(19)
(11) EP 1 199 409 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
24.04.2002  Patentblatt  2002/17

(21) Anmeldenummer: 01120529.1

(22) Anmeldetag:  29.08.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7E02D 29/05, E02D 5/20
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 20.10.2000 DE 10052272

(71) Anmelder: Bechert, Heinrich, Prof. Dr.-Ing.
70190 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Bechert, Heinrich, Prof. Dr.-Ing.
    70190 Stuttgart (DE)

(74) Vertreter: Patentanwalts-Partnerschaft Rotermund + Pfusch 
Waiblinger Strasse 11
70372 Stuttgart
70372 Stuttgart (DE)

   


(54) Tiefbauwerk, insbesondere Tunnel


(57) Bei einem in offener Bauweise erstellten Tiefbauwerk, insbesondere Tunnel, mit den Bauwerksinnenraum seitlich begrenzenden Spundwänden (1) aus Stahl sowie einer den Innenraum nach unten begrenzenden Sohle (2) und oben abschließenden Abdeckung (3), jeweils aus Beton, sind zwischen Sohle und Abdeckung feuerfeste Betonsäulen (5) als zu den Spundwänden redundante und/oder zusätzliche feuerfeste Abstützung der Abdeckung angeordnet, um eine hohe Brandbelastbarkeit zu gewährleisten.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein in das Erdreich eingebettetes, in offener Bauweise erstelltes Tiefbauwerk, insbesondere einen Tunnel, mit in das Erdreich eingetriebenen Spundwänden aus Stahl, einer zwischen den Spundwänden als untere Begrenzung eines Bauwerksinnenraumes angeordneten Sohle aus Beton oder ähnlich feuerfestem Material, sowie einer von den Spundwänden getragenen, den Bauwerksinnenraum nach oben abdeckenden, belastbaren bzw. mit Erdreich überdeckten Abdeckung.

[0002] Als Unterführungen an Straßen und Bahnhöfen vorgesehene Tunnel oder unterhalb von Straßenzügen verlaufende Tunnel von U- und S-Bahnen werden regelmäßig in offener Bauweise erstellt, wobei zunächst die späteren Längswände des jeweiligen Tunnels bildende Spundwände in das Erdreich eingetrieben werden, die während des Tunnelbaus als Absicherung der für den Tunnel vorgesehenen Baugrube gegenüber dem seitlichen Erdreich dienen. Zwischen den Spundwänden wird nach entsprechender Ausschachtung der Baugrube eine mit Bewehrungen versehene Betonsohle hergestellt, welche einerseits den Tunnelinnenraum nach unten abgrenzt und abdichtet und andererseits auch als Abstandshalter für die Spundwände dient. Nach oben wird der Tunnel durch eine von den Spundwänden getragene Abdeckung abgeschlossen, deren Tragfähigkeit regelmäßig für hohe statische und dynamische Lasten ausgelegt sein muß. Beispielsweise kann die Abdeckung eine Straße oder ein Eisenbahngleis sowie das gegebenenfalls zwischen Straße und Eisenbahngleis vorgesehene Erdreich tragen.

[0003] Trotz eines regelmäßig hohen Aufwandes zur Vermeidung von Brandfällen in Tunneln kann der Eintritt eines solchen Unfalles nicht ausgeschlossen werden. Deshalb muß die Tragfähigkeit eines Tunnels auch bei und nach einem Brand sicher gewährleistet sein.

[0004] In diesem Zusammenhang sind die regelmäßig aus Stahl bestehenden Spundwände kritisch, da die Belastbarkeit von Stahl und sonstigen Eisen-Baumaterialien unter großer Hitze deutlich abnimmt und nach einer. Glühphase deutlich vermindert bleibt.

[0005] Aus diesem Grunde werden die Spundwände bei Bauwerken der eingangs angegebenen Art bisher durch eine Schutzabdeckung aus einem unter Hitze aufschäumenden und damit als Wärmeisolator wirkenden Material geschützt. Die Anbringung entsprechender Überzüge ist jedoch sehr personalaufwändig und teuer und in neuerer Zeit infolge höherer Brandbelastungskurven in den Brandschutzvorschriften nicht mehr ausreichend.

[0006] Deshalb ist es Aufgabe der Erfindung, neue Möglichkeiten zur Gewährleistung der Feuersicherheit der eingangs genannten Tiefbauwerke aufzuzeigen.

[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß vor bzw. an den Spundwänden zwischen Sohle und Abdeckung feuerfeste Betonsäulen, insbesondere Stahlbetonsäulen, als zu den Spundwänden redundante und/oder zusätzliche feuerfeste Abstützung der Abdeckung angeordnet sind.

