(19)
(11) EP 1 205 587 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.05.2002  Patentblatt  2002/20

(21) Anmeldenummer: 01126468.6

(22) Anmeldetag:  09.11.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7D01H 5/30
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 10.11.2000 CH 218800

(71) Anmelder: MASCHINENFABRIK RIETER AG
8406 Winterthur (CH)

(72) Erfinder:
  • Anderegg, Peter
    8400 Winterthur (CH)
  • Grieshammer, Christian
    8404 Winterthur (CH)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zum Spinnen eines Garnes aus reissfähigen Filamenten


(57) In einem Direktspinnverfahren wird die bekannte Ringspindel C durch ein moderneres Spinnaggregat, beispielsweise ein Luftspinnaggregat (Fig. 4) oder ein Rotorspinnaggregat (Fig. 5) ersetzt. Durch die Kombination mit modernen Sensorik- und Antriebskonzepte (Fig 7) kann das System weitgehend (z.B. bezüglich periodischen Massenschwankungen) selbstkorrigierend gestaltet werden.




Beschreibung


[0001] Das sogenannte Direktspinnverfahren ist seit vielen Jahren bekannt - siehe dazu Wegener, "Die Streckwerke der Spinnereimaschinen", Seite 400 ff, Kapitel 5.3. "Die Direktspinnverfahren". Die Grundprinzipien eines Verfahrens, das von der Anmelderfirma entwickelt und angeboten wurde, sind in CH 256210 (US 2611931), DE 928578 und DE1006766 festgehalten. Da das Verfahren gemäss CH 256210 nachfolgend anhand der Figuren 1 und 2 näher erläutert ist, wird hier auf einer eingehenden Beschreibung verzichtet.

[0002] Trotz seiner Bekanntheit ist das Verfahren heute im Markt praktisch ohne Bedeutung.

[0003] Es ist die Aufgabe dieser Erfindung, das Potential des Direktspinnverfahrens durch den Einsatz moderneren Mittel realisierbar zu machen.

Die Erfindung:



[0004] Die Erfindung sieht ein Spinnverfahren zur Herstellung eines Stapelfasergarnes durch die Verarbeitung eines reissfähigen Filamentbündels vor, wobei aus den Filamenten Stapelfaser und aus diesen Stapelfaser eine spinnfähige Lunte gebildet werden. Gemäss der bevorzugten Gestaltung des Verfahrens wird die Lunte in einem Kontinueverfahren weiterverarbeitet. Insbesondere soll die Lunte mittels einer einen Echtdrall erzeugenden Spinnvorrichtung mit einer Liefergeschwindigkeit höher als 50 m/min. zu einem Garn gesponnen werden.

[0005] Die Erfindung sieht auch eine entsprechende Spinneinrichtung zum Herstellen eines Stapelfasergarnes durch die Verarbeitung eines reissfähigen Filamentbündels vor. Die Einrichtung umfasst vorzugsweise eine Trennvorrichtung zum Bilden von Stapelfaser und Mittel zum Liefern der Stapelfaser in der Form einer spinnfähigen Lunte. Eine Spinnvorrichtung, die dazu geeignet ist, in mindestens einem Teil der Fasern einen Echtdrall zu erzeugen, dadurch ein Garn zu bilden und dieses Garn mit einer Liefergeschwindigkeit höher als 50 m/min. weiterzugeben, ist vorzugsweise derart vorgesehen, dass die Lunte vom genannten Liefermittel direkt an diese Spinnvorrichtung abgegeben und durch die Vorrichtung zu einem Garn verwandelt wird.

[0006] Die Spinnvorrichtung umfasst vorzugsweise ein Aggregat, dass zum Erzeugen eines Echtdralls in mindestens einem Teil der das Garn bildenden Fasern und zum Liefern des derart gebildeten Garnes mit einer Liefergeschwindigkeit höher als 100 m/min. ausgelegt ist. Die heute bekannten Beispiele solcher Aggregate arbeiten nach einem der folgenden Spinnverfahren:
  • Friktionsspinnen;
  • Topfspinnen;
  • Glockenspinnen;
  • Rotorspinnen;
  • Luftspinnen, mit oder ohne Falschdrallerzeugung.


