(19)
(11) EP 1 201 329 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.05.2002  Patentblatt  2002/18

(21) Anmeldenummer: 01125208.7

(22) Anmeldetag:  24.10.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B21D 3/05
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 31.10.2000 DE 10053933

(71) Anmelder: Krupp GfT Gesellschaft für Technik mbH
45143 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Guericke, Wilhelm Prof. Dr.-Ing.
    39126 Magdeburg (DE)
  • Heller, Wilhelm Dr. Ing.
    47229 Duisburg (DE)

(74) Vertreter: Spannagel, Hans-Achim et al
Rechtsanwälte Spannagel & Döpp, Milsper Strasse 12
58256 Ennepetal
58256 Ennepetal (DE)

   


(54) Verfahren und Rollenrichtmaschine zum Richten von Schienen


(57) Verfahren zum Richten von Schienen S, bei dem die Schienen S eine Rollenrichtmaschine R durchlaufen, welche eine Gruppe den Schienenfuß F berührender Richtrollen und eine Gruppe den Schienenkopf K berührender Richtrollen aufweist, wobei mindestens die Richtrollen einer dieser Gruppen in Richtung der Schiene S anstellbar sind, bei dem die Anstellung der anstellbaren Richtrollen so gewählt wird, daß im Einlaufbereich der Richtmaschine, gebildet durch die ersten drei Richtrollen beider Gruppen, an einer Richtrolle ein, verglichen mit den an den anderen Richtrollen erzielten Verformungen, maximaler Wert der Biegeverformung erreicht wird, und bei dem diejenigen Richtrollen, die im Anschluß an die Richtrolle von der Schiene S durchlaufen werden, so angestellt werden, daß diese maximale Biegeverformung an den weiteren Richtrollen um jeweils einen vorgebbaren Betrag abgebaut wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Richten von Schienen.

[0002] Schienen, die durch Warmwalzen oder ein anderes Warmformverfahren erzeugt werden, werden in der Regel ausgehend von ihrer Temperatur am Ende der Warmverformung auf einem Kühlbett auf Umgebungstemperatur abgekühlt. Wegen der unterschiedlichen Verhältnisse von Masse zu Oberfläche am Schienenkopf und am Schienenfuß entstehen dabei langwellige Verbiegungen. Darüber hinaus können durch den Verformungsprozeß selbst und die anschließenden Transportvorgänge kurzwellig verlaufende Geradheitsabweichungen verursacht werden. Zu ähnlichen Formfehlern kommt es bei Schienen, die aus der Verformungshitze beschleunigt abgekühlt werden oder einer ergänzenden Wärmebehandlung unterzogen werden.

[0003] Die mit derartigen Abweichungen von der Geradheit behafteten Schienen sind als solche für den Gleisbau nicht zu gebrauchen und müssen deshalb nach dem Abkühlen gerichtet werden. Das Richten erfolgt üblicherweise auf einer Richtmaschine, die mit einer ungeraden Zahl, insbesondere sieben oder neun, Richtrollen ausgestattet ist. Die jeweils ungradzahligen (1.,3.,5.,...) Richtrollen sind dabei im allgemeinen dem Schienenfuß zugeordnet, während die geradzahligen (2.,4.,6.,...) Richtrollen auf den Schienenkopf wirken.

[0004] Durch das Rollenrichten entstehen an und unter der Fahrfläche des Schienenkopfs und im mittleren Bereich der Unterseite des Schienenfußes hohe Zugeigenspannungen. Es ist festgestellt worden, daß diese Zugeigenspannungen die Bruchsicherheit der Schienen bei statischer und dynamischer Beanspruchung vermindern. Diesen Spannungen überlagern sich im Betrieb noch die Kontaktspannungen, die durch die auf den Schienen abrollenden Räder verursacht werden. Diese Kontaktspannungen lösen wiederum Biegezug- und -druckspannungen aus. Weitere Spannungen entstehen aus dem Unterschied der jeweils aktuell gegebenen Schienentemperatur zur Verspannungstemperatur.

