TECHNISCHES GEBIET
[0001] Die Erfindung betrifft das Gebiet der Sitzmöbel, insbesondere eine Rückenlehne für
einen Büro-Stuhl, bei welchem die Lehne kardanisch und über Federelemente gestützt
am Lehnenträger gelagert ist.
STAND DER TECHNIK
[0002] Es ist bekannt, bei Bürostühlen die Lehne an den Lehnenträger derart anzubinden,
dass sie möglichst allen Bewegungen des Rückens des Benutzers zu folgen vermag. Technisch
heißt das, dass die Lehne kardanisch gelagert, also um die drei Raumachsen beweglich
ist. Damit kann sie sagittalen Bewegungen des Rückens , also Bewegungen um eine Horizontalachse
parallel zum Körper, aber auch Torsionsbewegungen und Transveralbewegungen, also Bewegungen
um die Vertikalachse bzw. um eine Horizontalachse senkrecht zum Körper, folgen. Derartige
kombinierte Oberkörperbewegungen in drei Richtungen kommen in der Praxis sehr häufig
vor, zum Beispiel beim Griff seitlich unten in die Schublade eines Schreibtisches,
oder beim Hinwenden zu einem Gesprächspartner. Kardanische Lager für Lehnen bei Stühlen
werden auch als "dorsokinetisch flexible Gelenke" bezeichnet.
[0003] Ein Stuhl der geschilderten Art ist z.B. aus der EP-A 0308538 bekannt. Bei diesem
bekannten Stuhl wird die kardanische Lagerung dadurch erreicht, dass die Lehne eine
kugelsegmentförmige Ausformung aufweist, die in einer zweiten kugelsegmentförmigen
Ausformung am Lehnenträger gelagert ist. Der Mittelpunkt, um den sich die Lehne bewegen
kann, liegt an der Polsteroberfläche. Seitlich und oberhalb und unterhalb des Kardangelenkes
sind Federelemente zwischen Lehne und Lehnenträger vorgesehen, z.B. elastische Polyester-Elemente,
die Federkräfte sowohl senkrecht als auch parallel zur Lehnenfläche ausüben.
[0004] Dieser bekannte Stuhl bietet zwar einen hervorragenden Sitzkomfort, bedingt aber
einen gewissen Aufwand bei seiner Herstellung.
[0005] Ein anderer Stuhl mit kardanisch gelagerter Lehne ist bekannt aus EP-A 0935934. Die
kardanische Lagerung wird dort mittels eines kreiszylindrischen gummielastischen Elementes
erreicht, an dessen zwei Stirnseiten jeweils eine Stahlplatte anvulkanisiert ist,
die mit der Lehne bzw. dem Lehnenträger durch Schrauben verbunden ist. Der Benutzer
kann damit die Lehne gegen die Federkräfte des gummielastischen Elementes bewegen.
Zusätzlich kann noch der Lehnenträger gegen eine Rückholfeder nach hinten gedrückt
werden. An seiner Benutzeroberfläche ist das Polster prinzipiell steif ausgeführt
und im Bereich des Gummilagers geknickt.
[0006] Dieser bekannte Stuhl weist zwar den Vorteil auf, dass das Kardanlager weniger Einzelteile
umfasst, und damit kostengünstiger herstellbar ist. Durch die konventionelle Gestaltung
der Benutzeroberfläche des Lehnenpolsters wird aber keine optimale Stützung des Rückens
des Benutzers erzielt. Ferner ist auch die Anlenkung des Lehnenträgers an der Stuhlsäule
und die Anbindung an eine Rückholfeder sehr aufwendig und damit kostenungünstig. Schließlich
ist es auch nachteilig, dass das gummielastische Lager keinen Abreißschutz bietet:
wenn sich die an das gummielastische Element anvulkanisierten Platten lösen sollten,
fällt die Lehne vom Lehnenträger ab.