[0007] Die bevorzugte Variante des Luftspinnens umfasst die folgenden Schritte:
  • Zufuhr des zu verspinnenden Faserverbands derart, dass das Zurücklaufen des Dralls weitgehend gehindert werden kann;
  • Einbinden von einem Faserende im Verband beim Freistellen vom anderen Faserende;
  • Umwickeln der freistehenden Faserenden in einer Mantelschicht um einen aus den eingebundenen Faserenden gebildeten Kern.


[0008] Ausführungen der Erfindung werden nun als Beispiele anhand der Figuren der Zeichnungen erläutert werden, wobei die Weiterentwicklungen gemäss der vorliegenden Erfindung mittels den Vergleich mit dem vorangehenden Verfahren gemäss CH 256210 erklärt werden sollen. Es zeigt:

Fig. 1, Fig. 2 und Fig. 3 je eine Kopie der entsprechenden Figuren aus CH 256210;

Fig. 4 eine schematische Darstellung eines Spinnaggregates zur Verwendung in einer ersten Ausführung gemäss der vorliegenden Erfindung, bzw. in Varianten einer derartigen Ausführung;

Fig. 5 eine schematische Darstellung eines anderen Spinnaggregates zur Verwendung in einer zweiten Ausführung gemäss der vorliegenden Erfindung, bzw. in Varianten dieser Ausführung;

Fig. 6 schematisch ein Streckwerk mit einer pneumatischen Verdichtungseinrichtung gemäss DE-A-19514408; und

Fig. 7 schematisch die Aufrüstung des Faserlieferwerkes nach Figur 1 mit einer modernen Steuer- bzw. Antriebssystem.


Stand der Technik (CH 256210):



[0009] Auf der Spule 1 ist ein Bündel aus endlosen, künstlichen Fasern, z.B. ungeschnittene Zellwolle, Kunstseide, oder ein Bündel aus langen natürlichen Fasern aufgewickelt. Die Fasern gelangen durch einen Fadenführer 2 über eine Spreizvorrichtung 3 in das Reissstreckwerk A mit den Zylinderpaaren 4,5 bzw. 6,7. Es folgt ein Kondenser 8, der die Fasern in das Verzugsstreckwerk B überleitet, von welchem das Garn z.B. auf eine Ringspindel C gelangt.

[0010] Von der Spule 1 rollen die Fasern in einem Bündel ab. Eine Spreizvorrichtung 3, welche wie in Fig. 3 gezeigt, eine bogenförmig gekrümmte Fläche besitzt, breitet sie aus, so dass die einzelnen Fasern mehr oder weniger nebeneinander liegend (Fig. 2) in das Reissstreckwerk A gelangen. Diese Spreizvorrichtung könnte auch kammartig ausgebildet sein.

[0011] Das Streckwerk A weist mit ihrer Riffelung ineinandergreifende Zylinderpaare 4,5 bzw. 6,7 auf, wodurch eine sichere Klemmung der einzelnen Fasern gewährleistet wird. Die Oberzylinder des Reissstreckwerks können Überzüge aus einem elastischen Material besitzen. Die Pressung zwischen den Walzen der einzelnen Zylinderpaare bleibt dabei in mässigen Grenzen und eine starke Abnutzung der Zylinder wird vermeiden. Das Zylinderpaar 6,7 läuft rascher als die Zylinder 4,5 und da gleichzeitig eine sichere Klemmung zwischen den genannten Zylinderpaaren stattfindet, reissen die durchgehenden Fasern nach Überschreiten der Dehnungsgrenze. Statt einer Reissvorrichtung könnte auch eine Schneidvorrichtung vorgesehen sein.

[0012] Die Länge der so aus endlosen Fasern erzeugten Kurzfasern richtet sich nach dem Abstand der Zylinderpaare 4,5 und 6,7 wie auch nach dem zwischen diesen Walzenpaaren eingestellten Verzug. Der Kondenser 8 fasst nachher die Fasern wieder zu einem Bündel zusammen, aus dem dann das nachfolgende Verzugsstreckwerk in bekannter Weise alle Fasern auszieht, die das Vorderzylinderpaar 9,10 erfasst, während die Einzugszylinder 11,12 die rückwärtigen Fasern klemmen. Die Schlupfwalze 13 überwacht dabei zusammen mit dem Laufriemchen 14 lediglich das Gleiten der zwischen den Klemmpunkten schwimmenden Fasern.

