[0001] Die Erfindung betrifft die Definition und Verfahren zur Berechnung einer Kennzahl,
mit der der gemessene Sauerstoffpartialdruck in einem Gas so dargestellt werden kann,
dass das Oxidations- oder Reduktionspotential dieser Gasatmosphäre in Bezug auf ein
Metall, das dieser Gasatmosphäre ausgesetzt ist, in Form einer einfachen Kennzahl
ausgedrückt wird
die unabhängig von der Temperatur des Gases bzw. des Metalls ist.
[0002] Metalle, die einer Gasatmosphäre ausgesetzt sind können durch diese entweder oxidiert
oder reduziert werden oder die Atmosphäre verhält sich neutral gegenüber einem Metall.
[0003] In der Praxis ist dies bei vielen Prozessen der Wärmebehandlung wie z.B. Spannungsfrei-
oder Neutral-Glühen oder Härten von Bedeutung. In solchen Fällen werden Schutzgase
als Inert- oder Reaktionsgase eingesetzt, um die Oxidation der metallischen Werkstoffe
in einem ausreichenden Maß gering zu halten, zu vermeiden oder sogar rückgängig zu
machen.
[0004] Metallische Werkstoffe sind z.B. Eisen, Chrom, Nickel, Mangan Magnesium oder Aluminiu
aber auch Silizium. Inertgase wie z.B. Stickstoff, Argon, Helium oder CO2 (nur < 500
°C) reagieren nicht mit den Metallen oder Metalloxiden. Reaktionsgase sind z.B. Mischungen
aus Wasserstoff, Wasserdampf, Kohlenmonoxid oder -dioxid (meist in Kombination mit
Inertgasen) und können sowohl mit den Metallen als auch den Metalloxiden reagieren
und diese entweder oxidieren bzw. reduzieren.
[0005] Reine Inertgase kommen in der Praxis kaum vor, da z.B. auch technisch erzeugter Stickstoff
von üblicher Qualität immer Verunreinigungen von einigen ppm Wasserdampf und Sauerstoff
enthält, die bei den höheren Temperaturen der Wärmebehandlung mit den Werkstoffen
reagieren.
[0006] Um die oxidierende oder reduzierende Wirkung einer Gasatmosphäre beurteilen zu können,
ist die Kenntnis des Sauerstoffpartialdrucks erforderlich, bei dem ein Metall oder
dessen Metalloxid weder oxidieren bzw. reduzieren wird.
[0007] Hierzu wird der Sauerstoffpartialdruck eingesetzt, der sich über einer Mischung aus
einem Metall und seinen Oxiden bei einer bestimmten Atmosphäre in Abhängigkeit von
der Temperatur einstellt. Solche Messungen werden häufig mit inerten Gasen durchgeführt.
Dazu wird eine Mischung aus dem Metall/Metalloxid z.B. unter Stickstoff erhitzt und
der sich einstellende Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck gemessen.
[0008] Werden die Versuche in einem abgeschlossenen Gefäß durchgeführt, so führen restliche
Sauerstoffgehalte des eingesetzten neutralen Gases zur Bildung von Metalloxiden, bis
sich der Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck einstellt. So lange wie die Mischung
neben dem Metalloxid noch reines Metall enthält ist der Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck
konstant, d.h. unabhängig von dem Mischungsverhältnis Metall/Metalloxid.
[0009] Zur Messung der sehr geringen Sauerstoffpartialdruck -Werte eignen sich besonders
die bekannten Zirkondioxidsonden (galvanische Festkörperelektrolytzellen), auf die
hier nicht näher eingegegangen werden soll.
[0010] Die Werte der Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrücke sind für viele Metall-Metalloxidgemische
bekannt und können aus Tabellenwerken entnommen werden. In den Diagrammen A und B
sind die Kurven (a) für Ni/NiO, Mo/Mo2, Fe/FeO, Cr/Cr2O3 und Mn/MnO für einen Temperaturbereich
von ca. 400 bis 1400 °C dargestellt. Die Werte sind sehr gering und betragen zwischen
10exp -6 (1 ppm) und 10exp -50. Sie sind stark temperaturabhängig, so dass in den
Diagrammen A und B der Sauerstoffpartialdruck in logarithmischer Form (log pO2) dargestellt
wurde.
