[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Anpassung der Abwälzkurve der Antriebsritzel
von Ringwalzen an die neutrale Zone im sich verjüngenden Kaliber der Ringwalzen eines
Kaltpilgerwalzwerkes.
[0002] Kaltpilgerwalzwerke sind geeignet, stranggepreßte, warmgewalzte oder stranggegossene,
dickwandige Metallluppen, insbesondere Kupferluppen, in einem Arbeitsgang mit vergleichsweise
großer Streckung auf lange, dünnwandige sowie ziehfähige Rohre mit geringer Exzentrizität
zu reduzieren.
[0003] Das zur Anwendung gelangende Kaltpilgerverfahren ist ein umformendes Walzverfahren
für Metallrohre, bei dem in einer größeren Anzahl von Umformschritten Durchmesser
und Wanddicke reduziert werden.
[0004] Dabei befindet sich ein ortsfester, sich in Walzrichtung verjüngender Walzdorn beim
Walzen im Rohrinnern. Der Walzdorn ist an einer langen Dornstange befestigt, die von
einem Dornwiderlager geklemmt und gehalten wird.
[0005] Ein Walzenpaar überwalzt im Hin- und Hergang das auf dem Dorn befindliche rohrförmige
Walzgut und streckt es, ähnlich einer Teigrolle beim Auswalzen und Strecken von Teig.
[0006] Das Walzenpaar ist in einem reziprozierend hin- und herbewegbaren Walzgerüst gelagert
und wird von mit ihm verbundenen Ritzeln, die mit zwei feststehenden Zahnstangen kämmen,
bei der Gerüstbewegung angetrieben. Dabei rollen die Walzenkaliber synchron mit dem
oszillierenden Walzgerüst hin und her.
[0007] Das Walzgerüst selbst wird wie ein Motorkolben durch einen Kurbeltrieb hin und her
bewegt. Die Walzenkaliber sind annähernd kreisförmig und verkleinern sich bei der
üblichen Ausführung nach dem Stand der Technik über den Walzenumfang. Der sich verkleinernde
bzw. verjüngende Querschnitt zwischen Walzen und Walzdorn reduziert simultan Durchmesser
und Wanddicke des Walzgutes.
[0008] Im Bereich von mindestens einem der beiden Totpunkte geben die Walzen die Luppe kurz
frei, wobei diese vorgeschoben und/oder zugleich gedreht wird, beispielsweise um ca.
jeweils 60°. Bei diesem Verfahren wird sowohl der Vor- als auch der Rückhub für die
Umformung genutzt. Vorschub und Drehwinkel in beiden Totpunkten hängen vom Rohrwerkstoff
und von Qualitätsanforderungen ab. Die Formänderungsfestigkeiten gewalzter Rohre reichen
von 400 N/mm
2 bis über 1.500 N/mm
2 bei Sonderlegierungen.
[0009] Eine prinzipielle Darstellung des vorstehend geschilderten Rohrwalzverfahrens ist
der rein schematischen Darstellung in den Figuren 2a bis 2d zu entnehmen. Figur 2a
zeigt eine Reduktion beim Vorhub. Figur 2b zeigt im Schnitt A-B einen Austrittsquerschnitt.
Figur 2c zeigt eine Reduktion beim Rückhub und Figur 2d zeigt im Schnitt A-B einen
Austrittsquerschnitt.
[0010] Die Kombination eines Kaltpilgerwalzwerkes mit in-line-Haspeleinrichtung ermöglicht
die Herstellung gecoilter Rohre von z.B. 250 m Länge. Dabei wird das mit schrittweisem
Vorschub sich hin- und herdrehende, aus dem Kaltpilgerwalzwerk austretende Rohr beim
Walzprozeß zu einem Coil gebogen und direkt in einen für den anschließenden Ziehprozeß
erforderlichen Korb abgelegt.
[0011] Der vorbeschriebene Umformprozeß nach dem Kaltpilgerverfahren ist trotz relativ geringer
Produktionsgeschwindigkeit für zahlreiche Anwendungsbereiche von erheblichem Vorteil:
- er ergibt fallweise relativ große Querschnittsreduktionen von Durchmesser und Wanddicke,
und eine
- erhebliche Verminderung der Exzentrizität infolge ausgleichenden Fließens in Umfangsrichtung,
sowie eine
- Optimierung des Werkstoffgefüges infolge mechanischer Vergütung, bei
- Herstellung großer Rohrlängen.