[0013] Mit 15 und 16 sind die Sättel des Reiss- bzw. Verzugsstreckwerkes bezeichnet. Die Belastungen dieser beiden Sättel sind unabhängig voneinander, um die Belastung des Reissstreckwerkes der Reissfestigkeit der Fasern genau anpassen zu können, ohne die Belastung des Verzugsstreckwerkes zu beeinflussen.

[0014] Auf diese Weise gelingt es, aus den endlosen Fasern ein Garn zu spinnen, das sich aus einzelnen gerissenen Teilstücken dieser Fasern zusammensetzt. Dieses Garn zeigt andere Eigenschaften, als sie ein Gespinnst aufweist, das aus endlosen oder übermässig langen, zusammengedrehten Fasern besteht.

[0015] Bei Viskose ist es bekannt, die zu einem Bündel vereinigten endlosen Fibrillen unmittelbar nach der Nachbehandlung in Stücke geeigneter Länge zu schneiden, die sich anschliessend wie Baumwolle zu Garn verarbeitet werden. Im Gegensatz zum erläuterten Verfahrensbeispiel wird hier in nachteiliger Weise bei diesem Schneidvorgang die ursprüngliche Ordnung der Fasern zerstört, indem die nunmehr erhaltenen Kurzfasern wirr durch einander liegen. Ihre parallele Lage, wie sie vor dem Schneiden bestand, kann erst durch verschiedene langwierige Vorbereitungsprozesse wieder einigermassen hergestellt werden. Es entsteht schliesslich eine Lunte, die sich auf den gebräuchlichen Streckwerken verarbeiten lässt.

[0016] Es ist zu bemerken, dass sich dieses "Direktspinnverfahren" auf der Ringspinntechnologie beruht. Seit der Veröffentlichung der CH 256210 (im Februar 1949) sind wesentliche Fortschritte in dieser Technologie gemacht worden. Das "Ringgarn" bildet heute noch das Standard, gegen welches sich das Produkt eines neueren Spinnverfahren messen muss. Es sind insbesondere Verbesserungen im Zusammenhang mit dem Streckwerk erzielt worden, so dass das Streckwerk B in der Figur 1 nur als Hinweis darauf gelten kann, dass an dieser Stelle im Verfahren ein Verzugsstreckwerk vorgesehen werden muss, wobei dafür heute eine moderne Streckwerkonstruktion zu wählen wäre. Der Begriff "Streckwerk B" ist in der nachfolgenden Beschreibung dementsprechend zu verstehen. Moderne Streckwerke, die die Aufgabe erfüllen könne, sind z.B. in DE-A-4230316; DE-A-4230317; DE-A-4344319 und DE-A-19807895 zu finden. Das Ersetzen des Streckwerkes würde aber allein keine entscheidende Besserung im Direktspinnverfahren bringen.

Neuere Spinnverfahren.



[0017] Fig. 4 zeigt eine schematische Darstellung des Spinnprinzips beim sogenannten Vortex-Spinnen, wie dieses Spinnverfahren kurz in Melliand Textilberichte 6/2000 (Seite 478) vorgestellt wurde. Das gleiche Bild des Spinnaggregates ist der US 5528895 zu entnehmen, obwohl es darin nicht beschrieben worden ist. Die wesentlichen Spinnelemente sind die folgenden:
  • ein Faserführungsteil 20 mit einem Eingang 21;
  • eine Hohlspindel 22, die drehbar gelagert werden kann, die aber auch stationär gegenüber dem Teil 20 getragen werden kann; und
  • Luftdüsen 23, die im Bereich des Spindeleingangs 24 einen schnelldrehenden Luftwirbel bilden.


[0018] Die Garnbildung erfolgt am Spindeleingang 24 und das Garn 25 wird dann durch die Hohlspindel abgezogen. Die Garnbildung erfolgt anscheinend gemäss einem Prinzip, das in CH 642403 (insbesondere Fig. 23) vorgeschlagen wurde. Aus dem einlaufenden Faserverband 27 wird eine Mantelschicht aus echt gedrehten Faserenden gebildet, die um den Garnkern gewickelt sind. Diese Mantelschicht verleiht dem Garn 25 seine Festigkeit und Aussehen. Die Fasern der Mantelschicht sind am Spindeleingang 24 je mit einem Ende im Garninneren verankert, der grösste Teil 26 jeder solchen Faser (nur einen Faserteil 26 ist in Fig. 4 als Beispiel angedeutet) wird aber um das Spindelende umgeschlagen. Als das Garn 25 abgezogen wird, erfolgt die Aufwickelung der umgeschlagenen Faserenden um den Garnkern durch den schnelldrehenden Luftwirbel, die durch die Düsen 23 erzeugt wird.