DARSTELLUNG DER ERFINDUNG
[0007] Es ist daher die Aufgabe der Erfindung, eine kardanisch gelagerte und über Federelemente
gestützte Rückenlehne derart auszubilden, dass sie einerseits dem Rücken des Benutzers
bei allen möglichen Bewegungen, sei es sagittal, transversal oder tordierend, optimale
Stützung bietet, andererseits aber dennoch kostengünstig herstellbar ist. Ferner soll
auch eine hohe Stabilität der Konstruktion im robusten Alltagsbetrieb gewährleistet
sein. Schließlich soll die erfindungsgemäße Rückenlehne auch ästhetisch, unter den
Kriterien des industriellen Designs, eine optimale Lösung darstellen.
[0008] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 und der Unteransprüche gelöst.
[0009] Der Kern der Erfindung ist die Idee, die Lehne aus einem Rahmen und einer darin aufgespannten
Membran aufzubauen, und den Rahmen derart zu gestalten, dass er einerseits die Membran
optimale Stützungskräfte für den Rücken des Benutzers entfalten lässt, andererseits
aber in eleganter Weise und technisch kostengünstig und stabil die kardanische Verbindung
zwischen Lehne und Lehnenträger ermöglicht.
[0010] Dadurch ist es möglich, die Rückenlehne samt Träger und dorsokinetisch flexiblem
Gelenk als Sichtteil, also ohne besondere Verkleidung, auszubilden, was nicht nur
die Zahl der Einzelteile und damit den Herstellaufwand reduziert, sondern auch gestalterisch
prägt und einen hohen Wiedererkennungswert realisiert.
[0011] Auch die Zahl der konstruktiven Elemente des dorsokinetisch flexiblen Gelenkes ist
auf ein Minimum reduziert, und drückt damit den Herstellaufwand. Dennoch verfügt die
erfindungsgemäße Rückenlehne aber über einen Abreißschutz: selbst bei einem Ablösen
der anvulkanisierten Stahlplatten fällt die Lehne nicht herab, sondern bleibt am Träger
befestigt.
KURZE BESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
[0012] Nachstehend wird die Erfindung anhand eines in Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiels
näher erläutert. Dabei zeigt:
- Fig. 1
- die Gesamtdarstellung eines Stuhles mit einer nach der Erfindung gestalteten Rückenlehne,
- Fig.2
- die Ansicht von hinten einer Rückenlehne nach der Erfindung,
- Fig.3
- einen Längsschnit durch eine dorsokinetisch flexibles Gelenk nach der Erfindung in
einer ersten Stellung des Drehreglers, und
- Fig. 4
- eine Darstellung wie in Fig. 3, jedoch in einer zweiten Darstellung des Drehreglers.
WEGE ZUR AUSFÜHRUNG DER ERFINDUNG
[0013] In Fig. 1 ist ein Bürostuhl in Seitenansicht dargestellt, der eine Rückenlehne mit
einem Seitenteil 1, einen Lehnenträger 2, ein dorsokinetisch flexibles Gelenk 3, ein
Untergestell mit Rollen 14, eine Säule 15, eine Neigemechanik 16, und einen Sitz 17
umfasst. Der Lehnenträger 2 ist mit der Neigemechanik 16 und dem Sitz 17 derart gelenkig
verbunden, dass sich beim Absenken des hinteren Teils des Sitzes 17 synchron eine
Neigung des Lehnenträgers 2 ergibt. Die Einzelheiten einer solchen Mechanik mit Synchronsteuerung
von Sitz und Lehne sind bekannt z.B. aus der DE-A 196 40 564. Das Seitenteil 1 der
Rückenlehne weist eine längs verlaufende Nut 4 auf. Im dorsokinetisch flexiblen Gelenk
3 ist der Drehregler 9 gezeigt.
