[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Platine zur Herstellung eines Bauteils
aus Stahlblech durch Kaltumformen sowie eine Verwendung einer Platine.
[0002] Üblicherweise werden bei der Herstellung von Bauteilen aus Stahlblech zunächst ebene
Platinenzuschnitte hergestellt, die dann in einem oder mehreren Kaltumformschritten
ihre endgültige Form erhalten. Dabei werden insbesondere bei größeren, aus einer einzigen
Platine gefertigten Bauteilen die Dicke und die Eigenschaften des verwendeten Stahlmaterials
durch den Bereich des Bauteils bestimmt, der im praktischen Betrieb den höchsten Belastungen
ausgesetzt ist.
[0003] In der Praxis zeigt sich, daß die Kaltverformung von Stahlblechen beispielsweise
dann zu Schwierigkeiten führt, wenn das zu erzeugende Bauteil eine im Hinblick auf
die Verformungsvorgänge komplexe Form aufweist oder das Stahlblech zwar die an seine
mechanische Belastbarkeit gestellten Anforderungen erfüllt, gleichzeitig aber aufgrund
seiner Materialeigenschaften schwer verformbar ist. Darüber hinaus kann die Verformung
eines Stahblechs durch die im Hinblick auf seine Belastung erforderliche Dicke erschwert
werden.
[0004] Beispielsweise kann bei der Herstellung von Rohren, die einen bogenförmigen Verlauf
aufweisen, häufig nicht verhindert werden, daß es einerseits im Bereich des Außenbogens
der jeweiligen Rohrkrümmung zu übermäßigen Materialausdünnungen und infolgedessen
zu Rissen und andererseits am Innenbogen der Krümmung zu Faltungen aufgrund von übermäßiger
Materialanhäufung kommt. Die Gefahr der Faltenbildung während des Biegens kann durch
die Verwendung von speziellen Biegedornen gemindert werden. Zusätzlich kann durch
ein aktives Nachschieben des Rohres während des Biegevorgangs die Wandstärkenabnahme
im Bereich des Außenbogens im begrenzten Maße beeinflußt werden. Beide Maßnahmen setzen
jedoch einen hohen apparativen Aufwand voraus.
[0005] Ein anderes Beispiel für Bauteile mit im Hinblick auf die Kaltumformung komplexer,
schwer beherrschbarer Form, sind tiefgezogene Näpfe, die eine eckige Grundfläche besitzen.
Um bei solchen tiefgezogenen Teilen zu verhindern, daß es im Zuge des Tiefziehens
zur Faltenbildung im Bereich der Ecken kommt, werden am Tiefziehwerkzeug gezielt Bremswulste
eingebracht, die einen übermäßigen Materialfluß behindern. An anderen Stellen, an
denen ein Fließen des Werkstoffs im größeren Maße erforderlich ist, wird das Tiefziehwerkzeug
geschmiert, um an diesem Ort die Reibung zwischen dem Werkstoff und dem Stahlblech
herabzusetzen. Der mit diesen Maßnahmen verbundene Aufwand ist ebenfalls beträchtlich
und führt bei bestimmten Werkstoffen nicht zum Erfolg.
[0006] Durch die Materialeigenschaften des verwendeten Stahlwerkstoffs verursachte Probleme
bei der Kaltverformung entstehen beispielsweise dadurch, daß Werkstoffe einer größeren
Dicke oder einer besonders hohen Festigkeit verwendet werden müssen, um den an das
jeweilige Bauteil gestellten Anforderungen zu genügen. Derart beschaffene Stahlbleche
lassen sich häufig schlecht oder gar nicht durch Kaltverformung in die gewünschte
Form bringen.
[0007] Gemäß einem aus der EP 0 906 799 A1 bekannten Verfahren werden auf eine für die Herstellung
von tiefgezogenen Karosseriebauteilen bestimmte Platine in bestimmten Bereichen Blechzuschnitte
auf ein Grundblech aufgeschweißt. Durch die aufgeschweißten Blechzuschnitte wird die
Platine so verstärkt, daß das aus der Platine hergestellte Bauteil die an dieses Teil
gestellten mechanischen Anforderungen sicher erfüllt. Um sicherzustellen, daß auch
die aufgeschweißten Blechzuschnitte eine ausreichende Verformbarkeit besitzen, sind
auf der Oberfläche der Blechzuschnitte Materialanhäufungen ausgebildet.