[0008] Die Erfindung beruht auf dem allgemeinen Gedanken, die hohe Brandbelastbarkeit und Druckfestigkeit von Betonteilen auszunutzen, indem Betonsäulen für die vertikale Abstützung der Abdeckung bei verminderter oder gar verschwindender Tragkraft der Spundwände vorgesehen und die hochbelastbare, feuerfeste Sohle des Bauwerkes als Fundament der Betonsäulen eingesetzt werden.

[0009] Dabei nutzt die Erfindung mit Vorteil die Tatsache, daß die Spundwände zur Erhöhung ihrer Biegesteifigkeit Wellenform mit alternierend aufeinanderfolgenden, jeweils in Vertikalrichtung erstreckten Spundwandbergen und -tälern aufweisen und die Betonsäulen ohne Beschränkung des Freiraum-Profiles des Tunnels bzw. Tiefbauwerkes innerhalb der vertikalen Täler auf der Innen- bzw. Luftseite der Spundwände untergebracht werden können.

[0010] Hierbei können die Betonsäulen gleichzeitig dazu dienen, sogenannte Spundwandschlösser, d.h. etwa mittig der Flanken der Spundwandtäler angeordnete formschlüssige Verbindungen zwischen umgeschlagenen Rändern rinnenförmiger SpundwandSegmente, aus denen die Spundwände zusammengesetzt sind, abzudichten.

[0011] Die erfindungsgemäß vorgesehenen zusätzlichen Säulen zwischen Abdeckung und Sohle können also neben ihrer Tragfunktion auch die Funktion von Abdichtungen für die Spundwandschlösser übernehmen und dementsprechend herkömmliche Abdichtmaßnahmen erübrigen.

[0012] Im übrigen wird hinsichtlich bevorzugter Merkmale der Erfindung auf die Ansprüche sowie die nachfolgende Erläuterung der Zeichnung verwiesen, anhand der eine besonders bevorzugte Ausführungsform der Erfindung näher beschrieben wird.

[0013] Dabei zeigt
Fig. 1
einen schematisierten Querschnitt eines in offener Bauweise erstellten Tunnels,
Fig. 2
einen Horizontalschnitt eines Spundwandabschnittes entsprechend der Schnittlinie II-II in Fig. 1 und
Fig. 3
ein Schnittbild der Übergangsbereiches zwischen einer Säule und der Sohle des Tunnels entsprechend den Ausschnitt III in Fig. 1.


[0014] Der in Fig. 1 schematisiert dargestellte Tunnel besteht im wesentlichen aus seitlichen Spundwänden 1 aus Stahl, einer den Tunnelinnenraum nach unten begrenzenden Sohle 2 aus Beton sowie einer den Tunnelinnenraum nach oben begrenzenden Abdeckung 3, ebenfalls aus Beton.

[0015] Die Spundwände 1 bestehen gemäß Fig. 2 aus rinnenförmigen Stahlsegmenten 1' mit unter Bildung hinterschnittener Profile umgeschlagenen Rändern 1''. Dabei greifen die Ränder 1'' aneinander angrenzender Stahlsegmente 1' der Spundwände 1 formschlüssig unter Bildung sogenannter Spundwandschlösser ineinander, derart, daß in Längsrichtung einer Spundwand 1 aufeinanderfolgende Segmente 1' alternierend in Vertikalrichtung erstreckte Spundwandtäler bzw. -berge bilden, wobei jeweils ein der Innen- bzw. Luftseite einer Spundwand 1 zugewandtes Spundwandtal auf der Außen- bzw. Erdseite der jeweiligen Spundwand 1 einen Spundwandberg darstellt.

[0016] Beim Bau eines Tunnels werden zunächst die Spundwandsegmente 1' unter Bildung der Spundwände 1 in das Erdreich eingetrieben. Sodann wird Erdreich zwischen den Spundwänden ausgegraben, wobei die Spundwände 1 die auf diese Weise erstellte Baugrube seitlich gegen das angrenzende Erdreich sichern. Soweit erforderlich, können die Spundwände 1 durch in das angrenzende Erdreich eingesetzte Anker 4 gegen den Druck des Erdreiches gesichert werden. Nach hinreichender Ausschachtung der Baugrube zwischen den Spundwänden 1, welche sich regelmäßig bis in eine Tiefe erstrecken, die die Tiefe der Baugrube deutlich übersteigt, wird die Betonsohle 2, in der Regel mit Ortsbeton, hergestellt. Mittels Dübel od.dgl., die entsprechenden Öffnungen der Spundwände durchsetzen und in die Sohle 2 eingebettet sind, kann eine hochbelastbare Verbindung zwischen der Sohle 2 und den Spundwänden 1 gewährleistet werden.

