(19)
(11) EP 1 186 508 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.03.2002  Patentblatt  2002/11

(21) Anmeldenummer: 01121535.7

(22) Anmeldetag:  10.09.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B61G 11/00, B61D 15/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 11.09.2000 DE 10045780

(71) Anmelder: DaimlerChrysler Rail Systems GmbH
13627 Berlin (DE)

(72) Erfinder:
  • Klein, Lothar
    14059 Berlin (DE)
  • Marggraf, Matthias
    12527 Berlin (DE)
  • Carstensen, Hartmut
    13507 Berlin (DE)
  • Hoppe, Kerstin
    16761 Hennigsdorf (DE)

(74) Vertreter: Cohausz & Florack 
Patentanwälte Kanzlerstrasse 8a
40472 Düsseldorf
40472 Düsseldorf (DE)

   


(54) Stossenergie-Verzehrvorrichtung für Fahrzeuge


(57) Die Erfindung betrifft eine Stoßenergie-Verzehrvorrichtung für Fahrzeuge. Die Erfindung ist geeignet für - aber nicht beschränkt auf - den Einsatz in Schienenfahrzeugen für den Personenverkehr.
Aufgabe der Erfindung ist es, eine Stoßenergie-Verzehrvorrichtung vorzuschlagen, die auch zukünftigen Anforderungen bezüglich der Crash-Sicherheit genügen.
Gemäß der Erfindung befindet sich mindestens ein Puffer und/oder mindestens ein Verzehrelement am Fahrzeugende in einer vom Fahrzeug entfernteren Position, als ein Puffer und/oder ein Verzehrelement zwischen zwei benachbarten, gekuppelten Fahrzeugen.
In diesem Betriebszustand bleibt die Kupplung vorzugsweise zentriert. Der Schwenkbereich der Kupplung wird nicht benötigt. Werden zwei Züge gekuppelt, müssen vorher die um einen zusätzlichen Weg beispielsweise herausgefahrenen Puffer mit oder ohne integriertem Verzehrelement gesteuert eingefahren und verriegelt werden. Die für zwei gekuppelte Züge erforderliche kinematische Freiheit ist in dieser Position wieder gegeben.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Stoßenergie-Verzehrvorrichtung für Fahrzeuge gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Die Erfindung ist geeignet für - aber nicht beschränkt auf - den Einsatz in Schienenfahrzeugen für den Personenverkehr.

[0002] In Zukunft werden immer höhere Anforderungen an die Crash-Sicherheit von z. B. elektrisch betriebenen oder dieselbetriebenen Triebzügen gestellt. Die Größe der zu vernichtenden Crash-Energie ist durch die Parameter Masse und Geschwindigkeit bestimmt. Die zu leistende Formänderungsarbeit ergibt sich aus den Parametern Kraft und Weg. Die Kraft ist in der Regel durch historisch definierte Lastannahmen (UIC 566/ DIN EN 12663) wie z. B. 1500 kN Druckkraft auf den Kupplungsträger begrenzt. Eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Kraft auf den Wagenquerschnitt hat konstruktive Grenzen und ist nur eingeschränkt möglich. Den Wagenkasten bzw. dessen Querschnitt für größere Lastannahmen zu dimensionieren hat sowohl wirtschaftliche Grenzen, als auch Grenzen hinsichtlich des Gewichtes.
Bisher werden fest montierte Verzehrvorrichtungen am Schienenfahrzeug befestigt, die sich reversibel oder irreversibel verformen und dabei die Crash-Energie vernichten, d. h. es wird Verformungsarbeit geleistet und die kinetische Energie in Wärme umgewandelt. Bei federnden Verzehrvorrichtungen, z. B. Puffern, wird die Crash-Energie in Federelementen gespeichert und anschließend ebenfalls in Wärme umgewandelt.
Nachteil dieser Lösungen ist die begrenzte Aufnahmefähigkeit von zu vernichtender Stoßenergie. Eine Erhöhung der Aufnahmefähigkeit ist zum einen durch das Gewicht und zum anderen durch die Dimensionen der Verzehrvorrichtungen und des Fahrzeugs begrenzt. Dies wäre zudem mit erhöhten Kosten bei der Herstellung und im Betrieb verbunden.
Weiterhin begrenzt das Außendesign den Bauraum für Verzehrvorrichtungen oder es muß das Außendesign mit Rücksicht auf die Verzehrvorrichtungen verändert werden.

