(19)
(11) EP 1 175 981 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.01.2002  Patentblatt  2002/05

(21) Anmeldenummer: 01117511.4

(22) Anmeldetag:  20.07.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B27N 3/00, B27N 3/08, B27N 9/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 24.07.2000 DE 10036193

(71) Anmelder: AgroSys GmbH & Co. KG
55566 Bad Sobernheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Meyer, Oskar
    D-56357 Lierschied (DE)

(74) Vertreter: Fuchs Mehler Weiss & Fritzsche 
Patentanwälte Postfach 46 60
65036 Wiesbaden
65036 Wiesbaden (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung von Formteilen aus von nachwachsenden Rohstoffen gewonnenem Faser- oder Pflanzenmaterial


(57) Es wird ein Verfahren beschrieben, mit dessen Hilfe gesundheits- und umweltverträgliche Formteile mit einer Dichte von 0,15 g/cm3 bis 0,40g/cm3 auf der Basis von natürlichen Faser- oder Pflanzenmaterialien hergestellt werden können. Das Verfahren sieht vor, daß Faser- oder Pflanzenmaterial, das aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen wird und ein Bindemittel, das im wesentlichen Tannin aufweist, vermischt werden, daß die erhaltene Mischung in einer perforierten Form verdichtet wird und daß die in der perforierten Form befindliche Mischung mit einem erwärmten Gas beaufschlagt wird. Gegebenenfalls wird anschließend noch eine Trocknung bei Unterdruck durchgeführt.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von Formteilen mit einer Dichte von 0,15 g/cm3 bis 0,40 g/cm3 mindestens aus von nachwachsenden Rohstoffen gewonnenem Faser- oder Pflanzenmaterial in Form von nachwachs-enden, zerkleinerten Rohstoffen sowie Tannin als Bindemittelbestandteil ohne Formaldehydanteil.

[0002] Aufgrund der besseren Verträglichkeit für Mensch und Umwelt gewinnen Werkstoffe, die aus pflanzlichen und damit nachwachsenden Rohstoffen erhalten werden, zunehmend an Bedeutung. Hierbei ist Zellulose eines derjenigen Polymere, die in der Natur am häufigsten vorkommen und am kostengünstigsten verfügbar sind. Um aus der Zellulose Formteile herstellen zu können, muß der Zellulose ein Bindemittel zugegeben werden. Das Bindemittel sorgt dafür, daß die einzelnen Fasern oder Pflanzenteile formbeständig miteinander verbunden werden. Auch bei der Wahl des Bindemittels sollte auf Umweltverträglichkeit geachtet werden.

[0003] Herkömmlicherweise, wie beispielsweise in der DE 197 04 525 A1 beschrieben, wird zur Herstellung von Platten auf der Basis von Zellulose, wie beispielsweise Holzspäne, Tannin-Formaldehydharz zugegeben. Dabei ist das Tannin das eigentliche Bindemittel, während das Formaldehyd als Vernetzer dient, um das Bindevermögen des Tannins sowohl zu erhöhen als auch zu beschleunigen. Derartig hergestellte Platten gasen das Formaldehyd aber nach und nach aus, so daß es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen kann.

[0004] Die DE 43 17 692 A1 offenbart hingegen ein Verfahren zur Herstellung von Formteilen aus einem Gemisch aus Faserstoffen in Form von mit Wasser besprühten Holzspänen und nativer Stärke von Kartoffeln, Mais oder Weizen als biologisch abbaubarem Bindemittel. Die Ausbildung der Formteile erfolgt dadurch, daß das Gemisch in eine beheizbare Presse gegeben und in dieser bei Temperaturen bis zu 250°C zu einer Platte verpreßt wird. Die Feuchtigkeit dient dabei zur Erleichterung des Aufschlusses der Stärkekörner zu einer klebrigen, gelartigen Masse, die die Faserstoffe verbindet. Der Preßvorgang bei einem Druck von 10 bis 500 bar hat hohe Zykluszeiten von 20 Minuten und ist daher für eine industrielle Herstellung von Formteilen nicht sehr geeignet. Außerdem kann es insbesondere bei größeren Dicken der Formteile wegen der unkontrollierbaren Verdampfung des Wassers zu einem ungleichförmigen Aufschluß der Stärke und damit zu einer reduzierten Bindungswirkung kommen. Dies dürfte in Verbindung mit der begrenzten Fließfähigkeit der verwendeten Formmasse ein Grund dafür sein, daß das Warmpreßverfahren bisher nur zur Herstellung von vergleichsweise dünnen, z.B. 10 mm starken Platten vorgeschlagen wurde. Schließlich führt die Anwendung einer Presse zwangsläufig zu hohen Rohdichten der Formteile von z.B. 0,5 g/cm3 und mehr.