[0011] Bei technischen Glühprozessen werden die Werkstücke in einem Ofen erhitzt und Schutzgase
in Form von Inert- oder Reaktionsgasen meist kontinuierlich zugeführt. Durch die vorstehend
beschriebenen Metalloxidbildungen würde sich bei einem dichten Ofen der entsprechende
Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck einstellen.
[0012] In der Praxis kommt es aber meist zu Sauerstoffeintritten in den Ofen durch z.B.
Leckagen oder Schleusen, durch das kontinuierlich zugeführte Schutzgas, durch Restsauerstoff
in Poren der Ofenisolierung oder aber auch durch das Wärmebehandlungsgut selbst (Poren,
Oxidschichten).
[0013] Bei dem meist als Neutralgas eingesetzten Stickstoff stellt sich in vielen Fällen
ein Sauerstoffpartialdruck im Ofen ein, der nahe dem theoretischen Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck
von Fe/FeO liegt [Diagramm A, Kurve (e); Diagramm B, Kurve (b)].
[0014] Durch Zugabe von z.B. 3 % H2 oder 2 % CH4 (Methan) kann der Sauerstoffpartialdruck
im Gas bereits deutlich zu niedrigeren Werten als der des Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrucks
von Fe/FeO verschoben und somit zumindest eine Oxidation werden .
[0015] In einem Gemisch aus 20 % H2 und 80 % N2 liegen die Werte des Sauerstoffpartialdrucks
zwischen den Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrücken von Fe/FeO und Cr/Cr2O3 und es
sind Blankglühungen möglich, d.h. auf den Werkstücken vorhandene Oxidschichten werden
wieder reduziert.
[0016] Eigene Messungen mit Zirkondioxidsonden zeigen, dass bei Fe-haltigen Werkstoffen
die Reaktionen bei schon bei Temperaturen über ca. 300 bis 400 °C so schnell ablaufen,
dass z.B. im Ofen noch vorhandene Restsauerstoffgehalte von einigen 100 ppm durch
Metalloxidbildung "aufgezehrt" werden und sich ein um bis zu ca. 10exp 20-fach niedrigerer
Sauerstoffpartialdruck einstellt.
[0017] Für die Interpretation von Sauerstoffpartialdruckmessungen kann auch die Gleichgewichtsverschiebung
der Sauerstoffpartialdrücke der Gase mit veränderten Temperaturen von Bedeutung sein.
[0018] Das ist dann z.B. der Fall, wenn der Sauerstoffpartialdruck mit beheizten Zirkondioxidsensoren
gemessen wird, dessen Messzellentemperatur von der der Ofengase oder der eingesetzten
Werkstücke abweicht. In vielen Fällen ist es beispielsweise nicht möglich, diese Sensoren
direkt in den Ofen einzubauen, weil die erforderliche Sensordurchführung nicht vorhanden
ist, oder technisch nicht realisiert werden kann.
[0019] Bezogen z.B. auf das wichtige System Fe/FeO verändern sich z.B. die Sauerstoffpartialdrücke
bei Gasen, die aus Stickstoff oder (Stickstoff + Wasserstoff) bestehen, beim Abkühlen
oder Erhitzen in praktisch der gleicher Weise wie der Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck
von Fe/FeO, wie eigene Messungen und Berechnungen zeigen.
[0020] Die Diagramme A und B zeigen Sauerstoff-Messwerte von Öfen, die über Schleusen im
Prinzip kontinuierlich beschickt werden.
[0021] Für die Messungen, die in Digramm A dargestellt sind [Kurve (e)], wurden die Gase
aus dem Ofen abgesaugt, in etwa auf Raumtemperatur abgekühlt und anschließend auf
die entsprechende Messtemperatur erhitzt.
Bei den in Diagramm B dargestellten Messungen [Kurve (b)] wurde ein Sauerstoffsensor
langsam aus dem Ofen gezogenen, wobei er durch den Temperaturgradienten in der inneren
Ofenisolierung langsam abkühlte.
In beiden Fällen war die Temperatur im Ofen in etwa konstant, so dass die Verschiebung
des Sauerstoffpartialdrucks nur durch eine entsprechende Gleichgewichtsverschiebung
in den Gasen erfolgt sein kann.