[0008] Das aus der EP 0 906 799 A1 bekannte Verfahren ermöglicht es zwar, Bauteile herzustellen,
die bei vermindertem Gewicht eine hohe mechanische Belastbarkeit besitzen. In der
Praxis zeigt sich jedoch, daß die Verformung derart verstärkter Platinen trotz der
besonderen Ausgestaltung des Verstärkungsblechs schwierig ist. Dies gilt insbesondere
dann, wenn schon das Grundblech, auf welches das Verstärkungsblech aufgeschweißt ist,
schlechte Umformeigenschaften besitzt.
[0009] Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ausgehend von dem voranstehend erläuterten
Stand der Technik ein Verfahren zu schaffen, welches ein verbessertes Ergebnis der
Kaltumformung gewährleistet bzw. die Herstellung bestimmter Bauteilformen überhaupt
erst möglich macht.
[0010] Ebenso sollen Platinen geschaffen werden, die eine verbesserte Umformbarkeit besitzen.
Schließlich sollen vorteilhafte Verwendungen derartiger Platinen angegeben werden.
[0011] Ein die voranstehend genannte Aufgabe lösendes Verfahren zur Herstellung von kaltumgeformten
Bauteilen aus Stahlblech umfaßt erfindungsgemäß folgende Schritte:
- Erzeugen einer Platine aus einem ersten Grundblech, das aus einem ersten Stahlmaterial
besteht;
- Ersetzen mindestens eines Abschnitts des Grundblechs durch einen Blechzuschnitt, welcher
sich in seiner Dicke oder mindestens einer Materialeigenschaft von dem ersten Stahlblech
unterscheidet, wobei die Dicke und / oder die abweichende Materialeigenschaft und
die Geometrie des Blechzuschnitts sowie dessen Lage in der Platine bestimmt sind vom
Materialfluß während der anschließend durchgeführten Kaltumformung;
- Kaltumformen der Platine zu dem Bauteil.
[0012] In Bezug auf eine Platine aus Stahlblech für die Erzeugung eines Bauteils durch Kaltumformen
wird die voranstehend genannte Aufgabe dadurch gelöst, daß die betreffende Platine
ein Grundblech umfaßt, bei dem mindestens ein Abschnitt durch einen Blechzuschnitt
ersetzt ist, der aus einem sich hinsichtlich seiner Dicke und / oder mindestens einer
Materialeigenschaft von dem Grundblech der Platine unterscheidenden Stahlmaterial
gefertigt ist, wobei die Geometrie, die Materialeigenschäft, die Dicke und / oder
die Lage des Blechzuschnitts durch den während der Kaltumformung der Platine eintretenden
Materialfluß bestimmt sind.
[0013] Gemäß der Erfindung werden, anders als beim eingangs erwähnten Stand der Technik,
die Lage, Form und / oder Materialeigenschaften des in die Platine eingesetzten Blechzuschnitts
nicht durch die Anforderungen bestimmt, die im praktischen Betrieb an das aus der
Platine erzeugte Bauteil gestellt werden, sondern es wird der im Zuge der Kaltverformung
auftretende Materialfluß berücksichtigt. Überraschend hat sich herausgestellt, daß
sich durch die erfindungsgemäß vorgesehene gezielte Plazierung von Blechzuschnitten
an Stellen, bei denen es im Zuge der Kaltverformung zu kritischen oder unzureichenden
Materialflüssen kommt, Bauteile erzeugen lassen, die sich auf herkömmliche Weise durch
eine Kaltverformung nicht herstellen ließen.
[0014] So werden erfindungsgemäß die Blechzuschnitte beispielsweise so in der Platine plaziert,
daß eine Verformungsreserve gezielt in den Bereichen vorhanden ist, bei denen es zu
einem besonders hohen Fließen von Material kommt. Ebenso können gemäß der Erfindung
die Bereiche, die bei der Kaltverformung gestaucht werden, so ausgelegt werden, daß
Materialanhäufungen ohne die Gefahr von Faltenbildung entstehen. Darüber hinaus ist
es bei erfindungsgemäßem Vorgehen möglich, Blechzuschnitte so in der Platine zu plazieren,
daß gezielt Verformungen erzwungen werden, die durch eine direkte Einwirkung des zur
Formgebung eingesetzten Werkzeugs nicht erreicht werden können.