[0005] In der DE 44 06 825 A1 wird ein Verfahren zur Herstellung von Werkstoffen auf Zellulosebasis beschrieben, bei dem als Bindemittel formaldehydfreies Tannin in Verbindung mit einem Härtungskatalysator, der schwach sauer ist, z.B. Siliziumdioxid oder Borsäure, verwendet wird. Das Bindemittel und die Zellulose werden miteinander vermischt und bei Temperaturen zwischen 150°C und 210°C bei Drucken zwischen 10 bis 400 bar gepreßt. Mit Hilfe dieses Verfahrens werden deutlich kürzere Preßzeiten von in der Regel 7, 5 Minuten erreicht. Allerdings ist auch hier die Dicke der gepreßten Platten auf ca. 12 mm beschränkt.

[0006] Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren bereitzustellen, mit dessen Hilfe gesundheits- und umweltverträgliche Formteile mit einer Dichte von 0,15 g/cm3 bis 0,40 g/cm3 auf der Basis von natürlichem Faser- oder Pflanzenmaterial hergestellt werden können, die mit Wandstärken beliebiger Dicke und mit möglichst kurzen Zykluszeiten hergestellt werden können.

[0007] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Herstellung von Formteilen mindestens aus von nachwachsenden Rohstoffen gewonnenem Faser- oder Pflanzenmaterial in Form von nachwachsenden, zerkleinerten Rohstoffen sowie Tannin als Bindemittelbestandteil ohne Formaldehydanteil gelöst, das die Schritte aufweist:
  • Vermischen mindestens des Faser- odere Pflanzenmaterials und des Bindemittels;
  • Verdichten der erhaltenen Mischung in einer perforierten Form;
  • Beaufschlagen der in der perforierten Form befindlichen Mischung mit einem erwärmten Gas.


[0008] Zunächst werden das zerkleinerte Faser- oder Pflanzenmaterial in Form von nachwachsenden Rohstoffen und das Tannin miteinander vermischt. Dazu kann beispielsweise entweder das Tannin in wäßriger Lösung auf das Fasermaterial aufgebracht werden oder das Tannin auf das schon vorab befeuchtete Faser- oder Pflanzenmaterial als Pulver aufgestreut werden. Das ganze sollte gut durchmischt werden, bis das Tannin an dem Faser- oder Pflanzenmaterial gleichmäßig anhaftet und ein insgesamt rieselfähiges Gemisch entsteht. Als Tannin bietet sich beispielsweise das auf dem Markt unter dem Namen "Phenotan AP" oder das unter dem Namen "Fintan" erhältliche Tannin an.

[0009] Anschließend wird die Mischung gegebenenfalls unter Hinzufügung eines Vernetzungsmittels in eine perforierte Form gefüllt und dort verdichtet. Unter Umständen kann der Mischvorgang auch in der Form stattfinden. Die perforierte Form kann quasi beliebig geformt sein. Sie sollte vorteilhafterweise mindestens eine bewegliche Wand aufweisen, um durch Verkleinerung des Innenvolumens der Form ein Verdichten der Faser- oder Pflanzenmaterial-Tannin-Mischung zu gewährleisten. Sehr leichte Verdichtungen in der Größenordnung von beispielsweise 1,05:1 lassen sich bereits durch Rütteln erreichen.

[0010] Die in der perforierten Form befindliche Mischung wird zum Auslösen einer Thermoreaktion mit erwärmtem Gas beaufschlagt. Dabei wird das Tannin aufgeschlossen und verbindet die Fasern oder Pflanzenteile miteinander. Die Verwendung von erwärmtem Gas zur Auslösung der Thermoreaktion hat den großen Vorteil, daß kurze Zykluszeiten von 1 bis 2 Minuten erreicht werden und Formteile mit Wandstärken von weit über den bisher üblichen 10 bis 12 mm hergestellt werden können. Denn das erwärmte Gas, das durch die Perforation in der Form in die Mischung aus Faser- oder Pflanzenmaterial und Tannin eindringt, durchdringt das gesamte Faser- oder Pflanzenteilvolumen und gibt dort schnell die für die Bindungsreaktion benötigte Wärme ab.