[0022] Das kann damit erklärt werden, dass die gemessenen Sauerstoffpartialdrücke eigentlich
der freie Restsauerstoff aus dem Gleichgewicht H2O/H2 darstellen, das sich in allen
Stickstoffatmosphären einstellt (auch technisch reiner Stickstoff enthält immer einige
ppm Sauerstoff und Wasserdampf, was aber im Vergleich zu den freien Restsauerstoffmengen
immer noch eine verhältnismäßig sehr große Menge ist).
[0023] Gemäß den bekannten Gleichgewichtsbedingungen gilt:


mit k1 = temperaturabhängige Gleichgewichtskonstante
[0024] Der fast parallele Verlauf der Sauerstoffpartialdrücke der Gase im Vergleich mit
dem Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck von Fe/FeO kann auf die in etwa gleiche
Veränderung der Gleichgewichtskonstanten mit der Temperatur zurückzugeführt werden.
[0025] Thermodynamische Berechnungen bestätigen dies: in Diagramm B wurde der Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck
von Fe/FeO bei 1000 °C als Basiswert genommen und entsprechend der Gleichung 2 die
Werte bis 500 °C berechnet [Kurve (c)]. Daraus ergibt sich eine sehr gute Übereinstimmung
zu dem Verlauf des Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrucks von Fe/FeO der Berechnung
und - mit einer parallelen Verschiebung auch zu den Messwerten [Kurve (b)].
[0026] Hierdurch erhält der Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck des in der Praxis wichtigne
Systems Fe/FeO eine weitere Bedeutung: werden Messungen des Sauerstoffpartialdrucks
z.B. mit Zirkondioxidsonden durchgeführt, die auf eine konstante Temperatur beheizt
sind, so können die Messwerte mit hinreichender Genaugkeit entsprechend dem Verlauf
der Gleichgewichts-Sauerstoff-partialdruck-Kurve von Fe/FeO auf andere Gastemperaturen
und Werkstücktemperaturen extrapoliert werden.
[0027] Anmerkung: Diese gute Übereinstimmung konnte bei anderen Metall-Metalloxidsystemen nicht gefunden
werden. Für Cr/Cr2O3 wurde entsprechend der vorstehend beschriebenen Weise die Gleichgewichtsverschiebung
des Sauerstoffpartialdruck berechnet.
Die Berechnungen gehen von dem Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck von Cr/Cr2O3
bei 800 °C aus und wurden zu 600 °C und 1000 °C hin extrapoliert. Die Ergebnisse sind
ebenfalls in Diagramm B dargestellt [Kurve (d)]. Hierbei treten größere Abweichungen
auf [Kurve (d) verläuft parallel zu Kurve (c)].
Sie lassen aber in einigen Fällen die Übertragung der Sauerstoffmesswerte für nahe
Temperaturbereiche mit ausreichender Genauigkeit zu.
[0028] Gleiche Betrachtungen lassen sich auch für andere reaktive Gasbestandteile wie z.B.
CO-CO2, CO-CO2-H2-HOu.a. anstellen.
[0029] Eine Methode zur Kompensation hierzu wird später noch beschrieben.
[0030] Wie vorstehend ausgeführt, ist die Kenntnis des Sauerstofpartialdrucks in Gasen zur
Beurteilung von deren Oxidations- bzw. Reduktionspotential von großer Bedeutung für
die entsprechenden Wärmebehandlungsprozesse.
[0031] Eine häufig hierfür durchgeführte "Hilfsmethode" ist die Messung des Gastaupunkts.
Daraus läßt sich der H2O-Gehalt nach Tabellen bestimmen. Bezieht man den H2O-Gehalt
auf den Wassserstoffgehalt im Gas so ergibt sich eine Verhältniszahl für die Grenze
zum "Blankglühen".
In Diagramm A sind die H2/H2O-Werte für Fe/FeO dargestellt (f). Sie variieren von
0,3 bei ca. 550 °C bis 0,9 bei ca. 1180 °C.
Nachteil der Taupunktsmessung ist u.a. die erforderliche Kenntnis des H2-Gehalts,
der ent-weder aufwendig gemessen werden muß oder als bekannt - mit meist hohen Fehlertoleranzen
- vorausgesetzt wird.
Nachteilig ist ferner, dass zu jeder Gastemperatur ein anderer Grenzwert gehört.
