[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Richten von Schienen.
[0002] Schienen, die durch Warmwalzen oder ein anderes Warmformverfahren erzeugt werden,
werden in der Regel ausgehend von ihrer Temperatur am Ende der Warmverformung auf
einem Kühlbett auf Umgebungstemperatur abgekühlt. Wegen der unterschiedlichen Verhältnisse
von Masse zu Oberfläche am Schienenkopf und am Schienenfuß entstehen dabei langwellige
Verbiegungen. Darüber hinaus können durch den Verformungsprozeß selbst und die anschließenden
Transportvorgänge kurzwellig verlaufende Geradheitsabweichungen verursacht werden.
Zu ähnlichen Formfehlern kommt es bei Schienen, die aus der Verformungshitze beschleunigt
abgekühlt werden oder einer ergänzenden Wärmebehandlung unterzogen werden.
[0003] Die mit derartigen Abweichungen von der Geradheit behafteten Schienen sind als solche
für den Gleisbau nicht zu gebrauchen und müssen deshalb nach dem Abkühlen gerichtet
werden. Das Richten erfolgt üblicherweise auf einer Richtmaschine, die mit einer ungeraden
Zahl, insbesondere sieben oder neun, Richtrollen ausgestattet ist. Die jeweils ungradzahligen
(1.,3.,5.,...) Richtrollen sind dabei im allgemeinen dem Schienenfuß zugeordnet, während
die geradzahligen (2.,4.,6.,...) Richtrollen auf den Schienenkopf wirken.
[0004] Durch das Rollenrichten entstehen an und unter der Fahrfläche des Schienenkopfs und
im mittleren Bereich der Unterseite des Schienenfußes hohe Zugeigenspannungen. Es
ist festgestellt worden, daß diese Zugeigenspannungen die Bruchsicherheit der Schienen
bei statischer und dynamischer Beanspruchung vermindern. Diesen Spannungen überlagern
sich im Betrieb noch die Kontaktspannungen, die durch die auf den Schienen abrollenden
Räder verursacht werden. Diese Kontaktspannungen lösen wiederum Biegezug- und -druckspannungen
aus. Weitere Spannungen entstehen aus dem Unterschied der jeweils aktuell gegebenen
Schienentemperatur zur Verspannungstemperatur.
[0005] Es sind verschiedene Versuche gemacht worden, die durch das Rollenrichten verursachten
Zugeigenspannungen zu mindern. So ist beispielsweise vorgeschlagen worden, ein Spannungsarmglühen,
ein Reckrichten (DE-A 32 23 346), ein seitliches Richten (DE-C 19 42 929), ein Richten
mit erhöhter Schienenstegtemperatur (DE-C 35 01 522), eine kurzzeitige Schienenstegerwärmung
(DE-C 197 20 061) oder ein Richten mit vergrößerten Kontaktflächen zwischen den Richtrollen
und der jeweils gerichteten Schiene durchzuführen (DE-C 41 37 459), um die Eigenspannungen
herabzusetzen. Großtechnisch durchgesetzt hat sich jedoch keiner dieser Vorschläge.
Dies ist zum einen durch die hohen Zusatzkosten und zum anderen durch das Fehlen geeigneter
technischer Einrichtungen begründet.
[0006] Darüber hinaus ist der DE-A 36 05 648 ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Richten
von Eisenbahnschienen zu entnehmen. Tenor ist hierbei, daß der Schiene während ihres
Durchlaufs durch die Maschine wechselnde Biegungen in den sogenannten Richtdreiecken
aufgeprägt werden, und zwar so, daß die Schiene beim Richten einer insgesamt gekrümmten
Durchlaufbahn mit dem Krümmungsmittelpunkt unterhalb des Schienenfußes erfolgt. Demzufolge
durchläuft die Schiene die Richtmaschine vom Ein- bis zum Auslauf in einem Bogen über
den Schienenfuß - überlagert von den wechselseitigen Biegungen in den einzelnen Richtdreiecken.