[0011] Das Verfahren bietet den Vorteil, daß ohne Zwischenschritte - wie z.B. das Vorformen von Matten oder dergl. - Formteile in einer einzigen Form hergestellt werden können. Durch die überschaubare Anzahl und Einfachheit der Komponenten und die leichte Beherrschbarkeit der Parameter, wie die geringen zum Verdichten erforderlichen Drücke sowie die relativ niedrigen Temperaturen des erwärmten Gases, wird das Verfahren zusätzlich vereinfacht.

[0012] Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Formteile weisen sehr geringe Dichten, nämlich 0,15 bis 0,40 g/cm3, vorzugsweise 0,25 bis 0,30 g/cm3, besonders bevorzugt zwischen 0,25 bis 0,28 g/cm3, verglichen mit den herkömmlich hergestellten Formteilen wie beispielsweise Preßplatten auf, da sie im Gegensatz zu diesen nicht gepreßt, sondern nur verdichtet wurden. Zum Verdichten werden lediglich geringe Drücke, die bei 0,1 bis 0,2 MPa, bevorzugt bei 0,15 bis 0,16 MPa liegen, benötigt. Obwohl die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Formteile nur einen Bruchteil des Gewichts der herkömmlich hergestellten Formteile aufweisen, besitzen sie doch annähernd die gleichen thermischen Eigenschaften. Dadurch sind die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Formteile den herkömmlich hergestellten Formteilen weit überlegen.

[0013] Ein weiterer Vorteil der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Formteile aus Faser- oder Pflanzenmaterial, das aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen wird, ist die gute Umweltverträglichkeit. Sie lassen sich leicht recyceln, da sie selbstverrottend sind. Außerdem enthalten sie keinerlei gesundheitsschädliche Zusätze wie beispielsweise Formaldehyd.

[0014] Die Verfahrensschritte des Verdichtens und des Beaufschlagens der Mischung mit einem erwärmten Gas können zeitlich getrennt nacheinander durchgeführt werden. Vorteilhafterweise sollten beide Schritte aber zumindest teilweise zeitgleich durchgeführt werden. Dies hat nicht nur den Vorteil der Zeitersparnis durch gleichzeitiges Ausführen mehrerer Tätigkeiten. Je geringer die Verdichtung der Mischung aus Zellulose und Bindemittel ist, desto besser wird die Mischung in ihrem gesamten Volumen von dem erwärmten Gas durchdrungen. Dadurch wird gewährleistet, daß die Thermoreaktion über das gesamte Volumen verteilt möglichst gleichmäßig abläuft.

[0015] Das Verdichten wird vorzugsweise durch ein Verkleinern des Innenvolumens der perforierten Form bewerkstelligt. Insgesamt sollte darauf geachtet werden, daß eine Verdichtung von maximal 4:1 nicht überschritten wird. Gerade bei Formteilen mit dickeren Wandstärken kann sich sonst das Problem ergeben, daß die Zellulosemischung nicht mehr homogen von dem erwärmten Gas durchdrungen wird und daher auch die Thermoreaktion zum Verbinden der Zellulosefasern nicht überall gleichmäßig abläuft. Dies kann sich negativ auf die mechanischen Eigenschaften, wie beispielsweise die Festigkeit der erzeugten Formteile auswirken.

[0016] Vorteilhafterweise sollte die Temperatur des erwärmten Gases 140°C nicht überschreiten. Besonders bevorzugt sind bei Verwendung von Wasserdampf Temperaturen zwischen 115°C und 125°C , bei Verwendung von trockener Luft Temperaturen zwischen 80°C und 100°C.

[0017] Vorzugsweise handelt es sich bei dem erwärmten Gas um Wasserdampf, trockene Luft oder Kohlendioxid. Bei Wasserdampf ist die Wärmeübertragung ausgezeichnet. Bei trockener Luft oder trockenem Kohlendioxid ist die Wärmeübertragung nicht ganz so gut. Dafür kann bei der Verwendung von trockener Luft oder Kohlendioxid die in Form gebrachte Faser- oder Pflanzenmischung bereits bei der Beaufschlagung mit dem Gas anfangen zu trocknen. Daher können mit allen drei Gasen ähnlich kurze Zykluszeiten erreicht werden. Bei der Verwendung von Wasserdampf sollte darauf geachtet werden, daß der Sättigungsdampfdruck unter 4 bar bleibt.