[0019] Gemäss einer ersten Ausführung der vorliegenden Erfindung wird nun das Spinnaggregat C in Fig. 1 durch das in der Figur 4 abgebildeten Spinnaggregat (oder ein Spinnaggregat, das gemäss dem gleichen Spinnprinzip arbeitet) ersetzt. Dazu schliesst sich der Faserführungsteil 20 (Fig. 4) dem Lieferwalzenpaar 9,10 (Fig.1) unmittelbar an. Die Garnführung zwischen dem Verzugsstreckwerk B und dem Spinnaggregat C gemäss Fig. 1 fällt weg. Spinnaggregate, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten und sich ebenfalls dem Streckwerk B anschliessen können, sind z.B. in DE-A-4105108 (US 5146740), DE-A-4131059 (US 5211001) oder DE-A-19603291 zu finden. Ein anderes Spinnaggregat, das ebenfalls im Anschluss an das Streckwerk B verwendet werden kann, ist in der CH-Patentanmeldung 1845/00 vom 22. September 2000 zu finden.

[0020] Schliesslich ist es heute nicht mehr erforderlich, die Faserzuführung mittels eines Streckwerkes durchzuführen. Das Streckwerk B in der Figur 1 könnte daher auch im Zusammenhang mit der Verwendung eines neueren Spinnverfahrens ersetzt werden. Ein Beispiel einer derartigen Spinneinrichtung ist in der CH Patentanmeldung 753/00 vom 14. April 2000 zu finden, wobei die darin gezeigten Faserzufuhr mittels einer Auflösewalze erfolgt. Die Verwendung dieser Art der Faserspeisung ist im Zusammenhang mit dem Rotorspinnen gut bekannt und wird nachfolgend kurz anhand der Figur 5 erläutert werden.

[0021] Die wichtigen Elemente des Aggregates für das Rotorspinnen gemäss der Figur 5 sind die folgenden:
  • der Rotor 30 selbst zusammen mit seinem Drehantrieb wovon nur die Achse 31 in der Figur angedeutet ist;
  • die Auflösewalze 32;
  • die Speisewalze 33 und
  • die Speisemulde 34 mit dem Einfuhrtrichter 35.


[0022] Das entsprechende Spinnprinzip ist heute wohl bekannt. Aus dem vorderen Ende eines Faserbandes (nicht gezeigt), der durch den Trichter 35 mittels der Speisewalze 33 und Mulde 34 eingezogen wird, werden einzelne Fasern durch die Garnitur 36 der Auflösewalze 32 ausgekämmt und über den Speisekanal 37 in den sich drehenden Rotor 30 weitergeleitet. In der Rotorrille 38 werden diese Fasern zu einem Garn gebildet, das über die Abzugsdüse 39 aus dem Rotorinneren entfernt wird. Die Funktion der Auflösewalze ist, z.B. im Artikel "Analyse der Auflösung des Faserbandes an der OE-Rotorspinnmaschine" in Melliand Textilberichte 4/1995, Seite 219ff erläutert worden. Die Anwendung des Rotor-Spinnverfahrens zur Verarbeitung von Chemiefasern ist z.B. im Artikel "Neue Ergebnisse bei der Herstellung von Rotorgarnen aus Chemiefasern" in Chemiefasern/Textilindustrie, September 1991, Seite 1054ff erläutert worden. Eine spezielle Ausbildung der Auflösewalze zur Verarbeitung von Viskose-, Modal- und Lyocell-Fasern ist in Melliand Textilberichte 1-2 1998, Seite 29 erklärt worden.