[0007] Die beim Rollenrichten an der Unterseite des Schienenfußes einzuhaltenden, maximal
zulässigen Längszugeigenspannungen sind in der EN 13 674-1 "Oberbau Schienen, symmetrische
Breitfußschienen ab 46 kg/m", Entwurf September 1999 auf höchstens 250 N/mm
2 begrenzt worden. Für den Schienenkopf ist von entsprechenden Werten auszugehen. Gleichzeitig
begrenzt die EN 13 674-1 die maximale vertikale Ebenheitsabweichung auf einer Bezugslänge
von drei Metern auf höchstens 0,3 mm.
[0008] Der heutige Hochgeschwindigkeitsverkehr stellt besonders hohe Anforderungen an die
Geradheit von Schienen und deren Bruchsicherheit. Durch einen optimal geradlinigen
Zustand der Schienen wird bei geringen vertikalen und horizontalen Schwingungsanregungen
ein ruhiger Fahrzeuglauf gewährleistet. Optimale gerade verlaufende Schienen sind
daher Voraussetzung für einen besonders hohen Fahrkomfort und eine geringe dynamische
Belastung der Schienenfahrzeuge und des Gleisoberbaus.
[0009] Die hohen an den geraden Oberflächenverlauf von Schienen gestellten Anforderungen
machen erhebliche Biegeverformungen während des Rollenrichtens erforderlich. Anders
läßt sich die geforderte Maßhaltigkeit nicht erreichen. Ein derart "scharf" durchgeführtes
Rollenrichten ruft jedoch erhebliche Zugeigenspannungen hervor.
[0010] Auch Versuche, die Entstehung von Zugeigenspannungen und die Vorgänge beim Rollenrichten
allgemein durch FEM-Berechnungen und Simulationsbetrachtungen nachzuvollziehen, haben
keine Resultate erbracht, die in der Praxis zu einer unmittelbar verwertbaren Verbesserung
geführt hätten.
[0011] Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ausgehend von dem voranstehend erläuterten
Stand der Technik ein Verfahren zum Rollenrichten zu schaffen, welches ohne zusätzliche
Einrichtungen und Mittel das Richten von Schienen ohne die Gefahr des Entstehens hoher
Zugeigenspannungen ermöglicht. Darüber hinaus soll eine Richtmaschine mit einfachen
Mitteln dergestalt weitergebildet werden, daß sie den erforderlichen technischen Anforderungen
genügt.
[0012] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zum Richten von Schienen gelöst,
- bei dem die Schienen eine Rollenrichtmaschine durchlaufen, welche eine Gruppe den
Schienenfuß berührender Richtrollen und eine Gruppe den Schienenkopf berührender Richtrollen
aufweist, wobei mindestens die Richtrollen einer dieser Gruppen in Richtung der Schiene
anstellbar sind,
- bei dem die Anstellung der anstellbaren Richtrollen so gewählt wird, daß im Einlaufbereich
der Richtmaschine, gebildet durch die ersten drei Richtrollen beider Gruppen, an einer
Richtrolle ein, verglichen mit den an den nachfolgenden Richtrollen erzielten Verformungen,
maximaler Wert der Biegeverformung erreicht wird, und
- bei dem diejenigen Richtrollen, die im Anschluß an die Richtrolle von der Schiene
durchlaufen werden, so angestellt werden, daß diese maximale Biegeverformung an den
weiteren Richtrollen um jeweils einen vorgebbaren Betrag abgebaut wird.
[0013] Vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind den zugehörigen
verfahrensgemäßen Unteransprüchen zu entnehmen.
[0014] Darüber hinaus wird die Aufgabe auch gelöst durch eine Rollenrichtmaschine zum Richten
von Schienen, beinhaltend mehrere Gruppen von einerseits am Schienenfuß und andererseits
am Schienenkopf anliegenden Richtrollen, von denen vorgebbare Richtrollen einzelner
der Gruppe in Richtung der Schiene anstellbar sind, dergestalt, daß im Einlaufbereich
der Richtmaschine, gebildet durch die ersten drei Richtrollen der Gruppen, mindestens
eine Richtrolle gegenüber den verbleibenden Richtrollen der anderen Gruppe mit größerem
Zustellungsgrad so anstellbar ist, daß an der letzten Richtrolle des Einlaufbereiches
ein maximaler Wert der Biegeverformung erreichbar ist.