[0015] Ebenso vorteilhaft läßt sich die Erfindung in solchen Fällen einsetzen, bei denen
eine Platine aus einem an sich schwer verformbaren aber hinsichtlich seiner mechanischen
Eigenschaften optimalen Stahlblech zur Herstellung eines Bauteils verwendet werden
soll. Durch die erfindungsgemäß vorgesehene gezielte Plazierung von Blechzuschnitten
in den Bereichen, die auf die Verformung wesentlichen Einfluß haben, lassen sich auch
Platinen aus schwer verformbaren Blechmaterialien in komplexe Formen bringen.
[0016] Durch die erfindungsgemäße Anordnung der Blechzuschnitte in dem Grundblech der Platine
kann unterschiedlichen Umformfehlern zielgerichtet entgegengewirkt werden. Dies sind
insbesondere örtliche Überlastungen des Werkstoffs, das Nichteinsetzen von Verformungen
aufgrund von örtlich begrenzt unter der Fließgrenze des Werkstoffs liegenden Spannungen
zu Beginn des Umformvorgangs sowie das Abbrechen von Verformungen aufgrund eines plötzlichen
Unterschreitens der Fließgrenze während des Umformvorgangs. Die Erfindung stellt somit
ein Verfahren zur Verfügung, welches die sichere Herstellung auch komplex geformter
Bauteile ermöglicht. Darüber hinaus wird es durch die gezielte Plazierung der Blechzuschnitte
möglich, kaltverformte Bauteile auch unter Einbeziehung von Werkstoffen herzustellen,
die sich nur schwer oder gar nicht umformen lassen.
[0017] Die erforderlichen Materialeigenschaften, die Dicke, die Geometrie und / oder die
Lage des jeweiligen Blechzuschnitts in der Platine lassen sich auf einfache Weise
bestimmen, indem in einem ersten Schritt eine nur aus einem Grundblech bestehende
Musterplatine in die Form des herzustellenden Bauteils gebracht wird, dann an dem
aus der Musterplatine erzeugten Bauteil die Bereiche festgestellt werden, in denen
es zu einer den Anforderungen nicht genügenden Verformung gekommen ist, und schließlich
den ungenügend verformten Bereichen durch eine Rückverfolgung des Umformvorgangs denjenigen
Bereichen der Musterplatine zugeordnet werden, in welche die Blechzuschnitte einzusetzen
sind. Basierend auf den an der Musterplatine gewonnenen Ergebnissen kann das erfindungsgemäße
Verfahren angewendet bzw. können erfindungsgemäße Platinen in großen Stückzahlen hergestellt
werden. Aufwendige praktische Versuche können dabei dadurch umgangen werden, daß die
Verformung der Musterplatine zu dem Bauteil, die Feststellung der Bereiche ungenügender
Verformung und die Rückverfolgung des Umformvorgangs als Simulationsrechnung nach
der Finite-Elemente-Methode durchgeführt werden.
[0018] Eine alternative, durch praktische Versuche gestützte Möglichkeit der Ermittlung
der für die Auslegung der Blechzuschnitte benötigten Angaben besteht darin, daß die
Oberfläche der Musterplatine mit Rasterpunkten versehen wird, daß anschließend die
Musterplatine zu dem Bauteil verformt wird, daß bei der Feststellung der ungenügend
verformten Bereiche der Musterplatine die Rasterpunkte bestimmt werden, die in den
ungenügend verformten Bereichen liegen, und daß anhand eines Vergleichs der Lage dieser
Rasterpunkte an dem Bauteil mit der Lage der betreffenden Rasterpunkte auf der unverformten
Musterplatine der Umformvorgang rückverfolgt und diejenigen Bereiche der Musterplatine
bestimmt werden, in welche die Blechzuschnitte einzusetzen sind. Die Zuordnung der
Lage der Rasterpunkte des Bauteils zu der Lage der Rasterpunkte am unverformten Bauteil
kann dabei selbstverständlich rechnergestützt erfolgen.