[0023] Gemäss einer weiteren Ausführung der vorliegenden Erfindung kann nun ein Spinaggregat gemäss der Figur 5, oder ein ähnliches Aggregat, in einem Direktspinnverfahren gemäss der Figur 1 eingesetzt werden, indem das Streckwerk B durch die Speise-/Auflöseeinheit 32,33,34,35 und die Ringspindel C durch den Rotor 30 ersetzt werden. Der Trichter 35 (Fig. 5) kann z.B. anstelle des Kondensers 8 (Fig. 1) vorgesehen werden.

[0024] Es sind heute weitere Spinnverfahren bekannt, die deutlich höhere Liefergeschwindigkeiten als die maximale Liefergeschwindigkeit der Ringspinnmaschine ermöglichen. Die folgenden Informationsquellen werden daher nur als Beispiele aufgeführt:

Falschdrallspinnen mit pneumatischen Drallerzeugung - siehe EP-A-372255 bzw. WO 94/03662.

Falschdrallspinnen mit mechanischen Drallerzeugung - siehe EP-A-415295.

Friktionsspinnen - siehe EP-A-165398 bzw. DE 3832110.

Topfspinnen - siehe DE-A-4206030.

Glockenspinnen - siehe DE-A-3741432.



[0025] Grundsätzlich arbeiten diese Spinnverfahren entweder mit einer Faserzuspeisung ab einem Streckwerk oder ab einer Auflösewalze. In beiden Fällen kann die Speiseeinheit Fasern vom Reisswerk des Direktspinnverfahrens übernehmen und für das Spinnen aufbereiten. Die höhere Leistung dieser neueren Spinnverfahren ermöglicht den wirtschaftlichen Einsatz eines Reisswerkes pro Spinstelle (Spinnaggregat).

Pneumatische Verdichtung (Kondensierung) des Faserverbandes.



[0026] Figur 6 zeigt schematisch ein Hochverzugsstreckwerk 40 mit einer pneumatischen Verdichtungseinrichtung gemäss DE-A-19514408. Die Verdichtungseinrichtung umfasst die untere Auslaufwalze 41 des Streckwerks 40, die im Vergleich zu einem konventionellen Auslaufwalze einen grösseren Durchmesser aufweist und als Hohlwalze mit einer Perforation (nicht speziell gezeigt) ausgeführt ist. Der Innenraum der Walze 41 wird im Betrieb einem Unterdruck unterworfen, wobei der grösste Teil der Mantelfläche der Walze von diesem Unterdruck mittels einem Schirm 42 abgeschirmt wird. In einem Verdichtungszone 43 weist aber der Schirm 42 ein Unterbruch 45 auf, sodass die Mantelfläche der Walze in der Zone 43 von innen abgesaugt wird. Es werden somit Saugluftströmungen 44 durch die perforierte Mantelfläche in den Innenraum der Walze 41 erzeugt. Der Unterbruch 45 kann derart (z.B. in der Form eines Schlitzes) gebildet werden, dass unter der Wirkung der Saugluftströmungen die Breite des aus dem Streckwerk 40 austretenden Faserverbandes in der Zone 43 reduziert wird. Es kann zusätzlich eine Blasdüse 46 vorgesehen werden, um die Verdichtungsströmungen mittels Blasluft zu verstärken.

[0027] In DE-A-19514408 ist die dargestellte Vorrichtung zur Anwendung in einer Ringspinnmaschine vorgesehen. Es wird daher zusätzlich eine Klemmwalze 47 am Auslauf der Verdichtungszone angebracht, die zusammen mit der Walze 41 einen Drallstopp bildet. In DE-A-19514408 ist der aus der Vorrichtung austretenden Faserverband 48 in der Form eines Ringgarns, was natürlich im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung nicht erwünscht ist. Das Verdichtungsprinzip, das in einer Vorrichtung gemäss der Figur 6 angewendet wird, kann aber auch in einem Direktspinnverfahren nach dieser Erfindung angewendet werden, insbesondere zum Anpassen der Breite des Faserverbandes, der an einer bestimmten Stelle in der Verarbeitungslinie zur Weiterverarbeitung weitergegeben werden muss. Eine derartige Verdichtung könnte z.B. anstelle des Trichters 8 (Fig. 1) verwendet werden, wobei eine Drallstoppfunktion an dieser Stelle nicht erforderlich ist - der verdichtete Faserverband sollte vielmehr anschliessend in das Streckwerk B einlaufen. Die Klemmwalze 47 (Fig. 6) und die perforierte Walze 41 könnten daher zusammen das Einlaufwalzenpaar des Verzugsstreckwerkes B (Fig. 1) bilden. Denkbar wäre aber auch, dass die perforierte Walze 41 (Fig. 6) mit der oberen Auslaufwalze 48 des Streckwerkes 40 zusammen das Auslaufwalzenpaar des Reisswerkes A (Fig. 1) bilden. Die perforierte Mantelfläche der Walze 41 kann somit einen direkten Übergang vom Reisswerk ins Verzugsstreckwerk bilden.