[0015] Vorteilhafte Weiterbildungen der erfindungsgemäßen Rollenrichtmaschine sind den zugehörigen
Unteransprüchen zu entnehmen.
[0016] Vorzugsweise werden dabei diejenigen Rollen, die im Anschluß an die Richtrolle durchlaufen
werden, an welcher der maximale Wert der Biegeverformung erreicht wird, von der Schiene
durchlaufen werden, so angestellt, daß die Amplitude der Biegeverformung an jeder
dieser Rollen degressiv mit möglichst hoher Degression abgebaut wird. Dadurch kann
die Entstehung von Zugeigenspannungen besonders wirkungsvoll vermieden werden. Günstig
ist es in diesem Zusammenhang darüber hinaus, wenn die Rollen, die nach den im Anschluß
an die Rolle mit der höchsten Biegeverformung positionierten Rollen durchlaufen werden,
so angestellt werden, daß die Schienen im Übergangsbereich der elastisch-plastischen
Wechselbiegung in den geraden Zustand überführt werden.
[0017] Eine gezielte Verteilung der ohnehin auf einem niedrigen Niveau vorliegenden Eigenspannungen
über den Querschnitt der gerichteten Schiene läßt sich dadurch erreichen, daß ausgehend
von einer Anfangseinstellung die Anstellung der im Auslaufbereich positionierten Rollen
der Richtmaschine über das Verhältnis der Biegekrümmungen an den betreffenden Rollen
von etwa 0,7 bis 1,3 variiert wird.
[0018] An einer üblichen Richtmaschine wird gemäß der Erfindung im Zuge des Richtvorgangs
mittels Anstellung einer Richtrolle eine maximale Biegeverformung an einer Rolle verursacht,
die mit dem Schienenfuß in Berührung ist. Diese Verformung reicht aus, um den gewünschten
Richteffekt zu erreichen. Die durch diese maximale Biegeverformung hervorgerufene
stetige Krümmung der Schiene wird an den anschließend passierten Richtrollen durch
Wechselbiegung der Schiene mit stufenweise abnehmender Amplitude abgebaut.
[0019] Überraschend hat sich gezeigt, daß auf diese Weise Schienen gerichtet werden können,
die eine optimale Geradheit bei geringen Zugeigenspannungen aufweisen. Aufwendiger
Nachbehandlungen der erfindungsgemäß gerichteten Schiene bedarf es dazu nicht.
[0020] Besonders gute Ergebnisse des Richtens bei gleichzeitig minimierten Zugeigenspannungen
können erreicht werden, wenn die Biegerichtrolle, an welcher die maximale Biegeverformung
erreicht wird, dem Schienenfuß zugeordnet ist. Dabei ist es ebenso günstig, wenn die
Abstufung der einzelnen Verfomungsschritte beim Abbau der maximalen Biegeverformung
so ausgelegt ist, daß die Biegerichtrolle, an der die letzte Verformung der Schiene
beim stufenweisen Abbau der maximalen Biegeverformung erreicht wird, ebenfalls dem
Schienenfuß zugeordnet ist. Es hat sich gezeigt, daß insbesondere bei einer derartigen
Verteilung der stufenweisen "Rückverfomung" der Schiene sich ein Minimum an Zugeigenspannungen
bei gleichzeitig optimierter Geradheit erreichen läßt.
[0021] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich in hervorragender Weise auf herkömmlich
aufgebauten Richtmaschinen durchführen, bei denen die Richtrollen der ersten Gruppe
in Förderrichtung der Schiene versetzt zu den Rollen der zweiten Gruppe angeordnet
sind. Der Abstand der Richtrollen in einer Ebene wird allgemein als Teilung bezeichnet.