[0019] Soll im Zuge der Kaltverformung gezielt eine Verformung der Platine an einer bestimmten
Stelle induziert oder eine Materialanhäufung zur Vermeidung von Faltenbildung unterdrückt
werden, so kann dies bei erfindungsgemäßer Vorgehensweise dadurch erreicht werden,
daß der Blechzuschnitt bezogen auf seine Lage in der Platine ein geringeres Umformvermögen
besitzt als das ihn umgebende Blechmaterial der Platine. Ein derartig beschaffener
und in der Platine positionierter Blechzuschnitt behindert den Materialfluß und trägt
auf diese Weise zu einer gerichteten Verformung der Platine bei.
[0020] In anderen Fällen ist es günstig, wenn der Blechzuschnitt bezogen auf seine Lage
in der Platine ein höheres Umformvermögen besitzt als das ihn umgebende Material der
Platine. So lassen sich beispielsweise an solchen Stellen, bei denen es im Zuge der
Kaltverformung zu besonders starkem Fließen von Material kommt, gezielt Ausdünnungen
verhindern. Die Gefahr der Entstehung von Rissen wird auf diese Weise wirkungsvoll
unterdrückt. Besonders vorteilhaft ist es in diesem Zusammenhang, wenn die Dicke des
Blechzuschnitts nach der Kaltumformung im wesentlichen gleich der Blechdicke der Platine
ist. Bei dieser Ausgestaltung der Erfindung wird die Dicke und Materialeigenschaft
des in die Platine jeweils eingesetzten Blechzuschnitts so gewählt, daß das aus der
Platine geformte Bauteil ein einheitliches äußeres Erscheinungsbild besitzt.
[0021] Je nach Art des Bauteils, welches aus einer erfindungsgemäßen Platine gefertigt wird,
ist es zweckmäßig, wenn in dem Bereich, welcher während der Kaltumformung im wesentlichen
durch Zugspannungen beansprucht ist, ein Blechzuschnitt angeordnet ist, dessen Dicke
größer ist als die Dicke des ihn umgebenden Stahlblechs der Platine. Beispielsweise
bei der Herstellung von gekrümmten Rohren läßt sich durch Anordnung eines derart beschaffenen
Blechzuschnitts am späteren Außenbogen die Entstehung von Rissen und zu großen Wandausdünnungen
vermeiden. Zum gleichen Zweck kann in dem Bereich, welcher während der Kaltumformung
im wesentlichen durch Zugspannungen beansprucht ist, ein Blechzuschnitt angeordnet
werden, dessen Fließgrenze höher ist als die Fließgrenze des ihn umgebenden Stahlblechs
der Platine.
[0022] Werden während der Kaltumformung in bestimmten Bereichen der Platine im wesentlichen
Druckspannungen hervorgerufen, so daß dort eine Stauchung von Material eintritt, ist
es günstig, wenn in diesem Bereich ein Blechzuschnitt angeordnet ist, dessen Fließgrenze
niedriger ist als die Fließgrenze des ihn umgebenden Stahlblechs der Platine. Ebenso
unterstützend wirkt ein in dem betreffenden Bereich eingesetzter Blechzuschnitt, dessen
Dicke geringer ist als die Dicke des ihn umgebenden Stahlblechs der Platine.
[0023] Die beiden voranstehend angegebenen Ausgestaltungen sind in solchen Fällen günstig,
in denen die Gefahr von Faltenbildung im gestauchten Bereich bei der Kaltverformung
gering bzw. beherrscht ist. Ist dies nicht der Fall, so kann die Entstehung von Falten
in den durch Druckspannungen beanspruchten Bereichen dadurch unterdrückt werden, daß
in den betreffenden Bereichen ein Blechzuschnitt angeordnet ist, dessen Dicke größer
ist als die Dicke des ihn umgebenden Stahlblechs der Platine. Ein derart beschaffener
Blechzuschnitt verhindert ein Aufwerfen des zusammengedrückten Blechmaterials wirkungsvoll.
Insbesondere bei Kombination eines solchen Blechzuschnitts mit einem im Bereich des
späteren Außenbogens in der Platine eingefügten Blechzuschnitt ebenfalls höherer Blechdicke
und / oder Fließgrenze können bei der Herstellung von Rohren auf sichere Weise auch
komplexe Krümmungsverläufe erzeugt werden.
[0024] Nachfolgend wird die Erfindung anhand einer ein Ausführungsbeispiel darstellenden
Zeichnung näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1
- eine Platine in Draufsicht;
- Fig. la
- einen Schnitt entlang der Linie X-X von Fig. 1;
- Fig. 2
- ein aus der in Fig. 1 gezeigten Platine gefertigtes Rohr in perspektivischer Ansicht.