[0005] Es sind verschiedene Versuche gemacht worden, die durch das Rollenrichten verursachten Zugeigenspannungen zu mindern. So ist beispielsweise vorgeschlagen worden, ein Spannungsarmglühen, ein Reckrichten (DE-A 32 23 346), ein seitliches Richten (DE-C 19 42 929), ein Richten mit erhöhter Schienenstegtemperatur (DE-C 35 01 522), eine kurzzeitige Schienenstegerwärmung (DE-C 197 20 061) oder ein Richten mit vergrößerten Kontaktflächen zwischen den Richtrollen und der jeweils gerichteten Schiene durchzuführen (DE-C 41 37 459), um die Eigenspannungen herabzusetzen. Großtechnisch durchgesetzt hat sich jedoch keiner dieser Vorschläge. Dies ist zum einen durch die hohen Zusatzkosten und zum anderen durch das Fehlen geeigneter technischer Einrichtungen begründet.

[0006] Darüber hinaus ist der DE-A 36 05 648 ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Richten von Eisenbahnschienen zu entnehmen. Tenor ist hierbei, daß der Schiene während ihres Durchlaufs durch die Maschine wechselnde Biegungen in den sogenannten Richtdreiecken aufgeprägt werden, und zwar so, daß die Schiene beim Richten einer insgesamt gekrümmten Durchlaufbahn mit dem Krümmungsmittelpunkt unterhalb des Schienenfußes erfolgt. Demzufolge durchläuft die Schiene die Richtmaschine vom Ein- bis zum Auslauf in einem Bogen über den Schienenfuß - überlagert von den wechselseitigen Biegungen in den einzelnen Richtdreiecken.

[0007] Die beim Rollenrichten an der Unterseite des Schienenfußes einzuhaltenden, maximal zulässigen Längszugeigenspannungen sind in der EN 13 674-1 "Oberbau Schienen, symmetrische Breitfußschienen ab 46 kg/m", Entwurf September 1999 auf höchstens 250 N/mm2 begrenzt worden. Für den Schienenkopf ist von entsprechenden Werten auszugehen. Gleichzeitig begrenzt die EN 13 674-1 die maximale vertikale Ebenheitsabweichung auf einer Bezugslänge von drei Metern auf höchstens 0,3 mm.

[0008] Der heutige Hochgeschwindigkeitsverkehr stellt besonders hohe Anforderungen an die Geradheit von Schienen und deren Bruchsicherheit. Durch einen optimal geradlinigen Zustand der Schienen wird bei geringen vertikalen und horizontalen Schwingungsanregungen ein ruhiger Fahrzeuglauf gewährleistet. Optimale gerade verlaufende Schienen sind daher Voraussetzung für einen besonders hohen Fahrkomfort und eine geringe dynamische Belastung der Schienenfahrzeuge und des Gleisoberbaus.

[0009] Die hohen an den geraden Oberflächenverlauf von Schienen gestellten Anforderungen machen erhebliche Biegeverformungen während des Rollenrichtens erforderlich. Anders läßt sich die geforderte Maßhaltigkeit nicht erreichen. Ein derart "scharf" durchgeführtes Rollenrichten ruft jedoch erhebliche Zugeigenspannungen hervor.

[0010] Auch Versuche, die Entstehung von Zugeigenspannungen und die Vorgänge beim Rollenrichten allgemein durch FEM-Berechnungen und Simulationsbetrachtungen nachzuvollziehen, haben keine Resultate erbracht, die in der Praxis zu einer unmittelbar verwertbaren Verbesserung geführt hätten.

[0011] Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ausgehend von dem voranstehend erläuterten Stand der Technik ein Verfahren zum Rollenrichten zu schaffen, welches ohne zusätzliche Einrichtungen und Mittel das Richten von Schienen ohne die Gefahr des Entstehens hoher Zugeigenspannungen ermöglicht. Darüber hinaus soll eine Richtmaschine mit einfachen Mitteln dergestalt weitergebildet werden, daß sie den erforderlichen technischen Anforderungen genügt.