In der Praxis ist es üblich, Schienenrichtmaschinen mit Teilungen von 1400 - 1800
mm auszulegen. Die Teilung der Rollen kann an einer Richtmaschine gleich, unterschiedlich
groß oder variabel einstellbar sein. Die Rollen können in der Maschine horizontal
übereinander oder vertikal nebeneinander angeordnet sein.
[0022] Herkömmliche Richtmaschinen sind dabei mit anstellbaren Kopfrollen oder mit anstellbaren
Fußrollen ausgerüstet. Die für den Richtprozeß nötigen alternativ wechselnden Biegungen
werden in den sogenannten Richtdreiecken erzielt. Bei bekannten Richtmaschinen der
in Rede stehenden Art bilden jeweils zwei Richtrollen der einen Gruppe mit einer Richtrolle
der jeweils anderen Gruppe ein solches Richtdreieck. Im Hinblick auf die Erfindung
ist es in diesem Zusammenhang günstig, wenn die Richtrolle, an der die höchste Biegeverformung
erreicht wird, die zuletzt passierte Richtrolle eines Richtdreiecks ist. Günstig ist
es darüber hinaus, wenn das betreffende Richtdreieck, dem die Richtrolle zugeordnet
ist, an der die höchste Biegeverformung erreicht wird, im Einlaufbereich der von der
Schiene durchlaufenen Richtstrecke angeordnet ist. Auf diese Weise kann der stufenweise
Abbau der höchsten Biegeverformung auch auf Maschinen mit einer geringen Rollenzahl
sicher erfolgen. So läßt sich das erfindungsgemäße Verfahren beispielsweise auf Richtmaschinen
durchführen, die in bekannter Weise mit sieben oder mehr Richtrollen ausgestattet
sind. Dabei ist es im Hinblick auf die angestrebte Minimierung der Zugeigenspannungen
günstig, wenn die jeweils ungradzahligen Richtrollen dem Schienenfuß zugeordnet sind.
[0023] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung
näher erläutert. Es zeigen schematisch:
- Fig. 1
- einen Ausschnitt einer liegenden Richtmaschine in einer Draufsicht;
- Fig. 2
- einen Ausschnitt einer stehenden Richtmaschine in seitlicher Ansicht.
- Fig. 3
- Vergleichende Gegenüberstellung der plastischen Biegearbeit gemäß Stand der Technik
mit dem Erfindungsgegenstand.
[0024] Die in Fig. 1 dargestellte, in herkömmlicher Weise aufgebaute Richtmaschine R ist
mit mindestens sieben Richtrollen 1 - 7 ausgestattet.
[0025] In der Richtmaschine R werden Schienen S gerichtet, die zuvor durch Warmwalzen erzeugt
und auf einem nicht dargestellten Kühlbett von der Walzendtemperatur auf Raumtemperatur
abgekühlt worden sind.
[0026] Die jeweils ungeradzahligen Richtrollen 1,3,5 und 7 der Richtmaschine R sind dem
Schienenfuß F der Schiene S zugeordnet, während die geradzahligen in Richtung der
Schiene (S) zustellbaren Richtrollen 2,4,6 auf den Schienenkopf K wirken. Die dem
Schienenkopf K zugeordneten Richtrollen 2,4,6 sind dabei in Förderrichtung P der Schiene
S derart versetzt gegenüber den dem Schienenfuß F zugeordneten Richtrollen 1,3,5,7
angeordnet, daß jeweils eine der Richtrollen 2,4,6 in Bezug auf die Horizontale jeweils
mittig zwischen einem Paar der Richtrollen 1,3,5 und 7 angeordnet ist. Auf diese Weise
bilden die Richtrollen 1,2 und 3 die Eckpunkte eines ersten Richtdreiecks RD1. Durch
die ersten drei Richtrollen 1 - 3 wird der Einlaufbereich der Schiene S definiert.