[0025] Die Platine P ist im wesentlichen aus einem Grundblech G gebildet, welches aus einem
ersten Stahlwerkstoff besteht. Dessen Materialeigenschaften und Dicke D sind an die
Belastungen angepaßt, denen das aus der Platine P zu fertigende Rohr R im praktischen
Betrieb ausgesetzt ist. Das Rohr R weist, wie Fig. 2 zeigt, in seinem mittleren Bereich
eine Krümmung K auf.
[0026] In dem Bereich der Platine P, aus welchem bei dem Rohr R der Innenbogen I der Krümmung
K geformt wird, ist ein Blechzuschnitt 1 in die Platine P eingesetzt. Dazu ist in
an sich bekannter Weise ein der Form des Blechzuschnitts 1 angepaßter Ausschnitt in
das Grundblech G geschnitten worden. Anschließend ist der Bechlechzuschnitt 1 in diesen
Ausschnitt eingesetzt und sein Randbereich beispielsweise durch eine Laserschweißung
mit dem Grundblech G verschweißt worden. In gleicher Weise ist in demjenigen Bereich
der Platine P, aus dem bei dem Rohr R der Außenbogen A der Krümmung K geformt wird,
ein Blechzuschnitt 2 in die Platine P eingesetzt.
[0027] Der Blechzuschnitt 1 ist aus einem Stahlmaterial gefertigt, welches eine niedrigere
Fließgrenze aufweist, als der Stahl, aus welchem das Grundblech G der Platine P gefertigt
worden ist. Gleichzeitig ist die Dicke D1 des Blechzuschnitts 1 größer als die Dicke
D des Grundblechs G. Der Blechzuschnitt 2 weist eine Dicke D2 auf, welche ebenfalls
größer ist als die Dicke D des Grundblechs G.
[0028] Bei der Herstellung des Rohres R wird zunächst aus dem ersten Stahlmaterial das Grundblech
G geschnitten. Dann werden die Blechzuschnitte 1 und 2 in das Grundblech G eingesetzt.
Die so gebildete Platine P wird anschließend zunächst in bekannter Weise zu einem
geradlinig verlaufenden Rohr vorgeformt und längsnahtverschweißt.
[0029] Im letzten Arbeitschritt wird die Krümmung K des Rohres R erzeugt, indem das vorgeformte
gerade Rohr in einer geeigneten Biegeeinrichtung durch Biegen kaltverformt wird. Dabei
verhindert der ein Materialreservoir darstellende und beim Biegen des Rohres unter
Zugspannungen stehende Blechzuschnitt 2 aufgrund seiner Form, seiner Lage in der Platine
P, seiner Materialeigenschaften und seiner Dicke D2, daß es im Bereich des Außenbogens
A der Krümmung K zu einer übermäßigen, die Gefahr der Entstehung von Rissen mit sich
bringenden Materialausdünnung kommt. In gleicher Weise sind die Lage des Blechzuschnitts
1 in der Platine P, seine Fließgrenze und seine Dicke D1 so gewählt, daß der Blechzuschnitt
1 im Innenbogen I die Entstehung von Falten verhindert, die ohne den Einsatz des Blechzuschnitts
1 aufgrund der im Bereich des Innenbogens I während des Biegens herrschenden und eine
Aufstauchung des dort vorhandenen Blechmaterials hervorrufenden Druckspannungen entstehen
könnten.
[0030] Die Lage in der Platine P, die Materialeigenschaften, die Dicke und die Geometrie
der Blechzuschnitte 1,2 sind beispielsweise durch Simulationsrechnungen nach der Finite-Elemente-Methode
ermittelt worden. Dabei ist zunächst die Kaltumformung ausgehend von einer aus demselben
Werkstoff wie das Grundblech G bestehenden ebenen, nur virtuell existierenden Musterplatine
bis zu einem fertig geformten, virtuellen Rohr nachgebildet worden, dessen Form der
Form des zu erzeugenden Rohres R entsprach. Am dem derart gebildeten Rohr-Modell sind
dann die Bereiche markiert worden, in denen es zu einer übermäßigen Schwächung des
Bauteils (Außenbogen) bzw. zu Faltungen (Innenbogen) gekommen ist. Die Größe, die
Art und der Verlauf der Verformungsfehler wurde ebenfalls ermittelt.