[0012] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zum Richten von Schienen gelöst,
  • bei dem die Schienen eine Rollenrichtmaschine durchlaufen, welche eine Gruppe den Schienenfuß berührender Richtrollen und eine Gruppe den Schienenkopf berührender Richtrollen aufweist, wobei mindestens die Richtrollen einer dieser Gruppen in Richtung der Schiene anstellbar sind,
  • bei dem die Anstellung der anstellbaren Richtrollen so gewählt wird, daß im Einlaufbereich der Richtmaschine, gebildet durch die ersten drei Richtrollen beider Gruppen, an einer Richtrolle ein, verglichen mit den an den nachfolgenden Richtrollen erzielten Verformungen, maximaler Wert der Biegeverformung erreicht wird, und
  • bei dem diejenigen Richtrollen, die im Anschluß an die Richtrolle von der Schiene durchlaufen werden, so angestellt werden, daß diese maximale Biegeverformung an den weiteren Richtrollen um jeweils einen vorgebbaren Betrag abgebaut wird.


[0013] Vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind den zugehörigen verfahrensgemäßen Unteransprüchen zu entnehmen.

[0014] Darüber hinaus wird die Aufgabe auch gelöst durch eine Rollenrichtmaschine zum Richten von Schienen, beinhaltend mehrere Gruppen von einerseits am Schienenfuß und andererseits am Schienenkopf anliegenden Richtrollen, von denen vorgebbare Richtrollen einzelner der Gruppe in Richtung der Schiene anstellbar sind, dergestalt, daß im Einlaufbereich der Richtmaschine, gebildet durch die ersten drei Richtrollen der Gruppen, mindestens eine Richtrolle gegenüber den verbleibenden Richtrollen der anderen Gruppe mit größerem Zustellungsgrad so anstellbar ist, daß an der letzten Richtrolle des Einlaufbereiches ein maximaler Wert der Biegeverformung erreichbar ist.

[0015] Vorteilhafte Weiterbildungen der erfindungsgemäßen Rollenrichtmaschine sind den zugehörigen Unteransprüchen zu entnehmen.

[0016] Vorzugsweise werden dabei diejenigen Rollen, die im Anschluß an die Richtrolle durchlaufen werden, an welcher der maximale Wert der Biegeverformung erreicht wird, von der Schiene durchlaufen werden, so angestellt, daß die Amplitude der Biegeverformung an jeder dieser Rollen degressiv mit möglichst hoher Degression abgebaut wird. Dadurch kann die Entstehung von Zugeigenspannungen besonders wirkungsvoll vermieden werden. Günstig ist es in diesem Zusammenhang darüber hinaus, wenn die Rollen, die nach den im Anschluß an die Rolle mit der höchsten Biegeverformung positionierten Rollen durchlaufen werden, so angestellt werden, daß die Schienen im Übergangsbereich der elastisch-plastischen Wechselbiegung in den geraden Zustand überführt werden.

[0017] Eine gezielte Verteilung der ohnehin auf einem niedrigen Niveau vorliegenden Eigenspannungen über den Querschnitt der gerichteten Schiene läßt sich dadurch erreichen, daß ausgehend von einer Anfangseinstellung die Anstellung der im Auslaufbereich positionierten Rollen der Richtmaschine über das Verhältnis der Biegekrümmungen an den betreffenden Rollen von etwa 0,7 bis 1,3 variiert wird.

[0018] An einer üblichen Richtmaschine wird gemäß der Erfindung im Zuge des Richtvorgangs mittels Anstellung einer Richtrolle eine maximale Biegeverformung an einer Rolle verursacht, die mit dem Schienenfuß in Berührung ist. Diese Verformung reicht aus, um den gewünschten Richteffekt zu erreichen. Die durch diese maximale Biegeverformung hervorgerufene stetige Krümmung der Schiene wird an den anschließend passierten Richtrollen durch Wechselbiegung der Schiene mit stufenweise abnehmender Amplitude abgebaut.

[0019] Überraschend hat sich gezeigt, daß auf diese Weise Schienen gerichtet werden können, die eine optimale Geradheit bei geringen Zugeigenspannungen aufweisen. Aufwendiger Nachbehandlungen der erfindungsgemäß gerichteten Schiene bedarf es dazu nicht.