[0032] Letztendlich steht aber auch hinter der Messung des H2O-Gehalts (Taupunkt) und des
H2-Gehalts eigentlich die Bestimmung des Sauerstoffpartialdrucks:
[0033] Bei 550 °C ist pH2O/pH2 = 0,3. Gemäß Gleichung 2 und mit einem k1 = 1,70 EXP-26 für
550 °C errechnet sich daraus ein Sauerstoffpartialdruck von pO2 = ca. 1,53 EXP-27
bzw. ein log pO2 = ca. -26,8.
In gleicher Weise ergibt sich für 1180 °C bei einem pH2O/pH2 = 0,9 mit k1 = 7,4 EXP-13
für 1180 °C ein pO2 = ca. 6 EXP-13 bzw. log pO2 = ca. 12,2.
[0034] Die beiden rückgerechneten Sauerstoffpartialdrücke decken sich folgerichtig mit den
Werten des Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrucks von Fe/FeO.
[0035] Mit der direkten Messung des Sauerstoffpartialdrucks wird das gleiche Ergebnis erreicht.
Die großen Vorteile sind, dass nur eine Gaskomponente bestimmt werden muß und dass
die Messwerte unabhängig von der Kenntnis der anderen Gasbestandteile für die Beurteilung
einer Ofenatmosphäre direkt herangezogen werden können.
[0036] Wie bereits erwähnt, lassen sich die extrem niedrigen Sauerstoffpartialdrücke mit
Zirkondioxidsonden sicher bestimmen.
[0037] Bei der Interpretation der Sauerstoffmesswerte treten aber bei der praktischen Anwendung
besondere Probleme auf:
(a) durch die unvorstellbar niedrigen Zahlenwerte (bis Billiardstel ppm) und
(b) dadurch, dass zu jeder Gastemperatur ein unterschiedlicher Wert gehört, der sich
bereits mit geringen Temperaturabweichungen stark verändert.
[0038] Ferner setzt die Interpretation der Messergebnisse auf das Oxidations-/Reduktionspotential
des Gases voraus, dass Gas und Werkstück die gleiche Temperatur haben. Insbesondere
bei instationären Glühprozessen können hier aber erhebliche Unterschiede auftreten.
[0039] Der Betriebsmann muß also immer das Gleichgewichtsdiagramm der Sauerstoffpartialdrücke
"vor Augen" haben, automatische Regelungen der Ofenatmosphäre werden durch die temperaturabhängigen
Sollwerte erschwert.
[0040] Ziel dieser Erfindung ist es, eine Kennzahl zu definieren, mit der der gemessene
Sauerstoffpartialdruck in einem Gas so dargestellt werden kann, dass das Oxidations-
oder Reduktionspotential dieser Gasatmosphäre in Bezug auf ein Metall, das dieser
Gasatmosphäre ausgesetzt ist, in Form einer einfachen Kennzahl ausgedrückt werden
kann,
die unabhängig von der Temperatur des Gases oder der des Metalls (bei gleicher Temperatur)
ist.
[0041] Vorzugsweise sollte sich die Definition einer Kennzahl auch auf Systeme mehrerer
Metalle/Metalloxide anwenden lassen.
[0042] Die Kennzahl soll im folgenden mit REDOX-Zahl benannt werden.
[0043] Eine solche REDOX-Zahl kann bereits in einfacher Weise gemäß Anspruch 1,2 dadurch
erhalten werden, dass man den Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck eines Metall-Metalloxids
pO2(Me/Me
nO
m) durch den Messwert des Sauerstoffpartialdrucks des Gases pO2(Messgas)
bei der jeweils gleichen Temperatur dividiert:

[0044] FIG. 1 zeigt als Beispiel unter Bezug auf den Fe/FeO-Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck
die sich daraus ergebenden REDOX-Zahlen (3). Um bei den extrem großen Unterschieden
der Sauerstoffpartialdrücke zu handlicheren Zahlen zu kommen, wurden für die Berechnung
der REDOX-Zahl die Logarithmen der Sauerstoffpartialdrücke eingesetzt, wie sie auch
für deren Darstellung in FIG. 1 verwendet wurden.
[0045] Der Berechnugsgrundlage entsprechend, hat die REDOX-Zahl für das Fe0/FeO-Gleichgewicht
den Wert = 1,0 (3, 4).