[0014] In Fig. 2 ist zu sehen, wie die Seitenteile 1 der Rückenlehne mittels eines unteren
Querstegs 6 und eines oberen Querstegs 18 einen Rahmen bilden, in dem die Membran
5 aufgespannt ist. Der Rahmen besteht vorzugsweise aus Kunststoff. Die Membran 5 besteht
vorzugsweise aus einem elastischen Gewebe. Sie hat kederumfasste Seitenkanten, mittels
derer sie in die Nuten 4 an den beiden Seitenteilen 1 des Rahmens eingeclipst ist.
[0015] Der obere Quersteg 18 verbindet die beiden Seitenteile 1 des Rahmens an ihren oberen
Enden, der untere Quersteg 6 verbindet die beiden Seitenteile 1 in Höhe der Lendenwirbel
des Benutzers. Auf diese Weise kann dem Rückenlehnen-Rahmen bei minimalem Materialaufwand
eine hohe Stabilität erteilt werden, und kann insbesondere die Spannung der Membran
5 im Bereich des unteren Querstegs 6, und damit im kritischen Lendenwirbel-Bereich
des Benutzers, am größten gemacht werden. Desgleichen ist das dorsokinetisch flexible
Gelenk 3 im Lendenwirbelbereich angeordnet. Durch diese Gesamtkombination der für
die Stützung des Rückens wesentlichen Elemente ergibt sich ein optimaler Sitzeffekt.
Außerdem wirkt diese Gesamtkombination trotz ihrer Stabilität und Robustheit leicht
und transparent.
[0016] Zur Abrundung des hohen Sitzkomforts sind am oberen Quesrsteg 18 des Rahmens Gelenkpfannen
7 vorgesehen, in welchen neigungsverstellbar eine Nackenstütze 8 gelagert ist.
[0017] In Fig. 3 und Fig. 4 ist das dorsokinetisch flexible Gelenk 3 in seinen Einzelheiten
dargestellt.
[0018] Die Konstruktion weist einen kreiszylindrischen Gummipuffer 10 auf, der aus einem
gummielastischen Werkstoff besteht, und an dessen Außenseiten Stahlplatten 11, 12
anvulkanisiert sind. Zentrisch weist der Gummipuffer 10 eine Ausnehmung auf, in der
ein konifizierter Stahlring 13 angeordnet ist. Dieser bildet mit den Stahlplatten
11, 12 Hinterschneidungen. Der Stahlring 13 wird mittels der Schraube 20 mit dem unteren
Quersteg 6 verschraubt und hält über den Hinterschnitt die Stahlplatte 11 am Rückenlehnenrahmen
fest. Die Stahlplatte 12 ist mit dem Lehnenträger 2 verschraubt. Dadurch verfügt das
dorsokinetische Gelenk 3 über einen Abreißschutz: Löst sich die Vulkanisierung zwischen
Gummipuffer 10 und Stahlplatten 11, 12, so fällt die Lehne dennoch nicht ab, sondern
bleibt mit dem Träger 2 wirkverbunden und funktionstüchtig.
[0019] Schließlich ist in Fig. 3 und Fig. 4 noch der Drehregler 9 zu sehen: Dieser besteht
aus Stahl und hat die Form eines zylindrischen Ringes, dessen Mantel abgeschrägt ist
derart, dass die Höhe des Mantels auf der einen Seite etwa gleich dem Abstand zwischen
Quersteg 6 und Lehnenträger 2 ist, und auf der gegenüberliegenden Seite kleiner als
dieser Abstand. Steht dieser Drehregler 9 nun in der in Fig. 3 dargestellten Stellung,
so blockiert er die Bewegungsmöglichkeit des oberen teils des Quersteges 6 und damit
der Rückenlehne. In der in Fig. 4 dargestellten Stellung, in der der Drehregler 9
gegenüber der Stellung in Fig. 3 um 180° verdreht ist, kann sich jedoch der obere
Teil der Rückenlehne frei bewegen.