[0028] Denkbar ist aber auch, dass die pneumatische Verdichtung zwischen dem Faserlieferwerk (Streckwerk oder Auflösewalze) und dem Spinnaggregat eingesetzt wird, wobei auch in diesem Fall eine Drallstoppfunktion in der Verdichtungseinrichtung überflüssig wird, wenn der vom Spinnaggregat zurücklaufenden Drall sonstwie vor der Verdichtungszone blockiert wird. In einem solchen Fall kann eine mechanische Verdichtung zwischen dem Reisswerk A und dem Verzugsstreckwerk B (z.B. ein Trichter 8, Fig. 1) noch erforderlich sein. Eine Voraussetzung für die Verwendung eines mechanischen Verdichters ist, dass die Fasern des zu verdichtenden Verbandes untereinander ausreichende Köhäsionskräften aufweisen, um die Zugspannung zu widerstehen, die der Verband durch das Verdichtungsmittel zieht und somit die Quelle der Verdichtungskräften ist. Solche Kohäsionskräfte sind normalerweise nur beim Vorliegen eines groben (nicht fertig verzogenen) Faserbandes anzutreffen.

[0029] Die Erfindung ist nicht auf die Verwendung der pneumatische Verdichtung gemäss DE-A- 19514408 eingeschränkt. Eine Alternativlösung (ohne "Vlieswinkel") ist in EP-A-903430 gezeigt. Weitere Alternative sind z.B. in DE-A-19903113; DE-A-19837180; EP-A-635590 und EP-A-947616 zu finden.

Verzugsregulierung bzw. "Q-Regelung"



[0030] Es ist grundsätzlich bekannt, der Verzug in mindestens einem Verzugsfeld eines Streckwerkes zu steuern und/oder zu regeln, um die Fasermasse im aus dem Streckwerk auslaufenden Faserband zu vergleichmässigen ― siehe z.B. EP-A-411379; EP-A-477589; EP-A- 678601 und WO 92/05301. Es ist auch bekannt, dass das Reissverfahren zu periodischen Schwankungen in der Fasermasse im Faserband führen kann (siehe z.B. DE 928578). Es wäre somit vorteilhaft, eine Vorrichtung gemäss der Figur 1 mit einer Fasermassensteuerung oder -regelung zu kombinieren. Dies kann z.B. anhand der Figur 7 näher erklärt werden.

[0031] Figur 7 zeigt schematisch ein Reisswerk A, Faserlieferwerk B und Spinnaggregat C, die zusammen eine Einrichtung nach dieser Erfindung bilden. Die einzelnen Baugruppen können gemäss den schon erläuterten Ausführungen gestaltet werden. Jede Baugruppe A, B, C hat einen eigenen, ihr zugeordneten steuerbaren Antrieb - für die Baugruppe A, Antrieb AA; für die Baugruppe B, Antrieb AB und für die Baugruppe C, Antrieb AC. Steuerbare Antriebe für Streckwerke sind z.B. aus EP-A-411379 bekannt, unter "steuerbarer Antrieb AC" ist in diesem Zusammenhang auch z.B. eine Luftzufuhr zu einer Luftspinnvorrichtung zu verstehen. Die Antriebe AA, AB oder AC leiten in die jeweiligen Baugruppen A, B, C die Energie ein, die zur Bearbeitung der Fasern erforderlich ist.