[0018] In einer bevorzugten Ausführungsform wird die Mischung ebenfalls in der perforierten Form nach dem Beaufschlagen mit einem erwärmten Gas getrocknet, indem sie einem Unterdruck ausgesetzt wird. Als vorteilhaft hat sich ein Druck zwischen 0,4 bar und 0,8 bar erwiesen. Der Unterdruck kann beispielsweise über eine oder mehrere Vakuumöffnungen in der perforierten Form angelegt werden. Die Trockenzeiten lassen sich durch das Unterdrucktrocknen erheblich verringern. Dies ist vor allem bei der Verwendung von Wasserdampf von Bedeutung wegen der durch den Wasserdampf eingetragenen zusätzlichen Feuchtigkeit. Vorteilhafterweise erfolgt das Unterdrucktrocknen unmittelbar nach dem Gasbeaufschlagen, da die zu diesem Zeitpunkt noch heiße Form das Trocknen unterstützt.

[0019] Die besten Ergebnisse wurden erzielt, wenn als Faser- oder Pflanzenmaterial gehäxeltes Getreidestroh, zerkleinerte Hanf- oder Flachsschäben, Sisal, Kenaf, Kokos oder Ramie verwendet werden. Die Faser- oder Pflanzenteile können eine Länge zwischen 1 und 70 mm aufweisen. Je nach Größe und Komplexität der Form des zu erzeugenden Formteils und je nach gewünschten mechanischen Eigenschaften wird man die Teilchenlänge des Ausgangsmaterials eher kurz oder eher lang wählen. Vorteilhafterweise sollte das Faser- oder Pflanzenmaterial ein Schüttgewicht von 0,05 bis 0,39 g/cm3 aufweisen.

[0020] In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird dem Bindemittel oder der Mischung aus Fasermaterial und Bindemittel auch mindestens ein Zusatzstoff zugegeben. Auch bei den Zusatzstoffen sollte auf eine möglichst gute Umweltverträglichkeit geachtet werden. Zur Beschleunigung der Thermoreaktion und Erhöhung des Bindevermögens des Tannins wird vorzugsweise ein Vernetzer wie z.B. Hexamethylentetraamin (HMTA) zugegeben.

[0021] Besonders bevorzugt ist es, mit Hilfe von Natronlauge den pH-Wert der wäßrigen Tanninlösung einzustellen. Bevorzugt ist ein pH-Wert > 8, besonders bevorzugt ein pH-Wert zwischen 9,2 und 9,7. In der basischen Umgebung wird ein besserer Aufschluß des Tannins ermöglicht. Dies wiederum erhöht das Bindevermögen des Tannins.

[0022] Eine weitere bevorzugte Gruppe von Zusatzstoffen sind Silikate, insbesondere Wasserglas. Sie dienen als Reaktionsbeschleuniger.

[0023] Eine bevorzugte Rezeptur sieht vor, daß zu dem Faser- oder Pflanzenmaterial 8 bis 12Gew.-%, vorzugsweise 10 Gew.-% der Faser- oder Pflanzenmenge als Bindemittel zugegeben werden. Die Bindemittelrezeptur weist vorzugsweise 80 bis 90 Gew.-% Tannin-Pulver, 4 bis 8 Gew.-% HMTA-Pulver und 7 bis 12 Gew.-% Borsäure-Pulver auf, wobei die Gew.-%-Angaben auf die Gesamtmenge des Bindemittels bezogen sind. Das Borsäure-Pulver wird zur flammhemmenden und Pilzbefall verhindernden Ausrüstung der Formteile zugegeben. Aufgrund der geringen Menge der Borsäure, bezogen auf das gesamte Formteil, wird die Umweltverträglichkeit nicht oder nur gering beeinträchtigt.