[0020] Besonders gute Ergebnisse des Richtens bei gleichzeitig minimierten Zugeigenspannungen können erreicht werden, wenn die Biegerichtrolle, an welcher die maximale Biegeverformung erreicht wird, dem Schienenfuß zugeordnet ist. Dabei ist es ebenso günstig, wenn die Abstufung der einzelnen Verfomungsschritte beim Abbau der maximalen Biegeverformung so ausgelegt ist, daß die Biegerichtrolle, an der die letzte Verformung der Schiene beim stufenweisen Abbau der maximalen Biegeverformung erreicht wird, ebenfalls dem Schienenfuß zugeordnet ist. Es hat sich gezeigt, daß insbesondere bei einer derartigen Verteilung der stufenweisen "Rückverfomung" der Schiene sich ein Minimum an Zugeigenspannungen bei gleichzeitig optimierter Geradheit erreichen läßt.

[0021] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich in hervorragender Weise auf herkömmlich aufgebauten Richtmaschinen durchführen, bei denen die Richtrollen der ersten Gruppe in Förderrichtung der Schiene versetzt zu den Rollen der zweiten Gruppe angeordnet sind. Der Abstand der Richtrollen in einer Ebene wird allgemein als Teilung bezeichnet. In der Praxis ist es üblich, Schienenrichtmaschinen mit Teilungen von 1400 - 1800 mm auszulegen. Die Teilung der Rollen kann an einer Richtmaschine gleich, unterschiedlich groß oder variabel einstellbar sein. Die Rollen können in der Maschine horizontal übereinander oder vertikal nebeneinander angeordnet sein.

[0022] Herkömmliche Richtmaschinen sind dabei mit anstellbaren Kopfrollen oder mit anstellbaren Fußrollen ausgerüstet. Die für den Richtprozeß nötigen alternativ wechselnden Biegungen werden in den sogenannten Richtdreiecken erzielt. Bei bekannten Richtmaschinen der in Rede stehenden Art bilden jeweils zwei Richtrollen der einen Gruppe mit einer Richtrolle der jeweils anderen Gruppe ein solches Richtdreieck. Im Hinblick auf die Erfindung ist es in diesem Zusammenhang günstig, wenn die Richtrolle, an der die höchste Biegeverformung erreicht wird, die zuletzt passierte Richtrolle eines Richtdreiecks ist. Günstig ist es darüber hinaus, wenn das betreffende Richtdreieck, dem die Richtrolle zugeordnet ist, an der die höchste Biegeverformung erreicht wird, im Einlaufbereich der von der Schiene durchlaufenen Richtstrecke angeordnet ist. Auf diese Weise kann der stufenweise Abbau der höchsten Biegeverformung auch auf Maschinen mit einer geringen Rollenzahl sicher erfolgen. So läßt sich das erfindungsgemäße Verfahren beispielsweise auf Richtmaschinen durchführen, die in bekannter Weise mit sieben oder mehr Richtrollen ausgestattet sind. Dabei ist es im Hinblick auf die angestrebte Minimierung der Zugeigenspannungen günstig, wenn die jeweils ungradzahligen Richtrollen dem Schienenfuß zugeordnet sind.

[0023] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung näher erläutert. Es zeigen schematisch:
Fig. 1
einen Ausschnitt einer liegenden Richtmaschine in einer Draufsicht;
Fig. 2
einen Ausschnitt einer stehenden Richtmaschine in seitlicher Ansicht.
Fig. 3
Vergleichende Gegenüberstellung der plastischen Biegearbeit gemäß Stand der Technik mit dem Erfindungsgegenstand.


[0024] Die in Fig. 1 dargestellte, in herkömmlicher Weise aufgebaute Richtmaschine R ist mit mindestens sieben Richtrollen 1 - 7 ausgestattet.

[0025] In der Richtmaschine R werden Schienen S gerichtet, die zuvor durch Warmwalzen erzeugt und auf einem nicht dargestellten Kühlbett von der Walzendtemperatur auf Raumtemperatur abgekühlt worden sind.