[0012] Das Kaltpilgerverfahren zur Herstellung von Rohren ergibt eine verbesserte Rundheit,
vergleichmäßigte Spannungshomogenität und Rauhigkeit der Oberfläche, bei
- Erzielung enger Toleranzen für Durchmesser und Wanddicke beim Walzgut,
- kein prozeßbedingter Materialverlust,
- Anwendbarkeit auch für schwer umformbare Werkstoffe, mit
- hoher Wirtschaftlichkeit durch Einsatz großer Luppengewichte und -längen, sowie
- Herstellung unterschiedlicher Fertigproduktabmessungen aus einer Luppenabmessung.
[0013] Gleichwohl ergeben sich beim Stand der Technik infolge der geometrischen Verhältnisse
über der Hublänge eines Pilgerschritt-Walzwerks Nachteile daraus, dass bei unverändertem
Radius der Triebräder der Abwälzradius der Kaliber sich beim Walzenumlauf in weitem
Bereich ändert. Dabei rutschen diese zwangsläufig auf dem zu walzenden Rohr, wodurch
dessen Güte verschlechtert wird. Die dabei weiter nachteilig entstehende, auf das
Walzgut einwirkende Axialschubkraft verursacht eine Reihe von Problemen. So wird es
schwierig oder gar unmöglich, dünnwandige Rohlinge mit üblichen Vorschüben zu walzen,
da sich die Stirnseiten der Rohlinge beim Walzen ineinander verkeilen, wodurch die
Walzwerksleistung entsprechend gesenkt wird. Zudem wird das Walzwerk in allen seinen
Funktionselementen hoch beansprucht und belastet sowie einem forcierten Verschleiß
unterworfen. Insbesondere sind Walzen- und Dornbrüche zu besorgen sowie andere teure
Schäden am Walzwerk.
[0014] Ein weiterer Nachteil des Standes der Technik liegt darin, dass der Rückhub des Walzgerüstes
nur begrenzt für die Umformarbeit genutzt werden kann, da die höchsten Rückwalzkräfte
meist auf dem Rückhub auftreten. Dies führt dazu, dass ein prinzipiell sinnvoller,
zusätzlicher Vorschub der Rohlinge im Auslauftotpunktbereich nicht voll genutzt werden
kann und dass somit die mögliche Produktionsleistung eingeschränkt ist.
[0015] Weiterhin ist durch den Stand der Technik auch die umformtechnisch mögliche Durchmesserreduktion
eingeschränkt. Es ist einsehbar, dass mit steigender Durchmesserreduktion auch die
Problematik durch den örtlich nicht angepassten Ritzelteilkreis zunimmt. Auch dies
beeinträchtigt die Wirtschaftlichkeit des Kaltpilgerverfahrens."
[0016] Zur Abhilfe sind beim Stand der Technik u.a. bekannt: eine Zuordnung des Teilkreises
von runden, zentrisch angeordneten Ritzeln und des Walzendurchmessers an die aktuelle
Walzabmessung. Damit läßt sich jedoch nur eine unbefriedigende Verbesserung des Walzprozesses
erreichen.
[0017] Das Dokument DE-OS 17 52 996 schlägt dagegen die Verwendung von spiralförmigen Ritzeln
vor, die mit einer geneigten, geraden Zahnstange kämmen. Die bekannte Lösung hat den
wesentlichen Nachteil, dass damit nutzbare Kaliberlänge verloren geht, und die Walzleistung
reduziert wird. Weiterhin ist diese Lösung an die gerade Form der Zahnstange gebunden.
Da die Kaliberabwicklung jedoch einer Parabel höherer Ordnung folgt, ist auch hier
die Annäherung an die Sollkurve nur sehr begrenzt möglich.
[0018] Ausgehend vom vorgenannten Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde,
ein Verfahren zum Antrieb des Walzenpaares eines Kaltpilgerwalzwerkes anzugeben, welches
eine wesentlich verbesserte Anpassung der Abwälzkurve des Ritzels an die neutrale
Zone im sich verjüngenden Kaliber der Ringwalzen verwirklicht.