[0003] In der DE 197 05 226 A1 wird eine Überstoß-Energieverzehreinrichtung für Schienenfahrzeuge beschrieben, bei der über einen Auslösemechanismus Überstoß-Energieverzehrelemente gegen die Stoßrichtung nach vorn außerhalb der stirnseitigen Fahrzeugkontur verschoben wird und mit gleichartigen Überstoß-Energieverzehrelementen von gekuppelten Nachbarfahrzeugen zur Anlage gelangt. Nachteilig hierbei ist, daß der Weg, den die Energieverzehrelemente gegen die Stoßrichtung verschoben werden können, begrenzt ist. Sie beträgt maximal dem Abstand zwischen zwei gekuppelten, benachbarten Fahrzeugen im Bereich der Energieverzehrelemente. Dadurch ist auch die Aufnahmefähigkeit von zu vernichtender Stoßenergie stark begrenzt. Des weiteren haftet dieser Lösung der Nachteil an, daß die Verschiebung der Energieverzehrelemente rechtzeitig und nur im Gefahrenfall erfolgen darf. Ein fehlerhaftes Auslösen muß aus sicherheitstechnischen und ökonomischen Gründen vermieden werden. Während eines Crashs müssen die Energieverzehrelemente und ihre Verschiebungskonstruktion sicher arretiert sein, was den konstruktiven Aufbau kompliziert macht und den Materialeinsatz erheblich erhöht.

[0004] Aufgabe der Erfindung ist es, die beschriebenen Nachteile des Standes der Technik zu beseitigen und insbesondere eine Stoßenergie-Verzehrvorrichtung vorzuschlagen, die auch zukünftigen Anforderungen bezüglich der Crash-Sicherheit genügen.

[0005] Diese Aufgabe wird durch eine Stoßenergie-Verzehrvorrichtung gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
Zweckmäßige Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
Alle bisher bekannten Stoßenergie-Verzehrelemente bzw. Systeme machen keinen Unterschied zwischen Dimension und Funktion am Zugende und zwischen gekuppelten Zügen. Als Arbeitsweg für die bei einem Crash zu vernichtende Crash-Energie steht in der Regel nur der Weg zwischen Kupplungsfläche und/oder Pufferfläche und dem Beginn des inneren Führerraumes zur Verfügung. Eine Verlängerung des Kopfes vor der Führerkabine beeinträchtigt das Sichtfeld des Fahrers und verlängert den Zug, ohne die Transportleistung zu verbessern. Um einen größeren Arbeitsweg zu ermöglichen, ohne die Kraft erhöhen zu müssen, wird daher erfindungsgemäß der Energieverzehrvorgang räumlich verlagert. Ein längerer Arbeitsweg wird erfindungsgemäß nur an den Enden eines Zuges benötigt, nicht aber zwischen zwei gekuppelten, gleichen Zügen.

[0006] Gemäß der Erfindung befindet sich mindestens ein Puffer und/oder mindestens ein Verzehrelement am Fahrzeugende in einer vom Fahrzeug entfernteren Position, als ein Puffer und/oder ein Verzehrelement zwischen zwei benachbarten, gekuppelten Fahrzeugen.
In diesem Betriebszustand bleibt die Kupplung vorzugsweise zentriert. Der Schwenkbereich der Kupplung wird nicht benötigt. Werden zwei Züge gekuppelt, müssen vorher die um einen zusätzlichen Weg beispielsweise herausgefahrenen Puffer mit oder ohne integriertem Verzehrelement gesteuert eingefahren und verriegelt werden. Die für zwei gekuppelte Züge erforderliche kinematische Freiheit ist in dieser Position wieder gegeben.
Die Erfindung beschränkt sich nicht auf eine spezielle Ausführungsform der Verzehrelemente. Möglich sind sowohl reversible als auch irreversibel arbeitende, primäre und/oder sekundäre Verzehrelemente.
Die Vorteile der Erfindung bestehen darin, daß beispielsweise die Crash-Szenarios nach STI 1 und CEN 1, bei der es zu einer Kollision mit einer Geschwindigkeit von 36 km/h auf ein gleiches, stehendes Fahrzeug kommt, bei unverändertem Kraftniveau durch Verlängerung des Arbeitsweges über die Kupplungsfläche bzw. Pufferfläche hinaus erfüllt werden. Weiterhin vorteilhaft ist, daß an Triebzügen für den Personenverkehr die zukünftigen Crashanforderungen erfüllt werden, ohne den Kopf verlängern zu müssen. Ein Nachrüsten von Fahrzeugen ist ebenfalls möglich.