[0026] Die jeweils ungeradzahligen Richtrollen 1,3,5 und 7 der Richtmaschine R sind dem Schienenfuß F der Schiene S zugeordnet, während die geradzahligen in Richtung der Schiene (S) zustellbaren Richtrollen 2,4,6 auf den Schienenkopf K wirken. Die dem Schienenkopf K zugeordneten Richtrollen 2,4,6 sind dabei in Förderrichtung P der Schiene S derart versetzt gegenüber den dem Schienenfuß F zugeordneten Richtrollen 1,3,5,7 angeordnet, daß jeweils eine der Richtrollen 2,4,6 in Bezug auf die Horizontale jeweils mittig zwischen einem Paar der Richtrollen 1,3,5 und 7 angeordnet ist. Auf diese Weise bilden die Richtrollen 1,2 und 3 die Eckpunkte eines ersten Richtdreiecks RD1. Durch die ersten drei Richtrollen 1 - 3 wird der Einlaufbereich der Schiene S definiert. Ein zweites Richtdreieck RD2 wird in umgekehrter Anordnung durch die Richtrollen 2,3 und 4 gebildet, ein drittes Richtdreieck RD3 durch die Richtrollen 3,4,5 etc. Die Richtdreiecke RD1 bis RD3 sind in Fig. 1 durch gestrichelte Linien angedeutet. Zwischen den jeweils einem Richtdreieck RD1,RD2,RD3,... zugeordneten Richtrollen 1 - 7 wird die Schiene S in alternierender Richtung biegeverformt.

[0027] Die dem Schienenkopf K zugeordnete Richtrolle 2 ist dergestalt in Richtung auf den Schienenfuß F angestellt, daß die Schiene S im Einlaufbereich (1 - 3) beim Passieren der Richtrolle 3 eine maximale Biegeverformung erfährt. Beginnend mit der anschließend passierten Richtrolle 4 wird die dadurch hervorgerufene stetige Krümmung der Schiene S stufenweise verringert, dergestalt, daß die Anstellung der weiteren Richtrollen 4 und 6 geringer ausfällt, als diejenige der Richtrolle 2 im Einlaufbereich der Richtmaschine R. Die Abstufung ist dabei so gewählt, daß die letzte noch als plastisch zu bezeichnende Biegeverformung an der dem Schienenfuß F zugeordneten Richtrolle 5 erfolgt.

[0028] Die bei der Durchführung des Richtvorgangs erforderlichen Biegekrümmungen sind in der nachfolgenden Tabelle 1 für zwei Beispiele angegeben. Beispiel 1A bezieht sich dabei auf Schienen mit normalen bzw. geringen Krümmungsdifferenzen nach der Abkühlung, während Beispiel 1B für Schienen mit größeren Krümmungsdifferenzen gilt:
Tabelle 1
Richtrolle Zuordnung Aufgeprägte bezogene Biegekrümmung k

der Schiene
    Beispiel 1A Beispiel 1B
1 Schienenfuß 0 0
2 Schienenkopf 3,6 4,0
3 Schienenfuß -3,7 -4,3
4 Schienenkopf 3,1 3,9
5 Schienenfuß -1,9 -2,6
6 Schienenkopf 0,7 1,1
7 Schienenfuß 0 0


[0029] Erkennbar ist, daß die maximale Biegekrümmung in beiden Beispielen im Bereich der Richtrolle 3 vorgesehen ist. Als positiv ist in diesem Zusammenhang eine Krümmung definiert, wenn die Biegung an einer Richtrolle über den Schienenkopf K erfolgt, d.h. an den Rollen 2, 4 und 6. Als negativ sind die Krümmungen definiert, wenn die Biegung über den Schienenfuß F erfolgt, d.h. an den Richtrollen 3 und 5.

[0030] In praktischen Versuchen an Schienen des Profils UIC60 in Güte UIC900A hat sich gezeigt, daß auf einer gemäß Fig. 1 ausgebildeten Richtmaschine bei erfindungsgemäßer Vorgehensweise nach dem Richten die Längszugspannungen im Schienenkopf K gegenüber den sich bei üblicher Vorgehensweise einstellenden Längszugspannungen um mehr als die Hälfte reduziert sind.

