionsbetriebs laufend
aktuell bestimmt wird,
- dass der gemessene Prognosefehler über eine Rückkopplung als Stellgröße zur adaptiven
Anpassung des eingesetzten Prognoseverfahrens als auch des anvisierten Prognosehorizontes
verwendet wird,
- wobei bei größer werdendem Prognosefehler der Prognosehorizont für das eingesetzte
Simulationsverfahren entsprechend verringert bzw. bei kleiner werdendem Prognosefehler
vergrößert wird,
- und dass aus den so prognostizierten Verkehrsdaten dann Verkehrsinformationen zusammengestellt
und ausgegeben werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Verkehrsdaten aus Verkehrsmeßwerten, wie Verkehrsfluß, -dichte und Geschwindigkeit
bestehen.
3. Verfahren nach einem der vorstehende Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Verkehrsdaten aus Verkehrsmeßwerten abgeleitete oder berechnete Größen enthalten,
wie gefilterte Verkehrsmeßwerte.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Soll-/Ist Vergleich der Verkehrsdaten über ein Ähnlichkeitsmaß vorgenommen wird,
und zwar über eine Korrelation oder eine Abstandsmetrik zwischen lokal geglätteten
Versionen der prognostizierten und der aktuellen Verkehrsdaten.
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass als Abstandsmetrik die mittlere quadratische Abweichung

zwischen prognostizierten und aktuellen Verkehrsdaten in einer lokalen Umgebung dx
und dt, mit einer in beiden Argumenten monoton fallenden Gewichtsfunktion g(u, v)
verwendet wird.
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die lokale Glättung der prognostizierten Verkehrsdaten über eine Interpolation vorgenommen
wird.
7. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Prognosefehler als Störfallindikator genutzt wird, zur Erzeugung entsprechender
Verkehrsmeldungen oder zur korrigierter Berücksichtigung von aktuellen oder historischen
Verkehrsmeßwerten umliegender Detektoren um den jeweils betrachteten Ort x.
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass über den Prognosefehler die für die Prognose zu verwendenden Verkehrsdatenquellen
selektiert werden.
9. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die aktuell erreichte Prognosegüte bzw. der Prognosefehler auf Basis von Verkehrsprodukten,
z. B. Verkehrsmeldungen, durch Soll-/Ist Vergleich der aus prognostizierten Verkehrsdaten
bestimmten Verkehrsprodukten mit den nach Verstreichen des Prognosezeitraumes aktuell
ermittelten Verkehrsprodukten während des Prognose- und Produktionsbetriebs laufend
aktuell bestimmt wird (Fig. 2).
10. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Ermittlung der Prognosegüte in Abhängigkeit von Ort und Zeit auf Basis archivierter
Verkehrsdaten oder archivierter Verkehrsprodukte erfolgt.
11. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Verkehrsmeßwerte zur Verkehrslage des Straßenverkehrsnetzes durch stationäre
und/oder mobile, synchron und/oder asynchron sendende Detektoren erfaßt werden.