[0007] Die Erfindung wird anhand eines Ausführungsbeispiels nachfolgend näher erläutert.
An einem Fahrzeugkopf eines elektrisch angetriebenen Triebzuges sind eine Mittelkupplung und links und rechts von der Mittelkupplung zwei Puffer angeordnet. In einer ersten Position sind die Pufferlängen geringer als die Länge der Mittelkupplung, so daß diese geschwenkt werden kann. Dies ist für den Fall erforderlich, daß zwei Fahrzeuge gekuppelt und in gekuppeltem Zustand gefahren werden müssen.
Befindet sich dagegen der Fahrzeugkopf am Fahrzeugende, so kann auf die Kuppel- und auf die Schwenkfunktion der Mittelkupplung verzichtet werden. Die sich in einer Führung befindlichen Puffer werden in diesem Fall in eine vom Fahrzeug vom Fahrzeug entferntere Position herausgefahren und verriegelt werden kann. Alternativ dazu können die Puffer herkömmlicher Länge gegen Puffer mit größerer Länge ausgetauscht werden.
An den Puffern befinden sich zusätzlich Energieverzehrelemente, die zusammen mit den Puffern ausgefahren werden. Alternativ dazu können die Puffer oder die Verzehrelemente unabhängig voneinander und/oder einzeln ausgefahren werden. Beispielsweise im Rangierbetrieb, bei dem nur mit geringen Geschwindigkeiten gefahren wird, ist demzufolge auch eine geringere Crash-Energie zu vernichten als bei höheren Geschwindigkeiten. Eine Anpassung an die vernichtbare Crash-Energie kann daher z. B. dadurch erfolgen, daß nur ein Teil der ausfahrbaren Elemente, nämlich Puffer oder Verzehrelemente ausgefahren und verriegelt werden. In einer Abwandlung dazu könnten die Puffer und/oder Verzehrelemente in unterschiedlich entferntere Positionen ausgefahren und verriegelt werden.
Die ausfahrbaren Puffer mit den Verzehrelementen befinden sich dabei im Fahrbetrieb ständig in der vom Fahrzeug entfernteren Position.
Dies hat den Vorteil, daß die Energieverzehrvorrichtung einen Crash im Voraus nicht erkennen muß. Eine Fehlauslösung ist damit ausgeschlossen. Durch den mechanisch einfachen Aufbau ist eine ökonomisch günstige und für bereits vorhandene Fahrzeuge nachrüstbare Lösung möglich. Des weiteren ist die erfindungsgemäße Lösung durch den einfachen Aufbau wartungsarm und fehlerunanfällig, insbesondere im Gegensatz zu Energieverzehrelementen, die im Gefahrenfall ausgefahren werden.


Ansprüche

1. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung für Fahrzeuge, insbesondere für Schienenfahrzeuge für den Personenverkehr mit mindestens einem Puffer an mindestens einem Ende des Fahrzeugs und mindestens einem Verzehrelement, dadurch gekennzeichnet, daß sich mindestens ein Puffer und/oder mindestens ein Verzehrelement am Fahrzeugende in einer vom Fahrzeug entfernteren Position befinden, als ein Puffer und/oder ein Verzehrelement zwischen zwei benachbarten, gekuppelten Fahrzeugen.
 
2. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein ausfahrbarer Puffer im Fahrbetrieb ständig in der vom Fahrzeug entfernteren Position arretiert ist.
 
3. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein ausfahrbares Verzehrelement im Fahrbetrieb ständig in der vom Fahrzeug entfernteren Position arretiert ist.
 
4. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein austauschbarer Puffer im Fahrbetrieb ständig in der vom Fahrzeug entfernteren Position arretiert ist.
 
5. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß ein mindestens austauschbares Verzehrelement im Fahrbetrieb ständig in der vom Fahrzeug entfernteren Position arretiert ist.
 
6. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein Verzehrelement an mindestens einem Puffer angeordnet ist.
 
7. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein Puffer und/oder mindestens ein Verzehrelement am Fahrzeugende in Fahrtrichtung vorn im Fahrbetrieb herausgefahren und verriegelt sind.
 
8. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein Puffer und/oder mindestens ein Verzehrelement am Fahrzeugende in Fahrtrichtung hinten im Fahrbetrieb herausgefahren und verriegelt sind.
 
9. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Puffer und/oder das Verzehrelement mindestens um die Länge der Puffer in nicht ausgefahrenem Zustand herausgefahren und verriegelt sind.
 
10. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß der Puffer und/oder das Verzehrelement mindestens um die doppelte Länge der Puffer in nicht ausgefahrenem Zustand herausgefahren und verriegelt sind.
 
11. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß der Puffer und/oder das Verzehrelement mindestens soweit herausgefahren und verriegelt sind, daß sich eine Kupplung, insbesondere eine Mittelkupplung nicht mehr frei bewegen kann.
 
12. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß sich mindestens ein Puffer und mindestens ein Verzehrelement unabhängig voneinander am Fahrzeugende in einer vom Fahrzeug entfernteren Position befinden, als ein Puffer und/oder Verzehrelement zwischen zwei benachbarten, gekuppelten Fahrzeugen.
 
13. Stoßenergie-Verzehrvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß sich mindestens ein Puffer und/oder mindestens ein Verzehrelement am Fahrzeugende in einer vom Fahrzeug entfernteren Position befinden, als ein Puffer und/oder ein Verzehrelement zwischen zwei benachbarten, gekuppelten Fahrzeugen, wobei die Entfernung zwischen normaler und entfernterer Position einstellbar ist.