[0031] Die in Fig. 2 gezeigte Richtmaschine ist mit neun Richtrollen 11 - 19 ausgestattet, von denen im Unterschied zum Beispiel gemäß Fig. 1 nicht die dem Schienenkopf K zugeordneten geradzahligen Richtrollen 12,14,16,18, sondern die dem Schienenfuß F zugeordneten ungradzahligen Richtrollen 11,13,15,17,19 in Richtung der Schiene S zustellbar montiert sind. Die größere Zahl von Richtrollen 11 - 19 hat den Vorteil, daß die mittels geeigneter Anstellung der Richtrollen 11, 13 und 15 maximal eingestellte Krümmung der Schiene S bis zur Richtrolle 15 sehr schnell auf einen niedrigen Krümmungswert zurückgeführt werden kann, so daß an den Richtrollen 16, 17 und 18 nur noch mit einer geringen Krümmungsamplitude gerichtet werden muß.

[0032] Tabelle 2 gibt beispielhaft die beim Richten einer Schiene S in der in Fig. 2 dargestellten Richtmaschine an den einzelnen Richtrollen aufgeprägten bezogenen Biegekrümmungen k

an. Ausgehend von einer solchen Einstellung der Richtmaschine ist es möglich, durch gezielte Variation der Anstellung der im Richtbereich der Maschine angeordneten Richtrollen 15, 17 und 19 die Eigenspannungsverteilung in der gerichteten Schiene den praktischen Anforderungen entsprechend einzustellen. Die mit dieser Zielsetzung veränderte Stufung der an den Richtrollen 16 und 17 jeweils aufgeprägten Krümmungen ist in den zugeordneten Zeilen der Tabelle 2 jeweils in Klammern gesetzt.
Tabelle 2
Richtrolle Zuordnung Aufgeprägte bezogene Biegekrümmung k

der Schiene
11 Schienenfuß 0
12 Schienenkopf 2,34
13 Schienenfuß -4,30
14 Schienenkopf 3,65
15 Schienenfuß -1,68
16 Schienenkopf 1,0 (1,2)
17 Schienenfuß -1,2 (-1,1)
18 Schienenkopf 0,7
19 Schienenfuß 0


[0033] Genauso wie bei der Tabelle 1 ist in Tabelle 2 als positiv eine Krümmung definiert, wenn die Biegung an einer Rolle über den Schienenkopf K erfolgt, d.h. an den Rollen 12, 14, 16 und 18. Als negativ sind die Krümmungen definiert, wenn die Biegung über den Schienenfuß F erfolgt, d.h. an den Rollen 13, 15 und 17. Erkennbar ist, daß auch in diesem Beispiel die im Einlaufbereich 11 - 13 vorgesehene Richtrolle 13 die höchste Biegekrümmung aufweist.

[0034] Die "bezogenen Biegekrümmungen", welche in den Tabellen 1 und 2 genannt sind, entsprechen den Biegekrümmungen kv im Kontaktbereich der Richtrollen 1 - 7 bzw. 11 - 19, die auf die maximal mögliche elastische Biegekrümmung ks der Schiene S bezogen sind, wobei ks = 2 * Rp0,2 / E * h. Mit Rp0,2 ist dabei die 0,2 % - Prüfgrenze bzw. die Streckgrenze des zu richtenden Schienenstahls, mit E der Elastizitätsmodul und mit h die Höhe des Profils der jeweiligen Schiene S bezeichnet. Somit ergibt sich k

= kv / ks.

[0035] Bei den in der voranstehend angegebenen Tabellen 1 und 2 eingetragenen Abstufungen handelt es sich um Richtwerte, welche die Größenordnungen angeben, in denen die im Anschluß an die höchste Biegeverformung durchlaufenen Stufen der "Rückverformung" liegen. In der Praxis werden die maximale Biegeverformung und die Stufen der anschließenden "Rückverformung" im wesentlichen proportional zur Streckgrenze und zum Verfestigungsverhalten des Schienenwerkstoffs bemessen. Der Wert der höchsten Biegeverfomung muß umso größer sein je größer die nach der Abkühlung der Schiene S vorhandenen Krümmungen und Welligkeiten der Schiene S sind.