[0031] Anschließend ist der Verformungsvorgang unter Beibehaltung der Markierungen zurückverfolgt
worden, bis sich die Musterplatine wieder in ihrem ebenen Ausgangszustand befand.
In diesem Zustand war die Lage und Form der Bereiche, in welche die Blechzuschnitte
1,2 einzusetzen waren, durch die Markierungen erkennbar. Die erforderlichen Materialeigenschaften
und die Dicke der Blechzuschnitte 1,2 sind anschließend anhand der an dem virtuellen
Rohr ermittelten Verformungsfehler bestimmt worden.
[0032] Bei einer alternativen Vorgehensweise sind die für die Auslegung der Blechzuschnitte
erforderlichen Schritte mit Hilfe der Meßrastertechnik ermittelt worden. Dazu ist
eine real existierende, aus demselben Werkstoff wie das Grundblech G bestehende, ebene
Musterplatine im unverformten Zustand mit Rasterpunkten überzogen worden. Die räumlichen
Koordinaten dieser Rasterpunkte wurden ermittelt und in einem Rechner abgespeichert.
Anschließend ist die Musterplatine in die Form des Rohres R kaltumgeformt worden.
Mit dieser Verformung ging eine Verschiebung der Rasterpunkte entsprechend dem Materialfluß
der Musterplatine einher. Die Koordinaten der Rasterpunkte an dem erzeugten Rohr,
die in den Bereichen mit ungenügender Verformung (Außenbogen, Innenbogen) lagen, wurden
festgestellt. Durch rechnerische Rücktransformation wurde die Lage der betreffenden
Rasterpunkte und damit einhergehend die Lage der Blechzuschnitte 1,2 in der ebenen
Musterplatine bestimmt. Die erforderlichen Materialeigenschaften und die Dicke der
Blechzuschnitte 1,2 sind dann wieder anhand der an den aus der Musterplatine erzeugten
Rohr vorhandenen Verformungsfehlern bestimmt worden.
BEZUGSZEICHEN
[0033]
- 1
- Blechzuschnitt ("Patch")
- 2
- Blechzuschnitt ("Patch")
- A
- Außenbogen
- D
- Dicke des Grundblechs G
- D1
- Dicke des Blechzuschnitts 1
- D2
- Dicke des Blechzuschnitts 2
- G
- Grundblech
- I
- Innenbogen
- K
- Krümmung
- P
- Platine
- R
- Rohr
1. Verfahren zur Herstellung von kaltumgeformten Bauteilen (R) aus Stahlblech umfassend
folgende Schritte:
- Erzeugen einer Platine (P) aus einem Grundblech (G), das aus einem ersten Stahlmaterial
besteht;
- Ersetzen mindestens eines Abschnitts des Grundblechs (G) durch einen Blechzuschnitt
(1,2), welcher sich in seiner Dicke (D1,D2) und / oder mindestens einer Materialeigenschaft
von dem ersten Stahlblech (G) unterscheidet, wobei die Dicke (D1,D2) oder die abweichende
Materialeigenschaft und die Geometrie des Blechzuschnitts (1,2) sowie dessen Lage
in der Platine (P) bestimmt sind vom Materialfluß während der anschließend durchgeführten
Kaltumformung;
- Kaltumformen der Platine (P) zu dem Bauteil (R).
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß zur Bestimmung der Materialeigenschaften, der Dicke, der Geometrie und / oder der
Lage des Blechzuschnitts
- eine nur aus einem Grundblech bestehende Musterplatine in die Form des herzustellenden
Bauteils gebracht wird,
- daß an dem aus der Musterplatine erzeugten Bauteil die Bereiche festgestellt werden,
in denen es zu einer den Anforderungen nicht genügenden Verformung gekommen ist, und
- daß den ungenügend verformten Bereichen durch eine Rückverfolgung des Umformvorgangs
diejenigen Bereiche der Musterplatine zugeordnet werden, in welche die Blechzuschnitte
einzusetzen sind.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Verformung der Musterplatine zu dem Bauteil, die Feststellung der Bereiche ungenügender
Verformung und die Rückverfolgung des Umformvorgangs als Simulationsrechnung nach
der Finite-Elemente-Methode durchgeführt werden.
4. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
- daß die Oberfläche der Musterplatine mit Rasterpunkten versehen wird und die räumlichen
Koordinaten der Rasterpunkte gespeichert werden,
- daß anschließend die Musterplatine zu dem Bauteil verformt wird,
- daß bei der Feststellung der ungenügend verformten Bereiche der Musterplatine die Rasterpunkte
bestimmt werden, die in den ungenügend verformten Bereichen liegen, und
- daß anhand eines Vergleichs der Lage dieser Rasterpunkte an dem Bauteil mit der ursprünglichen
Lage der betreffenden Rasterpunkte auf der unverformten Musterplatine der Umformvorgang
rückverfolgt und diejenigen Bereiche der Musterplatine bestimmt werden, in welche
die Blechzuschnitte einzusetzen sind.
5. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, daß der Blechzuschnitt (1,2) bezogen auf seine Lage in der Platine (P) ein geringeres
Umformvermögen besitzt als das ihn umgebende Grundblech (G) der Platine (P).
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß der Blechzuschnitt (1,2) bezogen auf seine Lage in der Platine (P) ein höheres Umformvermögen
besitzt als das ihn umgebende Grundblech (G) der Platine (P).
7. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, daß die Dicke (D1,D2) des Blechzuschnitts (1,2) nach der Kaltumformung im wesentlichen
gleich der Blechdicke (D) des Grundblechs (G) der Platine ist.
8. Platine aus Stahlblech für die Erzeugung eines Bauteils (R) durch Kaltumformen, umfassend
ein Grundblech (G), bei dem mindestens ein Abschnitt durch einen Blechzuschnitt (1,2)
ersetzt ist, der aus einem sich hinsichtlich seiner Dicke (D1,D2) und / oder mindestens
einer Materialeigenschaft von dem Grundblech (G) der Platine (P) unterscheidenden
Stahlmaterial gefertigt ist und dessen Geometrie, Materialeigenschaft, Dicke und /
oder Lage durch den während der Kaltumformung der Platine (P) eintretenden Materialfluß
bestimmt sind.
9. Platine nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß in dem Bereich (A) der Platine (P), welcher während der Kaltumformung im wesentlichen
durch Zugspannungen beansprucht ist, ein Blechzuschnitt (2) angeordnet ist, dessen
Dicke (D2) größer ist als die Dicke (D) des ihn umgebenden Grundblechs (G) der Platine
(P).
10. Platine nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, daß in dem Bereich (A) der Platine (P), welcher während der Kaltumformung im wesentlichen
durch Zugspannungen beansprucht ist, ein Blechzuschnitt (2) angeordnet ist, dessen
Fließgrenze höher ist als die Fließgrenze des ihn umgebenden Grundblechs (G) der Platine
(P).
11. Platine nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß in dem Bereich (I) der Platine (P), welcher während der Kaltumformung im wesentlichen
durch Druckspannungen beansprucht ist, ein Blechzuschnitt (1) angeordnet ist, dessen
Fließgrenze niedriger ist als die Fließgrenze des ihn umgebenden Grundblechs (G) der
Platine (P).
12. Platine nach einem der Ansprüche 8 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß in dem Bereich (I) der Platine (P), welcher während der Kaltumformung im wesentlichen
durch Druckspannungen beansprucht ist, ein Blechzuschnitt (1) angeordnet ist, dessen
Dicke (D1) geringer ist als die Dicke (D) des ihn umgebenden Grundblechs (G) der Platine
(P).
13. Platine nach einem der Ansprüche 8 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß in dem Bereich (I) der Platine (P), welcher während der Kaltumformung im wesentlichen
durch Druckspannungen beansprucht ist, ein Blechzuschnitt (1) angeordnet ist, dessen
Dicke (D1) größer ist als die Dicke (D) des ihn umgebenden Grundblechs (G) der Platine
(P).
14. Verwendung einer Platine (P) nach einem der Ansprüche 8 bis 13 zur Herstellung eines
Rohres (R).
15. Verwendung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß das Rohr (R) im Zuge der Kaltumformung in Richtung seiner Längserstreckung eine Krümmung
(K) erhält.
16. Verwendung einer Platine nach einem der Ansprüche 8 bis 13 zur Herstellung eines tiefgezogenen
Bauteils mit eckiger Grundfläche.