[0019] Zur Lösung der Aufgabe wird mit der Erfindung vorgeschlagen, dass zur Anpassung der
Abwälzkurve der Antriebsritzel von Ringwalzen an die neutrale Zone im sich verjüngenden
Kaliber der Ringwalzen kreisrunde Ritzel verwendet und diese auf der Walzenachse exzentrisch
angeordnet und befestigt werden. Mit der Erfindung werden folgende Ziele erreicht:
- Verminderung der Druckbelastung an den Vorschubschlitten,
- Vermeidung eines unkontrollierten Vorschubs durch Relativbewegungen zwischen Walzenprofil
und Walzgut,
- Verschleißminderung im Walzenprofil,
- Reduktion des Energieverbrauchs durch verminderte Reibleistung,
- Anpassung der Abwälzkurve des Ritzels an die neutrale Zone im sich verjüngenden Kaliber
der Ringwalzen,
- Vermeidung der noch bestehenden Nachteile vorbekannter Lösungen.
[0020] Eine Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, dass zum Antrieb der Ritzel - und
damit der Ringwalzen - entsprechend sinusförmige Zahnstangen verwendet werden.
[0021] Diese erfindungsgemäße Lösung vermindert bzw. vermeidet die Nachteile der unbefriedigenden
Verfahren und Vorrichtungen vom Stande der Technik wie z.B. das Rutschen des Walzenpaares
auf dem Walzgut mit den vorstehend geschilderten Nachteilen für das Walzprodukt und
das Walzwerk, bzw. die reduzierte Produktionsleistung.
[0022] Eine weitere Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass bei der
Verwendung von kreisrunden exzentrischen Ritzeln, die mit entsprechend sinusförmigen
Zahnstangen kämmen, die folgenden vier Parameter an die aktuelle Walzabmessung anpaßbar
sind:
- Walzendurchmesser
- Ritzelteilkreis
- Exzentrizität
- Winkellage der Exzentrizität zum Einlauftotpunkt des Walzgerüstes.
[0023] Weitere Einzelheiten und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen und
der nachfolgenden Beschreibung eines in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiels
der Erfindung. Es zeigen:
- Figur 1
- im Diagramm die geometrischen Verhältnisse über der Hublänge eines Kaltpilgerwalzwerkes
- Figur 2 a bis 2 d
- ein Walzverfahren nach der Erfindung mit den Arbeitsschritten:
- Figur 2a
- eine Reduktion beim Vorhub mit exzentrisch angeordneten Ritzeln
- Figur 2b
- im Schnitt A-B einen Austrittsquerschnitt
- Figur 2c
- eine Reduktion beim Rückhub
- Figur 2d
- im Schnitt A-B einen Austrittsquerschnitt
[0024] Ein als solcher hinlänglich bekannter Kaltpilgerprozess wird in den Figuren 2a bis
2d dargestellt. Er dient zur Fertigung bzw. Umformung eines Rohres 12 mittels eines
Kaltpilgerwalzenpaares 10, 10', das in einem nicht gezeigten Walzgerüst gelagert ist.
Das zu bearbeitende Rohr 12 ist auf einem Walzdorn 13 geführt. Das Walzgerüst vollzieht
während des Walzprozesses eine oszillierende Bewegung, wobei Hubfrequenzen bis zu
300 pro Minute und mehr möglich sind. Das Rohr 12 wird dabei von Walzkalibern 11,
11' in seine fertige Form bzw. Endkontur gebracht; die Walzkaliber 11, 11' sind über
den gesamten Außenumfang in die einander gegenüberliegenden Walzen 10 bzw. 10' eingeschnitten
und schließen im Walzspalt (vgl. die Figuren 2b und 2d) das Rohr 12 umfangsgeschlossen
ein. Die Walzkaliber 11 bzw. 11' besitzen hierbei entsprechend ihrer Kalibrierung
eine unterschiedliche Breite und/oder Tiefe - in der Abwicklung über den Walzenumfang
gesehen- , was mit den schraffierten Walzkaliberkonturen 11 und 11' in den Figuren
2a bzw. 2c angedeutet ist.