[0036] Wenn die Werte der maximalen Biegeverfomung und der letzten noch wirksamen plastischen/elastischen Verformung bestimmt sind, können die notwendigen Anstellungen der zwischen der Richtrolle 3 bzw. 13, an der die höchste Biegeverformung erzeugt wird, und der Richtrolle 5 bzw. 16 oder 17, an der die letzte plastische Verformung der Schiene S erzielt wird, durch eine Betrachtung der elastisch plastischen Biegung der Schiene S bestimmt werden. Einflußgrößen sind dabei die technischen Daten der Richtmaschine R (Teilung; Durchmesser, Anzahl, Art der Anstellung der Richtrollen; Verformung der Richtmaschine R als Folge des Richtvorgangs).

[0037] Selbstverständlich kann das Richten der Schienen S auch auf Richtmaschinen durchgeführt werden, die mit mehr als neun Rollen ausgestattet sind. Es zeigt sich, daß auf solchen Maschinen eine weitere Absenkung der Zugeigenspannungen erreicht werden kann.

[0038] Praktische Versuche an Schienen des Profils UIC60 in Güte UIC900A haben ergeben, daß auf einer gemäß Fig. 2 ausgebildeten Richtmaschine bei erfindungsgemäßer Vorgehensweise nach dem Richten die Längszugspannungen gegenüber den sich bei üblicher Vorgehensweise einstellenden Längszugspannungen im Mittel um 40 % reduziert sind.

[0039] In Figur 3 ist ein Schaubild dargestellt, das in vergleichender Gegenüberstellung die plastische Biegearbeit gemäß Stand der Technik mit dem Erfindungsgegenstand erläutert. Figur 3 bezieht sich auf eine Rollenrichtmaschine mit sieben Richtrollen, wie sie beispielsweise in Figur 1 dargestellt ist. Über der Anzahl der Richtrollen ist die plastische Biegearbeit aufgetragen. Mit ◇ ist die Biegearbeit gemäß Stand der Technik und mit □ ist die Biegearbeit gemäß Erfindungsgegenstand gemeint. Es ist erkennbar, daß die Biegearbeit beim Erfindungsgegenstand an der Richtrolle 3 am höchsten ist und bei den Folge-Richtrollen gegenüber der anderen Kurve beträchtlich zurückgeht.

Bezugszeichenliste



[0040] 
1 - 7
Richtrollen
11 - 19
Richtrollen
F
Schienenfuß der Schiene S
K
Schienenkopf der Schiene S
P
Förderrichtung der Schiene S
R
Richtmaschine
RD1,RD2,RD3
Richtdreiecke
S
Schiene



Ansprüche

1. Verfahren zum Richten von Schienen (S),

- bei dem die Schienen (S) eine Rollenrichtmaschine (R) durchlaufen, welche eine Gruppe den Schienenfuß (F) berührender Richtrollen (1,3,5,7;11,13,15,17,19) und eine Gruppe den Schienenkopf (K) berührender Richtrollen (2,4,6;12,14,16,18) aufweist, wobei mindestens die Richtrollen (2,4,6; 11,13,15,17,19) einer dieser Gruppen in Richtung der Schiene (S) anstellbar sind,

- bei dem die Anstellung der anstellbaren Richtrollen (2,4,6;11,13,15,17,19) so gewählt wird, daß im Einlaufbereich der Richtmaschine, gebildet durch die ersten drei Richtrollen (1,2,3; 11,12,13) beider Gruppen, an einer Richtrolle (3;13) ein, verglichen mit den an den nachfolgenden Richtrollen (4,5,6,7; 14 - 19) erzielten Verformungen, maximaler Wert der Biegeverformung erreicht wird, und