[0032] Mit dem Bezugszeichen 50 ist das einlaufende Filamentbündel angedeutet, mit dem Bezugszeichen 52 das nach dem Reissen weitergeleitete Stapelfaserband, mit dem Bezugszeichen 53 die spinnfähige Lunte und mit dem Bezugszeichen 54 das Garn. Es sind auch entsprechende Qualitätssensoren SF für das Filamentbündel 50, SB für das Faserband 52, SL für die Lunte 53 und SG für das Garn 54 angedeutet. Diese Sensoren sprechen vorzugsweise auf die Fasermasse pro Längeneinheit an, wobei andere Qualitätsparameter gemessen werden können. Die Ausgangssignale der Sensoren 50 bis 54 werden an eine Computersteuerung 55 weitergeleitet und darin ausgewertet (vgl. z.B. EP-A-678601). In Abhängigkeit von dieser Auswertung kann mindestens einen Antrieb AA, AB, AC vom Computer 55 gesteuert werden, um das Verhalten des Verarbeitungssystems zwischen dem Einlauf des Filamentbündels 50 und dem Auslauf des Garnes 54 an die Ergebnisse der Signalauswertung anzupassen. Nun, es wird dem Fachmann wohl klar sein, dass es nicht unbedingt erforderlich ist, alle Sensoren SF, SB, SL und SG vorzusehen, da auch ein vereinfachtes System mit nur einem einzigen Sensor an einer vorbestimmten Stelle Vorteile gegenüber ein System ohne Sensorik bieten kann. Von besonderer Bedeutung ist ein Sensor, dessen Ausgangssignal Informationen bezüglich allfällige periodischen Schwankungen in der Fasermasse pro Längeneinheit nach dem Reissen anspricht, wobei diese Schwankungen vorzugsweise im Faserband 52 und/oder in der Lunte 53 festgestellt werden. Der Verzug der Baugruppe B kann entsprechend angepasst werden, um die Schwankungen mindestens teilweise auszugleichen. Es könnte aber das Verhalten der Reisseinheit in Abhängigkeit von im Computer gewonnenen Informationen geändert werden. Das System kann somit selbstkorrigierend gestaltet werden.

[0033] Die Konstruktion vom Reisswerk A gemäss Figur 1 ist keineswegs einschränkend zu verstehen. Verschiedene Reisswerke sind z.B. aus US 2649623 (mit einem Heizgerät, vgl. DE 1006766); US 2721440 (ebenfalls mit einem Heizgerät); US 2688160; US 2672654; US 2641804; US 2640228; US 2598086; US 2596306; US 2573717; US 2523854 (mit einer Verdichtung im Reisswerk); US 2464882; US 2249083; US 2221869; US 2197857; US 2160178; US 2132524; US 2033979; US 2031647 und US 2003400 bekannt.

[0034] Aus US 2497511 ist es bekannt, das Glockenspinnverfahren beim Direktspinnen anzuwenden. Das Gleiche ergibt sich aus US 2247529; US 2077320 und US 2077079. Die damaligen Spinnsysteme waren aber nicht in der Lage, Garne mit einer Liefergeschwindigkeit in der Nähe von 50 m/min zu produzieren. Das moderne Glockenspinnverfahren kann nun solche Werte erreichen, hat sich aber bis heute nicht gegen die Konkurrenz des Ringspinnverfahrens durchsetzen können. Das Ringspinnen ist aber heute noch auf Liefergeschwindigkeiten in der Nähe von 30 m/min begrenzt.

Anforderungen an das Material



[0035] Das Filamentbündel kann z.B. Filamente (auch Fibrillen genannt) aus Polyamid, Polyester, Polypropylen, Polyethylen, Polyacryl, Lyocell, Viskose, Modal oder Polylactid (bzw. Mischungen dieser Polymere) umfassen. Die Filament- bzw. Fibrillenfeinheit beträgt vorzugsweise bis zu 5 dtex, wobei die feineren Titer (< 1 dtex, z.B. Mikrofaser) bevorzugt werden.

[0036] Das Vorlage-Bündel kann eine Feinheit im Bereich 10 tex bis 200 ktex vorweisen, wobei der Feinheitsbereich von 1 ktex bis 50 ktex (beispielsweise 10 bis 40 ktex) zweckmässig ist.


Ansprüche

1. Spinnverfahren zur Herstellung eines Stapelfasergarnes durch die Verarbeitung eines reissfähigen Filamentbündels, wobei aus den Filamenten Stapelfaser und aus diesen Stapelfaser eine spinnfähige Lunte gebildet werden, dadurch gekennzeichnet, dass die Lunte in einem Kontinueverfahren mittels einer einem Echtdrall erzeugenden Spinnvorrichtung mit einer Liefergeschwindigkeit höher als 50 m/min. zu einem Garn gesponnen wird.
 