[0025] Das Rohr 12 wird während des Walzens in Förderrichtung R bewegt. Während des Vorhubs,
der in Figur 2a schematisch skizziert ist, rollt das komplementäre Kaltpilgerwalzenpaar
10 und 10' in Förderrichtung R auf dem Rohr 12 ab, das im Walzspalt von den Walzkalibern
11 und 11' umschlossen ist. Während des Rückhubes, der in Figur 2c schematisch skizziert
ist, erfolgt das Abrollen des Walzenpaares 10 und 10' auf dem Rohr 12 entgegen der
Förderrichtung R (vgl. in den Figuren die Pfeile für Drehrichtung 14 und Translationsrichtung
15).
[0026] In der Figur 1 sind schematisch die geometrischen Verhältnisse über der Hublänge
eines Kaltpilgerwalzwerkes in Form von Diagrammen dargestellt. Diesem liegen die folgenden
Daten bzw. Parameter eines Ausführungsbeispiels wie folgt zugrunde:
Kupferwalzung |
87 x 11 auf 40 x 2 |
Walzendurchmesser |
375 mm |
Ritzelteilkreis |
336 mm |
Hub des Gerüstes |
1.023 mm |
Reduzierkaliberlänge |
600 mm |
Glättkaliberlänge |
140 mm |
Ritzelexzentrizität |
13 mm |
Winkelversatz |
140 Grad |
[0027] Die Kaliberabwicklung als Kalibergrundkurve besteht
- aus der Zone 1, in der die Walzen das Walzgut zum Vorschieben und Drehen freigeben,
- aus der Reduktionszone 2, die einer Parabelfunktion folgt,
- aus der zylindrischen Glättzone 3,
- aus dem Übergang 4, in dem das Walzgut zusätzlich gedreht und/oder vorgeschoben werden
kann.
[0028] Die Kurve 5 zeigt die neutrale Faser, in der sich die Längskräfte aus den unterschiedlichen
Abwälzgeschwindigkeiten neutralisieren.
[0029] Der Walzgutanteil zwischen Kalibergrund und Neutraler Faser wird mit einer relativ
geringeren Geschwindigkeit, der Anteil zwischen Walzendurchmesser 6 und Neutraler
Faser 5 mit höherer Geschwindigkeit überwalzt.
[0030] Ein Ritzelteilkreis, welcher der Kurve 5 folgen könnte, würde ebenfalls die Längskräfte
neutralisieren, die sich aus den sich über der Kaliberlänge verändernden Abwälzverhältnissen
ergeben. Ein rundes, zentrisch angeordnetes Ritzel 7 kann sich diesen Erfordernissen
nur unvollkommen nähern. Denn:
Im vorderen Kaliberbereich überwiegt der Anteil der zu großen Umfangsgeschwindigkeit,
dagegen ist sie im Glättbereich der Glättzone 3 zu gering. Nur bei ca. 120° Walzenabwicklung
sind die Verhältnisse vorübergehend korrekt.
[0031] Wird jedoch das Ritzel in erfindungsgemäß geeigneter Weise exzentrisch angeordnet
(8), so wird eine äußerst weitgehende Annäherung an die angestrebte Kurve 5 erreicht
und die Bewegungstendenzen des Walzgutes werden weitgehend neutralisiert. Der Walzenumfang
ist uneingeschränkt nutzbar und der Kurvenverlauf folgt wesentlich besser der Sollkurve
als dies im Stand der Technik möglich ist.
1. Verfahren zur Anpassung der Abwälzkurve der Antriebsritzel von Ringwalzen an die neutrale
Zone im sich verjüngenden Kaliber der Ringwalzen eines Kaltpilgerwalzwerkes, indem
hierfür kreisrunde Ritzel verwendet und diese auf der Walzenachse exzentrisch angeordnet
und befestigt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass zum Antrieb der Ritzel - und damit der Ringwalzen - entsprechend sinusförmige Zahnstangen
verwendet werden.
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei der Verwendung von kreisrunden exzentrischen Ritzeln, die mit entsprechend sinusförmigen
Zahnstangen kämmen, die folgenden vier Parameter an die aktuelle Walzabmessung anpaßbar
sind:
- Walzendurchmesser
- Ritzelteilkreis
- Exzentrizität
- Winkellage der Exzentrizität zum Einlauftotpunkt des Walzgerüstes.