[0020] Wie das besprochene Ausführungsbeispiel überzeugend zeigt, weist die Rückenlehne
nach der Erfindung die aufgabengemäßen Vorteile vollumfänglich auf: sie bewirkt hervorragenden
Sitzkomfort durch optimale Stützung des Rückens, ist mit gegenüber dem Stand der Technik
erheblich reduziertem Aufwand herzustellen, und bietet vom industriellen Design her
eine hohe Ästhetik und gestalterische Einprägbarkeit.
Bezeichnungsliste
[0021]
- 1
- Seitenteile des Rückenlehnen-Rahmens
- 2
- Lehnenträger
- 3
- dorsokinetisch flexibles Gelenk
- 4
- Nut
- 5
- Membran
- 6
- unterer Quersteg
- 7
- Gelenkpfannen
- 8
- Nackenstütze
- 9
- Drehregler
- 10
- Gummipuffer
- 11
- erste Stahlplatte
- 12
- zweite Stahlplatte
- 13
- konifizierter Stahlring
- 14
- Untergestell mit Rollen
- 15
- Säule
- 16
- Neigemechanik
- 17
- Sitz
- 18
- oberer Quersteg
- 19
- Schrauben am Lehnenträger
- 20
- Schraube am unteren Quersteg
1. Rückenlehne für einen Stuhl, bei welchem die Lehne kardanisch und über Federlemente
(10) gestützt am Lehnenträger (2) gelagert ist,
gekennzeichnet durch die folgenden Merkmale:
- die Lehne ist als Rahmen mit einer darin aufgespannten Membran (5) ausgebildet,
- der Rahmen besteht aus
- zwei seitlichen, im wesentlichen vertikal verlaufenden Seitenteilen (1), und
- zwei im wesentlichen horizontal verlaufenden, die Seitenteile (1) verbindenden Querstegen
(6,18),
- der obere Quersteg (18) verbindet die beiden Seitenteile (1) an ihren oberen Enden,
- der untere Quersteg (6) verbindet die beiden Seitenteile (1) in Höhe der Lendenwirbel
des Benutzers,
- die Membran (5) ist mindestens an den beiden Seitenteilen (1) befestigt, und
- die Lehne ist am Lehnenträger (2) über ein am unteren Quersteg (6) befestigtes dorsokinetisch
flexibles Gelenk (3) gelagert.
2. Rückenlehne nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Seitenteile (1) des Rahmens längs verlaufende Nuten (4) aufweisen, in welche
die Membran (5) mit ihren kederumfassten Seitenkanten eingeclipst ist.
3. Rückenlehne nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Spannung der Membran (5) im Bereich des unteren Querstegs (6) am größten ist.
4. Rückenlehne nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass an den oberen Enden der Seitenteile (1) des Rahmens Gelenkpfannen (7) vorgesehen
sind, in welchen neigungsverstellbar eine Nackenstütze (8) gelagert ist.
5. Rückenlehne nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das dorsokinetisch flexible Gelenk (3) einen Gummipuffer (10) mit anvulkanisierten
Stahlplatten (11,12) sowie einen konifizierten Stahlring (13) umfasst, wobei der konifizierte
Stahlring (13) in einer zentralen Ausnehmung des Gummipuffers (10) und der Stahlplatten
(11,12) sitzt derart, dass er mit den Stahlplatten (11,12) Hinterschneidungen bildet,
und sich durch Verschraubung (19,20) mit dem unteren Quersteg (6) und dem Lehnenträger
(2) eine vom Halt der Stahlplatten (11,12) am Gummipuffer (10) unabhängige Verbindung
zwischen Quersteg (6) und Lehnenträger (2) ergibt.
6. Rückenlehne nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Gummipuffer (10) und die Stahlplatten (11,12) von einem Drehregler (9) in Form
eines zylindrischen Ringes umschlossen sind, dessen Mantel abgeschrägt ist derart,
dass die Höhe des Mantels auf der einen Seite etwa gleich dem Abstand zwischen Quersteg
(6) und Lehnenträger (2) ist, und auf der gegenüberliegenden Seite kleiner als dieser
Abstand, vorzugsweise gleich der Hälfte dieses Abstandes ist.