Ein zweites Richtdreieck RD2 wird in umgekehrter Anordnung durch die Richtrollen 2,3
und 4 gebildet, ein drittes Richtdreieck RD3 durch die Richtrollen 3,4,5 etc. Die
Richtdreiecke RD1 bis RD3 sind in Fig. 1 durch gestrichelte Linien angedeutet. Zwischen
den jeweils einem Richtdreieck RD1,RD2,RD3,... zugeordneten Richtrollen 1 - 7 wird
die Schiene S in alternierender Richtung biegeverformt.
[0027] Die dem Schienenkopf K zugeordnete Richtrolle 2 ist dergestalt in Richtung auf den
Schienenfuß F angestellt, daß die Schiene S im Einlaufbereich (1 - 3) beim Passieren
der Richtrolle 3 eine maximale Biegeverformung erfährt. Beginnend mit der anschließend
passierten Richtrolle 4 wird die dadurch hervorgerufene stetige Krümmung der Schiene
S stufenweise verringert, dergestalt, daß die Anstellung der weiteren Richtrollen
4 und 6 geringer ausfällt, als diejenige der Richtrolle 2 im Einlaufbereich der Richtmaschine
R. Die Abstufung ist dabei so gewählt, daß die letzte noch als plastisch zu bezeichnende
Biegeverformung an der dem Schienenfuß F zugeordneten Richtrolle 5 erfolgt.
[0028] Die bei der Durchführung des Richtvorgangs erforderlichen Biegekrümmungen sind in
der nachfolgenden Tabelle 1 für zwei Beispiele angegeben. Beispiel 1A bezieht sich
dabei auf Schienen mit normalen bzw. geringen Krümmungsdifferenzen nach der Abkühlung,
während Beispiel 1B für Schienen mit größeren Krümmungsdifferenzen gilt:
Tabelle 1
Richtrolle |
Zuordnung |
Aufgeprägte bezogene Biegekrümmung k
 der Schiene |
|
|
Beispiel 1A |
Beispiel 1B |
1 |
Schienenfuß |
0 |
0 |
2 |
Schienenkopf |
3,6 |
4,0 |
3 |
Schienenfuß |
-3,7 |
-4,3 |
4 |
Schienenkopf |
3,1 |
3,9 |
5 |
Schienenfuß |
-1,9 |
-2,6 |
6 |
Schienenkopf |
0,7 |
1,1 |
7 |
Schienenfuß |
0 |
0 |
[0029] Erkennbar ist, daß die maximale Biegekrümmung in beiden Beispielen im Bereich der
Richtrolle 3 vorgesehen ist. Als positiv ist in diesem Zusammenhang eine Krümmung
definiert, wenn die Biegung an einer Richtrolle über den Schienenkopf K erfolgt, d.h.
an den Rollen 2, 4 und 6. Als negativ sind die Krümmungen definiert, wenn die Biegung
über den Schienenfuß F erfolgt, d.h. an den Richtrollen 3 und 5.
[0030] In praktischen Versuchen an Schienen des Profils UIC60 in Güte UIC900A hat sich gezeigt,
daß auf einer gemäß Fig. 1 ausgebildeten Richtmaschine bei erfindungsgemäßer Vorgehensweise
nach dem Richten die Längszugspannungen im Schienenkopf K gegenüber den sich bei üblicher
Vorgehensweise einstellenden Längszugspannungen um mehr als die Hälfte reduziert sind.
[0031] Die in Fig. 2 gezeigte Richtmaschine ist mit neun Richtrollen 11 - 19 ausgestattet,
von denen im Unterschied zum Beispiel gemäß Fig. 1 nicht die dem Schienenkopf K zugeordneten
geradzahligen Richtrollen 12,14,16,18, sondern die dem Schienenfuß F zugeordneten
ungradzahligen Richtrollen 11,13,15,17,19 in Richtung der Schiene S zustellbar montiert
sind. Die größere Zahl von Richtrollen 11 - 19 hat den Vorteil, daß die mittels geeigneter
Anstellung der Richtrollen 11, 13 und 15 maximal eingestellte Krümmung der Schiene
S bis zur Richtrolle 15 sehr schnell auf einen niedrigen Krümmungswert zurückgeführt
werden kann, so daß an den Richtrollen 16, 17 und 18 nur noch mit einer geringen Krümmungsamplitude
gerichtet werden muß.