[0024] In einer bevorzugten Ausführung des erfindungsgemässen Verfahrens werden alle Bindemittel in Flüssigkeiten gelöst und auf das Faser- oder Pflanzenmaterial aufgesprüht und mit diesem vermischt. Die Lösungsmittel sowie der Flüssigkeitsanteil des Ausgangsmaterials von etwa 16% werden bei der Trocknung wieder entzogen.

[0025] Anhand der Figuren 1a bis 1c, in denen schematisch die Verfahrensschritte des erfindungsgemäßen Verfahrens angedeutet sind, soll die Erfindung näher erläutert werden. Die folgenden Ausführungen sind insbesondere hinsichtlich der Verwendung von Dampf als erwärmtem Gas beispielhaft und keineswegs beschränkend zu verstehen.

[0026] In Fig. 1 ist das Unterteil 2 einer Form zur Formgebung von Faser- oder Pflanzenmaterial dargestellt. Das Unterteil 2 der Form zeichnet sich dadurch aus, daß sie einen eine Dampfkammer 6a bildenden Hohlraum aufweist. Außerdem weist das Formteil 2 einen Dampfeinlaß 7a und einen Dampfauslaß 8a auf.

[0027] Das Unterteil 2 ist gefüllt mit einer Mischung 1 aus Pflanzenmaterial auf der Basis von Hanfschäben einer Länge zwischen 10 und 20 mm und Bindemittel gemäß obiger Rezeptur. Die Mischung 1 füllt das Formunterteil 2 ganz auf und weist ein Volumen von 500 mm x 1000 mm x 85 mm auf. Das Tannin wurde in wäßriger Lösung auf die Hanfschäben aufgebracht. Als Tannin wurde das auf dem Markt unter dem Namen "Phenotan AP" erhältliche Tannin verwendet. Ebenso geeignet ist das auf dem Markt unter dem Namen "Fintan" vertriebene Tannin.

[0028] Um den Aufschluß des Tannins zu verbessern, wurde in der wäßrigen Lösung mit Hilfe von Natronlauge ein pH-Wert von 9,5 eingestellt. Die Hanfschäben und die Bindemittellösungen wurden solange miteinander vermengt, bis die Bindemittellösungen sich gleichmäßig auf die Schäben verteilt hatte.

[0029] Die Mischung 1 wurde in das Unterteil 2 der Form gefüllt. Die Bodenfläche 4a des Unterteils 2 ist dabei als perforierte Platte ausgeführt. Durch die Perforation der Platte 4a wird später der über den Dampfeinlaß 7a in die Dampfkammer 6a eingelassene Wasserdampf 5 in die Mischung 1 eindringen können.

[0030] Wie in Fig. 1b dargestellt ist, wird, nachdem die Mischung 1 in das Formunterteil 2 eingefüllt wurde, das Formoberteil 3 auf das Formunterteil 2 aufgesetzt. Auch das Formoberteil 3 weist eine Dampfkammer 6b sowie einen Dampfeinlaß 7b und einen Dampfauslaß 8b auf. Die Fläche des Formoberteils 3, die mit der Mischung 1 in Kontakt steht, wird durch die perforierte Platte 4b gebildet. Dadurch, daß die gesamte Platte 4a bzw. 4b perforiert ist, wird gewährleistet, daß der Wasserdampf 5 aus den Dampfkammern 6a,b, wie in Fig. 1c dargestellt, möglichst gleichmäßig in die Mischung 1 eindringen kann.

[0031] Bei dem in Fig. 1b dargestellten Verdichten der Mischung 1 wird durch Aufsetzen des Formoberteils 3 auf das Formunterteil 2 das von der Mischung 1 einnehmbare Volumen durch Reduzierung der Füllhöhe auf 40 % verkleinert. Dies führt zu einer Verdichtung von 2,5:1. Im vorliegenden Fall wurden Hanfschäben eines mittleren Schüttgewichts von 0,12 g/cm3 verwendet. Das resultierende Formteil hat eine Dichte von 0,31 g/cm3, die auch durch die Feuchtigkeitsaufnahme der Fasern und den Übergang des Bindemittels aus der wäßrigen Lösung in den festen Zustand beeinflußt wird.