[0046] Auf die Praxis umgesetzt heißt das, dass bei einem Wert der REDOX-Zahl > 1,0 immer
ein Oxidationspotential und bei einem Wert < 1,0 immer ein Reduktionspotential des
Gases in Bezug auf Fe/FeO gegeben ist, und zwar unabhängig von der Temperatur.
[0047] Darüber hinaus ist zu erkennen, dass sich für das Cr/Cr2O3-Gleichgewicht ein Wert
= 0,7 mit sehr guter Übereinstimmung ergibt.
[0048] Auch für Ni/NiO kann für den in der Praxis wichtigen Temperaturbereich von 600 °C
bis 1100 °C mit einem etwas größerem Fehler ein Wert = 1,4 für die REDOX-Zahl angesetzt
werden.
[0049] In gleicher Weise lassen sich REDOX-Zahlen aber auch für andere Metall/Metalloxid-Gleichgewichte
definieren, wenn diese für die Beurteilung der Gasatmosphäre von besonderer Bedeutung
sind (z.B. für Ni/NiO).
[0050] Es kann auch sinnvoll sein, gleichzeitig mit zwei oder mehreren unterschiedlich definierten
REDOX-Zahlen zu arbeiten, z.B. einer
FE-REDOX-Zahl, bezogen auf Fe/FeO und einer
NI-REDOX-Zahl bezogen auf Ni/NiO.
[0051] Unter Berücksichtigung der vorstehenden Darstellung über die Gleichgewichtsverschiebung
der Sauerstoffpartialdrücke der Gase erlaubt diese Definition der REDOX-Zahl jetzt
sichere und einfache Aussagen über das REDOX-Potential eines Gases,
unabhängig von der Gaszusammensetzung und der Temperatur des Gases und meist auch
der Temperatur des Werkstücks.
[0052] Zur Definition der REDOX-Zahl kann es auch vorteihaft sein, diese gemäß Anspruch
1,3 aus der Differenz zwischen dem Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck eines Metall-Metalloxids
und dem Messwert des Sauerstoffpartialdrucks des Gases bei der jeweils gleichen Temperatur
zu bilden. Nachteilig gegenüber dem vorstehend beschriebenen Verfahren der Division
ist hierbei jedoch, dass die über Subtraktion gebildete REDOX-Zahl meist immer nur
auf ein Metall-Metalloxid bezogen werden kann, da der Verlauf der Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrücke
der einzelnen Metall-Metalloxide mit der Temperatur meist nicht parallel ist [Diagramm
A,B, Kurven (a)].
[0053] Die Sauerstoffpartialdrücke des Gases und/oder der Metall-Metalloxide können zur
Berechnung der Kennzahl als deren realen Werte eingesetzt werden, oder durch beliebige
mathematische Umformungen wie z.B. Logarithmieren, Exponentieren, Multiplizieren,
Divi-dieren, Addieren oder Subtrahieren u.a. umgeformt werden.
[0054] Die nach den beiden grundlegenden Verfahren der Division und Subtraktion gebildeten
Verhältniszahlen können durch beliebige weitere mathematische Operationen wie z.B.
Logarithmieren, Exponentieren, Multiplizieren, Dividieren, Addieren oder Subtrahieren
u.a. so umgeformt werden, daß sich daraus eine in zweckmäßiger Weise angepasste REDOX-Zahl
ergibt.
[0055] Ein Exponentieren hat z.B. die Folge, dass sich die Zahlenwerte mit größerem Abstand
zu dem Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck des Metall-Metalloxids, auf den die REDOX-Zahl
bezogen wird, exponentiell erhöhen, was dem damit verbundenen, ebenfalls exponential
ansteigendem Sauerstoffgehalt der Gase stärkeren Ausdruck verleiht.
[0056] In diesem Sinn kann es z.B. auch zweckmäßig sein, die beiden grundlegenden Verfahren
der Division und Subtraktion mathematisch miteinander zu verknüpfen.
[0057] Für alle mathematischen Operationen bei der Berechnung einer REDOX-Zahl gilt, dass
die Bedingung eingehalten wird, dass sich ein konstanter Zahlenwert ergibt, wenn der
Sauerstoffpartialdruck einer Gasatmosphäre gleich dem Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck
der Mischung aus dem Metall und den Oxidformen dieses Metalls, auf den sich die Berechnung
bezieht (bei jeweils gleicher Temperatur) ist (Oberanspruch 1).