[0032] Tabelle 2 gibt beispielhaft die beim Richten einer Schiene S in der in Fig. 2 dargestellten
Richtmaschine an den einzelnen Richtrollen aufgeprägten bezogenen Biegekrümmungen
k

an. Ausgehend von einer solchen Einstellung der Richtmaschine ist es möglich, durch
gezielte Variation der Anstellung der im Richtbereich der Maschine angeordneten Richtrollen
15, 17 und 19 die Eigenspannungsverteilung in der gerichteten Schiene den praktischen
Anforderungen entsprechend einzustellen. Die mit dieser Zielsetzung veränderte Stufung
der an den Richtrollen 16 und 17 jeweils aufgeprägten Krümmungen ist in den zugeordneten
Zeilen der Tabelle 2 jeweils in Klammern gesetzt.
Tabelle 2
Richtrolle |
Zuordnung |
Aufgeprägte bezogene Biegekrümmung k
 der Schiene |
11 |
Schienenfuß |
0 |
12 |
Schienenkopf |
2,34 |
13 |
Schienenfuß |
-4,30 |
14 |
Schienenkopf |
3,65 |
15 |
Schienenfuß |
-1,68 |
16 |
Schienenkopf |
1,0 (1,2) |
17 |
Schienenfuß |
-1,2 (-1,1) |
18 |
Schienenkopf |
0,7 |
19 |
Schienenfuß |
0 |
[0033] Genauso wie bei der Tabelle 1 ist in Tabelle 2 als positiv eine Krümmung definiert,
wenn die Biegung an einer Rolle über den Schienenkopf K erfolgt, d.h. an den Rollen
12, 14, 16 und 18. Als negativ sind die Krümmungen definiert, wenn die Biegung über
den Schienenfuß F erfolgt, d.h. an den Rollen 13, 15 und 17. Erkennbar ist, daß auch
in diesem Beispiel die im Einlaufbereich 11 - 13 vorgesehene Richtrolle 13 die höchste
Biegekrümmung aufweist.
[0034] Die "bezogenen Biegekrümmungen", welche in den Tabellen 1 und 2 genannt sind, entsprechen
den Biegekrümmungen k
v im Kontaktbereich der Richtrollen 1 - 7 bzw. 11 - 19, die auf die maximal mögliche
elastische Biegekrümmung k
s der Schiene S bezogen sind, wobei k
s = 2 * R
p0,2 / E * h. Mit R
p0,2 ist dabei die 0,2 % - Prüfgrenze bzw. die Streckgrenze des zu richtenden Schienenstahls,
mit E der Elastizitätsmodul und mit h die Höhe des Profils der jeweiligen Schiene
S bezeichnet. Somit ergibt sich k

= k
v / k
s.
[0035] Bei den in der voranstehend angegebenen Tabellen 1 und 2 eingetragenen Abstufungen
handelt es sich um Richtwerte, welche die Größenordnungen angeben, in denen die im
Anschluß an die höchste Biegeverformung durchlaufenen Stufen der "Rückverformung"
liegen. In der Praxis werden die maximale Biegeverformung und die Stufen der anschließenden
"Rückverformung" im wesentlichen proportional zur Streckgrenze und zum Verfestigungsverhalten
des Schienenwerkstoffs bemessen. Der Wert der höchsten Biegeverfomung muß umso größer
sein je größer die nach der Abkühlung der Schiene S vorhandenen Krümmungen und Welligkeiten
der Schiene S sind.
[0036] Wenn die Werte der maximalen Biegeverfomung und der letzten noch wirksamen plastischen/elastischen
Verformung bestimmt sind, können die notwendigen Anstellungen der zwischen der Richtrolle
3 bzw. 13, an der die höchste Biegeverformung erzeugt wird, und der Richtrolle 5 bzw.