- bei dem diejenigen Richtrollen (4,6; 15,17,19), die im Anschluß an die Richtrolle (3;13) von der Schiene (S) durchlaufen werden, so angestellt werden, daß die maximale Biegeverformung an den weiteren Richtrollen (4 - 7; 14- 19) um jeweils einen vorgebbaren Betrag abgebaut wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß diejenigen Richtrollen (4,6; 15,17,19), die im Anschluß an den Einlaufbereich (1-3; 11- 13), respektive die Richtrolle (3; 13), von der Schiene (S) durchlaufen werden, so angestellt werden, daß die Amplitude der Biegeverformung an jeder dieser folgenden Richtrollen (4 - 7; 14 - 19) degressiv mit möglichst hoher Degression abgebaut wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß daß diejenigen Richtrollen (4,6; 15,17,19), die im Anschluß an den Einlaufbereich (1 - 3; 11 - 13), respektive die Richtrolle (3,13), von der Schiene (S) durchlaufen werden, so angestellt werden, daß die Schiene (S) im Übergangsbereich der elastisch-plastischen Wechselbiegung in den geraden Zustand überführt wird.
 
4. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß ausgehend von einer Anfangseinstellung die Anstellung der einen Auslaufbereich bildenden Richtrollen (4 - 7;14 - 19) über das Verhältnis der Biegekrümmungen an den betreffenden Richtrollen (5,7 bzw. 15,17,19) von etwa 0,7 bis 1,3 variiert wird.
 
5. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Richtrolle (3), an welcher die maximale Biegeverformung erreicht wird, dem Schienenfuß (F) zugeordnet wird.
 
6. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß diejenige Richtrolle, an der die letzte Verformung der Schiene (S) beim stufenweisen Abbau der maximalen Biegeverformung erreicht wird, dem Schienenkopf (K) zugeordnet wird.
 
7. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Richtrollen (1,3,5,7; 11,13,15,17,19) der einen Gruppe, in Förderrichtung (P) der Schiene (S) gesehen, versetzt zu den Richtrollen (2,4,6; 12,14,16,18) der anderen Gruppe angeordnet werden.
 
8. Rollenrichtmaschine zum Richten von Schienen, beinhaltend mehrere Gruppen von einerseits am Schienenfuß (F) und andererseits am Schienenkopf (K) anliegenden Richtrollen (1,2,3,4,5,6,7; 11,12,13,14,15,15,17,18,19), von denen vorgebbare Richtrollen (2,4,6; 11,13,15,17,19) einzelner der Gruppen in Richtung der Schiene (S) anstellbar sind, dergestalt, daß im Einlaufbereich der Richtmaschine, gebildet durch die ersten drei Richtrollen (1,2,3; 11,12,13) der Gruppen, mindestens eine Richtrolle (2,13) gegenüber den verbleibenden Richtrollen (4,6; 15,17,19) der anderen Gruppe mit größerem Zustellungsgrad in Richtung der Schiene (S) so anstellbar ist, daß an der letzten Richtrolle (3,13) des Einlaufbereiches ein maximaler Wert der Biegeverformung erreichbar ist.
 
9. Rollenrichtmaschine nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die anstellbaren weiteren Richtrollen (4,6; 15,17,19) dergestalt in Richtung der Schiene (S) angestellt sind, daß die Amplitude der Biegeverformung an diesen weiteren Richtrollen (4 - 7; 14 - 19) degressiv, insbesondere mit möglichst hoher Degression abbaubar ist, wobei die Schiene (S) im Übergangsbereich der elastisch-plastischen Wechselbiegung in den geraden Zustand überführbar ist.
 
10. Rollenrichtmaschine nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, daß, jeweils zwei Richtrollen (1,3,5,7; 11,13,15,17,19) der einen Gruppe mit einer Richtrolle (2,4,6; 12,14,16,18) der jeweils anderen Gruppe ein Richtdreieck (RD1, RD2, RD3) bilden, und daß die Richtrolle (3;13), an der die höchste Biegeverformung erreicht wird, die zuletzt passierte Richtrolle (3;13) des Einlaufbereiches (1,2,3; 11,12,13) ist.
 
11. Rollenrichtmaschine nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Richtmaschine (R) mindestens sieben Richtrollen (1 - 7), vorzugsweise neun Richtrollen (11 -19), umfaßt.
 
12. Rollenrichtmaschine nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die jeweils ungradzahlingen Richtrollen (1,3,5,7; 11,13,15,17,19) dem Schienenfuß (F) zugeordnet sind.
 




Zeichnung