[0032] Nach dem Verdichten wird 15 Sekunden lang 130°C heißer Wasserdampf über die Dampfeinlässe 7a,b in die Dampfkammern 6a,b des Formunterteils 2 und des Formoberteils 3 eingeführt. Die Temperatur von 130°C entspricht einem Sättigungsdampf unter 4 bar. Zweckmäßigerweise sind das Formunterteil 2 und das Formoberteil 3 bereits vorgeheizt, damit der Wasserdampf 5 seine Wärme tatsächlich zum größten Teil in der Mischung 1 deponiert. Durch die eingetragene Wärme wird die Thermoreaktion zwischen dem Tannin und dem Fasermaterial ausgelöst, die dazu führt, daß die Fasern über das Tannin miteinander formfest verbunden werden. Nach Ablauf der Einwirkzeit des Wasserdampfes 5 werden die Dampfauslässe 8a,b geöffnet, so daß der Wasserdampf entweichen kann. Danach wird das Formobertreil 3 abgehoben und das Formteil wird dem Formunterteil 2 entnommen. Das nun noch feuchte fertige Formteil einer Dicke von 30 mm kann in einem vorgewärmten Trockenraum innerhalb weniger Stunden getrocknet werden.

[0033] Ein schnelleres Trocknen kann erreicht werden, wenn nach dem Beaufschlagen mit Wasserdampf 5 und dem Entweichen desselben das Formteil über eine Vakuumöffnung im Formober- oder -unterteil 2,3 einem Unterdruck der Größenordnung von 0,4 bar bis 0,8 bar ausgesetzt wird. Dies sollte unmittelbar nach der Gasbehandlung erfolgen, damit das Trocknen durch die dann noch heiße Form zusätzlich unterstützt wird. Dadurch wird die Trockenzeit auf mehrere Minuten reduziert.

[0034] Bei dem in diesem Beispiel hergestellten Formteil handelt es sich um eine Platte einer Dicke von 30 mm. Diese einfache Form wurde gewählt, da sich die Form zur Herstellung einer Platte graphisch einfach darstellen läßt. Selbstverständlich kann man das erfindungsgemäße Verfahren auch für komplexere Formen als Platten verwenden.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von Formteilen mit einer Dichte von 0,15 g/cm3 bis 0,40 g/cm3 mindestens aus von nachwachsenden Rohstoffen gewonnenem Faser- oder Pflanzenmaterial in Form von nachwachsenden, zerkleinerten Rohstoffen sowie Tannin als Bindemittelbestandteil ohne Formaldehydanteil mit den Schritten

- Vermischen mindestens des Fasermaterials und des Bindemittels;

- Verdichten der erhaltenen Mischung in einer perforierten Form;

- Beaufschlagen der in der perforierten Form befindlichen Mischung mit einem erwärmten Gas.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Schritte des Verdichtens und des Beaufschlagens mit erwärmtem Gas zumindest teilweise zeitgleich durchgeführt werden.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Verdichten durch ein Verkleinern des Innenvolumens der perforierten Form bewerkstelligt wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß auf höchstens 140°C erwärmtes Gas verwendet wird.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Gas Wasserdampf, trockene Luft oder Kohlendioxid verwendet werden.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß nach dem Beaufschlagen mit einem erwärmten Gas das Formteil in der perforierten Form getrocknet wird, indem es einem Unterdruck ausgesetzt wird, insbesondere bei der Verwendung von Wasserdampf.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß als Faser- oder Pflanzenmaterial gehäxeltes Getreidestroh, zerkleinerte Schäben von Hanf oder Flachs, Sisal, Kenaf, Kokos oder Ramie verwendet werden.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß Faser- oder Pflanzenmaterial mit einem Schüttgewicht von 0,10 bis 0,39 g/cm3 verwendet wird.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Mischung aus Faser- oder Pflanzenmaterial und Bindemittel oder dem Bindemittel selbst mindestens ein Zusatzstoff zugegeben wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß als Zusatzstoff Natronlauge zugegeben wird.
 
11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, daß als Zusatzstoff Silikat, insbesondere Wasserglas, zugegeben wird.
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß als Zusatzstoff ein Vernetzer, vorzugsweise Hexamethyltetraamin zugegeben wird.
 
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß als Zusatzstoff Borsäure zugegeben wird.
 
14. Formkörper mindestens aus Faser- oder Pflanzenmaterial, das aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen ist, und mit Tannin als Bindemittel ohne Formaldehydanteil, der eine Dichte zwischen 0,15 g/cm3 und 0,40 g/cm3 aufweist.