[0058] Für die Darstellung der REDOX-Zahlen bieten sich Diagramme über der Temperatur oder
der Zeit an, bei der die REDOX-Zahl des Bezugs-Metall-Metalloxidgemischs eine Konstante
ist.
[0059] Wie vorstehend erwähnt, kann die Gleichgewichtsverschiebung der Sauerstoffpartialdrücke
eines Gases von der eines betrachteten Metall/Metalloxidsystems abweichen.
[0060] Wird z.B. der Sauerstoffpartialdruck eines Gases mit einer beheizten Zirkondioxidsonde
bei einer konstanten Messzellentemperatur bestimmt, so können Abweichungen bei der
Übertragung der Messergebnisse auf andere Ofentemperaturen oder Werkstücktemperaturen
auftreten.
[0061] Hier kann aber ebenfalls mit den REDOX-Zahlen gearbeitet werden, wenn man zunächst
die gemessenen Sauerstoffwerte des Gases mittels thermodynamischer Gleichungen oder
an Hand von gemessenen Werten der Verschiebung des Sauerstoffpartialdrucks mit der
Temperatur auf die gewünschte Ofentemperatur oder Werkstücktemperatur umrechnet oder
transformiert, und erst dann die REDOX-Zahl ebenfalls für die entsprechende Ofen-
oder Werkstücktemperatur berechnet.
[0062] Dieser Ausgleich kann für alle Arten von Gasen durch geführt werden, die z.B. reaktive
Komponeneten wie CO, CO2, H2, H2O u.a. in beliebiger Kombination oder Menge enthalten.
[0063] Für die Berechnung der REDOX-Zahlen stehen heute leistungsfähige Computerprogramme
oder entsprechend programmierbare Auswertelelektroniken oder Regler zur verfügung,
so dass hier nicht darauf eingegangen wird.
Bezugszeichenliste:
[0064]
- 1
- Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrücke von verschiedenen Metall-Metalloxiden
- 2
- REDOX - ZAHL - Kurven
- 3
- REDOX-Zahlen
- 4
- Bezugskurve des Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck von Fe/FeO (hier mit der REDOX-Zahl
= 1,0)
- FIG. 1
- zeigt ein Diagramm mit der logarithmischen Darstellung der Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrücke
pO2(Me/MeO) verschiedener Metall-Metalloxidgemische (Mn/MnO, Cr/Cr2O3, Mo/MoO, Fe/FeO
und Ni/NiO) (1) über der Temperatur, den Eintrag von REDOX-Zahlen (3) und REDOX-Zahl-Kurven
(2).
[0065] Die REDOX-Zahl-Kurven (2) wurden aus der reinen Division der Logarithmen des Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck
einer Mischung aus Fe/FeO (4) durch den gemessenen Sauerstoffpartialdruck im Gas bei
der jeweils gleichen Temperatur gebildet.
[0066] Hieraus ergibt sich für die Linie pO2(Fe/FeO) der konstante Wert 1,0 (4). Sie ist
im Bereich von 600 °C bis 1100 °C nahezu identisch mit dem Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck
von Mo/MO2.
[0067] Ein Gas aus dessen Sauerstoffpartialdruck sich eine REDOX-Zahl von < 1,0 errechnet,
wäre gegenüber Fe/FeO oder Mo/MoO reduzierend, bei REDOX-Zahlen > 1,0 würde das Gas
oxidierend wirken.
[0068] Für Cr/Cr2O3 ergibt sich in ebenfalls sehr guter Übereinstimmung eine REDOX-Zahl
von 0,7.
[0069] Bei Ni/NiO und Mn/MnO sind die REDOX-Zahlen der Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrücke
über der Temperatur abweichend, sie lassen sich aber meist auch noch gut anwenden.
(Wäre aber z.B. Ni/NiO von besonderer Wichtigkeit, so könnte hierfür eine andere REDOX-Zahl
auf der Basis des Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrucks von Ni/NiO definiert werden).