2. Spinneinrichtung zum Herstellen eines Stapelfasergarnes durch die Verarbeitung eines reissfähigen Filamentbündels mit einer Trennvorrichtung zum Bilden von Stapelfaser und Mittel zum Liefern der Stapelfaser in der Form einer spinnfähigen Lunte, dadurch gekennzeichnet, dass eine Spinnvorrichtung, die in mindestens einem Teil der einlaufenden Fasern einen Echtdrall erzeugen und dadurch ein Garn bei einer Liefergeschwindigkeit höher als 50 m/min. bilden kann, derart vorgesehen ist, dass die Lunte vom genannten Mittel direkt an diese Spinnvorrichtung abgegeben und zu einem Garn verwandelt werden kann.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 bzw. Einrichtung nach Anspruch 2, dadurch - gekennzeichnet, dass die Spinnvorrichtung ein Aggregat umfasst, dass zum Erzeugen eines Echtdralls nach einem der nachfolgenden Verfahren bei einer Liefergeschwindigkeit höher als 100 m/min. ausgelegt ist

- Friktionsspinnen;

- Topfspinnen;

- Glockenspinnen;

- Rotorspinnen;

- Luftspinnen, mit oder ohne Falschdrallerzeugung.


 
4. Verfahren gemäss Anspruch 1 oder Anspruch 3 bzw. Einrichtung gemäss Anspruch 2 oder Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass pro Garn (pro Spinnstelle) je eine Trennvorrichtung zum Bilden von Stapelfaser vorgesehen ist.
 
5. Verfahren oder Einrichtung nach einem der Ansprüche 3 und 4, dadurch - gekennzeichnet, dass die Trennvorrichtung die folgenden Mittel umfasst:

- ein Mittel zum Ausbreiten des Filamentbündels;

- ein Mittel zum Verstrecken des ausgebreiteten Bündels; und

- allenfalls ein Mittel zum Lokalisieren einer Reissstelle im Mittel zum Verstrecken.


 
6. Verfahren oder Einrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 5, wobei das Mittel zum Liefern der Fasern in der Form einer Lunte mindestens eine Verdichtungsstufe umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die Verdichtungskräfte in der genannten Stufe mindestens zum Teil pneumatisch erzeugt werden.
 
7. Verfahren oder Einrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Mittel zum Liefern der Fasern in der Form einer Lunte mindestens ein Verzugsfeld umfasst.
 
8. Verfahren oder Einrichtung nach Anspruch 7 dadurch gekennzeichnet, dass der Verzug im genannten Verzugsfeld steuerbar ist.
 
9. Verfahren oder Einrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8 gekennzeichnet durch mindestens ein Sensormittel zum Ansprechen auf die Fasermasse pro Längeneinheit im Filamentbündel und/oder in einem aus dem Filamentbündel hergestellten Faserband bzw. Stapelfasergarn.
 
10. Verfahren oder Einrichtung nach Anspruch 9 gekennzeichnet durch eine Auswertung zum Gewinnen von Informationen aus einem vom Sensormittel gelieferten Signal.
 
11. Verfahren oder Einrichtung nach Anspruch 10 gekennzeichnet durch mindestens ein steuerbaren Antrieb zum Anpassen des Verhaltens vom System zwischen dem Einlauf des Filamentbündels und der Garnlieferung an die gewonnenen Informationen.
 
12. Verfahren oder Einrichtung nach Anspruch 11 gekennzeichnet durch ein Steuermittel (Computer) versehen mit einem derartigen Programm, dass allfällige Verhaltensänderungen im Betrieb zu Verbesserungen in einem vorgegebenen Qualitätsparameter in einem End- oder Zwischenprodukt des genannten Systems führen.
 
13. Verfahren oder Einrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass insbesondere Filamente aus Polyamid, Polyester, Polypropylen, Polyethylen, Polyacryl, Lyocell, Viskose, Modal oder Polylactid mit einer Filamentfeinheit bis zu 5 dtex. verarbeitet werden können.
 
14. Verfahren oder Einrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass Vorlage-Bündel mit einer Feinheit im Bereich 10 tex bis 200 ktex verarbeitet werden können.
 




Zeichnung