[0017] Nachfolgend wird die Abdeckung 3, die in der Regel aus vorgefertigten Betonteilen besteht, auf die Oberränder der Spundwände 1 aufgelegt. Die Last der Abdeckung 3 sowie die Lasten einer gegebenenfalls über der Abdeckung 3 vorgesehenen Überdeckung bzw. dort vorgesehener überdeckender Bauwerke, z.B. Gleisanlagen von Bahnhöfen, wird also von den Spundwänden 1 aufgenommen und unmittelbar oder über die mit den Spundwänden 1 verbundene Sohle 2 auf den Untergrund abgetragen.

[0018] Die Besonderheit der Erfindung liegt nun darin, daß in luftraumseitigen Tälern der Spundwände 1 Betonsäulen 5 angeordnet sind. Zur Herstellung der Betonsäulen 5 werden zunächst in den für die Betonsäulen 5 vorgesehenen luftseitigen Täler der Spundwände 1 Bewehrungen 6 aus Stahlstäben od.dgl. angeordnet, die miteinander durch Bewehrungsdrähte gitterartig verbunden sein können und aus der Sohle 2 herausragende Bewehrungsstäbe 7 überlappen, wobei wiederum durch Bewehrungsdrähte od.dgl. eine Verbindung zwischen den sohlenseitigen Bewehrungsteilen 7 und den säulenseitigen Bewehrungsstäben 6 erzeugt werden kann.

[0019] Gegebenenfalls können auch aus den die Abdeckung 3 bildenden Betonplatten Bewehrungsteile herausstehen, die ebenfalls mit der säulenseitigen Bewehrung 6 verbunden werden können.

[0020] Sodann wird auf der Luftseite der Spundwand vor den für die Betonsäulen 5 vorgesehenen Spundwandtälern eine Verschalung angeordnet, die zusammen mit den vorgenannten Spundwandtälern säulenförmige Hohlräume umschließt, die nachfolgend, durch entsprechende vorgefertigte Öffnungen in der Abdeckung 3 mit Ortsbeton ausgegossen werden.

[0021] Nach dem Abbinden des Betons kann die vorgenannte Verschalung wieder entfernt werden.


Ansprüche

1. In offener Bauweise erstelltes Tiefbauwerk, insbesondere Tunnel, mit in das Erdreich eingetriebenen Spundwänden (1) aus Stahl, einer zwischen den Spundwänden (1) als untere Begrenzung eines Bauwerksinnenraumes angeordneten Sohle (2) aus Beton oder ähnlich feuerfestem Material, sowie einer von den Spundwänden getragenen, den Bauwerksinnenraum nach oben abdeckenden, belastbaren bzw. mit Erdreich überdeckten Abdeckung (3),
dadurch gekennzeichnet,
daß vor bzw. an den Spundwänden (1) zwischen Sohle (2) und Abdeckung (3) feuerfeste Betonsäulen (5), insbesondere Stahlbetonsäulen, als zu den Spundwänden (1) redundante und/oder zusätzliche feuerfeste Abstützung der Abdeckung (3) angeordnet sind.
 
2. Tiefbauwerk nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Spundwände (1) Wellenform mit alternierend aufeinanderfolgenden, jeweils in Vertikalrichtung erstreckten Spundwandbergen und -tälern aufweisen und die Betonsäulen (5) innerhalb der vertikalen Täler auf der Innen- bzw. Luftseite der Spundwände (1) angeordnet sind.
 
3. Tiefbauwerk nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die zumindest teilweise aus Ortsbeton hergestellten Betonsäulen (5) zwischen Segmenten (1') der Spundwände (1) ausgebildete Spundwandschlösser abdichten.
 
4. Tiefbauwerk nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Betonsäulen (5) mit eingebetteten Bewehrungen versehen sind, wobei aus der Sohle (2) herausstehende sohlenseitige Bewehrungen (7) und/oder aus der Abdeckung (3) heraussstehende abdeckungsseitige Bewehrungen und den Betonsäulen (5) zugeordnete säulenseitige Bewehrungen (6) einander überlappen.
 
5. Tiefbauwerk nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Abdeckung (3) im Bereich der Betonsäulen (5) vorgefertigte Öffnungen zur Einbringung von Ortsbeton zur Herstellung der Säulen (5) aufweisen.
 




Zeichnung













Recherchenbericht