[0070] Bei der hier gewählten Berechnungsmethode für die REDOX-Zahl ergibt sich mit niedrigeren
Temperaturen eine "Auffächerung" der Kurven, d.h. die Differenzen im Sauerstoffpartialdruck
nehmen bei gleicher Differenz der REDOX-Zahl zu. Damit ergibt sich eine gewisse Kompensation
der Tendenz, dass die Reaktionsgeschwindigkeiten mit abnehmender Temperatur ebenfalls
abnehmen, und damit gleiche Differenzen im Sauerstoffpartialdruck einen geringere
oxidierende oder reduzierende Wirkung haben ("kinetischer Faktor"). (Ist dies nicht
gewünscht, so kann nach Anspruch 1,3 die Methode der Subtraktion bei der Berechnung
der REDOX-Zahl eingesetzt werden).
[0071] Ferner hat die Darstellung der REDOX-Zahl gemäß Fig. 1 den Vorteil, dass sich bei
dem für Glüpprozesse meist wichtigen Sauerstoffbereich > ca. 1 EXP-10 bar eine relativ
feine Abstufung der REDOX-Zahlen ergibt und mit höheren Sauerstoffwerten eine immer
gröbere Abstufung erfolgt.
[0072] Unabhängig davon liefert die REDOX-Zahl bei dieser Darstellung aber brauchbare Werte
bis in den Bereich der Oxidation. So entspricht z.B. bei 1000 °C einer REDOX-Zahl
von 8,0 einem Sauerstoffgehalt von ca. 1 %.
[0073] Die REDOX-Zahl kann damit also durchgängig als einzige Kennzahl verwendet werden,
was bei der graphischen Darstellung auf Schreibern und für den Einsatz von Reglern
von großem Vorteil ist.


1. Kennzahl zur Charakterisierung von Sauerstoffpartialdrücken in einer Gasatmosphäre,
dadurch gekennzeichnet
dass ein bei einer bekannten Temperatur gemessener Sauerstoffpartialdruck einer Gasatmosphäre
durch mathematische Operationen auf den Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck einer
Mischung aus einem Metall und einer oder mehrerer der Oxidformen dieses Metalls bei
der jeweils gleichen Temperatur wie die der Gasatmosphäre in der Weise bezogen und
in das Verhältnis gesetzt wird, dass sich stets ein konstanter Wert ergibt, wenn der
in der Gasatmosphäre gemessene Sauerstoffpartialdruck gleich dem Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck
der Mischung aus dem Metall und den Oxidformen dieses Metalls ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zu der Berechnung der Kennzahl der gemessene Sauerstoffpartialdruck in der Gasatmosphäre
durch den Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck der Mischung aus einem Metall und
einer oder mehrerer der Oxidformen dieses Metalls bei der gleichen Temperatur wie
die der Gasatmosphäre dividiert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zu der Berechnung der Kennzahl der gemessene Sauerstoffpartialdruck in der Gasatmosphäre
von dem Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck der Mischung aus einem Metall und einer
oder mehrerer der Oxidformen dieses Metalls bei der gleichen Temperatur wie die der
Gasatmosphäre subtrahiert wird.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Berechnungsmethoden nach den Ansprüchen 2 und 3 miteinander kombiniert werden.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Werte des gemessenen Sauerstoffpartialdrucks in der Gasatmosphäre und/ oder des
Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdrucks der Mischung aus einem Metall und einer oder
mehrerer der Oxidformen dieses Metalls für die Berechnung der Kennzahl als deren realen
Werte eingesetzt werden, oder durch beliebige mathematische Umformungen wie Logarithmieren,
Exponentieren, Multiplizieren, Dividieren, Addieren oder Subtrahieren umgeformt werden.
6. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die zunächst nach den Ansprüchen 1 bis 5 berechneten Werte zu der Berechnung der
Kennzahl durch beliebige weitere mathematische Umformungen wie Logarithmieren, Exponentieren,
Multiplizieren, Dividieren, Addieren oder Subtrahieren umgeformt werden.
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass ein bei einer bestimmten Temperatur gemessener Sauerstoffpartialdruck einer Gasatmosphäre
zunächst mit thermodynamischen Beziehungen, die auf die Bestandteile diese Gases anwendbar
sind oder durch Beziehungen, die durch Messungen ermittelt wurden auf den sich daraus
ergebenden Gleichgewichts-Sauerstoffpartialdruck oder einen anderen Sauerstoffpartialdruck
bei einer anderen Temperatur umgerechnet oder transformiert wird, und dass erst danach
die für diese andereTemperatur gültige Kennzahl berechnet wird.