16 oder 17, an der die letzte plastische Verformung der Schiene S erzielt wird, durch
eine Betrachtung der elastisch plastischen Biegung der Schiene S bestimmt werden.
Einflußgrößen sind dabei die technischen Daten der Richtmaschine R (Teilung; Durchmesser,
Anzahl, Art der Anstellung der Richtrollen; Verformung der Richtmaschine R als Folge
des Richtvorgangs).
[0037] Selbstverständlich kann das Richten der Schienen S auch auf Richtmaschinen durchgeführt
werden, die mit mehr als neun Rollen ausgestattet sind. Es zeigt sich, daß auf solchen
Maschinen eine weitere Absenkung der Zugeigenspannungen erreicht werden kann.
[0038] Praktische Versuche an Schienen des Profils UIC60 in Güte UIC900A haben ergeben,
daß auf einer gemäß Fig. 2 ausgebildeten Richtmaschine bei erfindungsgemäßer Vorgehensweise
nach dem Richten die Längszugspannungen gegenüber den sich bei üblicher Vorgehensweise
einstellenden Längszugspannungen im Mittel um 40 % reduziert sind.
[0039] In Figur 3 ist ein Schaubild dargestellt, das in vergleichender Gegenüberstellung
die plastische Biegearbeit gemäß Stand der Technik mit dem Erfindungsgegenstand erläutert.
Figur 3 bezieht sich auf eine Rollenrichtmaschine mit sieben Richtrollen, wie sie
beispielsweise in Figur 1 dargestellt ist. Über der Anzahl der Richtrollen ist die
plastische Biegearbeit aufgetragen. Mit ◇ ist die Biegearbeit gemäß Stand der Technik
und mit □ ist die Biegearbeit gemäß Erfindungsgegenstand gemeint. Es ist erkennbar,
daß die Biegearbeit beim Erfindungsgegenstand an der Richtrolle 3 am höchsten ist
und bei den Folge-Richtrollen gegenüber der anderen Kurve beträchtlich zurückgeht.
Bezugszeichenliste
[0040]
- 1 - 7
- Richtrollen
- 11 - 19
- Richtrollen
- F
- Schienenfuß der Schiene S
- K
- Schienenkopf der Schiene S
- P
- Förderrichtung der Schiene S
- R
- Richtmaschine
- RD1,RD2,RD3
- Richtdreiecke
- S
- Schiene
1. Verfahren zum Richten von Schienen (S),
- bei dem die Schienen (S) eine Rollenrichtmaschine (R) durchlaufen, welche eine Gruppe
den Schienenfuß (F) berührender Richtrollen (1,3,5,7;11,13,15,17,19) und eine Gruppe
den Schienenkopf (K) berührender Richtrollen (2,4,6;12,14,16,18) aufweist, wobei mindestens
die Richtrollen (2,4,6; 11,13,15,17,19) einer dieser Gruppen in Richtung der Schiene
(S) anstellbar sind,
- bei dem die Anstellung der anstellbaren Richtrollen (2,4,6;11,13,15,17,19) so gewählt
wird, daß im Einlaufbereich der Richtmaschine, gebildet durch die ersten drei Richtrollen
(1,2,3; 11,12,13) beider Gruppen, an einer Richtrolle (3;13) ein, verglichen mit den
an den nachfolgenden Richtrollen (4,5,6,7; 14 - 19) erzielten Verformungen, maximaler
Wert der Biegeverformung erreicht wird, und
- bei dem diejenigen Richtrollen (4,6; 15,17,19), die im Anschluß an die Richtrolle
(3;13) von der Schiene (S) durchlaufen werden, so angestellt werden, daß die maximale
Biegeverformung an den weiteren Richtrollen (4 - 7; 14- 19) um jeweils einen vorgebbaren
Betrag abgebaut wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß diejenigen Richtrollen (4,6; 15,17,19), die im Anschluß an den Einlaufbereich (1-3;
11- 13), respektive die Richtrolle (3; 13), von der Schiene (S) durchlaufen werden,
so angestellt werden, daß die Amplitude der Biegeverformung an jeder dieser folgenden
Richtrollen (4 - 7; 14 - 19) degressiv mit möglichst hoher Degression abgebaut wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß daß diejenigen Richtrollen (4,6; 15,17,19), die im Anschluß an den Einlaufbereich
(1 - 3; 11 - 13), respektive die Richtrolle (3,13), von der Schiene (S) durchlaufen
werden, so angestellt werden, daß die Schiene (S) im Übergangsbereich der elastisch-plastischen
Wechselbiegung in den geraden Zustand überführt wird.
4. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß ausgehend von einer Anfangseinstellung die Anstellung der einen Auslaufbereich bildenden
Richtrollen (4 - 7;14 - 19) über das Verhältnis der Biegekrümmungen an den betreffenden
Richtrollen (5,7 bzw. 15,17,19) von etwa 0,7 bis 1,3 variiert wird.
5. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Richtrolle (3), an welcher die maximale Biegeverformung erreicht wird, dem Schienenfuß
(F) zugeordnet wird.
6. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß diejenige Richtrolle, an der die letzte Verformung der Schiene (S) beim stufenweisen
Abbau der maximalen Biegeverformung erreicht wird, dem Schienenkopf (K) zugeordnet
wird.
7. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Richtrollen (1,3,5,7; 11,13,15,17,19) der einen Gruppe, in Förderrichtung (P)
der Schiene (S) gesehen, versetzt zu den Richtrollen (2,4,6; 12,14,16,18) der anderen
Gruppe angeordnet werden.
8. Rollenrichtmaschine zum Richten von Schienen, beinhaltend mehrere Gruppen von einerseits
am Schienenfuß (F) und andererseits am Schienenkopf (K) anliegenden Richtrollen (1,2,3,4,5,6,7;
11,12,13,14,15,15,17,18,19), von denen vorgebbare Richtrollen (2,4,6; 11,13,15,17,19)
einzelner der Gruppen in Richtung der Schiene (S) anstellbar sind, dergestalt, daß
im Einlaufbereich der Richtmaschine, gebildet durch die ersten drei Richtrollen (1,2,3;
11,12,13) der Gruppen, mindestens eine Richtrolle (2,13) gegenüber den verbleibenden
Richtrollen (4,6; 15,17,19) der anderen Gruppe mit größerem Zustellungsgrad in Richtung
der Schiene (S) so anstellbar ist, daß an der letzten Richtrolle (3,13) des Einlaufbereiches
ein maximaler Wert der Biegeverformung erreichbar ist.
9. Rollenrichtmaschine nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die anstellbaren weiteren Richtrollen (4,6; 15,17,19) dergestalt in Richtung der
Schiene (S) angestellt sind, daß die Amplitude der Biegeverformung an diesen weiteren
Richtrollen (4 - 7; 14 - 19) degressiv, insbesondere mit möglichst hoher Degression
abbaubar ist, wobei die Schiene (S) im Übergangsbereich der elastisch-plastischen
Wechselbiegung in den geraden Zustand überführbar ist.
10. Rollenrichtmaschine nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, daß, jeweils zwei Richtrollen (1,3,5,7; 11,13,15,17,19) der einen Gruppe mit einer Richtrolle
(2,4,6; 12,14,16,18) der jeweils anderen Gruppe ein Richtdreieck (RD1, RD2, RD3) bilden,
und daß die Richtrolle (3;13), an der die höchste Biegeverformung erreicht wird, die
zuletzt passierte Richtrolle (3;13) des Einlaufbereiches (1,2,3; 11,12,13) ist.
11. Rollenrichtmaschine nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Richtmaschine (R) mindestens sieben Richtrollen (1 - 7), vorzugsweise neun Richtrollen
(11 -19), umfaßt.
12. Rollenrichtmaschine nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die jeweils ungradzahlingen Richtrollen (1,3,5,7; 11,13,15,17,19) dem Schienenfuß
(F) zugeordnet sind.